Liebe Lilifee,
Ich habe auch schon oft gedacht, in Deutschland gibt es keine Fehlerkultur mehr. Egal was schiefläuft, es wird nur noch verwiesen. Entweder auf irgendwelche Vorschriften oder Zuständigkeiten, oder auf angebliche Sachzwänge.
Nicht nur in Deutschland, ich denke, das ist europaweit so… oder noch weiter? Und es ist auch kein „neuzeitliches“ Problem.
In meiner Heimatstadt gibt es ein Amtsblatt. In dem kann man nachlesen, was der Gemeinderat so alles macht, beschließt, ablehnt, diskutiert.
Dieses Amtsblatt erschien erstmalig 1896 (oder 1895? Weiß nicht mehr genau). Die Amtsblätter sind im Archiv der Nationalbibliothek gelagert und wurden vor einigen Jahren digitalisiert und sind seither online abrufbar.
Anlässlich des 75. Geburtstags meines Vater wollte ich ihm das Amtsblatt schenken, in dem die Baugenehmigung für mein Elternhaus beschlossen wurde.
Ich suchte also im Archiv herum und hab viele Amtsblätter gelesen. Ich hab hier schon ab und zu davon erzählt. Da gibt es viel Kurioses: seitenweise wurde diskutiert, wie es sich umsetzen ließen, dass auch das Frauenvolk das städtische Bad benutzen könnte, das bis dahin Männern und Knaben vorbehalten war… das größte Problem schien dabei zu sein, die Frauen vor den lüsternen Blicken der Männer und umgekehrt Männer vor der Verführungskunst der Frauen zu schützen und Moral und Ordnung aufrecht zu erhalten… als die Diskussion völlig irrwitzig ausuferte, rief einer der Gemeinderäte seine Kollegen zur Ordnung, man möge doch die Kirche im Dorf lassen… 1895
Zum Thema: In diesen Amtsblättern wurde auch die Frage diskutiert, ob man einen Ärztenotdienst einrichten sollte. Die meisten Gemeinderäte waren wohl der Meinung, dies wäre unnötig: die Reichen hätten ihren Leibarzt, der ihnen Tag und Nacht zu Hilfe käme, die Armen könnten sich das nicht leisten und könnten daher auch keinen Notdienst bezahlen…. zum Glück waren nicht alle dieser Meinung und so wurde diskutiert. Da man sich nicht einig wurde, beschloss man, sich in anderen Städten ähnlicher Größe zu erkundigen, wie man es denn dort mit einem Ärztenotdienst hielt. Sobald alle Antworten eingetroffen wären, würde man weiterreden. Damit war das Problem erstmal verschoben…. Monatelang…. (Heute heißt das „evaluieren“, dauert nur länger als ein paar Monate…)
Die Antworten kamen irgendwann und waren so vielfältig, wie man es sich nur vorstellen kann. Jede Stadt hatte ihre eigene Lösung. Viele davon hielten die Einrichtung eines Ärztenotdienstes für nicht notwendig…. Der Gemeinderat blieb also uneinig. Was tun?
Einig wurde man sich sofort, als jemand die Zuständigkeit infrage stellte… das war die Lösung des Problems: für gesundheitliche Anfragen und Probleme war immer schon der Stadtphysikus (heute Gesundheitsamt) zuständig. Damit war der Gemeinderat aus dem Schneider, das Problem wurde zuständigkeitshalber weitergegeben… Problemlösung 1897 - bis heute unverändert….
Inzwischen haben wir einen Ärztenotdienst. Das Sitzungsprotokoll von der Baugenehmigung hab ich allerdings nicht gefunden. 1905, als mein Elternhaus gebaut wurde, gehörte der heutige Bezirk noch nicht zur Stadt schade….
Ich fand nur den Streit um die Gaslieferung für die Straßenbeleuchtung in unserer Straße 1907….
Du siehst also: Problemlösung auf politischer Ebene ist seit mindestens 125 Jahren unverändert
Zu meiner Arbeit: der Griff ins Klo war ein Umweg, der mich inzwischen zu einer Arbeit geführt hat, die genau meine Stärken trifft. Ich nerve meine Umgebung immer mit stundenlangen Recherchen, ich verbeiße mich in ein Thema, wie es selten jemand tut, und suche so lange, bis ich ein Ergebnis habe. Genau diese nervigen Eigenschaften sind bei meiner neuen Arbeit Voraussetzung und gewünscht, also passt es jetzt so gut, wie seit Jahren nicht mehr. Ich wage zu behaupten, dass ich ohne den Umweg nicht dort gelandet wäre. Mein Vater und ich sind der Meinung: nichts passiert ohne Grund. Um zu dieser Arbeit zu kommen, musste ich diesen „Umweg“ nehmen… jetzt passt es haarscharf. Meine neue Chefin ist begeistert, die Kollegen, denen ich diese nervige Arbeit abnehme, sind höchst dankbar, alle sind zufrieden und ich bin es auch.
Mein vorvoriger Chef, der mich Ende letztes Jahr aus der alten Stelle rausgebissen hat, hat verbreitet, ich wäre faul und so war man sehr skeptisch mir gegenüber. Ich habe in der neuen Abteilung aber eine Freundin, die mich hochgelobt hat, und so beschloss man, sich einfach einmal anzuschauen, wie ich hineinpassen würde. Schon am ersten Tag (vergangenen Mittwoch) stellte sich heraus, was die üble Nachrede wert ist: gar nichts.
„Was andere über dich sagen, sagt mehr über sie, als über dich“
Zum Dank hab ich meine Freundin zum Essen eingeladen. Ihr Wohlwollen merke ich mir, vielleicht kann ich es ihr eines Tages zurückgeben….
Die Fotos haben mir nichts ausgemacht. Wenn emotionsloses Handeln notwendig ist, kann ich das meistens. So manches, was man tun muss, wirkt brutal, aber wenn es notwendig ist?
Ich musste meinem Partner bei der Wundversorgung oft weh tun. Er wusste, dass das notwendig ist und hat nicht gejammert, ja nicht einmal gezuckt, wenn ich an den Wunden herumgeschnitten habe…
Die Fotos haben mir nichts ausgemacht. Ich musste sie analysieren…
So ist eben jeder verschieden. Und das ist auch gut so.
Ja, Koreanisch ist ein Hobby meiner Tochter. Sie ist eine Weltenbummlerin. 2018 hatte sie beschlossen, sie möchte 6 Monate in Südkorea leben. Sie begann zu sparen und sich die Sprache anzueignen. Sie fand eine Sprachschule, die auch Quartiere anbietet und in der man Kultur und Mentalität erfahren kann.
Anfang 2020 kündigte meine Tochter ihre Arbeit und ihre Wohnung, denn beides könnte sie nicht 6 Monate ungenutzt stehen lassen, der Kurstermin in Seoul war gebucht, der Kurs und der Flug bereits bezahlt, es sollte am 3.4. losgehen, da schlug Corona zu: Lockdown, weltweit… keine Chance für meine Tochter. Da stand sie nun: ohne Arbeit, ohne Wohnung… klar, dass sie vorerst wieder nach Hause kam.
Ihre Pläne hat sie bis heute nicht aufgegeben. Sie meint, der passende Zeitpunkt wird kommen. Also lernt sie die Sprache weiter…
Eigentlich verhält es sich mit der Sonne so, dass sie mich von allen Seiten anleuchtet, denn es klappt im Moment alles wie am Schnürchen (ich sollte das nicht verschreien!!!) und ich fühle mich immer noch gedrückt und traurig und unzufrieden… ungefähr so: als würde die Wolke einfach über mir schweben, die Sonne gleich nebenan, aber wenn ich unter der Wolke heraustreten will, geht sie einfach mit mit mir…
Ich mache also weiter, Regenstiefel, Ölzeug… was soll’s.
Bist du denn erfolgreicher mit Sonne und/oder Schatten?
Jedenfalls wünsche ich dir ein schönes Wochenende! Vielleicht wird die Wolke ja doch nochmal löchrig… mal sehen….
Alles Liebe,
Puzzle