Beiträge von Ethel

    Und ich glaube auch, dass ich wahrscheinlich im Moment viel blockiere in mir. Wahrscheinlich, weil ich es sonst gar nicht aushalte.


    Teilweise bin ich jetzt noch ganz geschockt von dem ganzen schrecklichen Elend, durch das sie gehen musste. Seit die Diagnose fest stand, konnte ich kaum mehr schlafen, bin nachts die Wände hoch gegangen, konnte mir aber vor ihr nichts anmerken lassen, wollte nur Mut und Beistand geben. Ich habe immer noch Alpträume davon, in diesen ist sie im Krankenhaus, man hat ihr gerade mitgeteilt, dass nichts mehr zu machen ist und ich versuche alles, dass es anders ausgeht, dass ich sie rette. Wenn ich von solchen Träumen dann wach werde, geht es mir noch schlechter. Es war so, als könnte ich ihre Angst spüren, und es tat so weh, nichts gegen das tun zu können, was da geschah. Ich habe ihr sogar angeboten, dass ich ihr eines meiner gesunden Organe spende, weil sie doch so viel lieber gelebt hat, das Leben einfach viel mehr ausgekostet hat und für die Welt so eine größere Bereicherung war als ich. Das war natürlich leider medizinisch nicht machbar und sie wollte das auch nicht, weil "du hast noch so ein schönes Leben vor dir". Ich habe damals auf die Zähne gebissen und ja gesagt, aber eigentlich gedacht "schönes Leben? Ohne dich? Wie?"


    Seit wenigen Wochen bemerke ich in mir so eine seltsame "Kälte", ich weine auch nur noch selten, wobei ich glaube ich 3 Monate so viel geweint habe, dass ich mich manchmal gefragt habe, wie ich überhaupt noch Augen haben kann, die haben so geschmerzt, dass ich manchmal kaum noch draus sehen konnte. Ich bin nicht weniger traurig, der Schmerz ist auch nicht weniger, aber irgendwas hat zu gemacht und deshalb spüre ich sie im Moment wohl auch nicht mehr um mich.


    Ich hatte ein paar wenige aber intensive Erfahrungen, die mir innerlich einen gewissen Glauben zurück gegeben haben. Etwa drei Tage nach ihrem Tod habe ich geträumt, dass ich sie im Krankenhaus antreffe und das war so real, viel realer als alle sonstigen Träume... Ich fragte sie, wie das denn sein könne, dass sie noch da sei, sie sei doch tot und alle trauerten um sie. Sie war davon ganz unbeeindruckt und reagierte auf meine Ungläubigkeit, als ob ich ein bisschen bekloppt wäre, nahm mich gar nicht ernst. "Ich bin nicht gestorben.", sagte sie da ganz gelassen habe und lachte ein bisschen ärgerlich. "Ich habe eine Menge anderes zu tun und konzentriere mich auf meine Zukunft."


    Sie und ich hatten uns seltsamerweise - es gab rückblickend so viele Vorahnungen und "Zeichen", obwohl wirklich nichts darauf hin deutete, dass es mich nur sprachlos macht - schon einige Zeit mit solchen Themen zu beschäftigen begonnen. Mit der Vorstellung, der Seele, dass wir eigentlich nur Bewusstsein sind... Dass sie sagte, dass sie nicht tot sei, das passte dazu sehr gut. Auch hatte ich einen Traum, in dem mir "vermittelt" wurde, dass wir uns schon immer gekannt haben, lange bevor wir uns dann tatsächlich getroffen haben. Ist schwer zu beschreiben und ich bin kein Esoteriker (wobei ich für alles offen bin), aber das gibt mir natürlich einen gewissen Halt. Dennoch ist es unsagbar schwer, dass in der manifesten Welt einfach alles weg ist, so viele Kleinigkeiten im Alltag, die einfach wegfallen, sinnlos sind...

    Liebe Gabi!


    Vielen Dank für deine Zeilen, die so lieb sind und mich wirklich gerührt haben. Genau dieser Gedanke kam mir in den letzten Wochen/Monaten auch so oft - ich hatte schon einige Verluste, die mich gar nicht kalt gelassen haben. Ich kann schon beim Verlust eines geliebten Haustiers schrecklich trauern und ein bisschen mitsterben. Aber wie du auch schreibst, konnte ich damit meinen Frieden irgendwann machen, weil ich mir sagte, dass diese Menschen und Tiere jetzt irgendwo anders sind, wir uns irgendwann wieder begegnen... Ich hatte eben noch mein Sicherheitsnetz, meinen Halt, mein Leben und mein seelisches Zuhause in diesem meinem Gegenüber. Egal, was kam, ich wusste, darüber kannst du mit ihr gleich reden und wir werden uns gegenseitig verstehen und stützen. Rückblickend ist es jetzt für mich unglaublich, wie viel Kraft und Lebensfreude ich durch sie hatte. Ich wusste es immer schon, aber es war eben noch mehr, als ich im Alltag oft gemerkt habe, wie es mir jetzt scheint.


    Das Reden fehlt mir sehr, ihre Stimme schon - die war so schön, liebevoll, jung (zwischen uns gab es einen großen Altersunterschied, aber irgendwie war sie die Jüngere im Geiste), so warm und fröhlich, einfach voller Leben. Es ist ja nicht nur das Traurige und Schlimme, das man nicht teilen kann, dass man auch für die schönen und besonderen Augenblicke allein ist, das ist fast noch schlimmer. Manchmal erreichen mich so schöne Erinnerungen, aber ich kann sie keinem erzählen. Wir hatten so eine unkonventionelle Verbindung, dass eigentlich niemand wirklich die ganze Tragweite kannte. Und ich habe mich schon in den letzten drei, vier Jahren von vielen Menschen in meinem Leben abgeseilt, weil ich krank war. Mir fehlt jetzt die Kraft und Motivation, diesen versandeten Beziehungen hinterher zu gehen, auch, wenn ich mir oft am sehnlichsten jemand zum Reden wünschte, der mich versteht und mir Trost geben kann (ein Therapeut ist dafür ja auch kein Ersatz). Ich nehme es aber einfach jetzt so wie es ist.


    Wir hatten nicht einmal einen wirklichen Abschied, das macht es für mich wahrscheinlich auch schwerer, das alles richtig zu realisieren. In den letzten Wochen ihres Lebens haben sich die Ereignisse überschlagen, seltsame Entscheidungen wurden da gefällt, ich war manchmal außen vor, machtlos und vor allem der Corona Virus und all die damit einhergehenden Beschränkungen machten alles ganz kompliziert und manches verbaut. Ich war nicht einmal bei der Beerdigung und bis heute nicht auf ihrem Grab. Das versuche ich zu verdrängen. Etwa drei Wochen nach ihrem Tod habe ich im Wald einen Baum für sie markiert und dort bringe ich öfters Blumen hin und "besuche" sie.

    Ich danke euch allen so sehr für eure Antworten! Mit so einer Resonanz hatte ich gar nicht gerechnet, und es tut so gut zu lesen. Ich würde euch allen gern persönlich antworten, muss mich aber noch etwas in diesem Forum zurecht finden - ich hoffe, ihr habt Verständnis dafür.


    Es war für mich eine Überwindung, mich hier zu registrieren und zu schreiben. Gestern war wieder so ein schlimmer Tag, dass ich es einfach irgendwo rauslassen musste und weil es so spät und ich so verwirrt war, habe ich gar nicht überlegt, was ich da schreibe.


    Ich bin aber froh, dass es getan habe und hier gelandet bin. Seit diesen 4 Monaten bin ich fast nur daheim mit mir selbst. Ich brauche Kontakte, sonst vereinsame ich völlig. Andererseits kann ich mit den meisten in meinem momentanen Leben nichts mehr anfangen. Ich habe eine gewisse Hoffnung, dass da anderes kommt, weil ich ja schon Verluste hatte und Gott sei Dank weiß, dass selbst nach diesen wieder gute Dinge und auch Menschen in mein Leben kamen. Das tröstet mich manchmal, gibt mir ein bisschen Hoffnung. Gleichzeitig habe ich manchmal Angst, dass ich total verbittere. Da ist im Moment so viel Wut, auf das Leben, auf Gott (ich hatte so meinen eigenen Glauben, der war eigentlich ziemlich fest und jetzt weiß ich gar nicht mehr, was ich glaube und was da ist) auf andere, die nichts dafür können... Der Verlust dieses wunderbaren Menschen, mit dem ich so froh war (noch letztes Jahr habe ich oft gedacht, wie glücklich ich in allem Unglück sein kann, sie zu haben, was für ein Geschenk ich habe) hat mich total aus der Bahn geworfen. Ich habe es mir immer schlimm vorgestellt, sie mal zu verlieren, irgendwann und in hoffentlich weiter Zukunft, aber es ist noch schlimmer als gedacht.


    Sie wollte immer für mich da sein. Als die Diagnose kam, sagte sie den Arzt "das kann nicht sein, ich habe meiner Freundin 30 Jahre versprochen". Auch das werde ich nie vergessen, dass ein Mensch im Angesicht seines eigenen Todes an mich denkt. Weil ich schon so viele Verluste hatte. Und ich habe trotzdem gehofft und geglaubt, dass es diesmal anders kommt, dass ein Wunder geschieht. Ich habe schon seit einigen Jahren fast Angst, mich zu sehr zu freuen und mich ganz einzulassen auf die Liebe, weil es bisher immer damit geendet ist, dass der Tod es mir schnell wieder nimmt. Diesmal hatte ich vertrauen und doch ist es wieder so... Ich muss mich wohl damit abfinden. Euch allen ist es auch passiert und es gehört wohl einfach dazu zum Leben und verstehen werde ich es wohl nie...


    Sie wollte, dass ich glücklich bin, auch wieder einen Partner finde, heirate und Kinder habe (ich bin eigentlich heterosexuell, aber bei uns hat es einfach gepasst, wir waren wie zwei Seelen in einer, sie war meine Heimat, Partnerin, beste Freundin, Mama und Familie in einem), aber das kann ich mir weder vorstellen noch glauben. Spielt jetzt auch gar keine Rolle.


    Ich muss mich daran gewöhnen, wieder allein zu sein, das finde ich ganz schwer. Mein ganzes Leben scheint weg zu sein, wir hatten ja auch so viele gemeinsame Interessen und Leidenschaften, die ich mit niemandem mehr teilen kann. Am Anfang habe ich ihr jeden Tag geschrieben, seit ein paar Wochen kann ich das nicht mehr.


    Ich hatte auch das Gefühl, dass sie noch da ist viele Wochen, um mich, mich hört. Das ist auch nicht mehr so. Ich denke, dass das vielleicht nur am Anfang ist, um über die erste Zeit hinweg zu kommen. Ich war mir immer sicher, dass es irgendwo anders weiter geht. Das hoffe ich so sehr. Ich liege manchmal abends da und sage "komm bitte zurück", wie ein kleines Kind. Ich hoffe, dass wir uns wenigstens irgendwann wieder begegnen und dann in einer anderen Sphäre zusammen bleiben können.


    Mir tun eure Verluste von Herzen leid. Trösten kann auch ich noch nicht wirklich, aber ich wünsche euch, dass es euch besser geht. Auch ich hatte inzwischen immer mal ein paar Tage, in denen es ging, in denen ich mich besser fühlte, sogar mal lachen konnte (wobei ich mich dann verrückt fühlte und auch etwas schuldig).


    Bei mir ist es auch so, dass ich mich oft seltsam fühle, weil ihre anderen nahestehenden Personen damit so gut zurecht kommen, schon früh damit abgeschlossen hatten und bei mir wird es eher schlimmer. Ich habe jetzt schon Angst vorm Herbst und Winter, deshalb habe ich mich gezwungen, mir eine Therapie zu suchen, damit ich irgendetwas habe, von dem ich glauben kann, dass es mich über die Zeit rettet. Es stimmt schon, ich darf nicht zu weit in die Zukunft denken, da sehe ich momentan sowieso nur ein Loch.


    Es ist schwierig, anders kann es bei sowas ja auch kaum sein. Nochmal vielen Dank für jede Antwort und entschuldigt, dass ich so viel schreibe, ich habe so viele Gedanken im Kopf.


    Ganz liebe Grüße und Kraft an jeden, der das liest.

    Hallo an alle, die das lesen,


    so recht weiß ich nicht, was ich schreiben oder wie ich all das, was in meinem Kopf und meinem Inneren passiert, beschreiben soll.


    Ich habe im Mai meinen engsten Menschen verloren. Der Mensch, der mich in 35 Jahren von allen, die ich je kannte, am besten verstanden hat, mit dem ich alles teilen wollte und konnte, ohne den mir jeder Tag jetzt wie Zeittotschlagen und krampfhafte Ablenkung vorkommt. Wir kannten uns 12 Jahre und in diesen Jahren haben wir allenfalls 3 Tage einmal keinen Kontakt gehabt.


    Ich habe schon viel verloren, Familie und Freunde. Die letzten vier Jahre waren für mich sehr schwer und meine Seelenpartnerin war der Mensch, der mich da hindurch gebracht hat, mir in den dunkelsten Monaten wieder Hoffnung und Mut gegeben hat. Letztes Jahr dann ging es endlich aufwärts und wir waren voller Pläne, bis es ihr plötzlich im Dezember immer schlechter ging. Im Februar kam die Diagnose Krebs, Endstadium. Aus dem Nichts - sie war immer so viel stärker als ich, so lebensfroh, optimistisch. Ich habe mir oft Sorgen über meine Mutter (die einzige Familie, die ich noch habe) oder um eine Freundin gemacht, aber nie um meine Seelenpartnerin, weil sie der Mensch zu sein schien, bei dem immer alles gut ausging - das erscheint mir heute alles so unwirklich und lässt mich auch nach jetzt 4 Monaten noch nicht begreifen, dass das wirklich passiert ist, dass sie Krebs hatte, tot ist, wirklich nicht mehr wieder kommt.


    Die Zeit seit ihrem Tod, der schnell und unerwartet kam (jedenfalls so bald) bin ich irgendwie gar nicht wirklich da. Es tut mir alles weh innerlich oder ich bin wie betäubt. Langsam kann ich wieder Gesprächen folgen, obwohl mich die Menschen um mich herum - es tut mir leid, das so zu sagen - überwiegend ankotzen oder gar nicht mehr berühren. So kenne ich mich nicht, ich habe immer von meinen Beziehungen gelebt, das Miteinander hat mir immer geholfen. Aber da ich niemanden, von meiner Mutter abgesehen, habe, mit dem ich über meine Partnerin reden kann, möchte ich am liebsten gar nicht mehr reden, bis ich mich besser fühle. Ich habe Menschen erlebt in den letzten Monaten, die sich Freunde nennen, mir aber nicht einmal zugehört haben oder etwa meinten, nach ein paar Wochen sei es mal gut mit dem Trauern - lenk dich ab, bin für dich da (während nur über eigene Probleme geredet wird, und keiner sich wirklich für mich interessiert) und weiteres Blabla.


    Es tut mir sehr leid, wenn sich das enorm negativ liest. Ich kenne mich so selbst nicht, ich war normalerweise immer dankbar für jeden Mensch und versuche mir zu sagen, ich sollte dankbar sein für alles, das ich jetzt noch habe. Die meisten meinen es ja sicherlich gut. Das Ding ist aber, ich hatte mein Leben überwiegend schon lange satt, die meisten Menschen in meinem Leben wollte ich hinter mir lassen und letzten Oktober hatten mein Lieblingsmensch und ich ein für allemal beschlossen, zusammen wegzugehen und neu anzufangen. Trotzdem es ihr schon nicht so gut ging, war sie bester Dinge. Ich werde nie ihr "vergiss nicht, das wird unser Jahr" an Silvester vergessen. Jetzt sitze ich ganz allein hier und weiß nicht, was ich aus meinem Leben machen soll.


    Dass meine Mutter noch da ist, ist momentan mein Halt im Leben. Ich muss für sie da sein. Ich habe diese Woche eine Therapie begonnen, weil ich einfach nicht mehr kann, mir aber eine Chance geben will, weil ich ja doch mal Träume hatte (auch wenn sie ohne meinen Lieblingsmensch momentan so sinnlos scheinen - mit ihr werde ich sie nicht mehr teilen und erleben können, nicht mal ihr davon erzählen können). Außer Erinnerungen ist mir gar nichts geblieben, alle Freude ist weg und ich habe niemanden, der mich stützt, mit dem ich offen reden kann im Alltag. Bei früheren Verlusten hatte ich sie oder wenigstens einen echten Freund an meiner Seite...


    Es tut mir wirklich leid, wenn das alles sehr negativ und hoffnungslos klingt. Ich habe mich hier registriert, weil ich wohl darüber reden/schreiben möchte. In der Hoffnung, dass es mir irgendwann wieder besser geht und, weil das hier wohl einer der wenigsten Orte ist, wo Menschen ähnlich fühlen. Vielleicht kann man sich gegenseitig helfen, vielleicht ja sogar einen Bekannten oder Freund finden.


    Ich wünsche allen, denen es heute geht wie mir, wo wieder mal so eine harte Welle der Trauer über einen kommt und einem jeden Mut nehmen will und der Schmerz untertäglich ist, dass es ihnen bald besser gehen möge.


    Liebe Grüße, Ethel