Danke Linda! Danke Heinz!
Meine Oma hatte mich großgezogen. Sie hatte quasi die Stellung meiner Mutter. Der Grund war, dass meine Mutter mich unehelich bekommen hat, und als ich ein Jahr alt war hat sie einen anderen Mann geheiratet. Der kam allerdings nicht damit kar,dass ich nicht sein Kind bin. Und so bin ich bei meinen Großeltern geblieben - dies in groben Zügen gesprochen.
Die Situation bei meinen Großeltern war allerdings auch nicht optimal. Mein Großvater war Alkholiker, hat die Familie tyrannisiert. Ständig gab es Streit zwischen meiner Mutter und meinen Großeltern. Sie konnten das Verhalten meiner Mutter einfach nicht verstehen. Meine Mutter war irgendwann das Haßobjekt der Familie. Als ich 10 war, gab es sogar einen Sorgerechtsstreit, weil meine Mutter und mein Stiefvater mich plötzlich doch haben wollten, aber da war es zu spät. Ich wollte bei meinen Großeltern bleiben. Alles sehr kompliziert und schwer zu beschreiben. Weitere Akteure sind meine beiden Onkels. Der jüngere war ganz lieb, ebenfalls Alkoholiker, sehr labil aber gutherzig. Der ältere - er hat mich mißbraucht als ich 15 war. Ich war damals ein desorienter Teenager, und er hat sich mein Vertrauen erschlichen, und mich dann letztendlich irgendwie überrumpelt. Später habe ich das Verhältnis beendet. Habe im Leben irgendwie die Kurve gekriegt. Bin weit weg in eine andere Stadt gezogen, stehe sicher auf eigenen Beinen.
Als ich erwachsen wurde, begriff ich irgendwann, was mein Onkel getan hat. Und dass er die Schuld für alles trägt, er war schließlich ein erwachsener Mann und ich ein Teenager. Das habe ich ihm dann in einem Telefonat auch gesagt. Seit dem war relative Funkstille zwischen uns. Fast 15 Jahre lang. Dann ist meine Oma vor einem Jahr ins Pflegheim gekommen, und der ganze Streß ging los. Er wurde nämlich zu ihrem Vormund erklärt, das bedeutet, alle Dinge die meine Oma betrafen mußte ich mit ihm besprechen. Er hat ständig gefordert ich solle ihm Emails schreiben usw. Er meinte ich bekäme nur Auskunft, wenn ich danach frage, von selber würde er sich nicht rühren. Als ich in der Wohnung meiner Oma übernachten wollte, wollte er mir die Schlüssel nicht aushändigen, mit den Worten ich hätte keine Rechte er könne mich rausschmeißen wenn er wolle. Kurz gesagt: Der Mann hatte mich plötzlich im Griff. Ich wagte nicht ,das Thema Mißbrauch anzusprechen. Ich verhielt mich so freundlich ich konnte ihm gegenüber, damit die Wogen nicht noch mehr hochkochen. Ich wolte auf keinen Fall, dass meine Oma etwas von dieser Geschichte etwas mitbekommt. Ich bin ein Jahr lang regelmäßg sie im Pflegeheim besuchen bekommen. Ich habe immer bei Freunden übernachtet, denn ich wollte und konnte bei keines meiner Familienmitglieder unterkommen.
Bei meinem letzten Besuch, an Weihnachten, klagte sie dann unter sehr starken Schmerzen. Sie kam ins Krankenhaus, die Ärzte fanden einen Bandscheibevorfall vermuteten dies zunächst als Ursache für die Schmerzen.Sie schickten sie zurück ins Altersheim. Aber die Schmerzen wurden nicht besser. Über Tage hinweg. Es waren Feiertage, Oma wurde immer nur von irgendeinem Notarzt behandelt. Sie kam nochmal ins Krankenhaus. Diesmal war die Diagnose vermuteter Blasenkrebs. Auf Grund der medizinischen Vorsgeschichte meiner Oma konnten sie sie nicht endoskopieren um dies zu bestätigen. Sie hätten sie nakotisieren und operieren müssen, aber das Risiko, dass sie die Narkose nicht überlebt hätte, war sehr hoch. Auch hätte sie eine Operation wahrscheinlich nicht überstanden. So war der Rat der Ärtze sie sterben zu lassen. Es folgten schreckliche Tage, auch weil die Ärztin die endlich aus dem Urlaub zurückkam, sich gleich am nächsten Tag wieder krank meldete. Sie vergaß offensichtlich, dass sie eine sterbende Patienten hatte, die unter Schmerzen litt, und hat keine Vertretung geschickt. Meine Oma erbrach die ganze Zeit jegliches Schmerzmittel. Die Pflegerinnen telefonierten der Ärztin hinterher, so dass die schließlich ihren Mann losschickte, und das Morphium vorbeibrachte.
All dies passierte unter dem für mich enormen Druck, den mein Onkel auf mich ausübte. Ich blieb die ganze Zeit bei meiner Oma. Irgendwann fragte er mich, warum ich das denn tue, und eigentlich hätte seine Mutter doch ihn am meißten geliebt usw. Ich solle sie doch besser in Ruhe lassen, ich würde sie nur stören. Es ist schwierig zu erklären, aber ich konnte mich gegenüber diesem Mann nicht behaupten. Ich saß immer nur neben ihm und habe geheult. Ich bin trotzdem zu ihr hin. Ich habe sie gefragt, ob ich bei ihr bleiben solle, und sie hat gesagt: "Bitte bleib da". DAs tat ich dann auch. Es waren die innigsten Momente, die ich jemals mit ihr hatte. Ich blieb bei ihr, bis sie mich weggeschickt hat. Ich kam dann jedesmal, und blieb so lange, bis sie mich weggeschickt hat.
Ich denke ich hätte vieles besser machen können, ich bin oft länger weggeblieben, als ihr lieb war, glaube ich. Aber meine seelische Erschöpfung und mein seelischer Druck war so groß, IHN in meiner Nähe zu wissen. Und die Angst ihm im Pflegheim zu begegnen.Denn er ist irgendwann doch wieder im Sterbezimmer meiner Oma aufgetaucht, hat sich um sie gekümmert. Das sollte mir recht sein. Für meine Oma sollte er meinetwegen der Lieblingssohn bleiben.Auch meine Mutter und mein jüngerer Onkel waren immer wieder da. Dann ist noch etwas Schreckliches passiert. Meine Mutter rief mich am Vorabend des Todestages meiner OMa an, und erzählte mir, mein Onkel hätte sich zu meiner Oma heruntergebäugt und ihr schlechte Erinnerungen eingeflüstert. Daraufhin bekam ich einen Nervenzusammenbruch, einem sterbenden Menschen der sich nicht wären kann böse Geschichten einflößen - für mich hat das den Stellenwert einer Vergewaltigung. Ich konnte in der Nacht nicht mehr zu ihr gehen. Ich war einfach zu aufgewühlt und zu fertig.
Am nächsten MOrgen, ihrem letzten Tag, noch mal lange bei ihr. Dann am Nachmittag, aber recht kurz. Ich war auch verunsichert, weil dass Sterben sich schon so lange hinzog. Ich wollte sie auch nicht festhalten. Und später kam nochmal der Mißbrauchsonkel (ich kann nur hoffen er hat ihr nicht wieder irgendeine Scheiße erzählt) und spät am Abend meine Mutter. Ich kam so gegen 22:00 Uhr dazu. Ich wollte eigentlich nochmal die Nacht dort verbringen. Ich hatte wieder Kräfte. Als wir uns im Gang unterhielten, oder besser gesagt gerade wieder mal anfangen wollten uns zu streiten, meine Mutter und ich, kam die Schwester und hat uns ihr Beileid ausgesrochen, Oma seit tot. Ich stürmte ins Zimmer meiner Oma. Sie lag da mit offenem Mund, offensichtlich tod. Ich weinte ganz doll und schrie. Und plötzlich - hat sich sich nochmal bewegt. Ich muß zugeben, ich war erschrocken. Aber sie lag sicherlich noch für mindestens 2 Minuten da und - kaute. Ich rief die Schwester - Oma lebt aber noch. Sie kam ungläublig dazu. Wir schauten auf Oma. Sie war plötzlich unglaublich ruhig. Und dann bekam sie etwas Wissendes um die Augen und dann kam ein sehr sehr breites Lächeln. DAs war dann wirklch das Ende.
So, dies ist so im Groben meine Geschichte. Mich hat das Jahr in dem Oma im Pflegeheim war, sehr sehr angestrengt. Ich habe ihr fast all meinen Urlaub gegeben, denn ich lebte ja nicht mehr in meiner Heimatstadt. Gleichzeitig bekam ich immer Druck von Seiten meines Onkels, Vorwürfe usw. er müsse sich ganz allein um seine Mutter kümmern und so. Ich muß gestehen, ich habe mir oft gewünscht, dass all dies bald vorbei wäre. Ich dachte, ich könnte mich dann frei fühlen, und mit dieser kaputten Familie abschließen.
Und jetzt. Nichts von all dem. Ich bekomme immer wieder Flashbacks. Der Gedanke, dass ich gegen Ende zu selten bei Ihr, sie zu viele Stunden allein liegen mußte, was mein Mißbrauchsonkel ihr noch zuletzt angetan hat. Dass ich danach nicht zu ihr ging, und beruhigende Worte finden konnte. Das treibt mich immer wieder zur Verzweiflung.
So, jetzt kennt ihr meine Geschichte.Entschuldigt bitte, dass es so lang wurde. ABer ich merke, es tut einfach gut zu reden, und diese Worte in die Welt hinaus zu schicken.
Ich danke euch
TEZEU