Beiträge von silvy789

    Wenn Mama richtig Alarm am Telefon gemacht hätte, dann hätte ich anders reagiert. Aber weder das Rufen vom Notdienst noch mein Besuch an diesem Abend wären ein Garant für die Rettung gewesen, das ist mir auch klar. Nur, ich habe nichts getan. Das ist so schlimm für mich. Auf der anderen Seite konnte Mama ihr eigenes Ende an diesem Abend nicht erkennen, wie ich dann aus der Ferne. Ich habe es falsch eingeschätzt. Sie hatte die Option noch einmal anzurufen und hat es nicht. Ich weiß nicht, was nach dem letzten Telefonat passiert ist, aber vielleicht wurde sie ohnmächtig und ist in der Nacht so eingeschlafen. Jahrelang habe ich mich gesorgt, mich für ihr Glück verantwortlich gefühlt, mich unter Druck gesetzt und am Ende hat es nichts gebracht. Womit habe ich das verdient? Mama hätte echt mehr zum Arzt gemusst. Es wäre so wichtig gewesen, aber sie konnte oder wollte nicht. Sie suchte dann immer alternative Sachen aus Frauenzeitschriften, die den Bluthochdruck heilen und ich dachte dann, ok...dann kann es nicht so schlimm sein...:( Sie war mir nicht egal, nur ich habe als Erwachsene auch ein eigenes Leben und sie war meine Mama. War jedes 2. WE bei ihr und wir haben 2x täglich telefoniert, wenn es ging. Klar, habe ich sie mit meinen Sachen genervt, aber sie mich auch mit ihren Dingen.


    Jetzt erst weiß ich, dass alles was sie so Monate vorher hatte bereits auf den anstehenden Herzinfarkt hinführten...das Ziehen vom Rücken in das Bein, die Schmerzen in den Armen, die nicht vom Heckenschneiden kamen, die Schulterschmerzen, die Kieferschmerzen, wo sie dachte, es käme vom kaputten Zahn, das Sodbrennen, wiederkehrendes Bauchweh, Durchfall und am letzten Abend Erbrechen. Das fing Sonntag schon an mit der Übelkeit und sie meinte es käme von der Senfsoße mit Milch zum Fisch, den wir SA gegessen haben. Meine Freundin war Sonntag auch noch bei uns und meinte, meine Mama wäre so ruhig gewesen,so friedlich irgendwie. Sie wollte noch ein Foto machen, weil sie dachte, wer weiß, wann wir so einen Moment wieder haben, hat es aber nicht getan. :( Es wurde auch gelacht an dem Tag, aber es kam nicht von Herzen bei mir..ich war voll schwermütig und dachte schon, ich würde depressiv werden. Auch hatte ich lange vorher und besonders an diesem WE Gedanken wie:"Was ist, wenn Mama nicht mehr da ist?" Ich glaube, es wurde mir zugetragen, nur wollte ich es nicht wahrhaben oder ihr Angst machen. Es gibt so etwas, das ist sicher. Ebenso bin ich von einem Leben nach dem Tod überzeugt seit ich klein bin.

    Meine Mama ist am 11.08. verstorben. Es ist alles ganz schrecklich und tragisch. Ich fühle mich so schuldig an ihrem Tod. Ich weiß nicht wie ich weiterleben soll. Ich war das ganze Wochenende bis zum 10.08. morgens bei ihr. Ihr ging es zwar nicht so super (Ziehen im Bein, etwas Bauchweh). Habe ihr noch ein Kühlgel gegeben zum einreiben. Schimpfen musste ich auch wieder mit ihr:" Du gehst auch nie zum Arzt, Mama!". Sie:" Meiner ist im Urlaub und zur Vertretung will ich nicht, das sitze ich den ganzen Vormittag!". Sie hatte immer irgendwas, aber hat es nicht ernst genommen. Sie hat auch Blutdrucktabletten genommen und die irgendwann von selbst auf 1/2 pro Tag reduziert. Der Arzt hat mich nach ihrem Tod angerufen und meinte, er hätte sie nur max. 2x seit 2013 gesehen und sie sei auch nicht zum Check up Termin gekommen. Sie hatte immer Angst, dass etwas gefunden werden könnte. Sie hat nur immer das Rezept für die Tabletten abgeholt. Das zur Vorgeschichte. Das Tragische an ihrem Tod ist, dass es passiert ist als ich nicht da war. Genau eine Nacht später. Habe sie morgens noch angerufen und gesagt, dass ich gut bei der Arbeit (arbeite und wohne 60km von ihr weg) angekommen bin. Da war sie noch normal. Mittags in der Pause auch noch (sie aß Spaghetti). Als ich mich nach der Arbeit gemeldet hatte, sagte sie, dass sie sich ständig übergeben muss. Dachte an Magen-Darm-Geschichte. Sie wollte sich dann hinlegen. Habe sie das letzte Mal in meinem Leben um 20:30 Uhr angerufen. Da ging es ihr immer noch nicht gut, ihr tat es unter den Rippen weh, der Arm und sie sagte, sie hätte Bedenken, dass es vom Herzen käme (das hat sie oft gesagt (Herzstechen, Kribbeln in den Fingern). Ich war leicht doof zu ihr und meinte:" Soll ich denn jetzt noch kommen?" Sie:"Nee, lass man. Ich versuche zu schlafen." Ich:" Geh bitte morgen mit Onkel Tjark zum Arzt!" Sie:" Ja, mache ich!" Ich:" Wenn was ist, ruf an!" "Ja, mache ich!"Das war der größte Fehler meines Lebens. Ich hätte sofort fahren müssen. Dachte es sei wieder nix Großes, denn sie hatte immer irgendwas, hat es aber selbst nicht ernst genommen. Am nächsten Morgen war sie tot. Ich wusste gleich als ich sie um 7:30 Uhr nicht erreichen konnte, das etwas Schlimmes passiert ist. Mein Onkel und meine Tante, die in der Nähe wohnen, haben sie gefunden. Ich habe es unterwegs im Auto erfahren und bin vor Schmerzen zusammengebrochen. Ich war so dumm, ich habe sie so sterben lassen. Wie konnte ich nur!!!
    Das Schlimme ist, ich hatte auch seit ein paar Monaten vermehrt Angst, dass ihr was passieren könnte. Hatte hin und wieder eine Eingebung und auch mal einen blöden Traum vor 5 Monaten. Ich kann da nicht mit leben. Ich hätte sie sicher retten können. Sie war meine beste Freundin, haben noch so viel gemacht zusammen (Musicals besucht mit Übernachtung) etc. Ich habe ihr Kleidung geschenkt. Sie hat mir geholfen, dass ich endlich eine Wohnung finde und die Möbel auf ihrem Namen bestellt, die ich aber ordentlich abgezahlt habe.


    Manchmal war ich aber auch sehr müde, wenn ich bei ihr war und habe mich für ein paar Stunden in mein altes Zimmer zurückgezogen. Auch habe ich sie oft gestresst indem ich mit dem falschen Mann zusammen war. Darunter litt sie. Sie wollte mich auch immer in ihre Nähe wohnen haben. Aber ich habe meinen Job in der anderen Stadt. Meine Mama war auch depressiv.Mein Vater hat sie geschlagen, sie hat gesehen, wie ihre Freundin überfahren wurde und starb. Auch die Therapie half nix. Sie war eine einsame Frau. Habe gesagt, sie kann doch in den Heimatverein gehen oder einen Kurs bei der VHS besuchen. Ich hätte es bezahlt aber das wollte sie nicht. Auch eine Kontaktanzeige wollte sie nicht. Ich weiß nicht weiter, fühle mich verantwortlich, weil ich ihr Ende in dieser Nacht nicht absehen konnte.