Beiträge von donalfredo

    Liebe Blume,


    bei Suizid kommt doch immer auch ein Seelsorger der Polizei oder der Feuerwehr mit. War das bei dir auch? Die sind normalerweise geschult und helfen erst einmal direkt vor Ort, um den Schock ein wenig abzufangen.

    Ich rate dir dringend, dir professionelle Hilfe zu holen. So wie du schreibst, glaube ich das du diese Unterstützung brauchst. Dein Mann hat diesen Weg gewählt, dich trifft keine Schuld,zu du konntest es auch nicht verhindern. Dies zu akzeptieren und seine Entscheidung, sein Leben zu beenden, zu tolerieren ist ein weiter Weg, dabei brauchst du Unterstützung. Erst danach wirst du richtig trauern können. Pass bitte auf dich auf.

    Gaby

    Liebe Blume,

    unser bester Freund hat sich vor 13 Jahren auch erhängt. Danach habe ich mir oft die Frage gestellt, ob ich es hätte verhindern können, welche Anzeichen ich übersehen habe. Mit der Zeit habe ich verstanden, dass jemand der Suizid begehen möchte, immer die Gelegenheit dazu findet, auch wenn man ihn 24/7 beobachtet. Dein Partner hat sich für diesen Weg entschieden, weil er schwer erkrankt war. In unserer Gesellschaft müssen wir lernen, psychische Erkrankungen wie Krebserkrankungen anzusehen, nämlich als lebensbedrohlich. Stelle dir bitte nicht die Frage nach dem Warum, belaste dich nicht damit, ob du es hättest verhindern können. Der Tod eines Partners ist so schon kaum zu ertragen, es zerreißt das Herz und nimmt einem die Luft zu atmen. Hole dir psychologische Hilfe, falls du merkst, dass du es alleine nicht schaffst. Ich wünsche dir Menschen, die dich auffangen und einfach nur in den Arm nehmen.


    Gaby

    Guten Abend ihr Lieben,

    heute war ich sehr mutig. Ich habe im April für ein paar Tage ein Hotelzimmer in Neuharlingersiel gebucht. Dort haben Alfred und ich jedes Jahr einen Kurzurlaub gemacht. Wir mochten die Nordsee mit ihrem rauen Klima. Ich will einfach für mich wissen, ob mir die schönen Erinnerungen in meiner Trauer helfen. Ich habe ein wenig Angst, dass es mich sehr belastet und noch trauriger macht aber ich will es unbedingt herausfinden.

    Über Weihnachten will ich nach New York fliegen, ich wollte schon immer mal in diese Mega City. Da Alfred Heiligabend verstorben ist, werde ich nie mehr Weihnachten zu Hause sein, dass würde mich umbringen. Heute habe ich einen relativ guten Tag, ich habe auch noch nicht geweint, was sehr selten vorkommt. Ich habe nie geweint, nicht als meine Eltern starben und auch nicht bei meinen Großeltern auch nicht als unser bester Freund sich selbst getötet hat. Seit mein Mann gestorben ist, weine ich jeden Tag als ob alle ungeweinten Tränen heraus müssen.


    Ich wünsche euch allen einen guten Abend mit wenig Trauer und schönen Erinnerungen.

    Gaby

    Hallo ihr Lieben,


    ich habe länger nicht geschrieben, weil es mir sehr schlecht ging. Ich habe meinem Leben zwar wieder mehr Struktur gegeben, gehe arbeiten und auch zu Hause habe ich alles besser im Griff aber gerade abends fühle ich mich leer und einsam, selbst wenn ich Besuch habe. Es war mir zuviel hier zu schreiben, mitgelesen habe ich immer. Ich weiß, dass ich nichts erzwingen kann aber ich möchte mein Leben wieder mit Sinn erfüllen, es lebens-

    und liebenswert gestalten. Es wird dauern und es wird Rückschläge geben aber ich will dieses Ziel irgendwann erreichen. Denn jahrelang in dieser Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit zu verharren ist schlimmer als Sterben.

    In Anbetracht der Situation in Europa hoffe ich, dass wir alle noch genügend Lebenszeit haben, wer weiß, was diesem Wahnsinnigen in Russland noch einfällt. Ich denke an die Menschen, die in diesem Krieg ihre Männer, Söhne, Brüder und Väter verlieren. Unfassbar, dass ein Größenwahnsinnger soviele Menschenleben zerstört. Gerade wir hier kennen doch diesen unsagbaren Schmerz des Verlustes und in der Ukraine werden tausende diesen Schmerz fühlen nur wegen dem territorialem Gebaren eines einzelnen.

    Ich wünsche euch eine gute Nacht und Europa Frieden.


    Gaby

    Liebe Ameliea,

    lass dich mal aus der Ferne fest von mir drücken. Ich habe heute auch so einen besch......... Tag. Wollte eigentlich schon langsam anfangen seine Kleidung aus den Schränken zu räumen, hat als erstes seine Wanderjacke in den Händen und dann habe ich meinen Schmerz regelrecht herausgeschrien. Wir liebten die Berge. Konnten stundenlang wandern und kehrten in jeder Hütte ein. Unsere Urlaube waren immer wundervoll, nie langweilig. Das plante alles mein Mann. Nicht nur der Mensch, sondern alles was ihn ausmachte fehlt mir so sehr.

    Nichts ist nach zwei Jahren wieder gut, wie kann es auch. Ein amputierter Arm wächst nicht mehr nach. Man lernt nur mit den Jahren sich mit einem Arm zu behelfen. Diese tiefen Löcher werden immer wieder kommen, vielleicht mit den Jahren nicht mehr so oft.


    Gaby


    Menschen, die die Berge lieben, sind aus tiefster Seele frei. Sie entschweben leicht dem Alltagseinerlei. ( Lieblingsspruch meines Mannes)

    Ihr Lieben, danke für eure lieben Worte. Man merkt, dass wir das gleiche Schicksal teilen. Liebe Heidemarie, bei den anderen Beerdigungen habe ich den Kaffee auch in unserer Dorfwirtschaft gehalten, im Coronazeiten war dies aber jetzt nicht möglich. Ich möchte in unserem Haus bleiben, ich hätte bei meiner Freundin schlafen können aber hier bin ich zuhause und ihm sehr nahe.

    Liebe Sonnenschein, die Diagnose Lungenkrebs zieht dir den Boden unter den Füßen weg. Mein Mann ist aber an einer falsch behandelten Lungenentzündung gestorbenen, natürlich ausgelöst durch die ewigen Chemotherapien. Der Krebs war eigentlich unter Kontrolle, zwar palliativ aber eben noch nicht lebensbedrohlich. Ich engagiere mich für die Lungenkrebsforschung und unterstützte das genomische Netzwerk für Lungenkrebs in Köln. Man wird diese Krankheit nie heilen können aber vielleicht als chronische Erkrankung behandeln können. Es hilft mir zu hoffen, dass andere Erkrankte eines Tages eine bessere und längere Lebenserwartung haben, als mein Mann.

    Liebe Ameliea, hier in unserem Dorf gibt es noch immer diese festgefahrenen Riten. Ich bin nicht gläubig aber für Alfreds Familie kam es einer Katastrophe gleich, dass ich keine Messe gehalten habe, wo das halbe Dorf gekommen wäre. Die älteren Leute hier sind immer noch sehr den Traditionen verpflichtet. Mein Mann war ein Nachkömmling, seine Geschwister sind alle schon um die achtzig. Halte nur losen Kontakt, es ist mir einfach zu anstrengend.

    Zum Schluss noch eins, ich bin sehr froh euch gefunden zu haben.


    Gaby

    Liebe Heidemarie,


    dein Vergleich mit dem Engländer ist passend. Bei mir ist es so, dass der Tod seit mehr als 20 Jahren mein Begleiter ist. Mein Opa Blasenkrebs, meine Mutter Bauchspeicheldrüsenkrebs und mein Vater ist über 7 Jahre mit diversen Erkrankungen letztendlich an Sepsis gestorben. Ich hatte im 4. Monat eine Fehlgeburt und bin danach trotz aller medizinischen Möglichkeiten nicht mehr schwanger geworden. Und jetzt mein Mann! Durch diese Erfahrungen kann ich eigentlich gut auf trauernde Menschen zugehen aber jeder Trauernde ist anders, ob man es richtig macht, weiß man nie, hauptsache man macht es. Ich habe nach außen hin immer das Bild einer toughen, beruflich erfolgreichen Frau verkörpert, die immer gesagt hat, wenn man fällt muss man wieder aufstehen. Jetzt liege ich am Boden und kann nicht aufstehen, damit sind Einige komplett überfordert. Das Leben hat mich härter gemacht, weil ich sonst zusammengebrochen wäre, dass konnte ich mir nicht leisten, da irgendwer immer meine Hilfe brauchte. Ich bin also die Reaktionen meiner Mitmenschen auch ein wenig selber schuld. Nur mein Mann kannte meine weiche Seite. Ein Beispiel: Ich habe meinen Mann nur im engsten Familienkreis beerdigt, noch lebende Geschwister mit Ehepartner und einige Freunde. Für die Geschwister meines Mannes war es selbstverständlich, dass ich danach noch einen Kaffee halte, man könnte ja nun die Leute auf dem Friedhof nicht einfach stehen lassen. Also habe ich Wurstplatte, Käseplatte, Rührei und Fischplatte vorbereitet, habe Brötchen geholt und danach meinen Mann beerdigt. Ich hätte am liebsten alle rausgeschmissen aber wie immer durchgehalten. Oh je, jetzt habe ich einen Roman geschrieben, musste mal meinen ganzen Seelenfrust loswerden.


    Pass auf dich auf


    Gaby

    Guten Abend ihr Lieben,

    danke, dass ihr mich so liebevoll hier im Forum aufnehmt. Heute war so ein Tag zwischen Gut und Böse. Zuerst war ich mit meiner Freundin walken, hat mir gut getan. Danach war ich zum Friedhof, wir haben dort ein Familienurnengrab, heute war sein Name eingraviert und ich habe bitterlich geweint, weil es mir wieder die Endgültigkeit vor Augen geführt hat, nie wieder berühren, nie wieder hören, wenn er meinen Namen sagt. Das sind dann die Momente, wo ich auch nicht mehr leben möchte. Heute Nachmittag war ich dann bei unserem Neffen eingeladen, der trotz seiner jungen Jahre sehr liebevoll ist, das hat dann ein wenig getröstet. Ich kann aber nirgendwo lange bleiben, da irgendwann meine Traurigkeit so stark wird, dass es mir die Luft zum Atmen nimmt. Mein Mann und ich waren ein eingespieltes Team, ich war immer sehr temperamentvoll und er war mein Ruhepol.

    Jeder, den ich in unserem Dorf treffe, sagt zu mir:" Du schaffst das, du bist eine starke Frau ". Am liebsten würde ich dann laut schreien. Stark war ich doch nur, weil ich einen verlässlichen, treuen Menschen an meiner Seite hatte. Die Menschen wollen mich trösten aber irgendwie regt mich alles nur auf. Vielleicht bin ich sehr ungerecht in meiner Trauer, ich erkenne mich manchmal selbst nicht.

    Ich wünsche euch allen einen schönen Abend. Passt auf euch auf.


    Liebe Grüße


    Gaby

    Hallo, ich heiße Gaby und mein Mann Alfred ist Heiligabend verstorben. Nach fast zwei Jahren Leiden hat der Lungenkrebs gewonnen. Ich bin 56 Jahre, mein Mann war 62 als er starb. Wir haben leider keine Kinder, ich habe keine Geschwister und meine Eltern, die ich auch gepflegt habe, leben nicht mehr. Ich habe sehr gute Freunde aber ich fühle mich wie ein Baum ohne Wurzeln. Mein Mann und ich waren 32 Jahre verheiratet und kannten uns 40 Jahre. Er war meine erste und einzige Liebe. Ich fühle mich leer und überlebe momentan nur. Wenn ich alleine bin weine ich, verzweifle ich. Meine Freunde will ich nicht immer damit belasten, die kennen mich nur als starke Frau, als diejenige, die alles regelt, die man immer fragen kann. Wenn ich eure Schicksale lese, dann weiß ich, dass ihr mich versteht. Ihr habt die gleichen Schmerzen, den täglichen Kampf das Leben, so wie es jetzt ist, anzunehmen. Trotzdem hoffe ich, dass es erträglicher wird, dass dieses Leben irgendwann noch etwas für mich bereithält. Ich bin kein gläubiger Mensch, ein Wiedersehen ist für mich nicht vorstellbar aber in den Erinnerungen und in meinem Herzen lebt mein Mann natürlich weiter. Mein größter Wunsch ist, dass dieser unerträgliche Schmerz einmal aufhört.


    Woraus immer unsere Seelen gemacht sind, seine und meine sind gleich. (Emily Bronte)