Beiträge von tezeu

    Heinz! Linda! Michi! Josef! Jutta! Christine! Ela!


    All ihr lieben gutherzigen Menschen, die Anteil nehmen am Leid anderer - fremden Menschen, die noch nicht mal ihren Vornamen sagen wollen. All eure Worte haben mich sehr getröstet. Ich danke Euch allen von Herzen!!!!! Es ist mir etwas peinlich, dass ich so lange nicht geantwortet habe. Es läßt sich schwer beschreiben, was die letzten Wochen war. Zum einen bin ich jetzt seit Längerem auf Medikamenten. Die haben dem Leid schon die Spitzen genommen. Die verzweifelten Heulkrämpfe mitten in der Nacht sind zumindest nicht mehr da. Aber die Medikamente machen auch sehr müde und lethargisch und wahrscheinlich ist das ein Grund, dass ich mich nicht zu einer Antwort aufraffen konnte. Auch wenn ich mir immer wieder durchgelesen hab, was ihr geschrieben habt.


    Die Schuld! Ich hoffe so, dass ihr Recht habt, mit dem was ihr sagt. Ich werde es niemals erfahren, was sie an ihren letzten beiden Tagen gefühlt hat. WEnn ich wenigstens gläubig wäre, dann könnte ich ihr eine Nachricht nach "drüben" senden (Ich tue es trotzdem, nur ganz daran glauben kann ich nicht) Dann wüßte ich, dass sie jetzt alles versteht, was war. Dann wüßte sie, wie unendlich ich dankbar ich für ihre Liebe bin. Denn sie war die einzige, die in dieser furchbaren Familie wirklich zu mir gehalten hat.


    Ich habe mir auch eine Therapeutin gesucht. Ich hoffe, sie kann mir helfen. Es ist nicht so, dass ich nicht glauben würde, dass Therapie hilfreich sein kann. Man muß nur im Therapeuten einen Menschen finden, dem man sich tatsächlich öffnen kann. Das ist nicht immer so leicht.Man braucht schon so etwas wie eine gemeinsame Wellenlänge, meiner Meinung nach. Da bin ich die letzten Jahre nicht fündig geworden. Diesmal also wieder ein neuer Versuch.


    Zu der Frage, was mein Onkel ihr zugeflüstert hat: Ich weiß es nicht genau. Ich glaube es war eine Geschichte aus der Kindheit meines Onkels, in der er von seiner Schwester (meiner Mutter) verprügelt wurde. Ich glaube, es ging ihm in dem Moment darum, meine Mutter nochmal vor meiner Oma schlecht zu machen, damit Oma ja nicht in Liebe zu ihrer Tochter in den Tod geht.


    Die andere Frage war, wie meine Oma zu meinem Onkel gestanden hat. Das läßt sich schwer beantworten. Ich glaube, er galt als Held in der Familie, weil er der einzige war, der es zu etwas gebracht hat. Ein großer, gutaussehnder Mann, fein angezogen. Meine Oma, die ihr Leben lang als Putzfrau gearbeitet hat, war da schwer beeindruckt. Auch ich fand ihn toll, und dachte er wollte mir helfen - von wegen!


    Als sie dann ins Altersheim kam, kamen schon kritische Töne von ihr. Er wäre immer so eingebildet und so. Und es hat ihr missfallen, dass er immer noch stur den Streit zwischen ihm und meiner Mutter aufrecht erhalten hat. Er hat auch nicht davor zurückgeschreckt an Weihnachten die Stimmung zu verderben, in dem Moment als meine Mutter Oma besuchen wollte. Das hat Oma schon mitgekriegt. Ja, vielleicht war das Verhältnis gar nicht mehr so innig. Ich weiß es nicht. Ich hätte es ihr gewünscht, dass sie ihn immer noch von ganzem Herzen lieben kann. Und dass er ihr hoffentlich nicht weh getan hat, die letzten Tage. Ach, wenn ich mir all das vor Augen führe. Man fühlt sich einfach nur hilflos. Alles so vertrackt.



    Nochmals danke an euch alle!!!!!



    Herzlich


    Tezeu

    Danke Linda! Danke Heinz!


    Meine Oma hatte mich großgezogen. Sie hatte quasi die Stellung meiner Mutter. Der Grund war, dass meine Mutter mich unehelich bekommen hat, und als ich ein Jahr alt war hat sie einen anderen Mann geheiratet. Der kam allerdings nicht damit kar,dass ich nicht sein Kind bin. Und so bin ich bei meinen Großeltern geblieben - dies in groben Zügen gesprochen.


    Die Situation bei meinen Großeltern war allerdings auch nicht optimal. Mein Großvater war Alkholiker, hat die Familie tyrannisiert. Ständig gab es Streit zwischen meiner Mutter und meinen Großeltern. Sie konnten das Verhalten meiner Mutter einfach nicht verstehen. Meine Mutter war irgendwann das Haßobjekt der Familie. Als ich 10 war, gab es sogar einen Sorgerechtsstreit, weil meine Mutter und mein Stiefvater mich plötzlich doch haben wollten, aber da war es zu spät. Ich wollte bei meinen Großeltern bleiben. Alles sehr kompliziert und schwer zu beschreiben. Weitere Akteure sind meine beiden Onkels. Der jüngere war ganz lieb, ebenfalls Alkoholiker, sehr labil aber gutherzig. Der ältere - er hat mich mißbraucht als ich 15 war. Ich war damals ein desorienter Teenager, und er hat sich mein Vertrauen erschlichen, und mich dann letztendlich irgendwie überrumpelt. Später habe ich das Verhältnis beendet. Habe im Leben irgendwie die Kurve gekriegt. Bin weit weg in eine andere Stadt gezogen, stehe sicher auf eigenen Beinen.


    Als ich erwachsen wurde, begriff ich irgendwann, was mein Onkel getan hat. Und dass er die Schuld für alles trägt, er war schließlich ein erwachsener Mann und ich ein Teenager. Das habe ich ihm dann in einem Telefonat auch gesagt. Seit dem war relative Funkstille zwischen uns. Fast 15 Jahre lang. Dann ist meine Oma vor einem Jahr ins Pflegheim gekommen, und der ganze Streß ging los. Er wurde nämlich zu ihrem Vormund erklärt, das bedeutet, alle Dinge die meine Oma betrafen mußte ich mit ihm besprechen. Er hat ständig gefordert ich solle ihm Emails schreiben usw. Er meinte ich bekäme nur Auskunft, wenn ich danach frage, von selber würde er sich nicht rühren. Als ich in der Wohnung meiner Oma übernachten wollte, wollte er mir die Schlüssel nicht aushändigen, mit den Worten ich hätte keine Rechte er könne mich rausschmeißen wenn er wolle. Kurz gesagt: Der Mann hatte mich plötzlich im Griff. Ich wagte nicht ,das Thema Mißbrauch anzusprechen. Ich verhielt mich so freundlich ich konnte ihm gegenüber, damit die Wogen nicht noch mehr hochkochen. Ich wolte auf keinen Fall, dass meine Oma etwas von dieser Geschichte etwas mitbekommt. Ich bin ein Jahr lang regelmäßg sie im Pflegeheim besuchen bekommen. Ich habe immer bei Freunden übernachtet, denn ich wollte und konnte bei keines meiner Familienmitglieder unterkommen.


    Bei meinem letzten Besuch, an Weihnachten, klagte sie dann unter sehr starken Schmerzen. Sie kam ins Krankenhaus, die Ärzte fanden einen Bandscheibevorfall vermuteten dies zunächst als Ursache für die Schmerzen.Sie schickten sie zurück ins Altersheim. Aber die Schmerzen wurden nicht besser. Über Tage hinweg. Es waren Feiertage, Oma wurde immer nur von irgendeinem Notarzt behandelt. Sie kam nochmal ins Krankenhaus. Diesmal war die Diagnose vermuteter Blasenkrebs. Auf Grund der medizinischen Vorsgeschichte meiner Oma konnten sie sie nicht endoskopieren um dies zu bestätigen. Sie hätten sie nakotisieren und operieren müssen, aber das Risiko, dass sie die Narkose nicht überlebt hätte, war sehr hoch. Auch hätte sie eine Operation wahrscheinlich nicht überstanden. So war der Rat der Ärtze sie sterben zu lassen. Es folgten schreckliche Tage, auch weil die Ärztin die endlich aus dem Urlaub zurückkam, sich gleich am nächsten Tag wieder krank meldete. Sie vergaß offensichtlich, dass sie eine sterbende Patienten hatte, die unter Schmerzen litt, und hat keine Vertretung geschickt. Meine Oma erbrach die ganze Zeit jegliches Schmerzmittel. Die Pflegerinnen telefonierten der Ärztin hinterher, so dass die schließlich ihren Mann losschickte, und das Morphium vorbeibrachte.


    All dies passierte unter dem für mich enormen Druck, den mein Onkel auf mich ausübte. Ich blieb die ganze Zeit bei meiner Oma. Irgendwann fragte er mich, warum ich das denn tue, und eigentlich hätte seine Mutter doch ihn am meißten geliebt usw. Ich solle sie doch besser in Ruhe lassen, ich würde sie nur stören. Es ist schwierig zu erklären, aber ich konnte mich gegenüber diesem Mann nicht behaupten. Ich saß immer nur neben ihm und habe geheult. Ich bin trotzdem zu ihr hin. Ich habe sie gefragt, ob ich bei ihr bleiben solle, und sie hat gesagt: "Bitte bleib da". DAs tat ich dann auch. Es waren die innigsten Momente, die ich jemals mit ihr hatte. Ich blieb bei ihr, bis sie mich weggeschickt hat. Ich kam dann jedesmal, und blieb so lange, bis sie mich weggeschickt hat.


    Ich denke ich hätte vieles besser machen können, ich bin oft länger weggeblieben, als ihr lieb war, glaube ich. Aber meine seelische Erschöpfung und mein seelischer Druck war so groß, IHN in meiner Nähe zu wissen. Und die Angst ihm im Pflegheim zu begegnen.Denn er ist irgendwann doch wieder im Sterbezimmer meiner Oma aufgetaucht, hat sich um sie gekümmert. Das sollte mir recht sein. Für meine Oma sollte er meinetwegen der Lieblingssohn bleiben.Auch meine Mutter und mein jüngerer Onkel waren immer wieder da. Dann ist noch etwas Schreckliches passiert. Meine Mutter rief mich am Vorabend des Todestages meiner OMa an, und erzählte mir, mein Onkel hätte sich zu meiner Oma heruntergebäugt und ihr schlechte Erinnerungen eingeflüstert. Daraufhin bekam ich einen Nervenzusammenbruch, einem sterbenden Menschen der sich nicht wären kann böse Geschichten einflößen - für mich hat das den Stellenwert einer Vergewaltigung. Ich konnte in der Nacht nicht mehr zu ihr gehen. Ich war einfach zu aufgewühlt und zu fertig.


    Am nächsten MOrgen, ihrem letzten Tag, noch mal lange bei ihr. Dann am Nachmittag, aber recht kurz. Ich war auch verunsichert, weil dass Sterben sich schon so lange hinzog. Ich wollte sie auch nicht festhalten. Und später kam nochmal der Mißbrauchsonkel (ich kann nur hoffen er hat ihr nicht wieder irgendeine Scheiße erzählt) und spät am Abend meine Mutter. Ich kam so gegen 22:00 Uhr dazu. Ich wollte eigentlich nochmal die Nacht dort verbringen. Ich hatte wieder Kräfte. Als wir uns im Gang unterhielten, oder besser gesagt gerade wieder mal anfangen wollten uns zu streiten, meine Mutter und ich, kam die Schwester und hat uns ihr Beileid ausgesrochen, Oma seit tot. Ich stürmte ins Zimmer meiner Oma. Sie lag da mit offenem Mund, offensichtlich tod. Ich weinte ganz doll und schrie. Und plötzlich - hat sich sich nochmal bewegt. Ich muß zugeben, ich war erschrocken. Aber sie lag sicherlich noch für mindestens 2 Minuten da und - kaute. Ich rief die Schwester - Oma lebt aber noch. Sie kam ungläublig dazu. Wir schauten auf Oma. Sie war plötzlich unglaublich ruhig. Und dann bekam sie etwas Wissendes um die Augen und dann kam ein sehr sehr breites Lächeln. DAs war dann wirklch das Ende.


    So, dies ist so im Groben meine Geschichte. Mich hat das Jahr in dem Oma im Pflegeheim war, sehr sehr angestrengt. Ich habe ihr fast all meinen Urlaub gegeben, denn ich lebte ja nicht mehr in meiner Heimatstadt. Gleichzeitig bekam ich immer Druck von Seiten meines Onkels, Vorwürfe usw. er müsse sich ganz allein um seine Mutter kümmern und so. Ich muß gestehen, ich habe mir oft gewünscht, dass all dies bald vorbei wäre. Ich dachte, ich könnte mich dann frei fühlen, und mit dieser kaputten Familie abschließen.


    Und jetzt. Nichts von all dem. Ich bekomme immer wieder Flashbacks. Der Gedanke, dass ich gegen Ende zu selten bei Ihr, sie zu viele Stunden allein liegen mußte, was mein Mißbrauchsonkel ihr noch zuletzt angetan hat. Dass ich danach nicht zu ihr ging, und beruhigende Worte finden konnte. Das treibt mich immer wieder zur Verzweiflung.


    So, jetzt kennt ihr meine Geschichte.Entschuldigt bitte, dass es so lang wurde. ABer ich merke, es tut einfach gut zu reden, und diese Worte in die Welt hinaus zu schicken.


    Ich danke euch


    TEZEU

    Meine Großmutter ist vor einiger Zeit estorben. Ich habe sie, trotzt schwieriger familiärer Umstände so gut begleitet wie ich nur konnte. Die ersten Tage mit ihr liefen - den Umständen entsprechend gut - wir sind uns nocheinmal sehr nahe gekommen, und waren bei sehr dankbar beeinander sein zu können. Schwierig wurde es, als sie nicht mehr ansprechbar war, und meine körperliche und seelische Erschöpfung über die Maßen hoch wurde. Auch war ich mir nicht mehr sicher, ob sie meinen Beistand noch brauchte/wollte. Ich war dann viel weniger bei ihr. Jetzt kommen mir Zweifel, ob das richtig war. Die Schuldgefühle werden immer schlimmer und führen mich an den Rand der Verzweiflung. Ich denke immer sie hat da vielleicht Stunden um Stunden gelegen und sich nach mir gesehnt.


    Ich weiß nicht, ob mir hier irgendjemand helfen kann. Ich muß all das nur irgendwie loswerden.