Meine Lieben,
heute ist es nun wieder so weit. Das härteste, von Rosi, aufgestellte Gesetz tritt in Kraft. Dieses Gesetz lautet: "Wenn sich auf drei folgende
Tage Tautropfen in den Spinnen-Netzen verfangen haben, dann "müssen-müssen-müssen" die Rosen in 14 Tagen runtergeschnitten werden !!
Ich hasse Nebel und in der Zeit auch Spinnen-Netze. Und es gibt so viele Spinnen-Netze, dass man sie irgendwie nicht übersehen könnte. Und der Nebel,
da in der Nähe auch noch ein "dämlicher" Bach verläuft, häuft sich provozierend an diesem Bach und verteilt sich über dieses Dorf. Warum holen
die Spinnen in der Nacht nicht ihre Netze ins TROCKENE und hängen sie nach dem Nebel wieder erneut aus ?????
Dieses war, was den Garten betraf, Rosis HAUPT-GARTEN-GESETZ !!! Zu meinem Leidwesen, jedenfalls manchmal.
Dieses Rosenbeet, bestehend aus 168 verschiedenen Rosensorten und "MILLIONEN" von Stauden, war mir viele Jahre ein Dorn im Auge.
Das erkläre ich gleich !!!
Dann liebte ich dieses Beet über drei Jahre hinweg.
Dafür dann auch eine Erklärung !!!
Jetzt trauere ich im Beet und die Rosen und Stauden trauern auch um Rosi. Wässere die Pflanzen häufig mit Tränen.
Das erkläre ich vielleicht !!!
Ja, nun zur Sache, dass das Rosenbeet für mich viele Jahre ein Dorn im Auge war.
Dieses Beet kostete mir Nerven. Wenn ich abgespannt von der Teichanlage auf den Hof kam und sah Rosi zwischen den Rosen,
dann konnte ich mir meine Gedanken, die ich mir bei der Heimfahrt vorstellte, abschminken. Immer der lebenslustige Satz von
meiner unendlich geliebten Rosi: "Hallo Schatz, bin bald fertig, Essen habe ich DIR warm-gestellt, komm gib mir noch einen Kuss,
ich habe DICH so lieb, abgespannt siehst DU aus, gehe dann ruhig schon mal duschen, setze DICH ins Wohnzimmer, ich beeile mich."
Wenn Rosi schon sagte, dass SIE sich beeilt, dann waren es trotzdem häufig noch 1,00 - 1,50 Stunden. Für mich dann "Jahre". Häufig
vergass ich über die Zeit hinweg meine Vorstellungs-Gedanken, die ich mir auf der Heimfahrt gemacht hatte. Die Rosen waren ihre
Lieblinge. Sie sagte so häufig: "Ich liebe meine Rosen und die Rosen lieben mich." Meine Antwort war dann irgendwann: "Bei 168 Liebhabern,
verstehe ich, dass DU keine Zeit für mich hast". Mal kam dieser FRUST-WITZ gut an, aber irgendwann liess ich es dann lieber sein. Rosen soll man
ja nicht in der prallen Sonne schneiden, wenn möglich. Diese dämliche Sonne war nun mal nur gegen Abend, hinter der Scheune, verschwunden.
Und diese verzärtelten Rosen verlangten nach der liebevollen Pflege von Rosi. Verblühte Blüten, da ein gelbes Blättchen, Rost, Sternrusstau, Blattläuse,
Weisse Fliege und Dünger und Wasser und und und. Das Beet sah immer wie geleckt aus. Wie für eine Gartenschau aufgeputzt.
Das waren die Jahre, als Rosi noch gesund war, dann langsam krank wurde und zum Schluss, da kamen die drei bis vier Jahre !!!
Diese letzten Jahre pflegte ich dann Rosis Beet. Am Anfang sass sie auf einem Stuhl vor ihrem Beet. Zum Schluss fuhr ich sie mit dem Rollstuhl
an ihr geliebtes Beet. Sie gab mir Anweisungen. Manchmal kamen auch "heimtückische" Fragen: "Schatz, bist DU mit der Rose fertig ?" Schnell lernte ich
zu antworten: "Nein, wollte ich auf dem Rückweg noch beenden." Lernte also schnell das Wort :"NEIN !!" Bloss nie JA sagen.
Und was man bei Rosen so ALLES beachten muss. Jeder beginnende Befall muss sofort bekämpft werden !!! Jedes befallene Blatt, z.B. mit Sternrusstau,
muss entfernt und aufgesammelt werden. Düngung vorm ersten Flor und nach dem ersten Flor. Bewässern nur in den Abendstunden, wenn möglich
nicht mit dem Wasser über die Blätter spritzen, das ist nicht gut für die aufgeheizten Blätter und gibt unnötige Flecke auf den Blättern. usw. usw. usw.
Jedenfalls liebte ich dann unsere gemeinsam verbrachten Stunden am Rosenbeet. Natürlich habe ich Rosis "168 Liebhaber" nicht so gut behandelt, wie
es mein Schatz die Jahre davor exerzierte. Aber wir haben in dieser Zeit über viele Dinge reden können. Wir kamen uns noch näher, als all die
Jahre davor. Ich erfuhr von Rosis Leben so viele Sachen, über die wir vorher nie gesprochen hatten. Unsere Liebe verstärkte sich, wir sprachen über
die verlorene kommende Zukunft. Aber das SCHLIMMSTE war, als Rosi über mein Leben nach ihrem Leben sprach. Ich wehrte immer ab. Rosi liess
sich aber nicht beirren. Immer wieder und immer wieder sprach Rosi dieses Thema an. Während ich hier bei diesem Satz angekommen bin, da laufen
mir die Tränen. Rosi plante meine Zukunft über ihren Tod hinweg. Ich wollte nie zuhören. Jetzt sind diese Sätze wieder bei mir. Ich höre ihre Stimme,
als würde Rosi neben mir sitzen. Es zerreisst mir das Herz. Diese unendliche Liebe. Diese wunderbare Rosi. Hatte ich Rosi überhaupt verdient gehabt ?
Wäre ich auch so stark gewesen, wie Rosi ? Ich weiss es nicht. Warum hat Rosi mich nicht mitgenommen ? Was soll ich hier noch ? Dieser Ort, so voller
Erinnerungen. Dieser Ort, der mir überall aufzeigt, was ich verloren habe. Dieses ungerechte, elendige und aufgezwungene Leben. Dieses Rosen-Beet
schickt mich wieder ins tiefste Trauerloch. Jede Rose und jede Staude wurde hier mit Rosis Händen liebevoll gepflanzt, gestreichelt und gepflegt. Diese
Erinnerungen. Schöne, aber schmerzhafte Erinnerungen. Die Pflanzen haben dieses Jahr aussergewöhnlich stark geblüht. Als wollten sie in Rosis Trauerjahr,
mit einer besonderen Blüten-Pracht, einen Gruss zum Himmel senden. Ich weiss es nicht. Es hatte mit meiner Pflege über das Jahr hinweg NICHTS zu tuen.
Nun muss ich in 14 Tagen die Rosen beschneiden und Stauden ausputzen. Werde Rosis Stimme von der Seite hören "Schatz, bist DU mit der Rose fertig ?"
Dieses Mal werde ich antworten: "Ja mein Schatz, ich hatte doch eine gute Lehr-Meisterin, die gleichzeitg meine unendliche Liebe ist."
Ja: WAR und IST !!!!
Liebe Grüße,
Uwe.