Hallo Ihr lieben Mitfühlenden !
Ich war schon lange nicht im Internet um mich zum Thema Trauer und Bewältigung zu erkundigen. Ganz zu Beginn, Mai 2008, habe ich es mal versucht. Aber es war mir zuviel mich damit zu beschäftigen. Doch jetzt, fünf Jahre nach dem Tod meiner Astrid, fällt es mir noch immer sehr schwer ein emotional ausgeglichenes Leben zu führen. Ich habe lange versucht alleine damit klar zu kommen. Trauergruppen konnte ich dazu nicht finden. Und zu einem Psychologen wollte ich nicht mehr. Ich bin ja nicht krank nur weil ich trauere. Denk ich. Aber jetzt nach fünf Jahren weiß ich nicht mehr ob das normal ist.
Nur mal kurz die Geschichte von uns : 2001 haben wir uns kennengelernt. Meine erste Frau. Meine Liebe. Wir sind bald zusammengezogen und hatten eigentlich wunderbare Jahre bis 2007 sie immer mehr Rückenbeschwerden bekam, diese sich verschlimmerten und die Ärzte erst nach sechs Monate draufgekommen sind, daß ihr Leib schon voller Metastasen ist. Sie war 44. Viel zu jung. Innerhalb von extrem harten fünf Monaten, hat sich gezeigt, daß die Anstrengungen die wir gegen die Krankheit unternahmen, zwecklos waren. Im April 2008 ist sie dann, drei Tage nach unserer Hochzeit, sehr plötzlich gestorben. Obwohl es ihr die letzten Wochen eigentlich immer besser ging. Ich war 33 und blieb in der Wohnung mit unserer beiden Katzen allein zurück. Kinder hatten wir leider oder zum Glück keine. Wie auch immer man es betrachtet. Es ist halt einfach nicht passiert.
Und jetzt, fünf Jahre später, bin ich immer noch in unserer gemeinsamen Wohnung. Habe noch alle Ihre Sachen. Kann nichts davon weggeben. Höchstens einpacken. Manche. handynummer ist immer noch angemeldet, Email wird immer noch abgefragt. Abo's zahl ich weiter unter Ihrem Namen. Unsere Terrasse pflege ich weiter wie sie es getan hat. Eine jede Pflanze die eingeht, tut mir im Herzen weh. Ich hänge noch sehr an ihr. Obwohl ich längst wieder jemanden kennengelernt habe. Wir wohnen getrennt, aber wir treffen uns täglich. Sie kommt mit meiner Trauer nicht klar. Eigentlich hatte ich mir erhofft, daß es mit einer neuen Beziehung besser wird. Aber das tut es nicht wirklich. Es ist schön, wenn wir zusammen sind. Aber alleine fällt mir die Decke auf den Kopf und es muß immer und immer wieder an mein Schatzl denken, oder wie es mit uns war oder wie die Krankheit war.
Wie sie gestorben ist, habe ich meine restliche Energie dazu verbraucht neuen Sinn im Leben zu finden. Habe einen großen Urlaub mit Freunden gemacht. Bin klettern gegangen. Hab wieder richtig zu arbeiten begonnen, weil ich ja in Pflegekarenz war. Doch das alles war nur Ablenkung. Der Schmerz war und ist immer noch riesig. Ich hab es nur geschafft im echten Leben besser damit klar zu kommen. Viele Leute glauben wahrscheinlich, daß ich das längst alles abgeschlossen habe. Aber das tut es nicht. Das will ich eigentlich nicht. Nicht Sie.
Ich suche nach einer Art von Trauer die nicht an meiner Lebensenergie zehrt. Als sie starb, so fühle ich mich, ist es als wenn der größte Teil meiner Lebensenergie mit Ihr gegangen ist. Das fast noch immer tägliche weinen bei irgendwelchen Erinnerungen nimmt den Rest. Fünf Jahre danach fühl ich mich immer noch so leer. Keine Kraft etwas neues zu starten. Neu zu beginnen. Eigentlich wäre ich mit jetzt 39 ja noch nicht sooo alt. Aber ich fühle mich wie ein alter Mann. Besonders wenn ich sie wöchentlich am Friedhof besuche.
Fast alle gemeinsamen Bekanntschaften haben sich aufgelöst. Es gibt nur eine Freundin die übrig ist, mit der ich manchmal etwas (!) über sie reden kann. Oder aber ich mit meiner Mutter zu der ich ein gutes Verhältnis habe. Astrid und Sie haben sich sehr gut verstanden. Aber trotzdem kann man auch mit der Freundin oder meiner Mutter kaum über Astrid oder die Zeit nach Ihr reden. Auch sie trauern und wollen eigentlich nicht wirklich daran erinnert werden. Bei meiner Mutter kommt natürlich die Sorge um mich dazu. Da sie selber die letzten Jahre an Lungenkrebs gelitten hat, will ich ihr natürlich auch keine Sorgen machen. Sie ist zum Glück schon 3 Jahre rezidivfrei.
Aber ich weiß nicht was ich tu wenn noch etwas passiert. Ich hab keine Kraft mehr für einen weiteren Schicksalsschlag. Wie machen das blos andere Menschen ?
Seit ein paar Monaten besuche ich eine Trauergruppe im Weinviertel. Aber ich bemerke, daß Trauer nicht gleich Trauer ist. Wenn jemand über seine Eltern oder Kinder trauert ist das eine andere Trauer als die über den eigenen Partner glaube ich. Und so stehe ich wieder allein da und weiß nicht weiter.
Ich lese auch ein Buch über Trauer. Aber meine Trauer "wegtanzen" ist nicht meins. Das ist mir zu esoterisch. Ich bein emotional ein sehr weicher Mann, aber trotzdem sehr realitätsbewusst im echten Leben. Die Astrid hatte während Ihrer Krankheit einige esoterische Menschen bei sich. Rutengänger, Lebensberater, Energietherapeuten, Kinesiologin, ... Ich habs auch versucht zu glauben. Ist mir ja nichts anderes übrig geblieben. Ich hätte alles getan um die Astrid zu retten. Wollte sogar kündigen. Aber meine Firma wollte doch lieber eine Pflegekarenz.
Und so suche ich noch immer nach einem Weg um lebenswert weiterleben zu können.
Es wäre schön wenn hier jemand in Wien oder Umgebung einen Tipp für eine Trauergruppe für trauernde Partner hätte.
Weil irgendwelche Bücher lesen oder nur etwas im Internet über Trauer zu lesen ist mir zu fremd.
Ich muß irgendwas tun damit ich wieder Lebensenergie bekommen ohne die Astrid loslassen zu müssen. Weil ich es nicht kann.
Ich weiß nicht mal genau, was das heißt, aber es klingt genau danach was ich eigentlich nicht will.
Ich will immer bei Ihr, mit Ihr sein. Sie hatte immer wieder Angst, daß ich sie verlassen könne wie sie krank war. Das war doch undenkbar. Und genauso ist es jetzt noch immer.
Ich muß aufhören. Ich weine schon wieder zuviel. Das zehrt so.
Und lese immer wieder, daß es vielen von Euch nicht viel besser geht.
Mario