Guten Abend,
lange, lange habe ich hier schon nichts mehr geschrieben. Für etliche Monate brauchte ich Abstand von Tod, Sterben, Siechtum und Hospizarbeit. Für die, die mich nicht kennen: Ich hatte mich kurz nach dem Tod meines Vaters hier angemeldet. Ehrenamtlich bringe ich mich in einem ambulanten Hospiz ein als Sterbebegleiterin - mit viel Hingabe - bis es mir angesichts sehr naher und gehäufter Sterbefälle in meinem direkten Umfeld zuviel wurde. Hinzu kam, dass nahezu alle meine Begleitungen bislang ausgesprochen schwierig und letztlich meine Kraftreserven aufgebraucht waren.
Aktuell beschäftigt mich die Nachricht, dass eine Kollegin, die ich sehr schätze und mag, fortgeschritten an Leberkrebs erkrankt ist und nur noch eine sehr begrenzte Lebenszeit haben wird. Der Tumor ist sehr aggressiv und wächst schnell (es ist nicht die erste Krebserkrankung gewesen). Eine Chemo, die den Tod nicht mehr stoppen, höchstens eine kleine Weile herauszögern würde, lehnt sie ab, lässt sich nun noch einmal homöopathisch einstellen, damit das, was kommt, evtl. erträglicher wird und der Tumor langsamer wächst und plant noch eine große Flugreise. Hut ab, kann ich nur sagen. Sie hat bislang immer so gelebt, als sei dies der letzte Tag, sich alle Wünsche erfüllt und sagt jetzt, dass sie wenigstens nicht mit dem Gefühl geht, irgendetwas versäumt oder nicht getan zu haben, was sie sich je gewünscht hätte.
Davon erfahren habe ich erst Ende letzter Woche und ich ditschte eine Weile mit mir herum, ob ich heute nochmal bei ihr vorbeischauen soll - sie ist noch berufstätig und wird Ende der Woche je nach Verfügbarkeit des Bettes entweder zuerst die Homöopathie starten und dann fliegen oder umgekehrt. Ich sollte den Umgang mit Schwerstkranken doch gewohnt sein - aber ich durfte heute die Erfahrung machen, wie sehr mich doch die Funktion des Ehrenamtes schützt. In dieser "Rolle" kann ich gut und einfühlsam mit den Menschen sein - doch als Privatperson, die eine solche Nachricht so unvermittelt erfährt - war ich heute wie vernagelt. Wir plauderten über Urlaube, Wetter, meinen zuckerkranken Gatten, bis ich mich dann doch an den Krebs heranpirschte und ja, was kann man einer Person mit dieser Diagnose noch sagen - es kommt mir so banal vor und ich fühlte mich unendlich hilflos. Gute Ratschläge sind Schläge ins Gesicht - ich bin letztlich einfach nur noch mitgegangen. Auch der Abschied war seltsam. Wenn sie dem Krebs noch ein Schnippchen schlagen kann, wird sie nach dem Urlaub eben weiterarbeiten oder es kann auch sein, dass sie die Reise nicht überlebt. Gute Reise wünschen?? Ich blieb dann bei der "guten Zeit!" Was mich anrührt und immer noch beschäftigt, ist die Disziplin und die Größe, mit der sie das Ganze trägt. Zum Glück bereitet ihr der Tumor keinerlei Schmerzen - wenigstens das bleibt ihr erspart.
Wie geht Ihr mit sowas um?
Dies und das? Hat sich etwas im Moderatorenteam verändert? Ich bin Christine und Astrid so dankbar für ihre vielen Rückmeldungen an mich, die mir während meiner Stille hier immer noch dann und wann nachg ingen.
Danke fürs Zulesen,
von Herzen:
Hayat