Vielen Dank für die lieben Worte von euch allen. Und auch vielen Dank für das schöne Gedicht "Salome".
Nun liegt die Trauerfeier hinter uns und mir geht es noch schlechter als vorher. Denn nun ist es Realität. Das gestern war wirklich sehr emotional. Wir konnten ja Raphael zum Glück im Kindergarten mit abgeben. Sind dann nach Nürnberg gefahren, haben dort meine Schwiegereltern von der U-Bahn abgeholt und sind dann zur Kapelle gefahren. Wir waren natürlich die ersten. Dann kam eine Tante von mir, die jüngste Schwester von meiner Mutti. Wir fielen uns weinend in die Arme und auch ihr Mann nahm mich ganz fest in den Arm und drückte mich. Das tat so gut. Nach und nach kamen dann auch die anderen Verwandten. Da ich meine Mutter ja letzte Woche nicht mehr gesehen habe, wollte ich mich unbedingt noch von ihr verabschieden, deswegen haben wir den Sarg in der Kapelle öffnen lassen. Mein Onkel hat eine schöne CD aufgenommen, die lief dann leise im Hintergrund. Wir wollten keine Orgelmusik, weil das nicht zu meiner lieben Mutti gepasst hätte. Als wir rein sind in die Kapelle konnte ich erst gar nicht zu meiner Mutti hinschauen. Ich hatte so furchtbare Angst. Dann tat ich es und musste sofort anfangen ganz schrecklich zu weinen. Und ich sagte immer wieder, dass das gar nicht wahr sein kann, meine liebe Mama! Mein Mann stützte mich und tröstete mich und sagte, dass es ihr jetzt ganz gut geht. Aber das schlimme ist ja, dass es ihr vorher nicht schlecht ging. Sie war ja nicht krank, so dass man sagen könnte, es wäre die Erlösung gewesen. Sie war ja lebensfroh und putzmunter noch am Tag zuvor. Ich bin dann hin zu ihr und habe ihr gesagt, dass ich sie liebe und vermisse und habe sie gestreichelt, allerdings nur mit Handschuh an, weil ich es anders nicht konnte. Ich streichelte ihre Arme und ihr Gesicht. Aber ich habe mir das alles anders ausgemalt. Ich dachte sie würde da liegen und ich würde sehen, dass sie erleichtert ist. Aber genau das sah ich nicht. Ich sah in ihrem Gesicht Schmerz und Gram. SIE musste gehen, weil mein Vater sie die letzten Jahre so fertig gemacht hat und sie nach außen hin immer die starke gespielt hat und allen Kummer in sich hineingefressen hat! Und genau DAS sah ich in ihrem Gesicht. Jetzt ist es natürlich noch schlimmer für mich, weil ich dieses Bild immer vor Augen habe.
Schlimm ist, dass ich zu meinem Vater (er ist nicht mein leiblicher Vater, meine Eltern haben geheiratet als ich drei Jahre als war) überhaupt kein Verhältnis mehr habe. Er zog sich ja seit Jahren in seine eigene Welt zurück und nahm an den Familientreffen nicht mehr teil. Oder wenn ich meine Eltern zu uns eingeladen habe, brachte er meine Mutti nur und fuhr wieder heim. Wenn wir zu Besuch bei meiner Mutti waren, ging er ständig spazieren. Er hat ja auch zu meinen Kindern kein Verhältnis. Sebastian hängt auch überhaupt nicht an ihm. Und das finde ich super schlimm. ICH war auch die letzte die mein Vater letzte Woche telefonisch informierte was passiert ist! Und gestern bekam ich nur durch Zufall mit, dass er am Montag wohl im Krankenhaus war, weil er beim spazieren gehen umgekippt ist und ohnmächtig wurde und dann im Krankenhaus wieder aufwachte. Er war wohl auch über Nacht dort, aber angeblich haben die Ärtze nichts festgestellt. Er ruft nicht mal in solchen Situationen an. Also wird es wohl so aussehen, dass wenn wir jetzt dann alles geregelt haben, ich ihn nicht mehr sehen werde. Denn was soll ich ihn besuchen? Er redet ja sowieso nicht mit mir bzw. ich kann auch nicht mit ihm reden. Er hat mir zu sehr weh getan und ich gebe ihm die Schuld am Tod meiner Mutter. Sie hat er fertig gemacht mit seinem Verhalten (als wir ihren Geburtstag im November feierten, ging er einfach um ca. 21 h ins Bett, obwohl noch alle Gäste da waren! Das war eine Frechheit und ich habe ihn angeschrien, dass ich das unmöglich finde, schließlich ist es Muttis Feier. Dass es ihr letzter Geburtstag ist, konnte ich ja nicht ahnen!).
Mein Vater war ja schon immer sehr dünn, aber jetzt ist er nur noch Haut und Knochen, er sah schrecklich aus gestern. Aber ich kann trotzdem mich nicht um ihn kümmern. Zu groß ist meine Wut. Ich habe jetzt den Schriftverkehr erledigt für ihn, um die Versicherungen und Abo´s zu kündigen und dann werde ich wohl noch helfen die Sachen meiner Mutti zu verräumen. Allerdings weiß ich nicht, wann ich das machen soll!? Da braucht man ja auch Kraft für.
Ich habe immer noch totale Herzschmerzen und weiß nicht, was das ist und habe Angst. Die Tabletten die ich bekommen habe helfen mir nichts. Habe ich mir aber ja vorher schon gedacht.
Heute Nacht träumte ich dann auch noch von meiner Mutti, wie sie über die Straße gelaufen kommt! Und ich habe mit ihr gesprochen! DAS war einerseits sehr schön, aber jetzt im nachhinein schrecklich. Denn ich weiß, dass ich niemehr mit ihr sprechen kann. Wo ich doch oft stundenlang mit ihr telefoniert habe, obwohl wir uns erst am Tag vorher gesehen haben.
Morgen muss Stephan auf Dienstreise über Nacht. Ich bekam totale Angste als er mir das sagte, weil ich nicht alleine im Haus sein kann. Ich habe ja jetzt schon ständig Angstzustände. Sobald es dämmert muss ich immer das Licht anmachen und bevor ich in einem Zimmer das Licht ausmache, muss es im nächsten an sein. Stephan hat gestern nun aber eine Tante von mir gefragt, ob sie über Nacht zu mir kommt. Und sie sagte JA! Ich hole sie jetzt morgen mittag zuhause ab, wenn sie von der Arbeit zurück ist und dann fahren wir zu uns. Dann bleibt sie über Nacht hier und bleibt hoffentlich auch am Samstag noch was länger, denn Stephan wird spät heimkommen. Ich kann das allleinsein einfach nicht ertragen.