Beiträge von GanzAVerlassen

    Ich habe es heute doch noch geschafft, die Bestellung für die Ausstattung der Seebestattung an die Reederei abzuschicken.

    Was für ein Glück, dass ich es hier erwähnt habe, sonst hätte ich nicht noch einmal auf die Unterlagen geschaut und den Bestellschluss glatt verpennt.

    Blumen, Bewirtung an Bord und so Zeug, aber auch ein Lied, das zum Aussetzen der Urne gespielt werden soll.

    Es wird I'll fly away von Alison Krauss & Gillian Welch. Das mochte sie immer sehr obwohl es eigentlich gar nicht Mirjas sonstiger Musikgeschmack war - aber Diane von Hüsker Dü hätte vermutlich auch zu sehr ihren Vater und vor allem ihre Stiefmutter vergrämt :saint:

    Danke Dir für die tröstenden Worte. Nur, wenn sie noch irgendwie anders als in Erinnerungsfetzen da wäre, sollte sie besser nicht hören, dass sie noch da sein soll.,

    Sie war da nicht so für, schon 2005 als sie eine ihrer besten Freundinnen an den Krebs verlor, spätestens aber beim Tod ihrer Mutter 2017 war sie der Überzeugung, dass da nichts ist und nichts bleibt.

    Klar, ich spreche zu ihr, mit ihren Fotos, aber wenn sie das mitbekäme, würde sie mir einen Vogel zeigen. ;)

    Freunde habe ich keine, wir waren uns stets gegenseitig genug. Mit der- etwas klischeehaften - Einschränkung, dass meine Supermaus einfach besser darin war, eine alte tiefe Freundschaft und auch weitere Bekanntschaften zu pflegen.

    Und den - erstaunlich vielen- lieben Menschen, die jetzt Ihre Hilfe und Unterstützung anbieten, will ich damit nicht auf die Nerven gehen.

    Und bei dem Kredit: Das finanzielle ist es nicht, aber die Angst, Ungewissheit und mein Misstrauen.

    Das kommt gerade erschwerend hinzu, und ich habe mir auch schon therapeutische Hilfe gesucht: Ein bestimmte Art der Soziophobie, die mich nie zu kümmern brauchte, weil ich doch Mirja hatte.

    Ich möchte Dich und Mitlesende hier auch nicht weiter damit belasten, es macht nur momentan ein "alles auf einmal" notwendig und ich weiß zu 100%, dass ich das auch hinbekommen würde, wäre sie noch bei mir. (Vor allem das meinte ich damit, dass sie mich über mich hinaus wachsen ließ)

    Dank Dir für Dein Mitgefühl - und auch für die Unterstützung gestern.

    Nur, wenn Du schreibst, alles andere sei erst einmal nicht von Bedeutung, denke ich daran, dass ich hier in einem Haus sitze, das noch einen laufenden Kredit bei einer als nicht sehr pietätvoll geltenden Bank hat, noch keine Testamentseröffnung erfolgt ist, daher noch kein Erbschein da ist, dass ich es bis jetzt nicht geschafft habe, Verpflegung und Blumen für die Seebestattung Ende des Monats klar zu machen, es nicht übers Herz bringe, das eigens angeschaffte, nie benutzte Pflegebett aus dem Wohnzimmer zu räumen, Ihre Seite des Betts neu zu beziehen obwohl nicht ein einziger Gegenstand im Haus nicht einmal Kopfkissen oder Matratze noch ihren Geruch trägt.

    Eben lauter so praktisches Zeug zum Überleben, womit ich vor unserer Beziehung schon auf Kriegsfuß stand, dass ich aber für uns immer prima im Griff hatte.

    Ich (Dirk, 55) weiß gar nicht, wo ich anfangen soll und ich habe nicht die geringste Ahnung, wie das alles enden soll.

    Samstag, 31. August 2024, 18:02 Uhr. So steht es in der Urkunde, die das für mich unfassbare amtlich belegt.

    Aber Mirja (54) schien erleichtert: Ihre letzten drei Atemzüge waren begleitet von erleichterten Seufzern.

    30 Stunden am Stück habe ich sie auf der Palliativ-Einheilt begleitet. Dabei war bis Mai alles wieder in Ordnung mit ihrem vermaledeiten Krebs. Der Cervix-Tumor war komplett zurückgebildet, die berufliche Wiedereingliederung längst abgeschlossen und wir freuten uns auf den ersten Spanienurlaub nach Covid, Krebsdiagnose und Chemo.

    Aber dann wurde plötzlich zum Sturmangriff, Blitzkrieg, was auch immer, gegen den Körper meiner über alles geliebten Frau geblasen. Stationär aufgenommen worden ist sie eigentlich zum Aufpäppeln, damit sie die nächste Chemo-Runde verkraften kann. Wochenziel war, sich aus eigener Kraft wieder auf die Bettkante setzen zu können. Aber dann wucherte das Monster und mir nichts Dir nichts war zu wenig Calcium für eine ausreichende Synapsenversorgung da.

    Sie war so tapfer, sie hat gekämpft und hat erst losgelassen, als ich ihr versicherte "Mach Dir keine Sorgen um mich. Ich komme klar.", was eine glatte Lüge war,

    Nach über 24 Jahren Liebe, fast exakt 20 Jahre nach dem Einzug in die erste gemeinsame Wohnung und fast 19 Jahre nach der Heirat zweier Eigenbrötler, die sich nie gesucht und doch gefunden hatten, stehe ich jetzt da mit all meiner Waldschratigkeit und weiß mit mir, meinen Tagen, meiner Arbeit, den wenigen sozialen Kontakten, meinen Hobbies (die in erster Linie - Möbel bauen, Haus und Garten verschönern, am Wochenende Festmahle für zwei zubereiten - vom Nestbau für uns beide geprägt waren) nichts mehr anzufangen.

    Sie fehlt mir so entsetzlich. Und im Moment kommt es mir so vor, als würde ich für jede Minute,, in der mir dann doch die Ablenkung gelingt, mit einer Stunde tiefer entsetzter, verzweifelter Trauer bezahlen müssen.

    Und ich bin wütend. (Beim Lesen hier im Forum hat es mich ein bisschen gewundert wie wenig hier geflucht wird.) Wütend auf die Welz, die sich einfach so weiterdreht, wütend auf mich, wie wenig von mir und meinem Zutrauen in mich selbst übrig geblieben ist und wütend auf den ein oder anderen Trauerüberwindungs-wird-schon-wieder-Trostspruch.

    Ich solle mich glücklich schätzen, das gehabt zu haben, was ich mit meiner Supermaus (ja, unsere Kosenamen füreinander sind seltsam) über 20 Jahre lang gehabt hätte. Jemanden, der Geschmacks- und Geruchssinn verliert, tröstet man doch auch nicht damit, dass es mal eine Zeit voller Geschmäcker und Gerüche gab. :cursing:

    Sie fehlt mit. Mir fehlt der Halt, den sie mir gab, mir fehlt das Selbstbewusstsein, dass sie mir vermittelte, mir fehlt, dass ich ohne es zu merken über mich hinaus wuchs, um es uns beiden schöner, besser und - auch materiell - sicherer zu machen. Und da habe ich von unseren viele Berührungen, den Streicheleinheiten, dem ständigen Kuscheln noch gar nicht angefangen.


    Ich konnte alles, so lange sie da war. Ich kann nichts mehr, seit sie weg ist. Und ich habe Angst, wieder so zu werden wie ich war, bevor ich sie traf.


    So verzweifelt wie das klingen mag ist es zwar auch, aber - Disclaimer zur Beruhigung - suizidal bin ich nicht. Das war ich vor unserer gemeinsamen Zeit eigentlich fast immer, wenn auch nur in Gedanken, Da hilft es fast schon wieder, dass mir die Leute sagen, ich solle mich glücklich schätzen, so etwas gehabt zu haben.