Beiträge von Kitty_1986

    Mir kam heute der Gedanke "Trauer ist das erinnerte Gefühl, dass jemand fehlt". Das erklärt auch, warum Trauer nie ganz weg gehen kann, der Mensch kommt ja nicht eines Tages auf magische Weise wieder. Er wird immer fehlen. Bloß hoffe ich, dass irgendwann dieses Gefühl der Trauer nicht mehr an erster Stelle steht, wenn ich an meinen Verlobten denke. In 2 1/2 Monate ist es ein Jahr her. Die Zeit läuft einfach weiter. Es wirkt wie ein Hohn, dass die Welt sich einfach weiterdreht, als ob nichts geschehen wäre. Auch wenn mir klar ist, dass sie das muss. Das Leben ist endlich und jede*r Verstorbene hinterlässt jemanden, der ihn oder sie vermisst. Ich lese gerade das Buch "Warum gerade du?" von Barbara Pachl-Eberhart. Die Autorin hat ihren Mann und ihre beiden Kinder bei einem Unfall verloren und hat in diesem Buch beschrieben, wie sie es schafft(e), damit umzugehen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mir so ein "Trauerbuch" kaufen würde, weil ich nicht denke, dass trauern etwas ist, das sich nach dem richtet, was in Ratgebern steht. "Richtig trauern in nur 21 Tagen!" - klar, das ist übertrieben, dennoch wirken viele der Bücher sehr "von oben herab", so als wollten sie eine allgemeingültige Antwort auf höchst indiviuelles Erleben geben. Das Buch was ich gerade lese ist eben kein Ratgeber, sondern ein Erfahrungsbericht. Kein "du musst" sondern einfach "ich habe". Und es ist irgendwie beruhigend, dass ich nicht spinne. Dass das, was ich empfinde, wohl normal ist und sein kann. Fernab von "WAS du bist traurig, dass dein Verlobter gestorben ist? Du solltest zum Psychiater gehen und dir Antidepressiva verschreiben lassen".

    Danke für deine Antwort. Geschwister habe ich leider keine. Es fällt mir schwer, mit meinen Eltern darüber zu reden bzw. zuzugeben, dass es nach wie vor verdammt weh tut. Ich will nicht, dass sie sich Sorgen machen. Die erste Zeit nach dem Tod meines Verlobten ging es mir sehr schlecht. Ich wurde für 4 Wochen krank geschrieben, da lag ich nur im Bett und habe geheult und eine Zigarette nach der anderen geraucht. Zu der Zeit habe ich ein Medikamentenproblem entwickelt weil ich es anders nicht aushielt. Deshalb bin ich mittlerweile in Behandlung. Ich weiß nicht, ob nach über einem halben Jahr die "Witwenkarte" noch ausgespielt werden sollte. Ich weiß, dass es normal ist, dass ich immer noch trauere. Mittlerweile mache ich aber die Erfahrung, dass Menschen anfangen, gut gemeinte Ratschläge zu geben und zu Therapie zu raten, wenn ich anklingen lasse, dass es mir nach wie vor nicht wirklich GUT geht. Es geht mir nicht mehr schlecht, aber zu behaupten, es ginge mir gut wäre nicht korrekt. Offenbar empfinden die meisten Menschen Trauer um den Partner, die länger als ein paar Monate dauert als Krankheit und ich will nicht, dass meine Eltern mich für krank halten.

    Über eine Trauerbegleitung habe ich tatsächlich schon nachgedacht. Ein normaler, den Alltag nicht überschattender Trauerprozess ist ja keine Krankheit und somit keine Indikation für eine Psychotherapie. Trotzdem wäre es vielleicht nicht schlecht, mit jemandem drüber zu reden, eben weil ich mein Umfeld nicht nerven will, dass ich immer noch rumheule. Nicht falsch verstehen - den Leuten ist bewusst, dass mir was mega schlimmes passiert ist, aber ist ist leider ein Fakt, dass man die meisten Menschen vertreibt, wenn man seine Trauer länger als ein paar Wochen bis Monate zeigt.

    Hallo, ich bin neu hier. Am 20.Februar 2021 lag mein Verlobter als ich aufwachte leblos neben mir. Ich versuchte noch, ihn zu reanimieren, aber ohne Erfolg. Der Notarzt konnte nurnoch den Tod feststellen. Kurz darauf war die Wohnung voll mit Polizei, Krisenintervention, dem Allgemeinmediziner der den Totenschein ausstellte. Die ersten Stunden und Tage kam es mir vor wie ein böser Traum, aus dem ich jeden Augenblick erwachen müsste. Die Todesursache war eine Lungenembolie. Zwei Wochen zuvor hatte er Covid-19 gehabt. Ob ein Zusammenhang besteht wird sich nie zu 100% bestätigen oder ausschließen lassen, aber es ändert ja auch nichts an der Situation. Ich bin 34. Mein Verlobter war in meinem Alter, etwas jünger sogar. Wir hatte geplant, dass ich zu ihm nach Dresden ziehe, dass ich dort meinen Master mache und er mich dabei unterstützt. Eine Hochzeit in der Dresdner Frauenkirche war mein Traum. Wir haben viel über unsere beruflichen Ziele gesprochen und uns dabei 100%ig unterstützt. Wir hatten gemeinsame Ziele und Träume, die wir erreichen wollten.


    Und dann, von einem Moment auf den anderen, alles weg. Der Lebensmensch, der Lebensplan. Ich trage noch immer meinem Verlobungsring. Weil ich nicht aufgehört habe, meinen Verlobten zu lieben, ich weiß auch nicht, ob ich das jemals werde oder ob ich das überhaupt muss. Es geht mir heute besser als vor 6 Monaten. Gestern habe ich einer Bekannten, die ich lange nicht gesehen hatte und die es noch nicht wusste davon erzählt, ohne loszuheulen. Ich habe nichtmehr ständig den Gedanken "Das muss ich Adrian erzählen", wenn ich etwas interessanten erlebe. Sogar in meinen Träumen fällt mir früher oder später ein, dass er doch eigentlich tot ist. Trotzdem bin ich verdammt sauer auf das Schicksal/ Gott/ wie immer man es nennen mag. Verwitwet, bevor wir noch die Gelegenheit hatten, überhaupt zu heiraten. Mein Exfreund, mit dem ich 6 Jahre zusammen gewesen war, hatte unerwartet den Kontakt abgebrochen und war, ohne dass nochmal eine Aussprache stattfand, mit 29 unerwartet verstorben. Eigentlich war das schon näher, als der Tod einem um die 30 kommen sollte.


    Und jetzt das. Das einzig "Gute" - dadurch wurde der Tod meines Exfreundes gewissermaßen relativiert, weil etwas passiert ist, was noch schlimmer ist, ich glaube es gehört mit zu den schrecklichsten Dingen, die einem passieren können. Wenn dem eigenen Kind was zustieße, das wäre wohl noch schlimmer, ansonsten fällt mir nicht viel ein. Warum ich hier bin? Weil ich das Bedürfnis habe, mich auszutauschen und bei der Selbsthilfegruppe für Trauernde befürchte ich, die einzige jung verwitwete Person zu sein. Trauer mag zwar für jeden gleich sein, das Drumherum ist aber bei mir anders als bei jemandem, wo die Oma mit 90 verstorben ist. Deshalb hoffe ich hier, durch den Austausch mit anderen weiter zu kommen und dabei vielleicht auch selber für den einen oder die andere hilfreich zu sein.