Beiträge von Tati

    Lieber Martin, auch von mir herzliches Beileid.


    Ich habe seit dem Tod meines Mannes und meiner Schwester viel darüber nachgedacht, welcher Tod eigentlich "besser oder schlechter" ist. Der Mensch (zumindest ich) neigt ja immer dazu, sein eigenes Schiksal als das Schlimmste anzusehen und das ist wohl auch in Ordung. Wer nicht trauert hat wohl auch nicht geliebt. Ich habe zwar keine Ahnung wie es sich anfühlt, wenn ein geliebter Mensch durch die Hand eines anderen getötet wird, aber vielleicht ist die andere Sichtweise trotzdem etwas hilfreich für Dich.
    Meine Schwester war 10 Jahre krank und ist trotzdem allein im Krankenhaus gestorben. Sie ist so oft im Krankenhaus gewesen, man hatte sich so oft verabschiedet, keiner konnte ahnen, dass es jetzt tatsächlich das Ende war. Man musste hilflos mit ansehen wie ein geliebter Mensch über Jahre oder wie bei meinem Mann über Monate mit Leidem dem Tod entgegen geht. Mein Mann hat immer gesagt, wenn ich mich mit ihm über einen ev. Tod unterhalten wollte: "Das können wir machen, wenn es soweit ist." Wir haben dieses Gespräch nie geführt.
    Aus meiner Perspektive kann es für Dich auch "sehr gut" sein, jemandem die "Schuld" an allem geben zu können. Ich werde immer grübeln, ob ich nicht doch seine Erkrankung eher hätte merken müssen. Ob er irgend etwas in sich reingefressen hat, was ihn krank machte. Außerdem hast Du den Vorteil deinen Vater so in Erinnerung zu behalten wie er immer war. Kranke Menschen verändern sich und zwar nicht nur äußerlich. Schreib mal wie Du es empfindest. Gruß Tati

    Lieber Chris, danke für Deine lieben Worte. Versuche sozusagen in Raten zu schreiben, da mir alles zusammen zu schwer fällt.


    War Silvester arbeiten (war der Einzige im Büro und habe mal den Hund mitgenommen,damit ich nicht so alleine bin) und dann bei der Familie von Hartmuts besten Freund (ehem. Kollege). Um 21 Uhr bin ich zum Friedhof gefahren und hab noch mal sein Grab besucht. Ich hatte ihm schon in der Mittagspause eine große Kerze hingestellt, die einsam leuchtete und ihm ein besseres neues Jahr gewünscht.


    Zu hause hab ich nur schnell nach den Tieren gesehen, mich kurz bei meinen Nachbarn bedankt und bin ins Bett gegangen. Mir war furchtbar schlecht und schwindlig. Das Problem hab ich mittlerweile öffter. Ist mir wohl alles auf den Magen geschlagen. Kann mir die Mühe des kochens sparen, wenn ich es hinterher sowieso wieder erbreche.


    Neujahr war ich bei meiner Schwiegermutter. Sie hat ihren Mann mit 48 und ihren Sohn mit 47 Jahren beerdigt, trotzdem kann sie besser damit umgehen als ich. Sie sagt nur immer wieder: "Ach gönnen wir dem lieben Hartmut doch seine Ruhe."


    Ich hoffe, du bist etwas besser reingerutscht als ich. Freue mich bei Euch sein zu dürfen. Bis bald Tati

    Liebe Hortensie,
    ich glaube eigentlich an das gute im Menschen und deshalb versuche ich häufig an die Zeit zu denken, bevor ich selbst vom Tod überrollt wurde. Heute graust mich über manche meiner Einstellungen.
    Zum Beispiel habe ich geglaubt, das Trauerkarten blödsinn sind, da der arme Trauernde ja mit jeder Karte neu an sein Unglück erinnert wird. Heute weiss ich wie tröstlich die vielen lieben Worte sind und dass man der Erinnerung sowiso nicht entfliehen kann.
    Ich fand Trauerkleidung furchtbar. Nach meiner Meinung konnte man auch ohne schwarz trauern. Aber so wie mein Inneres ist jetzt auch meine Kleidung schwarz. Es ist mir ein Bedürfnis.


    Vielleicht muss man erst selbst trauern um darüber nachzudenken. Meine Freundin hat als ich ihr von der Krebserkrankung meines Mannes erzählte gesagt, ob ich darüber nachgedacht hätte, wenn er stirbt wieder in meine Heimatstadt zu ziehen. Du kannst Dir wohl vorstellen, dass ich das alles andere als toll fand. Damals haben wir noch aufs Überleben gehofft.


    Wir brauchen Zeit um festzustellen, welche Menschen jetzt wirklich gut für uns sind aber gib ihnen eine Chance. Sag ihr,was du nicht gut findest und warte ab was passiert. Eventuell hat sie ja nur so kleine Denkfehler wie ich sie auch hatte.
    Viele liebe Grüsse Tati

    Ich wünsche Euch allen ein gesundes neues Jahr und das es besser wird als das Alte. Meine Enkeltochter hat zu mir gesagt sie hat Silvester ganz doll "geknallert" bis in den Himmel, damit Opa auch Pary feiern kann.
    Im März 2008 haben wir uns unseren letzten gemeinsamen Traum erfüllt, ein Wohnmobil. Was wollten wir nicht alles unternehmen. Reitturniere bei denen unser Haushalt praktisch mitkommt, wie gemütlich. Urlaub wann und wo wir wollten. Der erste Ausflug war dann auch wirklich sehr schön. Leider konnte Hartmut nicht so richtig schlafen, Rückenprobleme und ein Husten, der nicht so richtig weggehen wollte. Aber eh, davon stirbt man doch nicht. Er war doch sowieso schon seit Juni 2006 mit seiner kaputten Hand krank geschrieben, da kam es auf eine Kleinigkeit mehr nun auch nicht an, dachten wir. Im April war dann die Nachfeier zum 50. Geburtstag meiner Schwester, sie war so froh ihn noch erlebt zu haben, da sie schon seit 10 Jahren Brustkrebs hatte. Hartmut war zu diesem Zeitpunkt schon beim Arzt gewesen, die Diagnose war noch nicht gestellt, aber man sah ihm eine Krankheit nun deutlich an.
    Am 14.04.2008 rief mich Hartmut auf Arbeit an und sagte: "Die haben da so einen Schatten gesehen", das war alles was er sagen konnte. Ich habe meine Sachen gegriffen und bin nach Hause gefahren. Dann kamen Monate der Angst, des Kummers, der Kranken-hausaufenthalte, aber auch der kleinen Hoffnung. Warum sollte nicht gerade er zu den statistischen Ausnahmen gehören und Krebs der Stufe 4 überleben? Der Arzt hatte uns nach der ersten Untersuchung mitgeteilt, dass die Lebenserwartung ohne Behandlung nicht einmal mehr 1 Jahr beträgt. Sie hatten einen nicht mehr opperierbaren Lungenkrebs mit Leber- und Knochenmetastasen (Hartmuts Rückenschmerzen waren 3 gebrochene Rippen) festgestellt. Aber wir wollten ja behandeln, hatten große Hoffnungen in die klinische Studie an der er teilnehmen durfte. Nach den ersten 3 Behandlungen ging es ihm auch tatsächlich etwas besser. Leider waren seine Blutwerte immer wieder so schlecht, dass die Behandlungen verschoben werden mussten.
    Ab August ging es dann deutlich abwärts. Er war mit sich und der Welt nicht mehr zufrieden. Auch wenn er nie gejammert hat, habe ich es an seiner Art gemerkt. Ich habe dann immer wieder versucht ihn auch von anderen Behandlungsansätzen zu überzeugen. Aber das Wort "Naturheilverfahren" war für ihn nur Scharlatanerie. Als die Ärzte ihm dann mitteilten, das die Behandlung nicht geholfen hat, hörte er dann endlich auf mich, leider viel zu spät. 3 Wochen vor seinem Tod hatte er ein 2,5 Stunden langes Gespräch mit einer Fachärztin für Naturheilverfahren. Danach rief er mich auf Arbeit an und war das erste mal seit langem wieder glücklich.
    Die Freude war von kurzer Dauer am Abend hatte er 39 Fieber und musste wieder ins Krankenhaus. Eine Woche später konnte er wieder für eine Woche nach Hause. Schon beim abholen wusste ich, das er nicht in Ordnung ist. Er sprach immer wieder davon, dass seine Steuerung nicht funktioniert. Ich hatte mir 3 Tage Urlaub genommen um ihn zu pflegen, aber er schlief fast nur. An Essen war nicht zu denken, beim trinken musste ich ihm immer öffter helfen, da ihm die Hand wegzuckte. Weinend telefonierte ich mit meiner Schwester, die auch am Sonnabend sofort zu besuch kam. Sie hatte Angst, dass sie selbst später nicht mehr die Kraft haben würde, da sie auch mit einer neuen Chemo beginnen sollte. Zum Abschied flüssterte sie Hartmut etwas ins Ohr. Erst nach seinem Tod erzählte sie mir, dass sie ihm gesagt hat: "Wir sehen uns bald wieder und dann feiern wir eine grosse Pary." Sie meinte es ernst.

    Hallo Chrisu, wir haben auch einen Sohn der 1983 geboren wurde. Ich könnte mir nicht vorstellen einen von beiden zu verlieren. Aber der Tod geht über jede Vorstellungskraft. Ich habe immer angenommen am meisten Angst um meine Mutter haben zu müssen, da sie natürlicherweise in meiner Vorstellung die erste hätte sein sollen. Sogar um das etwaige Ableben unseres 14 Jahre alten Hundes haben wir uns Gedanken gemacht. Das Leben ist nicht fair. Hartmut 47 und meine Schwester 50 sind tod.


    Die Jungs sind mir eine Stütze. Besonders der Jüngere, der schon seine eigene kleine Familie (Enkelin ist 3 Jahre) hat und dichter bei uns wohnt (ca. 40km). Der Große wohnt 120km weg und ist schon deshalb schlechter erreichbar.
    Ich glaube, dass sie ebenfalls sehr trauern aber leider haben sie in der Beziehung viel von ihrem Vater. Ein Mann kennt keinen Schmerz, zumindest nicht nach aussen.
    Wir haben super nette Nachbarn und Freunde und auch meine Kollegen helfen mir sehr, aber wie du schon sagst, wenn die Tür zufällt ist man doch allein.


    Bis bald Tati

    Ein Hallo an alle die meine Worte lesen. Ja , ich möchte gern über Hartmut erzählen, aber ich weiss nicht so recht wo ich beginnen soll.


    Ich habe meinen Mann vor 26 Jahren, ich war 17, kennen gelernt. Er fing nach seinem Wehrdienst gerade wieder an zu arbeiten und ich war Lehrling im ersten Ausbildungsjahr. Es war nicht unbedingt Liebe auf den ersten Blick. Mir gefiel eher sein Zimmerkammerad und er sagte zu diesem, mit auswertendem Blick auf die neuen Lehrlinge: "Die nie, die ist ja potthäßlich." 2 Wochen später war ich beim Friseur und siehe da, so häßlich war ich nun doch nicht. Meine Mutter hat mir noch jahrelang erzählt, dass ich in meinem ersten Brief über ihn geschrieben habe: er ist nicht besonders groß, hat rote Haare und grüne Augen und ist eigentlich gar nicht mein Typ, aber süß ist er doch. Es war sein Humor, seine Schlagfertigkeit, sein Interesse an allem, das man über alles reden konnte und irgendwann gab es dann eh keinen "schöneren" Mann mehr für mich.
    Obwohl wir sehr unterschiedlich erzogen waren (ich kam aus der Großstadt, er vom Dorf) und mir von Arbeitskollegen prophezeit wurde, wir wären keine 4 Wochen zusammen, haben wir uns zusammengerauft und in 22 Jahren Ehe zwei Söhne groß gezogen (24+25Jahre alt). Ich habe öfter zu ihm gesagt: " Unsere Ehe wird mit den Jahren nicht schlechter, sondern immer besser."


    Ich habe praktisch mein ganzes Erwachsenenleben mit ihm verbracht. Ich haben nicht nur meinen Mann sondern auch den besten Freund und einzigen wirklich Vertrauten verloren. An manchen Tagen kullern nur die Tränen an anderen kann ich seine Fotos ansehen und ihm zulächeln. Er ist nun 8 Wochen tot und er fehlt mir von Tag zu Tag mehr. Der Versuch mich in Arbeit und sportlichen Aktivitäten zu ersticken hat leider nur zur Folge, dass ich schon ziemlich dürr geworden bin. Wird das jemals anders werden? Ich funktioniere noch, aber das ist auch wirklich alles.


    Seit lieb gegrüßt. Ich weiß, dass ihr alle Euer Päckchen zu tragen habt. Tati

    Liebe Connie, meine Schwieger- und meine Enkeltochter haben zu Weihnachten zusammen eine Kerze gebastelt und in eine Sturmlaterne gestellt. Darauf stand: Zu Weihnachten alles gute Opa. und sie war mit einem Weihnachtsbaum und Sternen bemalt. Am 25.12. haben wir sie auf sein Grab gestellt.
    Ich habe jetzt schon Freunde zu Hartmuts Geburtstag am 12.01.08 eingeladen, er wird seinen 48. Geburtstag gefeiert bekommen und so nie vergessen werden.
    Halte die Erinnerung aufrecht, sie ist alles was wir haben.
    Viele liebe Grüsse Tati

    Hallo Euch allen, habe gerade über eine Stunde geschrieben und plötzlich ist alles weg, weil ich angeblich nicht angemeldet war. Ist wohl mein Problem. Habe leider heute nicht mehr die Kraft alles nochmal zu verfassen. Danke Euch für Eure Hilfe und mache mich später noch einmal bei. Tati

    Mein Mann hat auch leicht gelblich ausgesehen. Ich glaube das ist bei allen Toten so. Das Blut fehlt und sie sehen dann halt anders aus. Bei Leberschädigungen wird die gelbliche Farbe noch stärker. Versuche den lebendigen Menschen noch so oft wie möglich zu sehen, davon haben alle mehr. Der Tod kommt am Ende immer plötzlich, selbst wenn man Jahre oder Monate seine Diagnose kennt.

    Hallo, bin zum ersten mal in einem Forum. Ich halte es einfach nicht mehr aus. Kann vor Tränen kaum noch etwas lesen.


    Ich habe am 3.11.08 meinem Ehemann beim sterben zusehen müssen (Lungenkrebs). Zwei Wochen danach fast auf die Stunde genau verstarb dann auch noch meine Schwester (Brustkrebs). Die Beerdigungen sind vorbei, Weihnachten ist geschafft und ich sitze hier allein und möchte das alles nicht mehr.


    Alle sagen, ich könne froh sein eine so schöne Zeit gehabt zu haben, manche finden nie ihr Glück. Was für ein Trost soll das denn sein? Es ist alles vorbei und wird nie mehr wie es war. Das ist die Wirklichkeit.