Beiträge von Kuscheldachs

    Hallo Ihr Lieben,

    ich habe hier lange nichts mehr geschrieben, ich konnte einfach nicht.

    Ich wollte hier nicht lesen von den vielen traurigen Schicksalen und war auch nicht in der Lage, selber zu schreiben.

    Ich funktioniere nach wie vor, für unsere Kinder und seit Oktober auch für einen lieben Hund, den wir aus Rumänien geholt haben.

    Ein Hund war hier schon länger Thema, mein Mann wollte nie einen, ich verstand seine Argumente.

    In unserer traurigen Situation wurde mir dann eigentlich aus einem anderen Zusammenhang heraus, dieser Hund angeboten, ein Handicap-Hund mit Geschichte. Ich überlegte kurz, ob jetzt gerade der richtige Zeitpunkt dafür wäre und dachte dann, wenn nicht jetzt, wann dann?! Er ist etwas, was gar nichts mit meinem Mann zu tun hat (ausser, dass er keinen Hund wollte) und von daher war es richtig für uns. Ein neuer Abschnitt, auch wenn es immer noch so verdammt schmerzt, jeder Tag ohne ihn, jeder Morgen an dem ich alleine im Bett wach werde ohne ihn neben mir.

    Und diese wahnsinnige Verantwortung allein auf meinen Schultern in diesen schwierigen Zeiten.

    Ich rotiere sehr viel, versuche allein den Kindern den Alltag so normal wie möglich zu gestalten, aber es ist sehr schwer. Ich schlafe schlecht und viel zu wenig und habe momentan kaum Zeit für mich und wenn mal ein Moment Ruhe ist, sitze ich da und bin erstarrt.

    Weihnachten und die Feiertage waren ein großes Schreckgespenst, mein Mann hat Weihnachten geliebt.

    Ich wollte eigentlich gar nichts machen, wollte erst mit den Kindern verreisen, dann haben die Kinder mich zu einem Baum und Deko überredet und ganz viel selber dekoriert. Wir sind zum Glück da geblieben und haben nichts gebucht. Und dann standen wir an Heiligabend in unserem Keller voller Wasser und haben Eimer geschleppt.

    Es hat immer noch nicht gereicht, dachte ich mit nassen Füßen. Wann hört es auf?

    Es ist ruhig geworden um uns herum, es werden immer weniger, die mal fragen oder von sich aus zu uns kommen. Es ist fast als wären wir aussätzig, die ehemals besten Freunde melden sich gar nicht mehr.

    Es sind nun sehr zurückhaltend einige andere Menschen um uns herum und ich bin sehr viel mit dem Hund unterwegs. Er merkt sofort, wenn es mir nicht gut geht und tröstet mich. Ansosnten habe ich für Trauer kaum Zeit, sie schnürrt mir nach wie vor die Seele zu, in den kurzen ruhigen Momenten am späten Abend oder wenn ich morgens mal alleine bin, spüre ich das.

    Wenn ich jetzt hier am PC sitze, denke ich, er müßte eigentlich gleich rein kommen, die Autotür zuschlagen und seinen Schlüssel ins Schloß stecken.....er fehlt mir so sehr!

    Ich wünsche Euch einen schönen Abend und liebe Menschen an Eurer Seite, wenn Ihr sie braucht.

    Ich melde mich wieder, muß jetzt mit der kleinen supertollen Töle Gassi gehen.

    Ganz liebe Grüße,

    Corinna

    Moin zusammen,


    wieder ein Tag geschafft, jetzt kommt der schwierigste Teil, der Abend und dann der Gang alleine in unser Bett, ohne ihn und die Nacht ohne seinen Atem neben mir.

    Vorhin war ich mit meinem Sohn beim Grab und wir haben uns unterhalten. Er war der letzte, der Lothar lebendig sah und der erste von uns, der ihn tot gesehen hat. Jakob war mit ihm im Wasser und hat ihn heraus geholt, als er leblos dahin trieb.

    Er träumt von seinen offenen Augen als sie ihn umgedreht haben und hört ihn immer noch seinen Namen rufen in der Nacht. Ich werde sehen, dass ich noch eine Begleitung für Jakob finde.

    Morgen muß ich zum sechsten Mal zur Gemeinde ind er Hoffnung auf die Ausstellung der Sterbeurkunde.

    Sie wollen jetzt eine genaue Adresse, wo er verstorben ist und die Uhrzeit. Eigentlich sollte die Urkunde heute fertig sein. Ob ich eine Straßenangabe machen kann....? Strandzugang 81....Und die Uhrzeit? Ich habe ihn gegen 18:00 Uhr putzmunter los gehen sehen. Gegen 20:00 Uhr war ich wieder bei meinen Kindern und habe ihnen mitgeteilt, dass Papa tot ist.....

    Was wird mir noch alles zugemutet?

    Morgen gehe ich hin und bleibe dort, bis ich diese Urkunde habe. Ich werde Lothars Foto mitnehmen, welches auf unserem Küchentisch an seinem Platz steht und die kleine Kerze, die dort für ihn leuchtet. Damit werde ich mich ins Standesamt setzen und warten bis ich die Urkunde habe.

    Heute ging es mir ansonsten besser als gestern, auch wenn es ohne Tränen kaum geht.

    Aber dieser Irrsinn wegen der Urkunde macht mich gerade so wütend, dass mich das aus meiner Trauer raus reißt....

    Ich wünsche Euch einen schönen Abend und eine hoffentlich gute Nacht,

    Corinna

    Hallo zusammen,

    vielen Dank für Eure Worte und Rückmeldungen.

    Heute ging es mir tatsächlich sehr schlecht. Die Sehnsucht nach meinem Mann ist so unsagbar groß, dass es mich fast zerreißt und gleichzeitig muß ich hier weiter funktionieren und zumindest den Kindern einen einigermassen geregelten Alltag erhalten.

    Dazu kommt, dass ich momentan so gar keine Aussicht habe, wo wir finanziell landen werden und hier gerade alles still steht.

    Ich habe bis heute leider immer noch keine Sterbeurkunde für meinen Mann bekommen, weil sich hier in der Gemeinde einfach keiner damit auskennt, wie das läuft und dass man mir mit dem dänischen Dokument, welches unser Bestatter bei der Überführung mitbekommen hat, eigentlich eine Sterbeurkunde ausfertigen muß.

    Damit habe ich mich nun auch noch selber beschäftigen müssen und den Leuten im Standesamt hier erklärt, wo sie die entsprechenden Infos finden und wie der Ablauf ist. Ich hoffe jetzt sehr, dass ich in den nächsten Tagen endlich diese Urkunde bekomme, um auch für uns weiter planen und organisieren zu können.

    Ich war in den letzten Jahren nicht berufstätig, habe meinem Mann, der viel gearbeitet hat und immer wieder auf Dienstreisen war, zuhause den Rücken frei gehalten.

    Das fällt mir jetzt alles auf die Füße. Wobei ich momentan emotional auch gar nicht in der Lage bin, irgendwo anzufangen.

    Und ich müßte dann für die Kinder auch erstmal einiges komplett umstrukturieren, weil das alles ich gemanaged habe bisher....ich fühle mich gerade auch dadurch nochmal komplett überfordert und bin tief verzweifelt darüber.

    ich kenne mich selber eigentlich nur optimistisch und positiv nach vorne sehend und bereit zu organisieren und Probleme zu lösen.

    Der Zustand, den ich momentan erreicht habe, ist mir völlig fremd.

    Deratig hoffnungslos und tieftraurig habe ich mich noch nie wahr genommen, obwohl ich auch schon einige Krisen überstanden habe.

    Und das, obwohl ich mir sicher bin, dass unsere Liebsten nicht weg sind. Sie sind um uns herum, aber in meiner momentanen Trauer spüre ich fast nichts mehr. sie lähmt mich und ich habe die ganze Zeit einen Panzer um meinen Körper, der mir die Luft abdrückt und mir regelrecht Beklemmungen bereitet. Meine Ohren pfeifen die ganze Zeit, es gibt keine Stille mehr, sondern nur ein ganz unangenehmes Fiepen um mich herum. So kann ich ihn nicht spüren....

    Aber ich schreibe ihm Briefe und lasse sie immer einige Tgae liegen, damit er sie hoffentlich lesen kann....

    Liebe Grüße

    Corinna

    Moin zusammen,


    ich sollte noch einen Titel eingeben, als ich meinen fertigen Beitrag versenden wollte.

    Was liegt also näher als den Text der Trauerkarte einzugeben, denn der kleine Prinz gehört zu uns seit wir uns kennen und hat uns immer begleitet in unserem gemeinsamen Leben bis zum Schluß....


    Ich bin Corinna und lese hier seit einigen Tagen immer mal ein bißchen quer, je nachdem wie lange und wie oft ich es aushalten kann.

    Ich denke, mein Mann Lothar ist einverstanden, dass ich unsere Geschichte hier erzähle, weil er weiß, wie unglaublich traurig ich bin und sich sicher denken kann, dass es mir vielleicht hilft, Euch davon zu erzählen, weil Ihr versteht, wie es mir gerade geht.

    Wir sind in den Urlaub gefahren am 29. Juli, mein Mann, ich und unsere vier Kinder, dreimal 15 und einmal 10 Jahre alt. Wir hatten Spaß während der Fahrt nach Dänemark, auf der Fähre habe ich schöne Fotos gemacht von den Kindern und ihrem Papa, eines davon wurde das Foto der Trauerkarte. Wir haben uns gefreut auf ein tolles Ferienhaus in den Dünen am Nordseestrand und auf 14 Tage Meeresrauschen, Toben in den Wellen und viele andere Pläne.

    Unsere Tochter wollte den Leuchtturm in Hvide Sande runter klettern, wir hatten einige tolle Sachen geplant....Mein Mann liebte die Nordsee und das Toben in den Wellen. Als wir am Samstag angekommen waren, wurde als erstes die Badehose ausgepackt und dann ab zum Strand mit den Kindern ins Wasser.

    Der nächste Tag war grau, verhangen, gewittrig und kühl. Wir nutzten ihn für eine 15 km Wanderung am Strand und im Regen durch die Dünen wieder zurück. Nachts tobte draussen ein Unwetter, Donner, Blitz und viel Regen, der im Ferienhaus auf der Glasüberdachung rumpelig laut war und uns vom Schlafen abhielt. Das wirklich sehr unbequeme Bett tat sein übriges dazu...

    Der 31. Juli begann dann nach dieser lauten Nacht mit viel Sonne und versprach vielversprechend zu werden. Es war trubelig mit einigen Auseinandersetzungen, die manche Tage so mit sich bringen, wenn man sechs Meinungen unter einen Hut bringen muß.

    Wir wollten am Nachmittag nach dem Glätten der Wogen das Schlafzimmer wechseln mit zwei unserer Kinder, in der Hoffnung auf besseres Liegen auf zwei einzelnen Matratzen, anstatt auf einer durchgehenden. Also alles umgepackt, umgeräumt und im anderen Raum wieder einsortiert.

    Mein Mann hielt mir meinen Badeanzug entgegen. "Hier, wir müssen das tolle Wetter ausnutzen. Ich habe versprochen mit zum Strand zu gehen. Kommst Du mit?"

    Ich zögerte.... und verneinte. ich war so müde, wollte mich hinlegen und ein bisschen dösen nach der unruhigen Nacht. Also haben wir noch einen Moment zusammen da gelegen auf dem anderen Bett und dann ist mein Mann gut gelaunt los gezogen mit zweien der Kinder. Die beiden anderen blieben mit mir im Ferienhaus....Wäre ich bloß mit gegangen....

    Relativ schnell kam unsere Tochter zurück. Sie war in den starken Wellen sofort von den Füßen gerissen worden und hatte sich den Ellenbogen angehauen. Dann hatte sie keine Lust mehr und ist zurück gekommen.

    Als sie wieder aus der Dusche kam, kam unser Sohn angelaufen. Er war ausser sich und erzählte, dass Papa bewußtlos am Strand läge. Der Notarzt sei da.

    Ich sprang auf und rannte los. Ich fühlte mich viel zu langsam. Es dauerte gefühlt unendlich, durch den tiefen Dünensand zu laufen und es kam mir vor wie eine Ewigkeit. Die Strecke vom Ferienhaus bis zum Strand waren etwa 400 m...die längsten 400 m meines Lebens.

    Unsere beiden Jungs waren mitgelaufen, der Große, der bei Papa am Strand war und der Kleine, der vorher bei mir im Ferienhaus geblieben war. Die beiden Mädchen wollten nicht mit, sie blieben voller Angst im Haus.

    Als wir durch die Dünen liefen, waren da noch zwei Nothelfer. ich rief ihnen zu, daß das am Strand mein Mann sei. Sie frageten mich, ob er vorerkrankt sei. Herz? Blutdruck?

    Ich sagte "Nein! Nichts! Völlig gesund!"

    "Er atmet nicht!"

    Die beiden Jungs blieben in den Dünen, unser Großer meinte, er habe genug gesehen.

    Ich ging runter zum Strand, durfte nicht zu ihm. Sie machten eine Druckmassage, wechselten sich ab. Ich mußte aus Entfernung zusehen, neben mir war eine deutsche Urlauberin, deren Mann Lothar zusammen mit meinem Sohn aus dem Wasser geholt hatte. Sie selber war Krankenschwester und hatte sofort mit der Druckmassage begonnen, als sie ihn aus dem Wasser geholt hatten.

    Da hatte er schon keinen Puls mehr....und als sie nach 40 unendlichen Minuten aufhörten zu reanimieren, waren auch zwischendurch kein Puls und keine Atmung mehr da gewesen.....Ich stand da und meine Welt implodierte.

    Ich war erstarrt, ich war nicht in der Lage, irgend einen Gedanken zu fassen oder etwas selbstständig zu entscheiden. Ich bin dort gefühlt mit gestorben. Ich habe ihn dort sterben sehen und hörte gleichzeitig, wie mein Herz zerbrach in unendlich viele mikroskopisch kleine Scherben, die explodierten und mich innerlich zerfetzten.

    Er ist nicht ertrunken. Offizielle Todesursache nach Obduktion wegen ungeklärtem Todesfall ist eine Lungenembolie. Wo soll die her gekommen sein, bei einem fitten agilen Mann von 54 Jahren, der gesund mitten im Leben steht?

    Ich weiß mittlerweile, dass er in eine Strömung geraten ist.

    Sie hat ihn raus und runter gerissen in kürzester Zeit. Unser Sohn und er wollten von der Einstiegsstelle am Meer etwas weiter Richtung Süden gehen, weil dort wo sie waren der Untergrund komisch war, glatt und glitschig, die Wellen waren stark. Unser Sohn wollte im seichten Wasser laufen, wandte Lothar den Rücken zu, er wollte schwimmen.

    Als unser Sohn sich wieder umdrehte, war Lothar weit draussen, schrie seinen Namen. Er hat versucht, zu ihm zu kommen, hat das aber nicht geschafft und ihm signalisiert, dass er am Strand Hilfe holt.

    Das hat er auch getan, es wurde ein Notruf abgesetzt und mein Mann ist los geschwommen Richtung Strand. Und er hat nicht mehr gerufen, wohl aus Angst, dass unser Junge wieder rein geht und versucht, ihm zu helfen und dann vielleicht selber in Schwierigkeiten gerät.

    Und weil er geschwommen ist, hat ihm keiner geholfen. Sie dachten, er schafft es. Unser Sohn erzählte, dass Papa geschwommen ist und plötzlich kam eine Welle, hat ihn von hinten überspült und dann trieb er im Wasser mit dem Gesicht nach unten. Er muß sofort tot gewesen sein. Unser Sohn ist rein mit dem Mann der Krankenschwester, sie haben ihn erreicht und sofort umgedreht und gleich am Strand mit der Reanimation begonnen....

    Ich durfte nicht mehr zu ihm am Strand, die Polizei hat mich zurück gehalten.

    Wie schafft man es, zurück zum Ferienhaus zu gehen und seinen vier Kindern zu sagen, dass ihr Papa tot ist?

    Ich weiß es nicht...ich war im Autopilotenmodus, völlig distanziert, jegliches Gefühl war aus mir heraus, leer, komplett erstarrt. Ich bin selber neben mir her gelaufen und habe mir alles angesehen, als ob dort ein schrecklicher Film abliefe.

    Abends sind wir in die Klinik gefahren und durften endlich zu ihm. Ich habe alle mitgenommen, keiner sollte allein im Haus bleiben. Sie sind alle zu ihm gegangen, unser Kleiner hat sich bei ihm bedankt für 10 tolle gemeinsame Jahre. Er ist ein ganz Großer!

    Ich kann mich nur verneigen und ebenfalls bedanken für 26 Jahre mit Höhen und Tiefen, seit 21 Jahren trage ich voller Stolz seinen Ring und ich werde ihn niemals ablegen.

    Er ist mein Geliebter, mein Weggefährte und mein bester Freund. Wir hatten noch so viel zusammen vor. Ich bin halbiert, amputiert, mein Herz wurde mir heraus gerissen und ich leide inzwischen auch körperlich unter dieser unglaublichen Trauer. Sie frißt mich auf, alles ist im Nebel und ich denke immer, es ist ein Albtraum, gleich wache ich auf und höre ihn neben mir atmen....aber es bleibt still....

    Er hat mir eine Aufgabe hinterlassen. Ich werde unsere vier Kinder so gut ich kann in ein eigenständiges Leben führen.

    Sie sind der Grund, warum ich morgens aufstehe und weiter mache. Und jeder Tag, den ich hier geschafft habe, bringt mich ein Stück weiter zu dem Punkt, an dem wir uns wieder sehen und er mich abholt ins Licht....denn dort ist er jetzt und wartet auf mich....

    Aber ich bin so unglaublich traurig! Und immer wieder verfolgt mich die Idee, dass ich hätte mitgehen sollen zum Strand, vielleicht wäre dann alles ganz anders gelaufen.....


    Ich danke jedem, der es geschafft hat, meinen Beitrag bis zum Ende zu lesen und wünsche jedem von Euch alles erdenklich Gute, viel Kraft für Eure eigene Trauer und hoffentlich irgendwann Sterne, die lachen können, weil Eure Liebsten auf ihnen lachen....

    Ganz liebe Grüße,

    Corinna