Beiträge von Mary01

    Hallo liebe Community,


    mein Bruder ist vor gut zwei Monaten mit 23 Jahren an Krebs gestorben.


    Er war bis dahin immer kerngesund und fit, hat sich gesund ernährt und viel Sport gemacht.

    Im August letzten Jahres ging es dann mit Rückenschmerzen los. Die Ärzte haben ein CT gemacht und zwei Bandscheibenvorfälle festgestellt. Das war soweit nicht überraschend, da er körperlich gearbeitet hat und dabei auch mal schwer tragen musste. Er wurde daraufhin mit Krankengymnastik und Schmerzmitteln behandelt.


    Nachdem er zu Beginn der Beschwerden ansonsten noch recht fit war, hatte er nach einer Weile mit Appetitlosigkeit und Übelkeit zu kämpfen.

    Dies ist eine der üblichen Nebenwirkungen der Schmerzmittel, die er bekommen hat, daher bestand auch zu dieser Zeit noch kein Verdacht auf eine andere Krankheit außer den Bandscheibenvorfällen.


    Während dieser Zeit hat er eine auffällige Ader an sich entdeckt, wegen der er zum Urologen gegangen ist. Die Ader war nicht weiter schlimm, allerdings hat der Urologe sicherheitshalber auch einen Ultraschall des Hodens gemacht, und dabei einen kleine Tumor entdeckt.

    Aufgrund der kleinen Größe des Tumors (er war von außen nicht zu ertasten) hat der Urologe meinen Bruder beruhigt und geraten, in den nächsten Wochen einen Termin für eine Operation zu vereinbaren. Er hat anschließend auch die Tumormarker gemessen und diese waren so unfassbar hoch, dass die Messung zur Sicherheit dreimal gemacht wurde. Aufgrund dieses Ergebnisses wurde gleich für den nächsten Tag ein Operationstermin vereinbart.


    Die Operation verlief soweit gut. Ein CT, das im Anschluss geplant war, konnte zunächst nicht durchgeführt werden, da seine Schilddrüse zu aktiv war.

    Sein Zustand hat sich anschließend jedoch weiter verschlechtert, sodass ein paar Tage später ein CT ohne Kontrastmittel gemacht wurde.

    Dabei wurde festgestellt, dass er bereits viele Metastasen im Bauchraum und in der Lunge hatte.


    Es wurde somit direkt eine Chemotherapie angeordnet. Die Ärzte waren trotzdem weiterhin optimistisch, da die Heilungsrate bei Hodenkrebs bei etwa 98 % Prozent liegt und selbst Metastasen gut behandelbar sind.

    Bis zu der Chemotherapie, die drei Tage nach dem CT begann, verschlechterte sich der Zustand meines Bruders weiterhin.

    Schließlich waren wir alle froh, als er im Krankenhaus war und die Therapie begann.


    Am ersten Tag ging es ihm besser als vorher, da er mit Spenderblut und Infusionen wieder aufgepäppelt wurde.

    Am nächsten Morgen hatte er etwas Luftnot, die sich aber wieder legte. Es wurde erneut ein CT gemacht, bei dem festgestellt wurde, dass sich die Metastasen im Vergleich zum Dienstag (also innerhalb von 6 Tagen) verdreifacht hatten.

    Am Abend dieses zweiten Tages bekam er immer schlechter Luft, bis schließlich seine Lunge kollabierte und er ins künstliche Koma gelegt wurde, um beatmet zu werden.


    Er wurde daraufhin in eine Uniklinik verlegt und erhielt dort im Koma weiterhin die Chemotherapie.

    Etwa zwei Wochen lang besserte sich sein Zustand nur leicht, bis es ihm schließlich Tag für Tag besser ging. Er wurde wieder aus dem Koma geholt und von der Beatmung entwöhnt.


    Schließlich konnte er sich sogar wieder im Bett aufrichten und ein paar Bissen essen.

    An diesem Tag, an dem es ihm wesentlich besser ging, kam abends leider der nächste Schock. Er hatte eine schwere Lungenembolie und musste wieder ins Koma gelegt und beatmet werden.


    Sein Zustand hat sich danach wieder leicht gebessert, allerdings wurden bald Entzündungen und Vernarbungen in der Lunge festgestellt.

    Schließlich hatte er dann noch eine zweite Lungenembolie.


    Aufgrund der Coronasituation durften meine Eltern und ich ihn bis dahin nur selten und nur einzeln besuchen. An diesem Tag durften wir jedoch alle nochmal zu ihm, da abzusehen war, dass er diese zweite Lungenembolie nicht überstehen wird. So war es dann auch. Sein Zustand hat sich Stunde für Stunde verschlechtert, bis die Ärzte schließlich keine Hoffnung mehr hatten.

    Als die Maschinen abgestellt wurden, hat es dann keine 10 Minuten mehr gedauert.



    Meine Eltern und ich unterstützen uns gegenseitig, so gut es geht. Allerdings gelangen wir dabei oft an unsere Grenzen, da wir uns hin und wieder gegenseitig mit unseren Gedanken und Emotionen belasten.

    Auch halte ich es nicht lange aus, bei ihnen zu sein, da mein Bruder dort noch gewohnt hat. Zum Glück unterstützen uns Freunde und Verwandte so weit es geht.


    Schreibt mich gerne auch direkt an, wenn ihr an einem Austausch interessiert seid.