Beiträge von Rosalie

    Hallo Michael,


    es macht mich traurig deine Geschichte zu lesen. Solche Dinge sollten eigentlich nicht geschehen: den Partner, mit dem man vorhatte das Leben zu verbringen, zu verlieren, ist einfach nicht fair.
    Ich habe vor kurzem (25. März) meine Mutter verloren, und vermisse sie unglaublich, und doch tut es mir für meinen Papa noch viel mehr leid. Denn was fängt man im Leben an, wenn die begleitende Person fehlt.... Trösten kann ich dich glaube ich nicht. Auch nichts sagen, das es besser machen würde. Ich wünsch mir trotzdem einen Grund für dich weiterzuleben... Denn die Welt bietet auch ihre kleinen Schönheiten und glücklichen Momente. (Falls es dich interessiert: ich lese gerade von Forschungen über den Tod/ das Sterben und was dabei und danach passiert. Hilft, sich nicht ganz so alleine zu fühlen.. z.B: Kübler-Ross oder Moody)


    Wenn du möchtest, schreib mir. Hab grade das Bedürfnis, dich zu umarmen. Geht leider nicht :) .. Ich werd an dich denken, wenn ich das nächste Mal voll in meine Trauerdepressionen eintauche ;) .. bist nicht allein - immerhin.


    Ganz liebe Grüße, Rosalie

    Hallo,


    muss jetzt wieder schreiben. Irgendwie haben sich meine Gefühle total geändert. Habe ich vorher mit meinem Verstand gewusst, was los ist, es aber mit dem Gefühl nicht kapiert, dann ist es jetzt genau anders herum. Meine Gefühle begreifen es langsam - doch mein Verstand schaltet auf stur: er tut einfach so als ob es nicht passiert ist - nein das kann doch nicht sein.. ich erinnere mich an Erlebnisse mit ihr und habe das Gefühl: dass sie gestorben ist kann nur ein Traum sein.. und ich brauche dann einige Minuten bis ich mir wieder sicher bin, dass es wahr ist. Denn es kann doch einfach nicht sein. Könnte ich doch nur zumindest die Zeit zurückdrehen um die letzten Wochen bewusster zu erleben, sie noch so vieles zu fragen!!!! Die Erkenntnis, dass das letzte Mal reden und küssen vorbei ist, zerreißt mich fast. Das passt einfach nicht in meine Weltordnung!!!!!! Wie kann sie nur wegsein..... kann nicht mehr schreiben, weiß auch gar nicht was. ou man ich hoffe nur ich übersteh das Gefühl..


    ganz liebe grüße, rosalie

    Hallo ihr Lieben,


    ich habe mich jetzt eine Zeit lang nicht gemeldet.. wusste einfach nicht so recht, was ich schreiben sollte. Möchte aber einigen gerne antworten. Zuerst möchte ich aber ein großes allgemeines Dankeschön für die lieben Antworten aussprechen: eigentlich habe ich zumindest ein paar Verurteilungen bezüglich unserem Vorgehen erwartet - doch alles was kam, war Verständnis.. dankeschön dafür!


    kate : ja so ähnlich ist es uns auch ergangen. Es war wichtig sie anzugreifen, zu streicheln und zu sehen. Ich bin sehr dankbar für diese Chance.


    Light : Wow. Muss wirklich sagen, ich finde du hast es wesentlich schwerer getroffen als wir. Genau das war meine Angst als sie starb: ich dachte mir: was passiert wenn man sie uns jetzt gleich wegnimmt und irgendwo hinbringt wo es kalt ist und ich nicht das Gefühl haben kann sie ist gut aufgehoben. Für mich wäre es furchtbar gewesen, von ihr wegzumüssen, bevor ich dazu bereit war. Nicht ihre Hand halten zu können und auf sie aufpassen zu können. Fühle echt mit dir mit. Ich hoffe du hast das recht gut überstanden.... Auch hätte ich die Gedanken an sie im Grab/Sarg nicht ertragen. Mir immer vorstellen zu können was mit ihrem Körper passiert. Glücklicherweise wurde meine Mutter verbrannt - darüber waren wir uns in der Familie klar. Ich wünsche dir viel Kraft mit diesen Bildern. Ich bin jedoch der Meinung (vlt ist es ein winziger Trost), dass es unseren Angehörigen - und ich glaube auch deiner Mutter - nichts ausmacht, wie ihre Körper wieder zu Staub werden. Es ist ja schließlich der natürliche Kreislauf.


    KarlaG : Ja war nicht besonders leicht, vor allem da es das erste Mal war, dass ich mit dem Tod konfrontiert wurde (bei meinem Bruder auch). Ja, auf dem Bild sind ich und meine Mutter am Tag meiner Matura :) ..


    Christine : Zu den hygienischen Maßnahmen: ja es war ziemlich schockierend was da so vor sich gegangen ist, allerdings würde ich es nicht ändern wollen, wenn ich es könnte. Obwohl es nicht angenehm war, wurde uns so bewusst was passiert. Bezüglich der Fäulnisflüssigkeit: muss sagen war recht erschreckt und geschockt als ich diesen Begriff von dir las. Fing auch kurz an zu weinen als ich dieses Wort in Zusammenhang mit meiner Mutter brachte, da ich einfach nicht hören wollte, dass sie nach 2 Tagen schon "faulen" sollte.. Hätte es lieber mit dem Wort Blut in Erinnerung behalten. Allerdings war mir schon dort beim Anblick klar, dass es sich nicht um "reines" Blut handelte. Dazu war es zu dünnflüssig und zu bräunlich. Ich dachte mir es sei wahrscheinlich eine Mischung aus Blut und allen möglichen anderen Flüssigkeiten aus dem Körper. In Ermangelung eines besseren Ausdrucks nannte ich es dann eben Blut. Hab dann auch mit meinem Vater über "Fäulnisflüssigkeit" geredet (und es gegoogelt: wollte darüber Bescheid wissen), da ich mich furchtbar fühlte, meiner Mama dieses Wort "anzutun". Hört sich eigenartig an, ich weiß.. Traute mich kaum ihm zu sagen wie man es nennt.. Er fand es aber total ok, und sagte zu mir nur "na und? was macht das für einen Unterschied? Uns war ja klar, dass sich dort dann alles vermischt und so.." :) .. Fühlte mich danach um einiges besser und mittlerweile stößt mich der Begriff auch nicht mehr ab. Ist okay so.. Dankeschön fürs Wissensschatz erweitern :)


    Juttap : Ja so wie dir geht es mir auch oft: ich lese etwas und möchte eigentlich gleich antworten, bin dann aber irgendwie doch zu erschöpft (deshalb wirds dann auch immer wenn ich mich mal überwinde, so lang :) ). Es tut mir sehr leid für dich, dass du dich nicht deinem Gefühl entsprechend verabschieden konntest. Auch ich rede und redete oft laut mit meiner Mutter - obwohl ich weiß, dass sie mich auch gedacht hört - und hätte es als unangenehm empfunden, wäre mir diese Möglichkeit nicht zur Verfügung gestanden...
    Vielleicht hast du am Tag zuvor aber auch einfach schon gewusst, dass er gehen wird.. Ich glaube der Mensch der stirbt fühlt es davor - vielleicht hast du die Anzeichen einfach nicht ignoriert. Ich habe bis zum letzten Tag daran geglaubt, dass sie es schafft, obwohl im Nachhinein betrachtet in der letzten Woche die Anzeichen deutlich waren. Ich wollte es nur nicht sehen :) .


    Manuela : Dein Willkommen hat gut getan. War eigenartig als ich gelesen hab, dass du am gleichen Tag geb. hast wie meine Mama - so ein unbestimmt vertrautes Gefühl. Weiß nicht wieso... :) ..


    Und in eigener Sache:
    Hm, jetzt sind also über 6 Wochen vergangen seit meine Mama tot ist. Ganz ganz langsam kommen die Tränen. Seit ein paar Tagen kann ich ab und zu weinen ohne das Gefühl zu haben es würde mich innerlich zerreissen. Bin vorher auf Grund dieses Gefühls - das ich nur selten ein paar Sekunden hatte - gar nicht erst bis zum weinen gekommen.
    Auch jetzt habe ich das Gefühl ich zerspringe, wenn mir die Tragweite ihres Todes bewusst wird. Für mich ist sie nicht tot - ich würde das nicht aushalten.. zumindest noch nicht.. ich weiß dieses "sich dem nicht stellen" halten wahrscheinlich viele für Schwachsinn, doch erstens kann ich es mir nicht aussuchen und zweitens ist es mir lieber als zu zerbrechen..
    Lebe mein Leben momentan, jedoch mit recht wenig Elan. Muss nur einen Tag in der Woche an die Hochschule, da ich ja mein Studium für die Pflege unterbrochen hatte und nun nur einen Teil dieses Jahr fertig machen kann. Die restliche Zeit lasse ich mich eigentlich ziemlich hängen. Hab jetzt allerdings vor, mir doch noch eine Praktikumsstelle zu suchen, da mir langsam die Decke auf den Kopf fällt..
    Bin schon ziemlich stolz auf mich, dass ich anfange zu weinen.. allerdings ist es einfach noch zu Irreal. Immer wieder denke ich an sie als wäre nichts passiert und unser Leben sei in bester Ordnung..
    Letztens habe ich 2-3 Mal von ihr geträumt, und jedes mal in den Träumen ist mir absolut klar, dass es ein Wunder ist, dass sie da ist. Aber ich nehme es einfach wie es ist, da ich weiß, dass sie jederzeit wieder verschwinden kann (oder auch in meinen Träumen sterben). Sie allerdings scheint nie zu wissen, dass sie tot ist.. Aber ich genieße es einfach sie zu sehen, zu halten manchmal, ihre Stimme zu hören und für die Länge eines Traumes Heile Welt zu spielen.
    Naja, jetzt habe ich sicher wieder ewig viel vergessen zu sagen, das ich jetzt wieder total lang nicht sagen werde, weils für mich einfach nicht reinzupassen scheint... Na ich schicks jetzt trotzdem ab. Sonst sitz ich noch ewig hier davor und weiß trotzdem nicht was sagen.


    Ich wünsch euch allen ein schönes Wochenende.
    Ganz liebe Grüße an alle,
    Rosalie

    Hallo ihr Lieben,


    möchte auch noch mein Statement zu diesem Thema abgeben. Bin mir ganz sicher, dass wir uns alle nach diesem Leben hier wiedersehen werden. Ich glaube fest an die Seele - dass es nur ein anderer Energiezustand ist. Eine andere Sphäre, die durch einen Schleier, durch den wir nicht hindurchsehen können, getrennt ist von uns. Meine Mama ist sicher immer direkt bei mir, schaut mir zu und liebt mich.


    Viele - auch hier im Forum - fragen sich nach dem Grund für das frühe gehen ihrer Lieben. Ich habe da eine spezielle Anschauungsweise: Ich glaube wir leben hier auf der Erde um Erfahrungen zu machen - nicht gute oder schlechte - sondern einfach Erfahrungen. Erst wir Menschen unterscheiden in Gut und Böse - durch unser Dualitätsdenken. Ich glaube nicht, dass das Universum/Gott oder wie auch immer man es nennen möchte, so denkt. Damit glaube ich auch keineswegs an Bestrafung oder Karma.
    Ich mache durch den Tod meiner Mutter eine Erfahrung, die anders nicht möglich gewesen wäre. Klar vermisse ich sie unendlich und habe oft Gedanken wie: wieso sie? sie war so jung und sooo unglaublich liebevoll! Und es tut unglaublich weh, sie nicht mehr bei mir zu haben.
    Jedoch wie hätte ich diese Gefühle empfinden sollen, wäre sie am Leben geblieben. Viele denken sicher: ja aber das sind schlechte Gefühle - wieso sollte ich diese wollen? Und doch sind es Gefühle (auch das Gefühl nichts zu fühlen) - und ich bin froh dass ich sie habe. Würden wir nicht viel verpassen, wenn wir nicht leiden würden. Könnten wir die schönen Gefühle überhaupt noch richtig wahrnehmen, wenn wir die schlimmen nicht auch hätten? Und so gesehen, hat es sehr wohl einen Sinn, dass so wichtige Menschen scheinbar viel zu früh gehen. Danke Mama, dass du mir zeigst, dass man sogar seine größte Angst überlebt!! (bei mir: meine Mutter zu verlieren :) ).
    Somit muss ich mich kaum je als Opfer des Universums sehen oder ähnliches. Der Tod hat mein Leben bereichert - immerhin um eine Erfahrung..
    naja, vielleicht hilft es jemandem, diesen Ansatz mal zu hören..


    Und ich bin mir sicher, meine Mama eines Tages wieder umarmen zu können, wenn die Zeit auch für mich kommt.. Freu mich schon drauf. Hab dich lieb Mama..


    Liebe Grüße an Alle
    Rosalie

    Hallo Peggy,


    auch mir geht es etwa so: ich kann nicht glauben, dass meine Mutter nun schon mehr als 5 Wochen tot sein soll. Das geht doch einfach nicht. Ich kann es auch emotional noch überhaupt nicht empfinden.


    Wegen der Beerdigung: Meine Mutter wurde schon 4 Tage nach ihrem Tod verabschiedet. In unserem Falle sprach der Pfarrer (wir hatten das Glück einen sehr verständnisvollen zu erwischen) nur einige Worte über meine Mutter. Ich trug dann ein kurzes Gedicht vor, hätte jedoch nicht gewusst mit welchen eigenen Worten ich meine Mama beschreiben sollte. Mein Bruder hielt hingegen eine Rede in Form eines Briefes an sie über sie. Es war wundervoll. Er fand die Worte, die mir fehlten. Ich war sehr froh darüber, dass nicht irgendein Mensch, der meine Mama kaum kannte, über sie redete.


    Also wenn du in der glücklichen Lage bist, Worte zu finden, um deinen Bruder zu beschreiben, würde auch ich dir vorschlagen, diese vorzutragen. Gerade wenn du mit eurem Redner nicht zufrieden bist. Ich kann deine Wut diesbezüglich sehr gut verstehen. Auch ich hatte das Gefühl, vieles wird meiner Mama nicht gerecht.
    Aber diese Wut sollte man nicht mit sich herumtragen - also sollte man möglichst viele dieser Dinge ändern (wir bemalten zum Beispiel ihren Sarg total bunt (auch alles voller Herzen). Ich wollte sie nicht in eine dunkle Holzkiste packen. Das tat uns allen sehr gut - am Schluss machten mein Bruder, mein Freund, mein kleiner Cousin, meine Tante, mein Onkel und auch mein Vater - also ihre nächsten Personen - voller Freude mit).
    Zur Sicherheit würde ich deinen Text aufschreiben und eine Tante oder ähnliches bitten für dich einzuspringen, sollte dir die Stimme währenddessen versagen.


    Naja, ich hoffe das Beste für dich.
    Ganz liebe Grüße, Rosalie

    Liebe Jutta!


    Es tut mir sehr leid, dass dein Papa "sich gewandelt" hat.
    Meine Mutter ist seit gut einem Monat - ich möchte nicht sagen "tot" - sondern nicht mehr physisch da. Auch wir mussten mit ansehen wie sie immer schwächer wurde und litt. Mir ging es ebenfalls so, dass ich nicht wollte dass sie geht, sie aber auch nicht leiden lassen wollte - ich wollte ihr das sterben gönnen - wenn es denn unvermeidlich war. Trotzdem war ich bis zum letzten Tag total davon überzeugt, dass sie wieder gesund würde und mit uns - einfach nur !Leben! würde..


    Ich hoffe für dich auf einen guten Schlaf heute Nacht, da ich erfahren habe, dass nichts so erlösend sein kann wie guter, tiefer Schlaf in dieser Situation.


    In diesem Sinne,
    träum süß..
    glg Rosalie

    Warnung: Die folgenden Zeilen werden recht hart.


    Hallo alle zusammen,


    dankeschön für das liebe "willkommen" und danke für eure Zusprüche. Ja einige haben es auf den Kopf getroffen: das Ereignis - oder auch die Folgen - des Tods meiner Mum kommen mir vor wie ein Traum. Das eigentliche Leben meist recht real doch diese Veränderung blende ich unterbewusst meist aus...


    Ich möchte hier nun von den Tagen nach ihrem Tod erzählen - für zartbesaitete ist das vlt eher nix (könnte erschrecken) aber ich möchte es trotzdem mal niederschreiben. Habe vorher den Thread "Tod eines Bestatters" gelesen, wo es dann auch um den Umgang mit Toten ging: ums nochmal-berühren und waschen/anziehen und so..


    Meine Mum starb bei uns zu Hause in der Nacht um 00:10. Wie schon gesagt hatten wir sie etwa 2 Stunden vorher noch gebadet. Als sie starb befanden wir uns alle bei ihr und bewegten uns nicht mehr vom Fleck und schliefen alle die ganze Nacht neben ihr.. Berührten sie, hielten ihre Hand. Es war immer ihr Wunsch nach ihrem Tod 3 Tage zu Hause zu bleiben (Scheintod :)). Es war zwar klar, dass sie wirklich tot war, jedoch wollten wir ihr diesen Wunsch erfüllen - auch für uns. Wir hätten es nicht ertragen sie sofort "wegzugeben". Sie lag dort mit offenen Augen und offenem Mund auf dem Bett und wurde immer kälter - und dann auch hart. Das war sehr eigenartig - jedoch war es auch der noch angenehme Beweis, dass sie tot war.


    Am ersten Tag, also Mi, waren wir die meiste Zeit zu Hause und mieden auch den Kontakt mit ihr nicht. Ihr Mund schloss sich dann von selbst und sie lächelte leicht :). Mein Bruder küsste ihr immer wieder die Backe.. anfangs fand ich das auch noch angenehm, allerdings wurden bald ihre schönen Augen trüb und schließlich auch schwarz. Auch hatte sie schon den ganzen Körper voller "Leichenflecken". Da konnte ich es dann nicht mehr. ich drückte nur noch ihre Hände um sie zu berühren. Mir wurde immer bewusster, dass das nur noch ein winziger Teil meiner Mutter war, nicht mehr sie...


    Am zweiten Tag war sie morgens eigentlich noch wie am Tag davor und wir hatten ihre engsten Freunde und Verwandte eingeladen, sie abends ein letztes Mal zu sehen. Es war eigenartig ihr jedes Mal wenn man das Zimmer betrat Hallo zu sagen, doch ich genoss es. Es war ein langsames bewusst-werden, unsere Art der Verabschiedung. An diesem Nachmittag mussten wir kurz zum Leichenbestatter - eine eigenartige Angelegenheit. Als wir nach Hause kamen, ging ich zu Mama ins Wohnzimmer und wollte sie begrüßen. Wir hatten die Tür zum Garten geöffnet um den Raum kühl zu halten, und es hatte die Bettdecke weggewindet. Ich kam also in den Raum und sah es sofort: Sie blutete: ihr rann Blut aus dem Mundwinkel und auch aus dem Schritt. Es war im ersten Moment ein furchtbarer Anblick. Das Blut rann und rann als würde es irgendwie herausgepumpt. Mittlerweile waren an ihrer Stirn auch die Adern herausgetreten und sie hatte angefangen stark zu riechen, was mir bis dort noch gar nicht aufgefallen war. Sie sah meiner Mutter nur noch entfernt ähnlich. Ich konnte das Blut nicht abwischen also ging ich zu meinem Vater und sagte ihm "Wir haben ein Problem mit der Leiche - die Leute können wohl nicht kommen." (ich konnte sie nicht mehr Mama nennen.) Das war ein paar Minuten bevor die Leute erwartet wurden. Als er es sah, wirkte er erschüttert. Nach einem Telefonat mit dem Leichenbestatter legten wir ihr einfach ein Tuch in den Mundwinkel, sagten so vielen Leuten wie möglich ab und ließen die restlichen kommen.


    Am nächsten Tag mittags sollte man sie abholen kommen. Wir waren den ganzen Vormittag damit beschäftigt, ihren Sarg zu bemalen, da ich sie keinesfalls in eine unpersönliche Holzkiste packen wollte.. Als ich ein paar mal ins Zimmer schaute, war es wirklich kein angenehmer Anblick mehr: sie roch ziemlich übel und ihr Hals und Gesicht waren aufgequollen. Und obwohl mich diese Bilder noch einige Nächte in meinen Träumen verfolgten, würde ich diese Tage niemals hergeben. Hätte ich ihren Körper sofort hergeben müssen, hätte ich glaube ich nicht damit umgehen können, dass sie "tot" ist. Ich genoss es, jedes Mal aufs Neue zu sehen: sie ist tot! - obwohl ich gleichzeitig noch eine große Zuneigung zu dem Körper hegte. Vielleicht klingt das für einige von euch grausam oder ähnliches, doch so war es nicht gemeint. Aber es war nur noch der Körper. Und das war gut zu realisieren.


    Als die Stunde des wegbringens nahte, sprachen wir darüber, ob wir sie noch waschen wollten oder umziehen, doch es hätte niemand von uns mehr gekonnt. Sich so genau anzusehen, wie weit der Zerfallsprozess in diesen wenigen Tagen vorangeschritten war, hätte wir nicht mehr ausgehalten. Außerdem bin ich überzeugt, dass meine Mama sich in keiner Weise darum scherte, wie ihr Körper in den Sarg gebetet wurde. Als der Bestatter schließlich kam, war ich geradezu froh, dass sie nun gehen würde. Noch länger wäre zu lang gewesen. Die letzten Minuten war mir auch der Geruch einfach zu intensiv - unerträglich.


    Das war unsere Art, die ersten Schritte des Verabschiedens zu begehen. Ich weiß nicht ob ich das noch einmal bei einer mir geliebten Person aushalten würde - ob es mir bei irgendjemandem sonst noch einmal so wichtig sein wird, den Körper zu begleiten. Jedoch kann ich es mir sehr wohl vorstellen - nur bitte noch nicht jetzt. Ich weiß allerdings, dass es für uns in diesem Falle das richtige war, und mir enorm hilft, die Dinge zu sehen wie sie sind. Ich glaube auch nicht dass ich mir etwas "erspart" hätte, wenn man sie uns gleich genommen hätte: lieber weiß ich wie die Dinge sind, als ewig in Zweifel und Unsicherheit zu leben und mich von meiner Phantasie quälen zu lassen.
    Ich hoffe es geht auch meinem Bruder so. Er hat nur einmal plötzlich erwähnt, es habe ihn so erschüttert - habe es so schlimm gefunden - als Mama angefangen hat zu bluten.. Ich hoffe er verkraftet diese Bilder...


    Hm, das wurde jetzt doch ein recht krasser Beitrag. Hoffe ich habe niemanden erschreckt. Ich muss noch sagen für die die nun schockiert sind: irgendwie wird alles in Ordnung wenn man es akzeptiert - auch der Zerfallsprozess. Naja, musste nun einfach auch mal meine Erinnerungen zu diesem Thema aufschreiben.


    Danke fürs Interesse
    GLG Rosalie

    Hallo alle zusammen,


    Ich möchte mich gerne vorstellen: Mein Name ist Rosalie, bin 19 Jahre alt, und habe vor 5 Wochen meine Mutter verloren.


    Da ich nicht so genau weiß wo anfangen, beginne ich einfach mal mit Fakten:
    Meine Mutter wurde nur 47 Jahre alt. Sie verlor ihre Mutter durch Krebs als sie erst 8 Jahre alt war. Dies hat sie niemals richtig überwunden. Seit etwa 10 Jahren beschäftigte sie sich mit dieser Krankheit. Letzten Juni kam nach Monaten mit starken Bauchschmerzen dann der Befund "Krebs". Damals war sie allerdings schon längst davon überzeugt sich nicht in die Hände der Schulmedizin zu begeben - sich also weder aufschneiden zu lassen noch Chemo oder Bestrahlung machen zu lassen. Somit wurde der Befund niemals zur Diagnose. Ab diesem Zeitpunkt hatte sie auf Grund ihrer Vorgeschichte große Angst. Sie nahm in den folgenden Monaten sehr viel ab bis schließlich von 62 Kg nur noch 38 Kg übrig geblieben waren.


    Während dieser Zeit studierte ich. Obwohl sie lange Zeit keinerlei Medizin (auch kein Schmerzmittel) genommen hatte, redete man ihr bei einem kurzem Aufenthalt im Krankenhaus (zum "aufpäppeln" mit Flüssigkeitsinfusionen - 1 Woche) "leichte Beruhigungsmittel" ein. Zu dieser Zeit war sie recht nervös und ängstlich und ließ sich schließlich überzeugen diese "total harmlosen Mittel ohne Nebenwirkungen" zu versuchen. Diese wirkten recht gut - sie war "zufrieden" - und so nahm sie sie 6 Wochen lang. Schlussendlich stellten wir fest, dass diese Mittel alles andere als harmlos sind - stark abhängig machend! - und sie wollte sie sofort absetzen. Zu diesem Zeitpunkt unterbrach ich mein Studium um meinem Vater bei der Pflege zu helfen.
    Ab dem Tag des Absetzens konnte meine Mutter nicht mehr schlafen - nicht einmal eine Stunde am Tag. Wir unternahmen alles um dies wieder zu ändern nachdem sie deshalb immer schwächer wurde. Jedoch wirkte kein Mittel mehr, keine Alternativen Methoden, nichts. 5 Wochen später starb sie. Die letzten Tage waren schrecklich. Sie war nach 5 Wochen ohne Schlaf nervlich am Ende. Sie hatte nur noch Panik. Auch mein Vater, mein Bruder (er ging aber glücklicherweise noch zur Schule - ist 17) und ich waren einfach ausgelaugt. Sie starb in der Nacht vom Di, 24.03 auf Mi, 25.03 um 00:10.


    Wir wussten, dass es passieren konnte, jedoch hat niemand wirklich damit gerechnet.. Mein bruder und ich badeten sie wärend mein vater im billardlokal nebenan war um ein bisschen abzuschalten. als wir sie wieder heruntertrugen kippte ihr kopf immer zurück und ich dachte mir so: mensch mama streng dich ein bisschen an. und als wir sie aufs bett legten waren ihre augen offen aber sie reagierte nicht mehr. und ich gab ihr sauerstoff und rief papa an und sagte nur "papa renn!!". er war in 2 min hier und sagte uns sie ist nicht tot sondern nur im absoluten erschöpfungszustand. Sie erholte sich auch wieder. Wir waren alle bei ihr bis etwa 23:00.


    Danach übernahm ich die Nachtschicht und mein Vater & Bruder gingen schlafen. Meine Mutter wollte ihren Bruder sehen also kam er vorbei. Sie schickte mich hinaus und ich ging da ich ja wusste er passt auf sie auf. Kurz schlief ich in der Küche ein. Plötzlich öffnete mein Onkel die Tür und sagte "Komm schnell". Ich kam und sah meine Mum ganz normal dort liegen. Sie schaute mich an. Dann sagte er "Hol deinen Papa" und ich kapierte nichts und antwortete nur "aber mama der schläft schon!" .. ich wollte ihm seinen seltenen Schlaf gönen. und dann hörte ich sie atmen. es blubberte nur. und plötzlich zitterte ich am ganzen körper. ich rief "gib ihr sauerstoff!" und lehnte mich über sie um das sauerstoffgerät zu fassen zu bekommen und mein onkel sagte nur "das bringt nichts mehr" und da kapierte ich es. ich rannte um meinen vater zu holen. und ab da verschwimmt alles ein bisschen. wir kamen hinunter und ihre augen waren weit offen und ihr mund auch. mein vater nahm sie in den arm und ich versuchte die rettung anzurufen (niemand nahm ab) und dann meine tante - sie ist ärztin. da rann ihr blut aus dem Mund. und mein Freund holte auf meinen ruf hin meinen bruder aus seinem Zimmer. er kam. und sie war tot. kein herzschlag- kein puls. und irgendwann zwischendrin hielt ich ihre hände und sagte immer nur "ich liebe dich, mama, ich liebe dich" weil ich hoffte sie möge zumindest das noch hören. sie war keinen moment lang während sie starb (zumindest die die ich sah) ängstlich oder nervös/hektisch. einfach total ruhig. und auch ich war ruhig und hab nur gesagt: jetzt hat sies geschafft... zu meinem bruder weil ich hoffte, dass es ok ist. er wollte sie noch wiederbeleben, aber das hätte nichts mehr genützt. und es tat mir so leid dass ich nicht gleich daran gedacht hatte ihn zu holen. aber als ich meinen vater holte hatte ich nur das gefühl: das kann gar nicht passieren und wenn es noch jemand "richten" kann - noch etwas unternehmen kann - dann mein vater. wir blieben die ganze nacht neben ihr. und ich konnte nicht weinen. alles war total unwirklich. das konnte doch nicht die realität sein.


    Ich liebe meine Mutter wahnsinnig. Sie war immer meine nächste Bezugsperson, die tollste Mutter die man sich vorstellen kann, mein geheimnisbewahrer, meine beste Freundin. Sie war das, was meine welt in den angeln hielt. DIE Konstante darin. sie war mein Floß - der Platz zum ausruhen wenn man erschöpft aus der welt zurückkommt. ich konnte mir eine zukunft ohne sie einfach nicht vorstellen: beim gedanken daran war alles einfach schwarz. Sie hat alles für ihre kinder getan. Sie war außergewöhnlich intelligent - auch emotional gesehen. und niemals ist mir ein liebenderer Mensch begegnet. Ich finde nicht einmal annähernd die passenden worte um sie zu beschreiben.


    Seit dem Tag ihres Todes hat sich nicht viel geändert. Ich weine kaum. Das große "Tal der Tränen" ist bei mir (noch) nicht gekommen. Zum Teil bin ich sehr traurig. zum Teil glücklich weil ich weiß dass sie wollte dass wir unser Leben leben - glücklich sind, traurig sind - eben mit allem drum und dran. zum Teil antriebslos, in anderen Momenten gut drauf. Oft fühle ich mich einfach leer - wenn das wissen kommt dass sie nicht mehr zurück kommt. denn irgendwie vergesse ich das einfach... Ich habe irgendwie erwartet, dass die Welt sich nach diesem Tag aufhört zu drehen, dass die Zeit stehen bleibt. aber das ist nicht passiert. und manchmal macht mich dieses wissen fertig.. in anderen momenten (wie jetzt z.b. wieder) bin ich total kalt und weiß garnicht wo die ganzen gefühle hin sind.. ich habe einen tollen vater und auch bruder und kann mit beiden sehr gut reden.. allerdings rede ich nicht gern mit der gleichen person immer wieder über das gleiche Thema.. ich weiß auch nicht wieso..


    Naja, jetzt habe ich so viel geschrieben und doch noch nicht annähernd alles was ich sagen wollte. bin im moment jedoch wie verwirrt und habe ein bisschen den Faden verloren :).. einige mitglieder fragten mich ob ich nicht ein bisschen über meinen fall/ meine mum erzählen wolle, und irgendwie dachte ich mir wieso eig nicht. vlt liest es ja jemand ganz gerne... tut mir leid dass es so viel geworden ist...


    Ich möchte euch jedoch bitten, mir nicht alle mit "mein beileid" zu antworten. ich habe diese ganzen phrasen so oft gehört dass ich sie kaum mehr ertrage. auch wenn ich weiß dass es hier etwas anderes ist da die meisten von euch selbst verluste erlitten haben. Allerdings würde ich viel lieber hören, wie es euch gefühlsmäßig damit geht oder was ihr erlebt habt (auch gerne links zu euren geschichten), da ich bemerkt habe dass es mir gut tut zu erfahren dass ich/wir nicht allein sind..
    Hm, vielleicht werde ich den eintrag noch ergänzen wenn ich wieder ein bisschen geordneter in meinen gedanken bin und weiß was ich sagen will...



    Dankeschön für das Interesse,
    Glg Rosalie