Beiträge von Morgaine

    Liebe Brigitte,




    wir haben beide unsere Söhne mit 18 Jahren an Drogen verloren, haben den gemeinsamen Kampf mit unseren Söhnen gegen diesen anscheinend übermächtigen Feind verloren, nicht einmal die Liebe einer Mutter konnte da etwas ausrichten... Bei mir ist es heute genau 4 Jahre her - und doch so, als wäre es erst vor kurzem geschehen. Ich kann so gut verstehen, was du durchmachst, und sende dir viele gute Gedanken.




    Liebe Grüße von Morgaine


    Ihr Lieben,


    danke für eure Worte des Mitgefühls!


    Nein, es hört auch nach so langer Zeit nicht auf, es ist immer noch, als ob es gerade geschehen wäre. Ich fühle mich verlassen, habe oft das Gefühl, nach Lucas zu suchen, wo immer er jetzt auch sein mag. Und ganz schlimm sind die Träume, in denen er lebt, z.B. gerade seine Schultasche ins Vorzimmer gefetzt hat und hereinkommt, mit diesem Lächeln... Oder zu Weihnachten, Geburtstag (der gleich nach Allerheiligen ist), Todestag...


    Andererseits will ich gar nicht vergessen, denn so lebt er irgendwie in mir weiter.


    Bis jetzt habe ich noch nie mit jemandem gesprochen, der auch so etwas ertragen muss. Tröster gibt es genug, doch ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele nahestehenden Menschen sich damals nicht getraut haben, mit mir darüber zu sprechen, sie haben lieber gar nichts gesagt als etwas "Falsches", sie waren einfach zu betroffen - vor allem die, die auch Mütter sind. Ist vielleicht eh besser, denn so Sprüche wie "das Leben geht weiter" oder "die Zeit heilt alle Wunden" möchte ich ohnehin nicht hören. Erst in der letzten Zeit trauen sich manche, mit mir darüber zu reden. Habt ihr auh solche Erfahrungen gemacht?


    Es grüßt euch ganz lieb
    Morgaine

    Ich danke für die herzlichen, verständnisvollen und mitfühlenden Worte!
    Ja, ein Teil des eigenen Lebens geht mit dem Kind, mit dem man sich doch so vebunden fühlt und das man vor allem beschützen möchte, nur um dann die eigene Macht- und Hilflosigkeit zuerfahren.


    Mein Lucas war der Sonnenschein für alle, die ihn gekannt haben - bis zu dem Tag, als er mit 14 Jahren heroinabhängig wurde. Es folgten 3 Jahre, in denen wir gemeinsam dagegen angekämpft haben; dann hat er äußerst erfolgreich einen Entzug und anschließend eine einjährige Langzeittherapie gemacht. Er war wieder der Alte, hat die Maturaschule besucht und nebenbei gejobbt. Als die Zeit der Therapie um war ist er wieder mit Sack und Pack bei mir eingezogen, (anscheinend) hoffnungsfroh und voller Pläne. Am nächsten Tag, es war Christi Himmerfahrt, wollte ich ihn ausschlafen lassen; dann hat es mir aber doch zu lange gedauert, und ich bin in sein Zimmer gegangen. Da ist er gelegen, wunderschön, schon seit Stunden tot, an einer Überdosis gestorben, und ich war ganz allein mit meinem toten Kind, habe ihm in die Augen geschaut, die offen waren und so weit in die Unendlichkeit geblickt haben...
    Heute weiß ich, dass er sich absichtlich den "Goldenen Schuss" gesetzt hat, weil - und das hat er mir noch einige Tage vorher gesagt, doch habe ich es nicht richtig verstanden gehabt - er mir und sich das nicht mehr antun wollte, andererseits hat er aber das Gefühl gehabt, nicht clean bleiben zu können. Also ist er zum Sterben zurück zu mir gekommen. Denn in all der schlimmen Zeit hat er mir immer wieder gesagt, wie lieb er mich hat und wie unglücklich er ist, dass er mir all das angetan hat. Ich habe ihm verziehen, ihm das auch gesagt, aber er konnte sich selber nicht verzeihen. Und trotz allem verdient diese seine Entscheidung Respekt, war es doch sicherlich nicht der leichtere Ausweg.


    Das Leben ist weitergegangen, aber es wird nie mehr so sein, wie es einmal war. Heute denke ich mehr an die wunderbaren 14 Jahre, in denen dieses Kind, mit dem ich aufs innigste verbunden war, sein Leben genossen hat - Torjäger bei seiner Fussballmannschaft, Turniersieger beim Judo, Vorzugsschüler im Gymnasium, aber immer mit Leichtigkeit, spielerisch, mit Freude an allem. Die Leere, die bleibt, kann wohl niemals jemand oder etwas füllen.


    Morgaine

    Ich habe vor bald 4 Jahren meinen Sohn verloren, er war 18 Jahre alt.
    Ständig höre ich von meiner Umgebung, wie stark und tapfer ich doch bin, dass ich überhaupt noch lachen kann, aber niemand weiß, wie es in mir aussieht... In jeder Sekunde vermisse ich ihn, der mein Lebensmensch war.


    Als ich meine Eltern verloren habe, war es traurig, doch so ist das Leben, dass Kinder den Eltern nachschauen. Aber umgekehrt ist es anders, man denkt ständig daran, wie alt er jetzt wäre, was er machen würde, wie sein Leben aussehen könnte und so weiter. Es ist als wenn es gestern gewesen wäre...


    Trauer ist dann ein Bestandteil des Lebens, sie ist integriert, und die Zeit heilt doch nicht alle Wunden.


    Wer hat ähnliche Erfahrungen gemacht, einen so schweren Verlust erlitten?


    Morgaine