Es ist so still geworden- alles ist anders- noch vor einer Woche haben wir doch noch telefoniert!!!
Mein Vater war sein Leben lang ein lustiger Kerl, ein Musikant eben- seit dem 15 Lebensjahr immer wieder Gitarrist erst in Jugendbands, dann später div. Duo´s und auch Trio´s vorwiegend Unterhaltungsmusik.... Leider war er kein "Kostverächter", weshalb er auch schon ein uneheliches Kind mit ca. 18 Jahren hatte, bevor er meine Mutter kennen lernte....
2 gesunde Söhne (davon ich der jüngere) gingen aus dieser Ehe hervor... Viele Jahre waren wir alle glücklich und zufrieden, bis eines Tages ein junges Mädchen (ca. 23) meinem Vater den Kopf verdrehte- kennengelernt hatte er diese natürlich bei einem seiner Musikauftritte in der Schweiz... wenig später wurde die Ehe zu unserer Mutter annuliert, und irgendwann kam dann auch unsere jüngere Halbschwester zur Welt.... so zog es unseren Vater erst in die Schweiz, dann aber doch wieder zurück, wo man mit der neuen Lebensabschnittspartnerin in die Selbstständigkeit wechselte... viele Jahre ging das auch Recht gut, bis mein Vater irgendwann um die 50 Jahre alt wurde, und die junge Frau ca. im Alter knapp über 33 ihn mittsamt der Tochter verlassen hat, und wieder zurück in die Schweiz ging... das denke ich war so der gesundheitliche Knackpunkt im Leben des geliebten Papa, er ist fast daran zerbrochen- hatte alles auf eine Karte gesetzt... ich kann mich noch daran erinnern, daß zur besten Zeit seine Tagesration Cafe bei ca. 35 und Zigaretten bei 2 bis 3 Schachteln gelegen ist in Kombination mit Tabletten gegten Depressionen und ohne etwas zu essen. Eines kann ich trotz dieser schweren Phase trotzdem gut heißen: er hat niemals getrunken !!! - das ging bestimmt so um die 2 Jahre, der selbstständig geführte Betrieb ging mit ihm alleine natürlich den Bach runter, und in einer Blitzaktion hatte er eine Internetbekanntschaft aus der UDSSR geheiratet, nur um nicht alleine zu sein- wir hatten zu dieser Zeit sehr viel Kontakt, leider meist Tel., SMS oder per Mail, weil einfach zu viele km uns trennten, um sich täglich zu treffen. Mit der neuen Frau wurde dann abermals der Wohnort gewechselt, um ein wenig anonymer zu leben... Nun war er noch weiter entfernt als vorher, und man bekam sich höchstens 3-4 x pro Jahr zu Gesicht, der Kontakt blieb aber trotzdem ständig aufrecht... Erst war er überglücklich, jetzt näher bei der jüngeren Tochter, die ja in der CH lebt, zu sein- leider jedoch befand die sich zu diesem Zeitpunkt mitten in der Pupertät, und hat den Kontakt zu ihm abgebrochen...
so nach ca. 2,5 Jahren wechselte mein Dad dann abermals den Wohnort- von der "neuen" Frau genervt, ließ er diese zurück und siedelte sich etwa 15km in meiner Umgebung an...
Nun konnten wir uns oft sehen, und ich bin froh- daß wir das auch getan haben. Irgendwie konnte man ihm schon ansehen, daß er nicht mehr der Gesündeste war, er wollte aber das nicht zugeben. Als ich ihm eines Tages bei Auspackarbeiten seines Siedlungsgutes geholfen habe, konnte ich erkennen, wie schwer ihm das Atmen fiel- ständiger Husten, Auswurf usw. - da habe ich ihn zur Rede gestellt: er hatte Probleme mit der Lunge, ausgelöst durch das Rauchen, was er zwar nicht zugegeben hat, ich wusste es aber!!! allerdings war es zum Glück kein Krebs- er zeigte mir die Spray´s, die er benützen musste bei diesen Hustenanfällen. Erst hatte er einen neuen Job ganz in der Nähe, war dann aber immer öfter im Krankenstand... Irgendwann reichten die Spray´s alleine nicht mehr, und er bakam so eine Sauerstoffmaschine nach Hause. Nach einiger Zeit wurde dann noch ein Mobiles-Sauerstoffgerät dazu verordnet. Vom Krankenstand wechselte er mit ca. 58 Jahren in die Frühpension. Eigentlich wollte er uns Jungs nie wirklich sagen, was ihm fehlte- über Umwegen jedoch konnten wir erfahren, daß er COPD IV Patient war- mit einem Lungenvolumen von nur mehr knapp 20-25%, bei mittlerer körperlicher Anstrengung wäre es möglich zu ersticken. Mit vielen Cortisonbehandlungen usw. wurde er nach Asthmaanfällen im Krankenhaus immer wieder aufgepuscht, gerade so, daß er das KH wieder verlassen konnte. Anfällig für jede Art von Grippe, Erkältungen usw. lebte er die letzten Wochen recht zurückgezogen in seinen 4 Wänden, das Ziel vor Augen, ab 21.3.2011 in der Lungenklinik in Natters in Behandlung zu stehen, und evtl. eine Lungentransplantation zu erhalten....
Es war der 10.3.2011, als es ihm den ganzen Tag schon relativ schlecht ging- nie wollte er jemandem unnötig zur Last fallen, weshalb er auch so lange mit dem Notruf zum Roten Kreuz gewartet hatte. Erst um 2:00 in der Nacht zum 11.3. setzte er den Notruf ab, als er beinahe an einem Anfall erstickt wäre- die Rettungskräfte leisteten ganze Arbeit, nach der Erstversorgung konnte er stationär im KH aufgenommen werden, und mit viel Antibiotika war er Freitag-Mittags auch schon wieder recht ansprechbar....
Samstag konnte er sogar ein wenig aufstehen, und hatte zu vielen Verwandten und Freunden tel. Kontakt- stolz hatte er noch erzählt, daß er weiterkämpfen würde, um noch Enkelchen erleben zu können (da wir im Juli ein Baby erwarten). Äpfel waren noch sein Wunsch, da das Krankenhausessen so fad schmecken würde....
am Sonntag den 13.3.2011 um 9:48 klingelte mein Handy und am Display war eine mir unbekannte Nummer zu sehen:
"Hallo, spreche ich mit Daniel M.??? leider ist ihr Vater heute morgens am Weg zum WC Kollabiert- Wiederbelebungsversuche wurden nach ca. 30min eingestellt- Voraussichtlich Lungenembolie...Es tut mir Leid, wollen sie ihren Vater nochmal sehen???"
ich werde diesen Anruf nie vergessen- man erstarrt im ersten Moment, möchte aufwachen von diesem bösen Traum- es kann doch nicht sein, wir haben doch erst noch telefoniert einige Stunden vorher??? was soll ich jetzt tun??? was kann ich tun???
"Nein, bitte nicht.... Bitte nicht... " konnte ich noch ins Telefon flehen, die Stimme verzerrt, Tränenübersäht.... zum Glück war meine Freundin da, und konnte es mir ansehen, was geschehen war- schließlich ist sie Krankenschwester auf genau dieser Station, wegen der Schwangerschaft jedoch an Wochenenden nicht mehr dienstlich eingeteilt....
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So, liebe Freunde- leider muss ich für heute an dieser Stelle Schluß machen- ich kann nicht mehr, es kommt alles wieder hoch....
Es tut gut zu schreiben, ich könnte es jetzt sogar alles einfach wieder löschen- und trotzdem hätte es mir geholfen....
Aber ich glaube, ich bin hier bei euch im Forum gut aufgehoben.
Auch wenn hier jeder sein eigenes "Päckchen" zu tragen hat, wie ich in ein,zwei Threads bereits gelesen habe....
Wer meiner Geschichte nichts abgewinnen kann, soll sie einfach nicht lesen und auch nicht kommentieren....
Für diejenigen jedoch, die es mitfühlen können, werde ich demnächst weitermachen...
Ich möchte einfach alles Verarbeiten können, und die Gewissheit haben, daß es ihm jetzt gutgeht !!!!
Ruhe in Frieden, Papa
Bis bald, liebe Freunde
Daniel_M