Liebe Tina,
Lass dir Zeit. Egal um was es geht, lass die Kleidung im Schrank, die Schuhe vor der Wohnungstür. Es wird der Zeitpunkt kommen, an dem du bereit bist, dich darum zu kümmern. Jetzt geht es für dich einfach mal darum, jeden Tag zu überleben. Etwas anderes ist es am Anfang echt nicht. Jeder Tag ist eine neue Herausforderung, man wacht auf, denkt "er ist tot", denkt "nein, das kann nicht sein". Dieses Nie wieder macht mich noch heute fertig. Nie mehr werde ich mit ihm sprechen, ihn nie wieder umarmen können. Das muss man erst mal verarbeiten. Und das geht einfach sehr, sehr langsam. Und dann sind da noch die einsamen Abende, die Wochenenden, wo man nichts mehr mit sich anzufangen weiß.
Was die Renovierung angeht, lass es auf dich zukommen. Dass du dazu derzeit keine Kraft hast ist doch klar. Trauer ist Schwerstarbeit, das nimmt und jede Energie für andere Dinge. Ich habe 3 Monate nach dem Tod meines Mannes einen Renovierungsschub gehabt. Ich hab (wohl um mich abzulenken) angefangen, ein Zimmer nach dem anderen zu streichen. Irgendwann konnte ich dann nicht mehr, aber es hat mir bis zu diesem Zeitpunkt gut getan. Höre da in dich hinein, achte auf dein Bauchgefühl. Klar, wenn da Schimmel das Problem ist, sollte es eigentlich zeitnah in Angriff genommen werden, aber wenn du nicht kannst, dann geht es eben noch nicht. Lass dich da auch nicht unter Druck setzen.
Mir hat ganz kurz nach dem Tod jemand geraten, die Sachen von ihm schnell wegzuräumen, da ich es sonst nie mehr machen würde. Ich habe diesen Ratschlag gehört aber nicht befolgt, ich konnte es nicht. Ich habe 3 Wochen gebraucht, bis ich die Sachen, die er im Krankenhaus anhatte und ich von dort mitbekommen habe aus dem Auto zu räumen. Ich habe Monate gebraucht, um seinen Kleiderschrank auszuräumen und die Sachen in Umzugskartons zu packen. Und erst jetzt bin ich so weit, seine Sachen nach und nach wegzugeben. Mein Mann ist seit bald 15 Monaten tot. Ich hab mir eine Andenkenkiste angefertigt, dort habe ich alle Gegenstände von ihm drin, die ich nicht weggeben werde. Da ist auch das Shirt drin, das er anhatte, als er zusammenbrach. Es ist vom Notarzt kaputt geschnitten worden, aber ich bewahre es auf.
LIebe Grüße
Claudia