... ihr sprecht mit aus der Seele. Es ist nicht schön zu lesen das andere Menschen ebenso trauern wie man selber aber es läßt mich ein wenig aufatmen das ich mit den Gefühlen und Gedanken nicht alleine bin.
Meine Mutter ist vor 5 Wochen gestorben und ich habe seither keinen Tag erlebt an dem ich morgens nicht wach geworden bin und dachte "heute mußt du unbedingt die Mama anrufen". Wenn ich dann so richtig wach bin erschrecke ich mich, realisiere das sie nicht mehr da ist und diese schreckliche Leere packt mich wieder. Ich komme einfach nicht klar mit dem Gedanken das es ein "für immer" ist. Ich träume oft von ihr, jedoch träume ich immer das gleiche. Immer wieder stirbt sie in meinem Traum, fast jede Nacht auf's neue so als ob mein Unterbewußtsein mir klar machen will das sie nicht wieder kommt.
Angefangen hat alles eigentlich auch schon vor 23 jahren. Zu dieser Zeit wurde bei meiner Mutter eine Leberzirrohse festgestellt. 1991 bekam sie eine Spenderleber und in den darauf folgenden Jahren ging es ihr zwar gut, aber durch das Erlebnis der Transplantation und der damit verbundenen Angst um meine Mutter habe ich nie gelernt ein normales Verhältnis zum Thema Krankheit, Tod, Verlust aufzubauen. Eigentlich habe ich all die Jahre bei der kleinsten Kleinigkeit Angst um das Leben meiner Mutter gehabt. Und das 16 Jahre lang. Das diese Angst jedoch in diesem Sommer Realität werden würde, das hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen.
Durch eine langwierige Magen-Darm-Erkrankung war meine Mutter über Wochen sehr geschwächt und hatte stark abgenommen. Die Medikamente gegen die Abstoßungsgefahr halten das Immunsystem des Körpers sowieso schon am Minimum, doch die Darmgeschichte machte sie völlig mürbe. Wochen vergingen, Krankenhaus rein - wieder raus - ohne Befund nach Hause - doch wieder ins Krankenhaus. Als man endlich den Grund für die Darmerkrankung gefunden hatte war der Körper meiner Mutter bereits so geschwächt das sie im Krankenhaus auch noch eine Lungenentzündung bekam. Diese wurde leider nicht rechtzeitig behandelt und so mußte man sie kurzfristig ins künstliche Koma legen. 4 Wochen haben die Ärzte um sie gekämpft, 4 Wochen hat sie selber gekämpft wie eine Löwin (meine Mutter war immer eine Kämpfernatur) und wir alle haben gehofft und gebetet. Den Kampf hat sie verloren, sie leiden zu sehen war für meinen Vater, meinen Bruder und mich die Hölle. Doch auch wir hätten noch weiter gekämpft und gelitten wenn wir sie hätten retten können. Doch ich glaube sie selber hat nach 4 Wochen den Kampf aufgegeben. Sie konnte einfach nicht mehr.
Ich bin 35 Jahre alt, meine Mutter ist nur 64 geworden und ich frage mich, warum hatten wir nur so wenig Zeit miteinander. Wieso konnten wir die Jahre die wir hatten nicht miteinander genießen. Warum waren auch die 16 Jahre nach der Transplantation mit Schmerzen, Ängsten und Sorgen verbunden. Wenn es jemand verdient hätte nach dieser Tortour noch einige schöne Jahre zu verleben, dann wäre es meine Mutter gewesen. Sie hat nie geklagt, alles hingenommen, alles über sich ergehen lassen und zu murren.
Es ist so schwer zu begreifen "WARUM" - man stellt sich diese Frage jeden Tag aufs neue und bekommt doch keine Antwort. Es macht mich mürbe, ich bin antriebslos und neige momentan zu übereilten Entscheidungen. Einfach weil ich mich nicht mit noch mehr Dingen belasten möchte stoße ich andere vor den Kopf. Es ist eine sehr schwere Zeit und ich kann mir euch allen mitfühlen und hoffe für uns alle das die Zeit den Schwerz erträglicher macht. Er wird nicht verschwinden. Er wird nicht weniger, aber er wird hoffentlich doch irgendwann erträglicher.
Mit den besten Wünschen für alle hier
Zoe
P.S. Ich habe in 2 Wochen ebenfalls meinen ersten Termin bei einer Psychologin und ich hoffe das sie mir helfen kann das erlebte zu verarbeiten und mir einen Weg zeigt, wie ich wieder Freude am Leben finden kann.