Beiträge von mahu

    So, anderen Bestatter gewählt ... ich hoffe, daß alles zu meiner Zufriedenheit abläuft. Eine Urne habe ich auch schon ausgesucht! Mann, es gibt wirklich hunderte von verschiedenen Urnen, und wenn das alles nicht so traurig wäre, könnte man sich glatt wie beim Shopping vorkommen ...


    Ich hoffe, daß Mama mit meiner Wahl zufrieden ist. Ich habe mir die Entscheidung wirklich nicht leichtgemacht ...

    Liebe Astrid,


    Du hast vollkommen Recht: ein einfühlsamer Bestatter macht viel aus! Dummerweise bin ich an das genaue Gegenteil geraten.


    An dem Tag, als es passierte, war natürlich kein normaler Gedanke möglich. So wurde ein Bestatter von Amts wegen beauftragt, meine Mutter abzuholen. Das ist alles schon traurig genug, aber jetzt kommt der Bestatter: ein alteingesessenes Unternehmen mit langer Tradition. Ich hatte immer vermutet, als Bestatter MUSS man alleine schon von Berufs wegen ein gewisses Maß an Einfühlungsvermögen haben. Dem scheint nicht so zu sein.


    Bestatter kosten Geld, Bestatter sind teuer, das ist nichts neues. Aber die Art und Weise, wie man bei diesem hier behandelt wird, ist schon irritierend. Diese Kostenaufstellung erreichte mich heute:


    - Abtransport der Leiche: 566,00 €

    - Meldung LKA und Übermittlung der Todesbescheinigungen: 25,00 €

    - Herrichtung für Abschied am offenen Sarg: 75,00 €

    - telefon. Beratung - ca. 45 Min.: 55,00 €

    - Nutzung u. Reinigung des Aufbewahrungs- u. Überführungssarges: 80,00 €

    - klimatisierte Ruheräume: 75,00 €


    Ich habe keine Vergleichsmöglichkeiten, weil ich mit so etwas noch nie zu tun hatte, aber nach Aussage eines anderen Bestatters sind allein schon die Kosten für die Abholung zu hoch. Und der Punkt "Nutzung u. Reinigung des Aufbewahrungs- u. Überführungssarges" ist auch Quatsch; einen Holzsarg kann man angeblich gar nicht reinigen. Üblich ist die Abholung mit einer Trage, da muß dann auch nichts gereinigt werden. Aber der Abholer kam mit einem Holzsarg. Schon seltsam.


    Dummerweise habe ich in der Nacht noch den Bestatter angerufen (er hat mir ausdrücklich gesagt, daß er 24 Std. erreichbar ist). Dieses kurze Gespräch (ca. 5 Minuten) berechnet er mit 55 Euro. Also, ich glaube, seriös sieht anders aus.


    Dazu der patzige Ton: ich habe natürlich einige andere Angebote eingeholt. Sein Angebot war preislich zwar okay, aber nicht nur voller Grammatik- und Rechtschreibfehler, sondern auch völlig unübersichtlich und intransparent. Als ich per E-Mail Einzelheiten nachgefragt habe, kommt eine schroffe Antwort: "Wir haben Ihnen bereits ein Angebot gesendet und verstehen nicht, was es da noch zu erklären gibt". Nachdem ich um weitere Details nachfrage, kommt nur noch der Satz: "Bitte lassen Sie Ihre Mutter bis Mittwoch von einem Bestatter abholen".


    Bin ich zu empfindlich? Oder ist so ein Verhalten in der Bestattungsbranche üblich? Ich bin heute eher wütend als traurig.


    Vielleicht brauche ich nicht nur ein Trauerforum, sondern ein Wutforum. Oder ich bin doch zu empfindlich ...

    Liebe StillCrazy,


    herzlichen Dank für Deine lieben Zeilen. Ich werde morgen, am Montag, ganz viel rumtelefonieren und nach Adressen suchen, die mir oder meinem Vater behilflich sein können.


    Als erstes muß ich mich aber um die Bestattung meiner Mutter kümmern. Zum Glück habe ich da eine Vertrauensperson, die mich unterstützt.


    Was das Haus angeht: Ich war vorgestern beim Sozialdienst des Krankenhauses, in dem mein Vater jetzt ist. Die Sozialarbeiterin, mit der ich dort gesprochen habe, war alles andere als einfühlsam. Sie hat mir einfach zu verstehen gegeben, daß mein Vater in ein Pflegeheim kommen wird, dieses sei natürlich sehr teuer, die Rente meines Vaters würde wohl kaum reichen und somit werde auf sein Vermögen zurückgegriffen. Und dieses Vermögen besteht nun mal einzig aus dem Haus, in dem ich lebe.


    Für mich ist es seit 35 Jahren mein Zuhause; für die Behörden ist es aber eine "verwertbare Immobilie".


    Wenn es nach dem Szenario geht, welches mir diese wenig einfühlsame Frau aufgezeigt hat, dann ist es unumgänglich, daß das Haus verkauft werden muß. Ich solle mich doch am besten schon mal um eine neue Bleibe bemühen.


    So sieht es aus. Ich werde mich natürlich noch von anderer Seite eingehend beraten lassen, aber ... ich sehe ehrlichgesagt ziemlich schwarz, was mein Zuhause angeht.


    Für heute werde ich jedoch versuchen, nicht daran zu denken. Ich muß Kraft sammeln, denn morgen muß ich Mamas Bestattung organisieren.


    Dir alles Liebe und vielen Dank


    Martin

    Liebe Bea,


    vielen Dank für Deine lieben Wünsche. Ja, ich habe des gestrigen Tag überstanden, und ohne mich jetzt selbst über Gebühr loben zu wollen: ich finde, für meine Verhältnisse und die jetzige Situation war ich ganz gut. Ich hatte überhaupt keine Zeit für Trauer, ich habe mich in erster Linie um rein praktische Dinge gekümmert. Essen kochen, abwaschen, Wäsche waschen. Ich kann mich nicht in meiner Trauer ausruhen, es muß ja auch der Alltag (soweit man jetzt von "Alltag" sprechen kann) wieder einkehren. Und irgendwann hat man keine Unterwäsche mehr im Schrank und keine sauberen Gläser.


    Und dann muß ich mich, so traurig das ist, erstmal um Mamas Beerdigung kümmern. Morgen ist Termin beim Bestatter. Ganz nebenbei muß ich mich auch um meine Tante kümmern, die natürlich auch am Boden zerstört ist. Und um meinen Vater in der Klinik. Der wird natürlich medizinisch versorgt, aber ich muß ihn zumindest besuchen, damit er weiß, daß ich für ihn da bin, auch wenn ich nicht immer anwesend sein kann.


    Und als ob das alles noch nicht genug ist, kommt noch die Sorge um mein Zuhause hinzu. Denn Geld in Form von Bankguthaben oder dergleichen ist natürlich nicht vorhanden. Im Klartext: Wenn Papa in ein Pflegeheim wechselt, muß das Haus "verwertet", also verkauft werden. Keine Ahnung, wo ich dann bleibe.


    Vielleicht in einer kleinen Wohnung, wo ich vor mich hin vegetiere. Oder aber irgendwo, wo ich gar keine Wohnung mehr brauche.

    Herzlichen Dank für Dein Mitgefühl.


    Ich bin momentan völlig neben der Spur, nicht mal Zeit zum Traurigsein. Alle wollen etwas von mir, ich soll plötzlich Entscheidungen treffen, ich muß mich aber auch um mein Leben/meine Belange kümmern, zusätzlich aber auch um all das, um das sich Mama bisher gekümmert hat. CHAOS HOCH ZEHN!


    Ich hoffe, ich finde die Kraft dazu.

    Liebe Ele,


    ich bin so positiv überrascht, wie schnell hier auf meinen Text reagiert wird. Es tut so gut zu wissen, daß man nicht allein auf der Welt ist, auch wenn es nur "anonyme Stimmen" aus der Ferne sind.


    Papa ist jetzt erstmal in einer geriatrischen Klinik untergebracht, das war die einzige Möglichkeit, damit er erstmal in Sicherheit ist.


    Ich habe ihn bisher schon zweimal besucht, er ist sogar immerhin so weit informiert, daß er weiß, daß er jetzt in einer Klinik ist, er weiß, daß Mama tot ist, und er ist unendlich traurig und möchte gern wieder nach Hause. Ich habe ihn in den Arm genommen und gesagt, daß wir zusammen alles tun werden, um nach einer Lösung zu suchen.


    Papa hat sich unheimlich gefreut, daß ich ihn besucht habe. Nachdem ich dann sein Zimmer verlassen habe, um zum Ausgang zu gehen, bin ich allerdings selbst mit Heuklkrampf zusammengebrochen. Ich hoffe, daß ich es schaffe, so stark zu sein, meinem Papa Trost und Mut zuzusprechen.


    Morgen fahre ich wieder in die Klinik, ich habe da einen Gesprächstermin mit dem Sozialdienst. Ich habe große Angst, Papa zu besuchen, denn ich weiß ja nie, in welchem Zustand er ist.


    Ich danke Dir für Deine guten Wünsche (und wünsche DIR natürlich auch viel Kraft bei der Bewältigung Deines Themas).


    Herzliche Grüße!


    mahu

    Lieber Frank, ich wollte eigentlich schon längst im Bett sein, aber ich habe mich hier im Forum "festgelesen" ... und nun bin ich immer noch da.


    Vielen Dank für Deine netten Zeilen. Ich fühle mich aber nicht wirklich klug. Klug wäre gewesen, die Schwere der Verzweiflung meiner Mutter rechtzeitig zu erkennen. Aber hinterher kann man sich immer fragen, was man hätte tun sollen ...


    Wenn ich wirklich klug wäre, dann hätte ich mich schon vor langer Zeit um so vieles gekümmert. Plötzlich muß ich mich um einfach alles kümmern. Nicht nur, was mit Papa geschehen soll, nein, auch um unser Haus, das ja nicht bloß eine Immobilie ist, sondern mein Zuhause.


    Um alles hat sich immer nur Mama gekümmert. Klar, sie wollte mir die ganze "Verwaltung" irgendwann geregelt übergeben, aber eben erst in der Zukunft. Wir dachten, das hätte alles noch Zeit, und irgendetwas war immer wichtiger.


    Nein, klug bin ich sicher nicht. Wenn ich mir mein bisheriges Leben ansehe finde ich mich sogar überdurchschnittlich blöd (salopp ausgedrückt). Und auch schuldig, weil ich mich ja auch selber mal hätte kümmern müssen. Das sind jahrelange Versäumnisse, die ich jetzt teuer bezahlen muß.


    Ich habe mich trotz aller meiner Defizite nie für einen schlechten Menschen gehalten. Ich habe sicher vieles im Leben falsch gemacht, aber womit ich dies alles hier verdient habe, weiß ich nicht.


    Ich kann nur hoffen, daß ich die Kraft für das alles finde.


    Vielen Dank für Deinen Zuspruch!


    Liebe Grüße

    mahu

    Liebe Bea,


    es tut so gut, ein positives Feedback zu erhalten.


    Eigentlich (so dachte ich) habe ich überhaupt keine richtigen Freunde. Das war früher anders, aber nachdem ich aufgrund meiner Zwangsstörung/AD(H)S-Erkrankung berentet bin, haben sich doch viele sogenannte "Freunde" von mir abgewandt. Wenn man nicht so leistungsfähig ist, wie es der Norm entspricht, gerät man leicht ins Abseits. Immerhin hatte ich eine wunderbare Freundin, die viel für mich getan hat, die aber bereits 2010 an Krebs verstorben ist. Seit dem bin ich eigentlich ziemlich allein.


    Doch ich habe noch eine Tante, die sich sehr um mich kümmert, das heißt, wir kümmern uns um einander, denn sie ist ja auch mehr oder weniger direkt von diesem Verlust betroffen (Schwester meines Vaters). Meine Tante gibt mir viel, ich muß aber aufpassen, daß ich sie nicht überlaste, denn obgleich sie geistig top fit ist – sie ist immerhin 93 Jahre alt. Da muß ich natürlich Rücksicht nehmen.


    Außerdem haben wir hier eine funktionierende Nachbarschaft; keiner sieht weg, sondern bietet seine Hilfe an. Ich bin in den letzten Tagen unheimlich positiv überrascht worden, wie lieb sich die Nachbarn kümmern.


    Nur von "offizieller" Seite kommt nichts. Meine Hausärztin hat mich heute zwar mit ein paar mittelfristigen Terminen versorgt, doch was ich bräuchte, wäre mindestens 2 x die Woche ein 50-Minuten-Termin bei einem Therapeuten. Doch Therapeuten sind hierzulande dermaßen überlastet, daß man auf einen Termin monatelang warten muß. Ich kenne das aus meiner bisherigen Krankengeschichte.


    Aber trotzdem: ich gebe (noch) nicht auf. Ich werde mich nach weiteren Anlaufstellen erkundigen, z. B. nach einer Trauergruppe hier vor Ort.


    So ... ich fühle mich jetzt so müde, es war wirklich ein langer Tag ... ich danke Dir für Deine guten Wünsche!


    Ganz herzliche Grüße!!!

    Liebe Teilnehmer,


    ich habe gerade einen unfaßbaren Verlust erlitten. Gerade am Abend, vor dem Zubettgehen breitet sich die Angst vor der Stille der Nacht aus ... der Körper kommt zur Ruhe, das Gehirn hat Zeit zum Grübeln ... und dann kommen die Gedanken, die mich fertig machen. Ich wollte vorher noch ein bißchen was zum Thema recherchieren, und da bin ich durch Zufall auf einen Text in diesem Forum gestoßen. Da habe ich mich entschlossen, meine eigenen Sorgen/Gedanken mitzuteilen, auch wenn ich sonst noch nie in irgendwelchen Foren aktiv war.


    Mein Papa hat Demenz. Aber das ist nur die Spitze des Eisberges.

    Bis vor wenigen Wochen war mein Papa zwar vergeßlich und hatte hin und wieder leichte Anflüge von Verwirrtheit, aber er konnte noch immer alle wichtigen Sachen selber erledigen: sich alleine anziehen, sich waschen, rasieren, zur Toilette usw. Vor kurzem war er noch beim Arzt, und der fand, er mache einen guten und lebhaften Eindruck. Also: "Nehmen Sie weiter ihre Tabletten und wir sehen uns im nächsten Quartal wieder".


    Im letzten Monat wurde er allerdings immer verwirrter: er fand sich in seinem eigenen Haus nicht mehr zurecht, meinte, Personen gesehen zu haben, die nicht da waren oder hörte Musik, wo keine war.


    Was ich nicht bemerkt habe: er konnte auch nicht immer rechtzeitig zur Toilette. Meine Mutter wollte die Verschlimmerung der Erkrankung meines Vaters nicht wahrhaben und vor allem: vor mir, dem Sohn, geheimhalten. So hat sie – wie ich mir im Nachhinein zusammengereimt habe – immer hinter ihm hergeputzt, alle Spuren beseitigt und nichts davon gesagt.


    Bis zum letzten Sonnabend. Papa hatte es mal wieder nicht rechtzeitig auf die Toilette geschafft und dabei das ganze Badezimmer verunreinigt. Dies war wohl der Tropfen, der das Faß zum überlaufen gebracht hat. Meine Mutter konnte einfach nicht mehr. In einer Kurzschlußhandlung nahm sie einen Strick und erhängte sich am Treppengeländer.


    Ich selbst, psychisch auch nicht unbedingt stabil und deswegen sogar seit langem Frührentner, wohne im selben Haushalt. Nachdem ich also am letzten Samstag aufgewacht bin fand ich meinen Vater verwirrt auf dem Bett sitzend vor, das Badezimmer verdreckt und schließlich meine Mutter erhängt vor. ich werde dieses Bild nicht mehr los!

    Dies ist der schlimmste Alptraum meines Lebens, und nicht nur der Verlust von Mama zerreißt mir förmlich das Herz, auch wird erst jetzt die volle Tragweite der Erkrankung meines Vaters sichtbar.


    Der Abschied von meinem Vater hat gerade erst begonnen. Ich weiß nicht, ob ich die Kraft habe, diesen Weg mit zu gehen. Ich glaube, ich kann einfach nicht mehr!


    Meine Gedanken sind momentan erfüllt von absoluter Hoffnungslosigkeit, vor Verzweiflung und auch von Schuld. Hätte Mama mir nicht sagen können, daß sie es einfach nicht mehr schafft? Hätte ich selber nicht etwas merken müssen?


    Ich bin dankbar, daß ich meine Gedanken hier aufschreiben durfte.


    * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * ** * * * * * * * * * * * * * * * * *


    – STUNDEN SPÄTER –


    Ich habe heute die erste Nacht seit den Vorfällen am 29.12. wieder im Haus meiner Eltern verbracht – ich habe die letzten vier Nächte in einem Hotel/einer Pension übernachtet. Ich habe diese erste Nacht hier (allein!) überstanden.


    Am Tag, als es passierte, ging alles so schnell, ich stand unter Schock und konnte gar nicht reagieren. Das Haus wimmelte von Sanitätern, Polizei, Amtsarzt, Seelsorgerin und was-weiß-ich-wem, aber wirkliche Hilfe habe ich nicht erfahren. Die Polizei hat eigentlich nur die Sache an sich zu Protokoll genommen und das war's. Die Sanitäter wollten mich unbedingt "zu meiner eigenen Sicherheit" in eine psychiatrische Notaufnahme bringen, weil sie fürchteten, ich würde mir etwas antun.


    Nun muß man wissen, daß ich aufgrund einer Zwangserkrankung und AD(H)S im Laufe meines Lebens schon öfter Erfahrungen mit derartigen Einrichtungen gesammelt habe. Ich wurde 2005 schon einmal während eines Unglücksfalls auf einer psychiatrischen Notfallstation aufgenommen.


    Der Sanitäter versicherte mir, "das war 2005, wir haben jetzt 2018, und inzwischen hat sich da viel getan". Ich fühlte mich in die Enge gedrängt, habe ihm gesagt, daß ich auf freiwilliger Basis mitkäme, mit der Option, jederzeit wieder gehen zu können, wenn ich dort keine Hilfe bekomme.


    Okay, es war so: der Rettungswagen brachte mich in die Notaufnahme, dort wurde ich erstmal untersucht, der Fall wurde durchgesprochen und dann wurde ich einem Zimmer auf der Station zugeteilt. DAS WAR ALLES! Oder vielmehr, das war der Beginn eines weiteren Alptraumes innerhalb meines Alptraumes.


    Die Station (abgeschlossen natürlich) besteht aus langen Fluren, auf denen Menschen mit allen möglichen Erkrankungen umherschlurfen. Psychotiker, Schizophrene, Depressive, was-weiß-ich. Allein dieser Anblick, diese Atmosphäre kann selbst einen stabilen, gesunden Menschen fertigmachen. Die Patienten laufen umher, vom Pflegepersonal ist niemand zu sehen. Einige klopfen an die Tür des Stationszimmers, wollen irgendjemand sprechen. Sie werden vertröstet, "Dr. Sowieso hat gerade zu tun, bitte haben Sie etwas Geduld". Es sind Feiertage, es ist nur eine Ärztin für das ganze Krankenhaus da, und die Pfleger verschanzen sich im Stationszimmer und halten Besprechungen ab. ES HAT WIRKLICH NIEMAND MIT MIR GEREDET (und auch nicht mit den anderen hilfesuchenden Patienten). Mein einziger Vorteil: ich hatte ja das Recht, mich wieder eigenmächtig zu entlassen.


    Dann mußte ich noch eine Stunde auf die Ärztin warten, bis die Zeit für mich hatte. Dann wollte diese sich mit dem Oberarzt besprechen, was wieder endlos dauerte. Anschließend hat sie mir gesagt, ja, ich dürfe denn gehen, wenn ich glaubhaft versichern würde, mir selbst nichts anzutun. Okay, sie hat mir dann geglaubt, ich mußte wieder eine Stunde warten, bis sie den Arztbrief/Entlassungsschein ausgestellt hat. Dann durfte ich ENDLICH vor die Tür und mußte NOCH EINE STUNDE auf das Taxi warten, das mich nach Hause bringt.


    Fazit: ES GIBT KEINE HILFE IN NOTSITUATIONEN. Es gibt nur die Auswahl: endweder Unterbringung in der psychiatrischen Notfallambulanz (die Hölle) oder Unterbringung in der psychiatrischen Notfallambulanz RUHIGGESTELLT MIT MEDIKAMENTEN (Hölle hoch zwei). Da ziehe ich die Freiheit vor, und wenn ich unter einer Brücke schlafen muß.


    Ich habe meine erste Nacht in einem Hotelzimmer verbracht, dann die nächsten drei Nächte in einer Pension, die einem entfernten Bekannten gehört. Schlimm natürlich auch der Umstand, daß gerade Sylvester/Neujahr war, d. h. es war NIEMAND zu erreichen, es gab keinerlei Hilfe, die Welt schien nur aus Berlinern und Böllern und feiernden Menschen zu bestehen.


    Nun bin ich wieder zu Hause. Aufgrund meiner persönlichen Vorgeschichte (Zwangserkrankung etc.) ist es mir absolut unmöglich, die Verschmutzungen, die mein Vater angerichtet hat, zu beseitigen. Reinigungsunternehmen sind nicht zu erreichen oder überlastet. Gestern habe ich Hilfe von der Raumpflegerin meiner Tante erhalten: sie hat mit mir zumindest Wohnzimmer, Küche und Flur durchgewischt, so daß ich zumindest in diese Räume wieder hineingehen kann. Das bedeutet, ich habe wieder Zugriff auf den Wohnraum, in dem ich auch schlafen kann, eine Küche, eine Toilette und eine Dusche.


    Die Verschmutzungen im anderen Bad und im Elternschlafzimmer sind allerdings für eine "normale" Reinigungskraft zu stark, da müssen Spezialisten ran.


    Das ist jetzt das nächste, das ich organisieren muß.


    Was mir am meisten fehlt, ist eine organisatorische Hilfe. Eigentlich und von Rechts wegen hätte ich aufgrund meiner Vorerkrankung sogar Anspruch auf eine Hilfe für den Alltag (hatte ich sogar früher einmal, aber das Verhältnis zu der Betreuerin hatte sich aus verschiedenen Gründen getrübt und so ist die ganze Sache letztendlich abgebrochen worden).


    Ja, und nun sitze ich da, versuche zu organisieren, recherchieren, telefonieren ... und habe weder Zeit für Trauer noch für andere eigene Belange.


    Keine Ahnung, wie ich das durchhalten soll. Aber es ist immer noch besser, als in dieser schrecklichen Psychiatrie, wo ich GAR NICHTS organisieren kann, sondern dazu verdammt bin, untätig herumzulaufen (oder unter Medikamenteneinfluß vor mich hin zu dämmern).

    Bitte verzeiht mir Schreib- oder Formulierungsfehler, ich bin sonst immer sehr pingelig, was Orthographie angeht, aber ich habe im Moment wirklich nicht die Kraft, dies alles nochmal korrekturzulesen.


    Herzliche Grüße an alle, die dies hier lesen.



    * * *

    – WIEDER EIN PAAR STUNDEN SPÄTER –


    Es ist dunkel, es naht die zweite Nacht allein in meinem Elternshaus. Heute war ich von morgens bis abends so beschäftigt, daß ich weder Zeit zum Weinen oder überhaupt nachdenken hatte.


    Ich denke, ich werde auch diese zweite Nacht überstehen; morgen wird wieder ein unheimlich voller Tag (Termin beim Amtsgericht, Termin beim Sozialdienst der Klinik, in der mein Vater jetzt ist, Besuch bei der Krankenkasse usw.). Insofern werde ich wohl auch morgen nicht zum Grübeln kommen ... viel mehr habe ich vor dem verdammten Wochenende Angst. Keine Termine, keine Möglichkeit, etwas zu organisieren, statt dessen Ruhe und somit jede Menge Zeit für Gedanken, die kommen können.


    Ich wünsche Euch allen, die Ihr dies hier lest, eine gute Nacht.



    Ihr Lieben, die Ihr mir geantwortet habt,


    herzlichen Dank, ich hätte nicht gedacht, daß in so kurzer Zeit so viele Menschen meinen Text lesen und mir dann sogar schreiben! Auch wenn es nur "Worte aus der Ferne" sind, ich bin Euch so dankbar!


    Ich habe heute die erste Nacht seit den Vorfällen am 29.12. wieder im Haus meiner Eltern verbracht – ich habe die letzten vier Nächte in einem Hotel/einer Pension übernachtet. Ich habe diese erste Nacht hier (allein!) überstanden.


    Leider muß ich "Tigerlily" widersprechen, was das Thema "Notfallversorgung" angeht. Ich habe da sehr schlechte Erfahrungen gemacht.


    Am Tag, als es passierte, ging alles so schnell, ich stand unter Schock und konnte gar nicht reagieren. Das Haus wimmelte von Sanitätern, Polizei, Amtsarzt, Seelsorgerin und was-weiß-ich-wem, aber wirkliche Hilfe habe ich nicht erfahren. Die Polizei hat eigentlich nur die Sache an sich zu Protokoll genommen und das war's. Die Sanitäter wollten mich unbedingt "zu meiner eigenen Sicherheit" in eine psychiatrische Notaufnahme bringen, weil sie fürchteten, ich würde mir etwas antun.


    Nun muß man wissen, daß ich aufgrund einer Zwangserkrankung und AD(H)S im Laufe meines Lebens schon öfter Erfahrungen mit derartigen Einrichtungen gesammelt habe. Ich wurde 2005 schon einmal während eines Unglücksfalls auf einer psychiatrischen Notfallstation aufgenommen.


    Der Sanitäter versicherte mir, "das war 2005, wir haben jetzt 2018, und inzwischen hat sich da viel getan". Ich fühlte mich in die Enge gedrängt, habe ihm gesagt, daß ich auf freiwilliger Basis mitkäme, mit der Option, jederzeit wieder gehen zu können, wenn ich dort keine Hilfe bekomme.


    Okay, es war so: der Rettungswagen brachte mich in die Notaufnahme, dort wurde ich erstmal untersucht, der Fall wurde durchgesprochen und dann wurde ich einem Zimmer auf der Station zugeteilt. DAS WAR ALLES! Oder vielmehr, das war der Beginn eines weiteren Alptraumes innerhalb meines Alptraumes.


    Die Station (abgeschlossen natürlich) besteht aus langen Fluren, auf denen Menschen mit allen möglichen Erkrankungen umherschlurfen. Psychotiker, Schizophrene, Depressive, was-weiß-ich. Allein dieser Anblick, diese Atmosphäre kann selbst einen stabilen, gesunden Menschen fertigmachen. Die Patienten laufen umher, vom Pflegepersonal ist niemand zu sehen. Einige klopfen an die Tür des Stationszimmers, wollen irgendjemand sprechen. Sie werden vertröstet, "Dr. Sowieso hat gerade zu tun, bitte haben Sie etwas Geduld". Es sind Feiertage, es ist nur eine Ärztin für das ganze Krankenhaus da, und die Pfleger verschanzen sich im Stationszimmer und halten Besprechungen ab. ES HAT WIRKLICH NIEMAND MIT MIR GEREDET (und auch nicht mit den anderen hilfesuchenden Patienten). Mein einziger Vorteil: ich hatte ja das Recht, mich wieder eigenmächtig zu entlassen.


    Dann mußte ich noch eine Stunde auf die Ärztin warten, bis die Zeit für mich hatte. Dann wollte diese sich mit dem Oberarzt besprechen, was wieder endlos dauerte. Anschließend hat sie mir gesagt, ja, ich dürfe denn gehen, wenn ich glaubhaft versichern würde, mir selbst nichts anzutun. Okay, sie hat mir dann geglaubt, ich mußte wieder eine Stunde warten, bis sie den Arztbrief/Entlassungsschein ausgestellt hat. Dann durfte ich ENDLICH vor die Tür und mußte NOCH EINE STUNDE auf das Taxi warten, das mich nach Hause bringt.


    Fazit: ES GIBT KEINE HILFE IN NOTSITUATIONEN. Es gibt nur die Auswahl: endweder Unterbringung in der psychiatrischen Notfallambulanz (die Hölle) oder Unterbringung in der psychiatrischen Notfallambulanz RUHIGGESTELLT MIT MEDIKAMENTEN (Hölle hoch zwei). Da ziehe ich die Freiheit vor, und wenn ich unter einer Brücke schlafen muß.


    Ich habe meine erste Nacht in einem Hotelzimmer verbracht, dann die nächsten drei Nächte in einer Pension, die einem entfernten Bekannten gehört. Schlimm natürlich auch der Umstand, daß gerade Sylvester/Neujahr war, d. h. es war NIEMAND zu erreichen, es gab keinerlei Hilfe, die Welt schien nur aus Berlinern und Böllern und feiernden Menschen zu bestehen.


    Nun bin ich wieder zu Hause. Aufgrund meiner persönlichen Vorgeschichte (Zwangserkrankung etc.) ist es mir absolut unmöglich, die Verschmutzungen, die mein Vater angerichtet hat, zu beseitigen. Reinigungsunternehmen sind nicht zu erreichen oder überlastet. Gestern habe ich Hilfe von der Raumpflegerin meiner Tante erhalten: sie hat mit mir zumindest Wohnzimmer, Küche und Flur durchgewischt, so daß ich zumindest in diese Räume wieder hineingehen kann. Das bedeutet, ich habe wieder Zugriff auf den Wohnraum, in dem ich auch schlafen kann, eine Küche, eine Toilette und eine Dusche.


    Die Verschmutzungen im anderen Bad und im Elternschlafzimmer sind allerdings für eine "normale" Reinigungskraft zu stark, da müssen Spezialisten ran.


    Das ist jetzt das nächste, das ich organisieren muß.


    Was mir am meisten fehlt, ist eine organisatorische Hilfe. Eigentlich und von Rechts wegen hätte ich aufgrund meiner Vorerkrankung sogar Anspruch auf eine Hilfe für den Alltag (hatte ich sogar früher einmal, aber das Verhältnis zu der Betreuerin hatte sich aus verschiedenen Gründen getrübt und so ist die ganze Sache letztendlich abgebrochen worden).


    Ja, und nun sitze ich da, versuche zu organisieren, recherchieren, telefonieren ... und habe weder Zeit für Trauer noch für andere eigene Belange.


    Keine Ahnung, wie ich das durchhalten soll. Aber es ist immer noch besser, als in dieser schrecklichen Psychiatrie, wo ich GAR NICHTS organisieren kann, sondern dazu verdammt bin, untätig herumzulaufen (oder unter Medikamenteneinfluß vor mich hin zu dämmern).


    Ich werde jetzt (wie Tigerlily mir empfohlen hat) einen eigenen Thread eröffnen. Ich bin nicht so internet-affin, bisher habe ich das Netz nur für Recherchen und Bestellungen benutzt, noch nie für irgendwelche Foren. Daß ich jetzt hier gelandet bin, ist eigentlich nur Zufall, weil ich bei meinen Recherchen auf den Text von Ele gestoßen bin, der kich so berührt hat.


    Ihr Lieben, ichdanke und grüße Euch – bis dann.


    P. S.: Bitte verzeiht mir Schreib- oder Formulierungsfehler, ich bin sonst immer sehr pingelig, was Orthographie angeht, aber ich habe im Moment wirklich nicht die Kraft, dies alles nochmal korrekturzulesen.





    Liebe Ele,


    Dein Text hat mich tief berührt. Auch ich habe gerade einen unfaßbaren Verlust erlitten. Gerade jetzt am Abend, vor dem Zubettgehen breitet sich die Angst vor der Stille der Nacht aus ... der Körper kommt zur Ruhe, das Gehirn hat Zeit zum Grübeln ... und dann kommen die Gedanken, die mich fertig machen. Ich wollte vorher noch ein bißchen was zum Thema recherchieren, und da bin ich durch Zufall auf Deinen Text in diesem Forum gestoßen.


    Auch mein Papa hat Demenz. Aber das ist nur die Spitze des Eisberges.


    Bis vor wenigen Wochen war mein Papa zwar vergeßlich und hatte hin und wieder leichte Anflüge von Verwirrtheit, aber er konnte noch immer alle wichtigen Sachen selber erledigen: sich alleine anziehen, sich waschen, rasieren, zur Toilette usw. Vor kurzem war er noch beim Arzt, und der fand, er mache einen guten und lebhaften Eindruck. Also: "Nehmen Sie weiter ihre Tabletten und wir sehen uns im nächsten Quartal wieder".


    Im letzten Monat wurde er allerdings immer verwirrter: er fand sich in seinem eigenen Haus nicht mehr zurecht, meinte, Personen gesehen zu haben, die nicht da waren oder hörte Musik, wo keine war.


    Was ich nicht bemerkt habe: er konnte auch nicht immer rechtzeitig zur Toilette. Meine Mutter wollte die Verschlimmerung der Erkrankung meines Vaters nicht wahrhaben und vor allem: vor mir, dem Sohn, geheimhalten. So hat sie – wie ich mir im Nachhinein zusammengereimt habe – immer hinter ihm hergeputzt, alle Spuren beseitigt und nichts davon gesagt.


    Bis zum letzten Sonnabend. Papa hatte es mal wieder nicht rechtzeitig auf die Toilette geschafft und dabei das ganze Badezimmer verunreinigt. Dies war wohl der Tropfen, der das Faß zum überlaufen gebracht hat. Meine Mutter konnte einfach nicht mehr. In einer Kurzschlußhandlung nahm sie einen Strick und erhängte sich am Treppengeländer.


    Ich selbst, psychisch auch nicht unbedingt stabil und deswegen sogar seit langem Frührentner, wohne im selben Haushalt. Nachdem ich also am letzten Samstag aufgewacht bin fand ich meinen Vater verwirrt auf dem Bett sitzend vor, das Badezimmer verdreckt und schließlich meine Mutter erhängt vor. ich werde dieses Bild nicht mehr los!


    Dies ist der schlimmste Alptraum meines Lebens, und nicht nur der Verlust von Mama zerreißt mir förmlich das Herz, auch wird erst jetzt die volle Tragweite der Erkrankung meines Vaters sichtbar.


    Der Abschied von meinem Vater hat gerade erst begonnen. Ich weiß nicht, ob ich die Kraft habe, diesen Weg mit zu gehen. Ich glaube, ich kann einfach nicht mehr!


    Meine Gedanken sind momentan erfüllt von absoluter Hoffnungslosigkeit, vor Verzweiflung und auch von Schuld. Hätte Mama mir nicht sagen können, daß sie es einfach nicht mehr schafft? Hätte ich selber nicht etwas merken müssen?


    Liebe Ele, ich bewundere, wie Du Dich bis zuletzt um Deinen Papa gekümmert hast, ich befürchte aber, daß ICH es einfach nicht schaffen werde. Der langsame Abschied von Papa, der plötzliche Verlust von Mama, wahrscheinlich auch der Verlust meines Zuhauses (denn wenn Papa in eine Pflegeeinrichtung muß, dann muß die irgendwovon bezahlt werden); dazu kommt noch, daß natürlich aufgrund der Feiertage KEINE Ärzte oder sonstige Hilfen verfügbar waren. Ich bin vollkommen allein und glaube, ich kann nicht mehr.


    Ich bin dankbar, daß ich meine Gedanken hier aufschreiben durfte.


    Liebe Grüße