Hallo ihr Lieben,
auch ich bin nun seit einiger Zeit ein stiller Leser hier in
diesem kleinen, traurigen und doch vertrautem Kreise.
Jetzt, wo ich sie nun nach all der Zeit ein wenig auszudrücken gelernt habe, möchte ich einem kleinen Teil meiner Erfahrungen und Gefühle Gehör verschaffen.
Der Tag, an dem meine kleine heile Welt, an die ich mich mit
aller Kraft gekrallt hatte, zerbröckelte, ist nun bereits über 20 Monate her.
Wie schnell und einfach einem alles, woran man jemals festhielt, aus den
Fingern gleiten kann, merkt man erst in solchen Momenten… und kein Lehrbuch
oder weiser Spruch dieser Welt vermag einen darauf vorzubereiten.
Nun stehe ich wieder mit beiden Beinen im Leben. Wenn auch
auf wackeligen Beinen. Manchmal auch nur mit einer Krücke und das ein oder
andere Mal geben meine Knie immer noch nach und versinken in der Erde, die von
meiner kleinen Welt noch übrig geblieben ist.
Jedes Mal überkommt mich dann das Gefühl, eine Weile in
dieser Position zu verharren zu wollen und es einfach geschehen zu lassen.
Jedoch weiß ich, dass ich dieser Weile keine zu große Einheit gebieten darf, da
sie sonst die Kontrolle gewinnt und ich sie abermals verliere.
Wieder wacklig stehend blicke ich dann in eine scheinbar
weit entfernte Vergangenheit zurück, die ich wie durch ein Fenster,
verschwommen und doch klar, beobachte. Es ist ein eigenartiges Gefühl aus Glück
und Trauer, dass sich in mir ausbreitet und ein Teil von mir fragt sich, ob es
sich tatsächlich um eine Erinnerung oder doch nicht eher um einen Traum
handelt? Zeitweise fällt es mir schwer diese Frage aufrichtig zu beantworten,
fühlt es sich doch wie eine Art Trance an, in der ich mich immer wieder finde.
Aus der Welt gefallen, das ist für mich der alles
umschreibende Zustand, den ich an diesem Tag erlebt habe. Alles steht still …
und doch funktioniert alles weiter, als wäre nie etwas passiert.
Die Vögel singen, die Autos fahren, der Frühling kommt und
geht. Doch wieso, wenn bei einem selbst die Zeit vollkommen stehen geblieben
scheint?
Es ist ein langer steiniger Weg, den eine einzelne Seele
gehen muss, wenn sie den Weg zurück in die Welt sucht. Den Anfang geht sie mit
Glück noch gemeinsam mit anderen, doch nachdem sie die ersten Schritte gelernt
hat, wird sie sich früher oder später doch irgendwann auf einem einsamen Pfad
wiederfinden, da die eigenen Emotionen leider von niemandem erfasst oder
verarbeitet werden können, als von einem selbst.
Ich würde von mir selbst behaupten, dass ich die schlimmsten
Phasen bereits durchlaufen und auf meinem Weg bereits ein großes Stück
zurückgelegt habe.
Wie bereits oben erwähnt: Kein Mensch und kein Buch und
keine Eingebung oder Erklärung auf dieser Welt hätten mich darauf vorbereiten
können. Damit meine ich nicht nur die Situation, sondern auf mich selbst. Auf
meine Gefühle, auf meine Gedanken und darauf, wie mein Geist und Körper
plötzlich das unberechenbarste meines gesamten Umfelds werden würden. Auch
darauf, wie es das Verhalten meiner Gegenüber mit mir ändert oder auch meinen
Umgang mit anderen.
Automatismus wurde mir damals „aufgetragen“. „Funktioniere
einfach und denk nicht ständig nach“. Grausam, mir so etwas abzuverlangen,
dachte ich damals. Doch in den schlimmsten Momenten kann es tatsächlich zu
einem Begleiter werden, der rückblickend ein notwendiges Übel auf meinem Weg
war und bleiben wird.
Letztendlich bin ich den Weg der Konfrontation gegangen. Jede einzelne Träne die es zu weinen
gab, habe ich vergossen, bis mir die Kraft dazu fehlte. Es war, als wäre ich
zum April geworden und konnte für Wochen und Monate meine eigenen Emotionen
nicht einmal für eine einzige Stunde vorhersagen. Jede einzelne Stunde habe ich
mitgenommen, auch wenn sie noch so schmerzhaft war.
Jeder Weg ist unterschiedlich lang und auch mit verschiedenen Steinen und Wegsperren versehen. Deshalb kann ich nur für mich selbst sprechen und hoffen, dass auch, wenn ich mich gerade abermals auf meinen Knien wiedergefunden habe, hierin vielleicht doch irgendjemand ein ganz kleinen Funken Trost finden kann.
In Liebe
Tem