Beiträge von Schneckchen

    Hallo,


    vor 2 Tagen hatte ich einen Traum. Ich träumte von meiner Mutti. Sie starb ja im November 2007 nach langer chronischer und kurzer schwerer Krankheit. Wir hatten - wie ich damals schon schrieb - nicht das beste Verhältnis. Sehr distanziert von meiner Seite aus.
    Der Traum war aber sehr schön und ich fühlte mich ihr nahe.


    Also...
    "Ich befand mich in der Straße, wo meine Mutti damals lebte - gegenüber ihrem Wohnhaus auf der anderen Straßenseite. Die Straße ist eine recht breite Straße. Meine Mutti war zuerst auf meiner Seite der Straße. Dann lief sie Richtung Ampel und überquerte die Straße auf die andere Seite. Während sie von der Ampel zu ihrem Hauseingang zurücklief, winkte sie mir die ganze Zeit zu. Sie ging in den Hauseingang - die Tür stand offen und ich konnte hineinblicken. Dann wollte sie die Treppe bis zu ihrer Wohnung in den 3. Stock nehmen (sie fuhr aber früher immer mit dem Fahrstuhl). Das Treppenhaus war in meinem Traum auch etwas anders angelegt. In meinem Traum war es so, dass ich es von meinem Standpunkt aus gut sehen konnte. Also sah ich, wie Mutti ihre Handtasche am Fuße der Treppe abstellte und hinaufstieg. Ich war zwischenzeitlich auf ihre Straßenseite gegangen, ging aber wieder zurück auf die andere Seite, um besser sehen zu können, wann Mutti in ihre Wohnung kommt. Die Fenster ihrer Wohnung, konnte ich sehen, waren mit Vorhängen zugezogen - also würde sie sie aufziehen und ich würde wissen, dass sie angekommen ist. Als ich wieder zum Haus schaute, waren die Vorhänge plötzlich aufgezogen und statt eine Wohnung zu sehen, hatte die Hausverwaltung (mittlerweile) Muttis Wohnung umgebaut. Die Wohnung war nun Bestandteil eines mehrstöckigen Restaurants. Meine Mutti war nicht mehr zu sehen."


    Was ich an dem Traum schön finde, ist, dass sie mir zuwinkte. Sie ging über die Ampel auf die andere Seite und winkte "Auf Wiedersehen". Das finde ich so schön, weil wir uns nicht verabschieden konnten. Ich war zwar am Tag vor ihrem Tod noch bei ihr am Bett gesessen aber so richtig verabschiedet haben wir uns nicht. So hat sie es jetzt getan. Und jetzt kann ich es auch gut annehmen - mittlerweile. Manchmal freue ich mich sogar, sie irgendwann vielleicht einmal wiederzusehen. Das war nicht immer so. Das ging anfangs sogar soweit, dass ich sie - falls es das überhaupt gibt - nach ihrem Tode nicht in meiner Nähe haben wollte. Ich "vereinbarte" nach ihrem Tode still und leise mit ihr, dass, wenn sie mich besuchen möchte, bitte in der Küche am Esstisch auf mich wartet. In der Zwischenzeit gewann ich allerdings auch etwas Abstand zu den Erfahrungen aus der Kindheit (da keiner mehr etwas erklären oder ändern kann). Das bringt wohl die Zeit mit sich. Und die Zeit bringt auch etwas Sanftmut und den Wunsch zu verzeihen. bzw. den Wunsch, verzeihen zu lernen.


    Viele Grüße von Schneckchen

    Hallo,


    gestern Mittag fand die stille Urnenbeisetzung statt.
    Es war nur ein kleiner Kreis Trauernder.
    Die Familie (mein Vater+Freundin,mein Bruder,mein Freund,ihre Mutter), 2 Freunde und Bekannte.


    Mein Bruder und ich haben ihr noch etwas in die Urne gelegt. Einen gebastelten Filzengel, einen Blattengel, eine Engelskarte, ihre Mini-Kastanie, ihr Engelanstecker, ein Bild von ihr). Dabei sah ich gleich, dass statt der Callas, die ich bestellt hatte, irgendwelche andere Blumen bei den Rosen steckten. Keiner sagte mir vorher Bescheid und anscheinend war es auch nicht möglich, sich vorher zu erkundigen, ob Callas erhältlich sind. Hätte ich das gewusst, hätte ich noch einen Strauß Callas gekauft, denn das waren ihre Lieblingsblumen. Ich bin vom Bestattungsinstitut enttäuscht und werde nochmal dort anrufen.


    Der Redner hat seinen Job allerdings sehr gut gemacht. Es war eine sehr würdevolle Beerdigung. Wir saßen aufgrund des kalten Wetters erst im Haus und gingen nach seiner Rede zur Grabstelle. Er hat die weltliche und philosophische Ansicht vom Sterben, Zurückgelassenseins und "was bleibt" aufgegriffen (wie ich ihn darum gebeten habe) und auch von persönlichen Erfahrungen gesprochen. Mein Bruder saß neben mir und fing bei den ersten Worten gleich zu weinen an. Bei dem Abschiedssatz "Wir wünschen dir Frieden..." überkam es mich dann auch. DEN hatte meiner Mutter meiner Meinung nach zu Lebzeiten nicht und so war es für mich umso trauriger, dass sie ihn erst im Tod finden würde.


    Dann ging es bedächtig zum Grab. Ein wenig störte mich, dass alle auf einmal anfingen zu reden - nicht innhalten und schweigen konnten. Der Redner sprach leise mit meinem Bruder. Dafür bin ich ihm wirklich dankbar, denn mein Bruder brauchte Beistand. Es ist schon merkwürdig und irgendwie verstehe ich meinen Bruder nicht. Zu Mutters Lebzeiten hat er sich nicht um sie kümmern wollen. Immer Ausreden parat. Und nun..., bereut er nun seine damligen Entscheidungen und Äußerungen? Mutter war sehr oft tief traurig und fragte sich und mich, ob und was sie nur falsch gemacht hat, dass mein Bruder so geworden ist...


    Nach der Trauerfeier gingen wir (die Familie) dann Essen. Komischerweise sprachen wir nicht von Mutter. Und im Nachhinein kann ich mich auch nicht erinnern, dass ich an sie gedacht habe.
    Nur in den letzten Tagen fragte ich mich oft, ob sie schon verbrannt wurde und wie das so ist. Wie verbrennt eine Leiche? Was bleibt?
    Und dann natürlich die Fragen bzgl. des Sterbens:
    Was denkt man zum Schluss? Denkt man überhaupt noch etwas? Hört der Mensch auf zu denken, bevor er seinen letzten Atemzug macht, so dass er gar nicht spürt, dass oder wie er stirbt? Oder ist es ihm bewusst, dass er nun stirbt?


    Der Redner sagte, was bleibt, sind die schönen, guten Momente und die negativen Erinnerungen verblassen. So würde das Gehirn funktionieren.
    Ich habe mir oft eine andere, eine liebevolle Mutter gewünscht, so dass ich nicht wirklich tiefe Trauer aufgrund des Verlustes empfinden kann. So langsam kommt ein Gefühl von "Freiheit", dass ich aber noch zu verdrängen versuche. Vielleicht, weil ich es nicht wahrhaben möchte. Ich muss mich nie mehr rechtfertigen vor ihr. Was mich traurig macht ist eher, dass sie zwar zufrieden tat, sich diese Zufriedenheit aber oft mehr aus einem Arrangieren und nicht aus dem Verwirklichen eines Wunsches, einer Sehnsucht, dem Erreichen eines Zieles ergab. Oder vielleicht habe ich nur andere Wünsche, Sehnsüchte und Ziele für mein Leben. Zumindest ist mir mehr möglich als ihr je möglich war. Sie hat sich aufgeopfert, konnte nicht ausreichend gut für sich sorgen, wurde krank. Das macht mich traurig.


    Aber jeder ist seines Glückes Schmied. Jeder muss Entscheidungen treffen und am Besten solche, die er später nicht bereut oder aber aus "echten" Gründen diese Entscheidungen treffen und dann dahinter stehen. Vielleicht war sie doch zufriedener, als ich dachte...


    Ich wünsche euch eine friedliche und besinnliche Weihnachtszeit und dass alle eure Lieben bei euch sind.


    Gruß
    Gabi

    hallo diana,
    herzlichen glückwunsch zum neuen job erstmal. ich gebe zu, beim bewerbungen schreiben war ich eher faul. ich habe viele anzeigen gesehen, war jedoch wählerisch. es dauerte etwas, bis der richtige job vor der tür stand. bei den anderen angeboten (ich hatte ettliche vorstellungsgespräche) hätte ich zu viele abstriche (aufgaben, verantwortungsbereich, weiterentwicklung, perspektive, gehalt) machen müssen. ich war sehr geduldig und vertraute darauf, dass der passende job kommen wird.


    zum sterbeprozess.
    ganz genau. wir sind auch mal dran. im moment hoffe ich, dass das, was während des sterbens so passiert, nicht allzu unerfreulich ist. ich möchte keine angst bekommen. manchmal ist es allerdings besser nicht so viel über etwas nachzudenken, zu wissen. (man kann einer schönen sache auch schnell den zauber nehmen.)
    wobei ich schon unterscheiden möchte zwischen (plötzlichen) tod durch unfall, tod aufgrund altersschwäche und tod aufgrund unheilbarer krankheit. in den letzten beiden fällen habe ich im besten fall ein glückliches, langes leben gelebt. wobei ich mir vorstellen kann, an diesem leben festhalten zu wollen. hingegen bei einem weniger erfreulichen leben vielleicht eher gehen wöllte, da das leben eh schrecklich war. und bei einem unfalltod? schmerzen? oder schaltet das "system" schon mal ab und man merkt den tod nicht mehr?
    fragen über fragen...


    vielleicht finden wir ein paar "geistreiche" antworten :-)


    viele grüße
    gabi

    Hallo,
    ihr habt mir so gut über den Berg geholfen - ehrlich, im Moment gehts mir gut.
    Ich bin seit 6 Monaten auf der Suche nach einem neuen Job gewesen. Habe ettliche Fortbildungen besucht und zig Bewerbungen geschrieben. War alles nicht so einfach - in einer Hinsicht. Doch gestern habe ich den Zuschlag bekommen. Vorher hatte ich noch überlegt, wie ich Job und die Krankenhausbesuche unter einen Hut bekommen kann. Zur Arbeit fahre ich 40 km - eine Strecke. Neuer Job, viel zu lernen, Überstunden etc.
    Irgendwie kann man auch sagen, wurde mir diese Entscheidung abgenommen. Nur schade, dass ich es meiner Mutter nicht mehr sagen konnte. Obwohl, sie weiß es sicher.


    Habt ihr euch schon einmal damit auseinandergesetzt, was eigentlich beim Sterben passiert? Mich interessiert das zur Zeit sehr.
    Es ist ein sehr spezielles Thema. Ich bin sowohl wissenschaftlich als auch philosophisch daran interessiert und solche Fragen gehören für mich auch dazu, ein Teil der "Wahrheit" zu erhalten und Dinge zu "verstehen".
    ***In diesem Zusammenhang einen Gruß an Christine***


    Denkt man noch an seine Lieben oder sieht man schon seine Lieben und Freunde, die auf einen warten?
    Sieht man ein Licht?
    Ist man traurig oder wehmütig?
    Möchte man alles ganz genau und bewusst wahrnehmen?
    Ist man gespannt, was kommen mag?
    Atmet man zuletzt aus?
    Und dann, denkt man dann kurz drauf, "ich kann nicht mehr einatmen"?
    Bekommt man dann vielleicht Panik oder setzen zuerst das Denken und Fühlen aus und dann erst die Atmung, so dass man seinen Atemstillstand gar nicht mehr erfährt?


    Welche Logie befasst sich denn genauer mit diesem Thema?


    Habt ihr euch auch mit dem Thema näher befasst oder befassen wollen?
    Ich würde mich gerne mit euch austauschen.


    Ich freue mich auf eure Antworten.
    Liebe Grüße
    Gabi

    Liebe Claudia,
    ich finde es ganz toll, dass du zu dem Trauerseminar gehst.
    Es tut mir so leid, dass es dir so schlecht ging.
    Und dann noch der Jahrestag deines Vaters. Das ist ganz schon viel, was du im Moment durchmachst.


    Wenn es dich traurig macht, dass du so wenig von den Tagen nach dem Ableben und der Verabschiedung weißt, könntest du da nicht deine Schwester fragen? Ich weiß nicht, wie ihr euch versteht aber vielleicht hilft es dir. (Gestern, als ich mit meinem Bruder eine Pause vom Aufräumen Mutti's Wohnung machte und wir essen gingen, fragte er mich auch, was unsere Mutti noch so gesagt hatte.)
    Ich war kurz nachdem Mutter verstarb bei ihr. Sie lag da ganz friedlich. Es sind erst drei Tage vergangen und ich muss sagen, dass das Bild, was ich hatte, auch schon ein wenig blasser geworden ist.


    Dass die Trauerzeit wie eine Spirale ist, habe ich wohl bei dir gelesen. Ich bin noch nicht sehr weit gelaufen in meiner Spirale. Aber ich kann nachempfinden, wie es ist, wenn es einem eingermaßen ging und man sich dann wieder einer Strecke nähert, die voller Emotionen war. Gestern gings mir besser, heute, nachdem ich eure Antworten gelesen habe und wieder geantwortet habe, wurde ich wieder traurig. Ich versuche mich daran zu erinnern, was mich letztes Mal aus meiner Traurigkeit geleitet hat. Das hatte schon einmal funktionert und vielleicht hilft es mir auch jetzt oder beim nächsten Mal.
    Du meine Güte, das klingt alles so technisch und sachlich. Bitte nimm mir das nicht krumm. Das ist zur Zeit mein Strohhalm, der sich hoffentlich nicht als Papierstrohhalm entpuppt beim nächsten Regenschauer.


    Ich bin zwar noch nicht so lange in diesem Forum aber ich denke ganz doll an dich und nehm dich vorsichtig in den Arm. *inarmnehmundvorsichtigdrück*


    Ganz liebe Grüße
    Gabi

    Hallo ihr Lieben,
    ich möchte euch erneut danken, für die hilfreichen Worte, die ihr gefunden habt und die Umarmung! Das tut gut!


    Gestern ging es mir verhältnismäßig gut wieder. Ich sprach vorgestern Abend noch mit einer lieben Freundin, habe ihr auch von meinen Selbstvorwürfen und Zweifeln erzählt, halt alles das, was sich ein Hirn in so einer Ausnahmesituation ausdenken kann. Meine Freundin (Elke) und ich kennen uns seit knapp 4 Jahren. Das ist noch nicht lange aber wir haben schon unendlich viel miteinander durchgemacht. Von Liebeskummer und Scheiß-Job-Frust über zu bewältigende Emotionen aus der Kindheit. Ich glaube, wir haben uns schon oft sehr gut zugehört und "therapiert" - falls man das so sagen kann. Elke kennt auch den Weg, den ich besonders in den letzten Jahren mit meiner Mutter gegangen bin. Ich habe schon an meinen Gefühlen gezweifelt und gesagt, dass ich mir das vielleicht alles eingebildet habe. Aber Gefühle und Emotionen kommen nicht ohne Grund. Ich habe immer gespürt, dass sie eine Ursache haben und Elke kennt mich auch ein wenig. Sie hat mir gesagt, was mein Bauch weiß aber verdrängt hat, weil mein Verstand so stark ist. Und um es auf den Punkt zu bringen: Zu einer gut oder weniger gut laufenden Beziehung - sei es Partnerschaft, Freundschaft oder familiäre Beziehung - gehören immer zwei.


    Im Moment laufe ich mit dieser alten und wieder neuen Erkenntnis ganz gut. Aber wie ich schon in einem anderen Posting las, ist die Trauerzeit wie eine Spirale. Ich weiß, dass ich wieder zweifeln werde aber jetzt habe ich zumindest schon eine kleine Erklärung dafür.


    Chris: Du fragst, was ich gefühlt habe, als ich mich verabschiedete? Als ich am Montag Nachmittag bei ihr war, schlief sie fast nur. Ich habe mich merkwürdig gefühlt, irgendwie optimistisch, dass das schon noch wird und gleichzeitig voller Angst, die ich wohl nicht wahrhaben wollte. Ich hätte einfach nur ihre Hand nehmen müssen. Ich fing einige Male an zu weinen, unterdrückte es aber wieder. Nun, und als ich am Dienstag Mittag bei ihr war, sie war schon verstorben, fühlte ich mich eher ohnmächtig, voller Selbstvorwürfe und Zorn, dass ich so unnachgiebig war - am Tag zuvor - all die Jahre. Dass ich nicht fähig war, klüger, gescheiter zu sein. Nicht fähig war, das Muster, was meine Mutter und auch ihr Mutter hatten, zu durchbrechen, so lange es meiner Mutter nützt. Nun könnte ich daran arbeiten aber nun nützt es meiner Mutter nicht mehr.
    Das macht mich jetzt gerade wieder ganz schön traurig.


    Eine andere Sache gibt mir noch zu denken:
    Ging es euch auch so, dass ihr euch von eurem Partner (wir leben noch in separaten Wohnungen) etwas zurückgezogen habt. Mir geht das so. Ich habe ihn lieb aber seitdem es Mutter so akut schlecht ging, konnte ich mich nicht mehr so recht auf ihn freuen oder mich auf ihn einlassen. Er fragt mich, wann er mich wiedersieht aber ich kann ihm die Frage nicht beantworten. Es ist, als ob ich nicht weiter als den nächsten Tag planen kann. Ging euch das ähnlich? Geht das wieder vorbei?


    Ganz liebe Grüße
    Das Schneckchen

    Ich danke euch allen sehr sehr.


    Im Moment inhalliere ich euer Geschriebenes und hoffe es hilft. Ihr seid so lieb. Es tut gut, wenn man sich austauschen kann. Obwohl ihr ja auch in einer Trauerphase steckt, habt ihr dennoch ein tröstendes Wort für mich. Dafür bin ich sehr dankbar. Es lässt mich ein bisschen zum Licht schauen.


    Meine Vorwürfe sind sehr groß und ich kann mir einfach nicht verzeihen. Ich habe meine Mutter für vieles verantwortlich gemacht. Ich war unbarmherzig und kühl zu ihr. Sie hätte Liebe und Wärme gebraucht, sie hätte eine Tochter verdient, die sich liebevoll um sie kümmert, auf sie zugeht, eine Freundin ist. Das alles war ich nicht. Mich hat sie nicht verdient. Ich bin so wütend über mich. Ich habe das Gefühl ich könnte jeden Moment explodieren.


    Für mich wäre es daher wohl eher sinnvoll, mich einer Trauergruppe oder einem Trauerbegleiter anzuschließen und über meine Gefühle, Selbstzweifel und -Vorwürfe zu sprechen.


    Ich weiß nicht, ob sie mir noch verziehen hat. Ich hoffe. Sie ist nun an einem besseren Ort, umgeben von Engeln. Sie ist wieder zu Hause. Ihre Zeit auf Erden war mit viel Schmerz und Leid verbunden, mit wenig Liebe und viel Schufterei. Nun wird sie geliebt und hoffentlich - nein bestimmt - auch oft in den Arm genommen.
    Meine kleine Mutti...das Engelchen.


    Das Schneckchen

    Hallo,
    zuerst möchte ich euch, Chris und Christine für eure Antworten danken.


    Das Krankenhaus rief mich heute früh an und sagte mir, dass meine Mutter heute gegen 8 Uhr eingeschlafen ist.
    Die Ärztin sagte, dass 20 Minuten eher noch eine Schwester bei ihr war und sie schon schwer atmete.
    Seit gestern lag sie in einem Einzelzimmer mit Sauerstoff, intravenöser Ernährung und Schmerzmittelgabe. Für die Verlegung in ein Hospiz war sie nach Meinung der Ärzte nicht mehr in der Lage.


    Ich war gestern Nachmittag noch bei ihr. Sie schlief fast die ganze Zeit, öffnete ein paar Mal die Augen, versuchte zu sprechen, sie war schon sehr schwach. Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht aber nach Auskunft der Ärzte hätte sie noch 24h oder mehrere Wochen, bis sie erlöst sei. Auch die Ärztin war der Meinung, dass meine Mutter fast gar keine Genesungschancen hatte. Sie war zu schwach, wollte eine wichtige OP nicht mehr machen lassen und sei dabei doch ganz klar und resolut in ihrer Entscheidung gewesen.


    Ich war dann heute Mittag bei ihr. Sie lag ganz friedlich da. Ich habe ihr einen Engel, aus einem Blatt geschnitten, auf die Brust gelegt und eine Engelskarte an ihr Fußende. Ich bin nicht sehr gläubig aber ich hoffe, dass die Engel ihr helfen auf ihrer kommenden Reise. Ich strich ihr über die Stirn und Haare. Das habe ich glaube ich noch nie gemacht. Sie hätte es gebraucht. Zuneigung, Liebe, Wärme. Ich war nicht in der Lage. Das macht mich wütend und traurig zugleich. Aber auch meine, unsere Unfähigkeit hat Gründe. Ich werde nun damit leben, hoffen, dass ich in Zukunft "klüger" bin.


    Ich habe gestern Abend noch online einen Wunsch in einen Wunschbrunnen gelegt. Eigentlich kindisch aber ich glaube, er ging in Erfüllung. Ich habe mir gewünscht, dass sie friedlich einschläft und in Frieden ruhen kann und dass wir uns beiden verzeihen.


    Heute früh bin ich um 8 Uhr aufgewacht. Es ist ein komisches Gefühl, nun zu wissen, dass meine Mutter einschlief, als ich aufwachte.


    Christine, ich habe nie erfahren, was zwischen mir und meiner Mutter vorfiel als ich noch klein war. Es war immer ein Gefühl. Ich habe einige Male versucht mit ihr zu reden aber ich habe es wohl nicht richtig gemacht, denn das Gespräch endete immer sehr emotional. Ich habe nur mein Gefühl. Ich hatte mal eine begleitete Tiefenentspannung, die zur Ermittlung von Erfahrung im Säuglingsalter durchgeführt wurde. Ich fing während der Sitzung an ganz stark zu zittern und auch nach der Rückführung war mir eiskalt. Der Therapeut meinte, dass ich eine traumatische Erfahrung erlebt habe, als ich noch sehr klein war. Er riet mir zu einer Traumatherapie. Ich habe mich dahingehend aber nicht mehr gekümmert.
    Es gibt neben meinen Gefühlen auch viele Gegebenheiten, die mich ahnen lassen, dass die Verbindung zwischen meiner Mutter und mir zur einem Zeitpunkt nachhaltig gestört wurde.


    Der Tag heute war sehr schlimm. Mein Freund tröstet mich. Ich trage es zeitweise mit Fassung und dann aus heiterem Himmel ist "Waschbäralarm".


    Wie habt ihr getrauert? Gibt es Phasen, wo es einem mit dieser Endgültigkeit besser geht und dann widerum nicht? Sicher.
    Habt ihr das alles alleine bzw. im Familienkreis bewältigt oder habt ihr euch "Hilfe" geholt?
    Ich bin für jeden Tip dankbar.


    Grüße von Mutti's Schneckchen

    Hallo,
    ich bin neu in diesem Forum und möchte mich vorstellen.
    Ich heiße Gabi und wohne in Berlin. Ich bin 38 Jahre alt. Zur Zeit "begleite" ich meine Mutter. Ich glaube, sie möchte sterben.


    Ich habe diesen Benutzernamen gewählt, weil meine Mutter mich immer so genannt hat. Das ist schon lange her. Leider besteht zwischen ihr und mir nicht das Mutter-Tochter-Verhältnis, das sie sich gewünscht hat. Ich versuche mein Bestes, achte darauf, dass es mir dabei noch einigermaßen gut geht. Aber das, was mir möglich ist, ist nicht viel und war für meine Mutter zu wenig.


    Nun hat sie Krebs. Sie ist eh schon sehr krank. Sie hat u.a. schweres Rheuma, Osteop., kann kaum noch laufen oder gar mit den Händen was machen. Sie hat sich immer gewünscht, dass ich mehr für sie da bin aber ich konnte nicht.


    Sie liegt seit 3 Wochen im Krankenhaus. Es ging alles ganz schnell. Im Sommer wurden Lebermetastasen und Lungenkarzinose diagnostiziert. Blutwerte deuteten auf Leberkrebs aber die Punktion erbrachte dahingehend kein Ergebnis. Seit 4 Monaten suchen Ärzte den Primärkrebs, um die passende Chemo zu starten. Zwischenzeitlich - d.h. aufgrund der Lungenkarzinose - füllte sich außerhalb der Lunge Flüssigkeit und drückte die Lunge zusammen, so dass sie auch nur noch schwer Luft bekam. Erst im Krankenhaus stellte man das endgültig fest und zog die Flüssigkeit ab. Das muss aber ständig getan werden, da ihre Krankheit diese Symptome verursacht. Die Prozedur ist schmerzhaft - ohne Betäubung am Krankenbett, 20 Minuten siten und nicht bewegen, da die Nadel sonst in die Lunge sticht. Seit Wochen hat sie keinen Appetit mehr. Aufgrund ihrer Bauchspeicheldrüsenunterfunktion kann sie nicht mehr alles essen. Jetzt ist sie fast gar nichts mehr. Abends ein paar Bissen vom Brot. Sie wird mit einer Nährlösung zusätzlich intravenös ernährt.


    Sie hätte eine Lungen-OP und die Chemo vor sich. Die Chemo wollen die Ärzte ungern machen, da sie schon ganz mager ist.
    Heute hat meine Mutter der Ärztin das Versprechen abgenommen, dass sie sie nicht operieren wird. Meine Mutter möchte ins Hospiz. Sie will sterben!
    Mir hat sie das nicht gesagt, ich weiß das von einer Bekannten, die heute bei ihr war.


    Ich weiß gar nicht wie ich mich fühle. Ich bin sauer, dass sie so schnell aufgibt. Ist das wirklich ihr Wunsch oder hofft sie, dass ich sie überrede durchzuhalten. Und wenn ja, wofür. Ihre Freundin ist vor 3 Jahren gestorben. Sie ist alleinstehend und hat nicht viele Bekannte. Ich fühle mich nicht in der Lage, mich so intensiv um sie zu kümmern. Bitte versteht das nicht falsch. Ich bin kein schlechter Mensch. Ich weiß nicht, warum ich meiner Mutter nicht nah sein kann.


    Ich habe noch einen Bruder. Der kümmert sich nur um sich und sonst um niemanden. Aber über den mag ich weiter nicht reden.


    Als ich vor ein paar Tagen an ihrem Bett saß, - sie kann kaum noch reden -, hatte ich ein merkwürdiges Gefühl. Sie sagte ganz wehmütig: "Mh, das war's!" Ich war auf einmal ganz traurig oder eher mitfühlend, weil ich das Gefühl hatte, sie hätte aus ihrem Leben gern mehr gemacht. Es war eine Mischung aus Schuldgefühlen, dass sie sich und ich ihr vieles nicht ermöglichen konnte und Angst, irgendwann einmal genauso wehmütig zu sein - am Ende meines Lebens. Dabei war das nur mein Eindruck. Vielleicht denkt sie gar nicht so.
    Was soll ich tun? Ich kann damit nicht umgehen.
    Wir haben nie über Dinge, die uns berühren gesprochen. Nie in den Arm genommen oder getröstet. Nie gesagt, dass wir uns lieb haben. Und nun kann ich das auch nicht tun. Vieles in ihrem Beisein ist mir unangenehm. Zur Zeit scheint es sehr schwierig...


    Sie will einfach nicht mehr leben. Es wäre das Beste, ihren Wunsch einfach zu akzeptieren? Aber bin ich dann eine gute Tochter, die nicht um ihre Mutter kämpft? Ich war wohl nie die Tochter, die sie sich gewünscht hat. Sie war wohl nicht die Mutter, die ich mir gewünscht habe aber wohl die Mutter, die mir vorbestimmt war...
    Ich war immer ziemlich kühl zu ihr. Warum nimmt mich das denn jetzt alles so mit?


    Danke fürs Lesen. Wenn ihr mir antworten mögt, freue ich mich.


    Liebe Grüße
    Mama's Schneckchen