Beiträge von mgn

    ich möchte mich einmal vorab bei allen bedanken, die ir geantwortet haben und die mir ihre anteilnahme gegeben haben.
    ich habe schon länger nicht mehr auf diese seite gefunden (es ist halt bei mir so, dass der drang sich auszutauschen und etwas loszuwerden nicht immer gleich stark ausgeprägt ist), aber umso erfreuter war ich gerade als ich dann doch so viele rückmeldungen gesehen habe.
    da viele von euch gefragt haben, wie den mein verlust genau verlaufen ist, und es auch mit ein bedürfnis ist, auch einmal unsere(meine und die meiner familie) sicht der dinge in die welt hinauszurufen....soviel was man sich denkt und was essentiell in so einem fall ist geht einfach in der medialen berichterstattung oder auch in der erinnerung der mitmenschen unter.


    ich war an einem wunderschönen frühlingstag ende april letzten jahres mit meiner mutter essen, als uns meine schwägerin am telefon anrief um uns zu informieren, dass die polizei gerade bei uns zuhause war und sie darüber informiert hat, dass mein vater in eine "raufhandlung verstrickt" war und deswegen im AKH liegt.
    ich kann mic herinnern, wie ich (nachdem wir uns schnurstracks auf den weg ins akh gemacht haben) noch gedacht habe (ach geh, ...der wird eine auf die nase bekommen haben und nächsten sonntag lachen wir alle herzlich darüber... ein gedanke, der mir momentan die luft zum atmen nimmt...
    als wir im spital ankamen hat uns ein ärzteteam realtiv unspektakulär mitgeteilt, dass mein vater vorraussichtlich aufgrund eines schlages auf den kopf niedergesstossen wurde und sich beim fall an einer kante den kopf so unglücklich gestossen hat (er war scheinbar beim umkippen schon bewusstlos...), dass es massive hinrquetschungen hervorrief, die zu gehirnblutungen geführt haben und das gewebe dauerhaft zerstört hätten...
    ich habe noch nie so einen schlag in alle teile meines körpers bekommen, ...ich habe noch nie so etwas schreckliches gesehen, wie die zerstörte reaktion meiner mutter.
    es hat ein wenig gedauert, bis man das wirklich versteht,...da liegt dein vater auf der intensivstation mit schläuchen und schläft eigentlich ganz friedlich, ..und dir versucht jemand zu erklären, dass er nie wieder aufwachen wird....
    in der zwischenzeit hat uns auch noch einmal die polizei kontaktiert um uns über "fortschritte in den ermittlungen" zu unterrichten... gott, ...da sind soviele dinge passiert,...und ich habe mir schon damnals ständig gedacht, ...wenn es nicht um deinen vater ginge, wäre das eigentlich ein kabarett...so unbeholfen, wie da vor allem auch offizielle stellen mit dir umgehen,...so kalt und uneinfühlsam das gefühl, wenn du merkst, dass du/dein schicksal/dein schmerz ja auch nur eine aktennummer ist...


    nach 10 Tagen (3 stunden nach ende meines geburtstages) ist mein vater verstorben. schlussendlich hat der gehirnschaden die körperfunktionen ausser gefacht gesetzt. ich halte mich allerdings an den gedanken, dass mein vater mit einem freund (der in der selben nacht im gleichen spital verstorben ist) zusammen "gegangen ist"...aber ich denke er wollte noch warten bis mein geburtstag vorbei ist...


    5 monate danach begann endlich der prozess gegen den täter. ich hatte alle prozessunterlagen schon gelsesen und war extrem erpicht darauf den typen endlich zu sehen und das alles aus seinem mund zu hören. die vernehmungsprotokolle bei der polizei (der täter hat sich zusammen mit seinem freund gestellt, nachdem sein foto in der zeitung abgelichtet war) haben eine sehr deutliche sprache gesprochen...eine sprache die mir retrospektiv das kotzen ins gesicht treibt. man hat bei der ersten vernehmung gemerkt, dass die burschen einfach einen scheiss tag hatten, sich voll laufen liessen und dann nach einer aggressiven auseinandersetzung mit anderen passanten und einem strassenbahnfahrer (dabei haben sie auch gedroht und und und) der strassenbahn nachlaufen wollten. am weg zur nächsten station stand mein vater an einer auslage und hat von dem nichts mitbekommen. ein zeuge sagt nun, dass er gesehen hat, dass der täter einen schlag gegen meinen vater geführt hat. in der ersten vernehmung hat der täter das auch nicht bestritten,...erst nachdem er seinen ersten termin mit seinem anwalt hatte kam dann das "nicht-mehr-erinnern-können" und das "das-war-ja-alles-ganz-anders" usw usf.
    (kleine anekdote nebenbei: der anwalt, der den täter vertreten hat, war seinerzeit in einer firmgruppe, die mein vater geleitet hat...)
    ich wollte beim prozess dabei sein, und diese aussagen aus seinem mund hören. ich habe naiverweise gedacht, dass er vielleicht vor gericht die eier aufbringen wird und die wahrheit sagen wird,...aber da hab ich falsch gedacht.
    alles in allem war der prozess sehr enttäuschend und frustrierend...wieder einmal nur eine nummer, ..wieder einmal nur fadisierte leute, die einene fall abhandeln wie so viele andera auch,...aber eben für mich nicht. es war nicht ein fall wie jeder andere...es war unser fall,...es war der fall meines vaters...
    der täter wurde schliesslich zu 2jahren teilbedingt verurteilt. mit der uhaft konnte er als "frier mann" den gerichtssaal verlassen und ward seitdem nicht mehr gesehen...(mich hat ur geärgert, dass er gleich wieder mit den selbsen leuten verschwunden ist, mit denen er den folgenschweren tag hatte...nachdem ihm vorher der richter ins gewissen reden wollte, dass er sich vielleicht ein wbisserl seiner verantwortung und seiner opferhilfe bewusst werden soll)
    meine mutter wartet noch immer auf ihr schmerzensgeld und ich habe das vertrauen verloren.(dass er sich schon darum kümmern wird und selbst auf uns zukommt um zu versuchen seine tat wieder gut zu machen)


    ich weiss nicht, was ich mir erwarten kann, was noch passieren wird, was diese situation irgendwie verbessert. es tut sehr gut hier einmal alles niederzuschreiben,..obwohl ich mich nicht beschweren will, weil ich wirklich viele freunde habe, die mir jede hilfe angedeihen lassen...und ich bin auch sicherlich über das schlimmste hinweg,..allerdings habe ich das bittere gefühl, dass sooooo viel in mir nur begraben ist aber nicht aufbereitet oder verarbeitet...
    ich habe angst, meine gefühle irgendwann nicht mehr kontrollieren zu können. meine trauer kommt in regelmässigen abständen auf und lässt mich nicht zur ruhe kommen. das wurschtigkeitsgefühl gegenüber dem täter ist in echte wut übergegangen und ich weiss, dass ich als "opfer" (das ich NICHT sein will!!!!) einfach durch die finger schaue. je mehr mir das bewusst wird umso frustrierter ist es für mich. und ich habe angst, dass der zustand nicht besser sondern schlechter wird.


    Ich danke jedem, der es sich angetan hat, all das zu lesen,....es hat sehr gut getan, wieder einmal einen teil rauszulassen und niederzuschreiben (gott weiss, ich hab mir den mund darüber bereits fusselig geredet) und bin dankbar für jede rückmeldung.


    trauer ist doch ein komisches gefühl.... selten kam ich mir so lebendig vor, weil dies eben ein so ganzheitlich körperliches phänomen ist. ich war aber noch nie so innerlich tot und zerstört, weil die GANZE situation, nicht nur der tod meines vaters, einfach...unfair ist/leer macht/auslöscht. ich hasse mich schon dafür, dass ich dem täter gegnüber hass empfinde...wie gestört ist das denn???


    die trauer frissst dich von allen ecken und enden auf und ist stärker als jedes andere gefühl... wenn ich an meine frau denke, kann ich dasselbe über die liebe sagen. aber seit dem tod meines vaters lässt mich die angst vor dem verlust das gute nicht mehr voll geniessen.

    hallo an Alle,


    ich habe vor 8 monaten meinen vater durch die hand eines anderen menschen verloren und sehe mich jetzt noch mehr in meiner trauer und meiner starre als direkt danach.


    gibt es irgendwen, der auch mit einem solchen thema konfrontiert wurde und ev ein wenig "längere" erfahrung vorweisen kann, wie man mit sowas umgehen kann?


    ich kehre nur deswegen hervor, dass mein vater gewaltsam durch einen anderen menschen getötet wurde, weil sich für mich der abschied dadurch ganz massiv unterschieden hat. es ist einfach etwas anderes, wenn man schon ein jahr oder kürzer oder länger auf diesen tag X hinarbeiten kann(so wie ich es mit meiner großmutter tun konnte), als wenn ein geliebter mensch einfach so von einer sekunde auf die andere nicht mehr existiert. (und noch dazu viel zu jung war um jetzt schon zu gehen)
    ich möchte das nicht werten (in welcher skala oder massstäben auch immer...), aber ich hätte einfach gern ein wenig austausch mit leuten, die wirklich in einer vergleichbaren situation sind/waren.


    vielen dank und lieben gruß,


    martin