Beiträge von roterose

    Lieber Charly B,


    es tut mir unglaublich leid, dass du deine Mama gerade verloren hast. Ich schicke dir eine feste Umarmung und hoffe, dass du bei hier und auch bei deiner Familie Trost finden kannst.

    Liebe Blueeye88,


    vielen lieben Dank für deine so lieben Worte. Es ist schön, dass du dich in meinen Worten wiederfinden kannst. Dieser Austausch hier ist einfach so wertvoll, denn im Offlineleben gibt es kaum jemanden, der das so gut nachvollziehen kann. Ich fand deinen Beitrag deswegen auch tröstend und wollte dir unbedingt schreiben, da ich deine Ängste so verstehen kann.


    Zu deiner Frage, ob ich mir gewünscht hätte, dass Mama mir nichts verschwiegen hätte, kann ich nur sagen: ja. Dann hätte ich einfach noch mehr Zeit mit ihr verbracht und die Zeit noch so viel intensiver genutzt. Ich war zu dieser Zeit beruflich sehr eingebunden und ich hätte mir einfach noch mehr Zeit freigeschaufelt, wenn ich schon ein halbes Jahr vorher gewusst hätte, dass die Zeit wirklich so knapp ist. Aber sie hat es nicht übers Herz gebracht, ihrer engsten Familie davon zu erzählen, dass ihr die Ärzte nach der Diagnose Krebs noch ein halbes Jahr gegeben haben. Sie hat das nur ihrem Halbbruder erzählt, mit dem sie alle paar Monate mal telefoniert hat. Er hat es uns auch erst kurz vor ihrem Tod gesagt… dass sie anscheinend wusste, dass es so enden könnte. Denn Mama hat zu uns immer gesagt: „Ich werde wieder gesund, macht euch keine Sorgen! Die Chemotherapie wird mir helfen.“ oder „Bald ist alles gut, dann haben wir es wieder so schön wie früher!“ Daher war es dann ganz schlimm für sie und für uns zu realisieren, dass ihre Hoffnung wohl doch umsonst war. Ich glaube, sie wollte es einfach nicht wahrhaben, dass sie bald sterben sollte und wollte es uns nicht sagen, da sie uns einerseits nicht so einen großen Kummer bereiten wollte und andererseits eben selbst am Leben festhalten wollte, den Tod verdrängen wollte, indem man ihn einfach ignoriert. Doch leider kam alles anders und am Ende haben uns die Ereignisse überrollt...


    Weißt du, ich habe dir diese ganzen Details von meiner Mama erzählt, weil ich denke, dass wir beide, du und ich, eine sehr innige Bindung zu unseren Müttern hatten. Ich wollte dir damit indirekt sagen, dass ich denke, dass auch deine Mutter ähnliche Dinge wie meine Mama bezüglich des Babykriegens gesagt hätte.

    Bei meiner Mama und mir war dieses Babythema natürlich durch die späte Fehlgeburt sehr präsent. Ich habe mit ihr noch darüber reden können und habe zu ihr unter Tränen gesagt: „Mensch, Mama, es ist kaum vorstellbar, dass du nicht mehr da sein wirst, wenn ich wieder ein Kind bekomme.“ Und Mama hat daraufhin mit mir sogar einen Namen für meine nächste Tochter ausgesucht. Falls wir also noch einmal eine Tochter bekommen werden, wird sie den Namen tragen, den ich mit Mama zwei Wochen vor ihrem Tod ausgesucht habe. Meine Mama wollte unbedingt, dass ich an meinen Familienplänen festhalte, sie hat gesagt: „Seid glücklich und lebt euer Leben! Trauert nicht zu viel um mich.“ Weil sie schon gesehen hat, dass ich nur noch weinend an ihrem Bett saß und untröstlich war. Es war so eine unglaublich schwere Zeit des Abschiednehmens.


    Ich denke, dass du leider durch die noch plötzlichere Krankheit und das schnell einsetzende Koma deiner Mama, einfach diese Themen nicht mehr wirklich ansprechen konntest. Bei mir war das Thema Kinderkriegen schon seit dem Verlust von unserer Tochter immer wieder im Raum und somit hatte es auch Raum vor Mamas Tod. Ich bin mir sicher, ohne die traurige, späte Fehlgeburt hätten wir da auch nicht so konkret darüber gesprochen und auch keinen Namen ausgesucht.

    Was ich aber sagen will: Mutterliebe ist eine ganz große Liebe, vielleicht sogar die größte Liebe, die es auf Erden gibt. Deine Mama hat dich innig geliebt und meine Mama hat mich innig geliebt. Ich bin mir sicher, wüsste deine Mama jetzt von deinen Zweifeln am Kinderkriegen und dass du ein schlechtes Gewissen hast, dass du alles das ohne sie erlebst, würde sie dir diese Gedanken sofort austreiben und dich bestärken, dass du dir auch eine kleine eigene Familie schaffst und dir sagen, dass sie immer bei dir ist, wenn auch nicht körperlich. Ihr seid doch allein durch die große Liebe für immer verbunden. Das ist einfach das, was Mamis tun. Sie wollen doch, dass wir glücklich sind und nicht unser Leben komplett aufgeben, weil sie nicht mehr in dieser Form da sind, wie man es sich eigentlich vorgestellt hatte.


    Was ich bezüglich meiner Ängste mache, ja, so wirklich ein Rezept habe ich da nicht. Ich muss mich einfach immer wieder selbst bestärken, dass meine Mama mir dann, wenn der Kleine da ist, schon die Kraft geben wird. Ich werde mein ganzes Leben lang traurig sein, dass meine Mama fehlt. Doch mir wurde einfach klar, dass ich noch trauriger sein werde, wenn ich am Ende meines Lebens keine eigenen Kinder habe, die mir (hoffentlich) so nahestehen werden, wie ich meiner Mama nahestand.

    Außerdem hat mein Bruder auch einen kleinen Sohn, der fast genau auf den Tag ein Jahr vor Mamas Tod auf die Welt kam. Mein Bruder hat mich auch bestärkt, Kinder zu bekommen, da er gesehen hat, wie sehr ich trauere und wie schlecht es mir geht. Er hat mir erzählt, wie viel Freude sein Sohn ihm bringt und man dann doch viel zu tun hat und abgelenkt ist und man deswegen auch nicht dauernd nur traurig sein kann, weil einfach das eigene Kind auch viel Aufmerksamkeit braucht.


    Du schreibst am Ende: „Wenn ich doch einfach nochmal mit ihr sprechen könnte. Ihr meine Ängste und Sorgen mitteilen und vor allem ihr sagen, dass ich sie vermisse und über alles Liebe - auch wenn das Leben weitergeht.“ Ich würde an deiner Stelle einfach mit meiner Mama reden. Ich meditiere manchmal, die genaue Meditationsanleitung gibt es in dem Buch „Trauern, Wenn Mutter oder Vater stirbt“. Da stellt man sich vor, dass man sich neben der Verstorbenen auf eine Parkbank setzt und mit ihr Gespräche führt. Man geht in Gedanken erst durch einen Turm die Treppe hinauf, geht dann aus dem Turm raus und landet dann vor einer Mauer, die ein Tor hat, durch das man auf eine schönen Wiese kommt, wo die Verstorbene sitzt und man setzt sich dann daneben. Das klappt manchmal ganz gut, je nachdem wie gut ich mich konzentrieren und darauf einlassen kann. Ich muss zwar immer sehr viel weinen bei dieser Meditation, trotzdem kann ich mir meine Mama so gut auf der Bank vorstellen und habe mir da auch schon Gespräche mit ihr vorgestellt und mich ihr dann unglaublich nah gefühlt danach.

    Vielleicht kannst du das ja einmal probieren. Binde deine Mama mit ein und erkläre ihr, dass du einen Kinderwunsch hast. Sag ihr, dass du sehr traurig bist, dass sie nicht mehr da ist, dass du sie liebst und vermisst und dass es ohne sie nie gleich schön, aber einfach anders schön werden wird. Ich bin sicher, deine Mama wird dich in deiner Vorstellung bestärken und dir nicht davon abraten, Kinder zu kriegen. Vielleicht schaffst du es so, die Zweifel am Kinderkriegen und die Ängste davor zu überwinden und dich einfach zu trauen.


    Ich schicke dir eine Umarmung!

    Liebe Blueeye88,


    ich bin seit Juli eine stille Mitleserin in diesem Forum und habe hier viel Trost erfahren beim Lesen der Geschichten von vielen anderen Menschen, die auch ihre Mutter bzw. ihre Eltern verloren haben. Dein Beitrag hat mich dazu veranlasst, mich endlich zu registrieren.


    Ich erzähle dir kurz von mir:

    Anfang Juli ist meine allerliebste Mama nach einem kurzen, 7-monatelangen Kampf gegen den Krebs gestorben. Der Krebs war schon weit fortgeschritten, doch leider hat sie bis 7 Monate vor ihrem Tod keine Symptome gehabt. Meine Mama wurde auch nur 63 Jahre alt, sie war - neben meinem Mann - meine wichtigste Bezugsperson. Ich musste also auch sehr schnell Abschied nehmen, v.a. weil meine Mama uns die schlechte Prognose der Ärzte sehr lange verschwiegen hat. Ich glaube, sie wollte noch so viel schöne Zeit mit uns aufsaugen, wie nur möglich. Dass sie bald sterben muss, wusste ich also erst kurz vor ihrem Tod, wo es ihr rapide schlechter ging. Ihr Tod hat eine so riesige Lücke hinterlassen... die Zeit mit ihr war einfach viel zu kurz und ich muss viel weinen.


    Eine Sache, die mir aber seit ein paar Monaten wieder einen Auftrieb gibt, ist mein kleiner Sohn, den ich in meinem Bauch mit mir herumtrage.

    Ich habe vor 5 Jahren meine Tochter im 6. Schwangerschaftsmonat verloren. Auch das war sehr, sehr tragisch und das hat auch meine Mama sehr mitgenommen. So war es auch immer der Plan von meiner Mama und mir, dass sie natürlich dabei sein wird und Anteil haben wird an unserem nächsten Kind. Sie hat sich schon so gefreut, Oma zu werden und es ist furchtbar traurig, dass sie jetzt nicht mehr da ist, wo ich wieder schwanger bin.


    Auch ich hatte und habe immer noch Angstdavor, dass ich sehr oft traurig sein werde, wenn ich realisiere, dass meine Mama das einfach alles nicht mehr miterleben wird, wie der Kleine aufwächst... so viele Momente, die man nicht teilen kann - mit dem Menschen, mit dem man sie am liebsten geteilt hätte.

    Und dennoch denke ich mir immer und das ist auch ein Gedanke der mich beruhigt und der mich glücklich macht: Das Baby, das in mir wächst, trägt auch einen Teil meiner Mama in sich. Ich schaue meiner Mama sehr, sehr ähnlich und somit ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass mein kleiner Bauchzwerg auch Ähnlichkeiten zu meiner Mama hat. So oder so, hat er irgendwie ihre Gene und so wird meine Mama in ihm weiterleben. Auch weiß ich, dass meine Mama wollte, dass ich auch nach ihrem Tod Kinder habe. Sie hat uns vor ihrem Tod, noch ganz viel Glück für unsere Familie gewünscht. Das waren ihre letzten Worte an meinen Mann.


    Möchtest du nur Kinder bekommen, wenn ihr auch vorher geheiratet habt? Ich kann verstehen, dass dich der Gedanken an diese eine große Hochzeitsfeier, bei der die Abwesenheit deiner Mama sehr fehlen wird, abschreckt. Mit der Hochzeit kannst du auch noch warten, man kann ja immer heiraten. Viele Paare bekommen Kinder vor der Hochzeit oder heiraten nie. Doch für leibliche Kinder wird es wahrscheinlich irgendwann zu spät sein und ein Kind bekommst du und ist dann immer bei dir. Da liegt die Konzentration und die Erwartung nicht so sehr auf dem einen bestimmten Tag, an dem alles schön und fröhlich sein sollte, wie bei einer Hochzeit.


    Ich schicke dir viele liebe Grüße!