Ich danke für die herzlichen, verständnisvollen und mitfühlenden Worte!
Ja, ein Teil des eigenen Lebens geht mit dem Kind, mit dem man sich doch so vebunden fühlt und das man vor allem beschützen möchte, nur um dann die eigene Macht- und Hilflosigkeit zuerfahren.
Mein Lucas war der Sonnenschein für alle, die ihn gekannt haben - bis zu dem Tag, als er mit 14 Jahren heroinabhängig wurde. Es folgten 3 Jahre, in denen wir gemeinsam dagegen angekämpft haben; dann hat er äußerst erfolgreich einen Entzug und anschließend eine einjährige Langzeittherapie gemacht. Er war wieder der Alte, hat die Maturaschule besucht und nebenbei gejobbt. Als die Zeit der Therapie um war ist er wieder mit Sack und Pack bei mir eingezogen, (anscheinend) hoffnungsfroh und voller Pläne. Am nächsten Tag, es war Christi Himmerfahrt, wollte ich ihn ausschlafen lassen; dann hat es mir aber doch zu lange gedauert, und ich bin in sein Zimmer gegangen. Da ist er gelegen, wunderschön, schon seit Stunden tot, an einer Überdosis gestorben, und ich war ganz allein mit meinem toten Kind, habe ihm in die Augen geschaut, die offen waren und so weit in die Unendlichkeit geblickt haben...
Heute weiß ich, dass er sich absichtlich den "Goldenen Schuss" gesetzt hat, weil - und das hat er mir noch einige Tage vorher gesagt, doch habe ich es nicht richtig verstanden gehabt - er mir und sich das nicht mehr antun wollte, andererseits hat er aber das Gefühl gehabt, nicht clean bleiben zu können. Also ist er zum Sterben zurück zu mir gekommen. Denn in all der schlimmen Zeit hat er mir immer wieder gesagt, wie lieb er mich hat und wie unglücklich er ist, dass er mir all das angetan hat. Ich habe ihm verziehen, ihm das auch gesagt, aber er konnte sich selber nicht verzeihen. Und trotz allem verdient diese seine Entscheidung Respekt, war es doch sicherlich nicht der leichtere Ausweg.
Das Leben ist weitergegangen, aber es wird nie mehr so sein, wie es einmal war. Heute denke ich mehr an die wunderbaren 14 Jahre, in denen dieses Kind, mit dem ich aufs innigste verbunden war, sein Leben genossen hat - Torjäger bei seiner Fussballmannschaft, Turniersieger beim Judo, Vorzugsschüler im Gymnasium, aber immer mit Leichtigkeit, spielerisch, mit Freude an allem. Die Leere, die bleibt, kann wohl niemals jemand oder etwas füllen.
Morgaine