Hallo ihr alle, ganz vielen lieben Dank wieder an jeden Einzelnen von euch für eure Antworten. Ich kenne euch nicht und trotzdem bedeutet es mir total viel, dass ihr so teilnehmt - obwohl ihr wiederum mich nicht kennt. Ich will weiter aufschreiben, wie es weiterging; An einem Sonntag Ende Juni war er ja verschwunden, ist nicht mehr aus dem Meer zurückgekommen, nachdem er am frühen Nachmittag schwimmen gegangen war. Von Sonntag auf Montag habe ich dann überhaupt nicht geschlafen, die ganze Zeit dachte ich „wo ist er nur“ und „ich kann doch jetzt nicht einfach schlafen, während er vielleicht im Wasser ist“ – ich hatte das Gefühl, ich lasse ihn im Stich, wenn ich auch nur für eine Sekunde ein Auge zu mache. Am nächsten Tag informierte ich seinen besten Freund, der sich dann wiederum einen Tag später mit seiner Freundin ins Auto setzte und aus der Heimat zu mir in den Ferienort angereist kam. Eine Woche lang suchten wir dann nach meinem Lebensgefährten, meine Freunde haben bei mir in der Ferienwohnung gewohnt, der Vermieter hat das erlaubt. Haben uns mit der Polizei getroffen, haben auf eigene Faust gesucht, waren bei den Seenotrettern, haben den Strand abgesucht, obwohl wir wussten, dass das im Grunde sinnlos ist, weil die Polizei ja parallel schon suchte mit viel besseren Möglichkeiten als wir sie hatten und meinen Lebensgefährten einfach nicht fand. Wir suchten und suchten, ich weinte und weinte. Alles eine Woche lang. Die Frau bei den Seenotrettern sagte mir einen Satz: „Wer ins Meer geht, begibt sich in die Hand Gottes.“ An diesen Satz habe ich mich in dieser besagten Woche geklammert, der Satz hat mir großen Trost gegeben, ich habe gedacht: „Wenn mein Lebensgefährte jetzt bei Gott ist, dann kann es ihm nicht total schlecht gehen, denn Gott meint es immer gut!“ Ich bin nicht gläubig, gehe nicht in die Kirche, trotzdem habe ich so gedacht. Nach einer Woche habe ich es dann nicht mehr in der Ferienwohnung ausgehalten. Wir haben den Aufenthalt abgebrochen, sind in die Heimat zurückgefahren, nachdem wir sechs Tage lang vergeblich gesucht und gehofft hatten. Ursprünglich hatte ich vor, die gesamten vierzehn Tage lang zu suchen und in der Ferienwohnung zu bleiben, sie war ja eigentlich auch für vierzehn Tage gebucht. Aber dann habe ich gemerkt, dass ich es nicht mehr aushalte in der Ferienwohnung. Die ganze Zeit habe ich ganz tief in mir gewusst, dass mein Freund tot ist. Trotzdem gab es gleichzeitig auch noch einen Mini-Funken Hoffnung, dass er doch noch zurückkommt. Dass man ihn doch noch findet. Diese Hoffnung hatte ich ja auch noch an dem Tag, als es passierte, ich in dem Strandkorb am Strand saß: Die ganze Zeit dachte ich „er wird gleich zu mir zurückkommen, gleich kommt er zurück und wird mir den Kopf waschen, dass ich so eine Suche nach ihm losgestoßen habe. Da ist er doch! War er das nicht gerade? Oder der da hinten: Sieht der Mann nicht aus wie mein Freund? Ach, da kommt er doch, alle Ängste waren unbegründet, da ist er doch! Ach nein, das ist er doch nicht. Ich habe mich geirrt…“ So gingen meine Gedanken die ganze Zeit an dem besagten Tag am Strand. Und so ging es auch die ganze Zeit während der Woche, in der wir ihn suchten. Immer dachte ich, „gleich ruft die Polizei an, hat ihn auf irgendeinem Kutter gefunden!“ Und parallel wusste ich ganz genau, dass das nicht passieren wird. Dass er tot ist. Vier Tage, nachdem wir in der Heimat wieder angekommen waren, hatte man ihn dann, wie schon geschrieben, an einem anderen Strandabschnitt gefunden. Danach überschlugen sich die Ereignisse, irgendwie habe ich alles parallel gemacht: Die Beerdigung organisiert, alles mit zwei Bestattern gleichzeitig geregelt, ein Bestatter in der Heimat, einer am Ferienort, da er ja überführt werden musste. Mir psychologische Unterstützung gesucht, um dieses Trauma zu verarbeiten. Mir gleichzeitig noch eine neue Wohnung gesucht, da ich in seiner Eigentumswohnung mitgewohnt hatte und, da wir ja kein Ehepaar waren, nun aus juristischer Sicht kein Recht mehr hatte, in dieser Eigentumswohnung weiter zu wohnen. Kurz nachdem wir ihn dann beerdigt hatten, bin ich umgezogen, bin in die Stadt gezogen, in der ich auch arbeite, diese Stadt ist ein paar Kilometer von unserer Heimatstadt entfernt. Und jetzt bin ich in der neuen Wohnung, habe die alte Wohnung mit allen Erinnerungen schweren Herzens hinter mir gelassen, habe das Amtsgericht schon fünfmal (!) informiert und gebeten, den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten (wäre eigentlich nicht meine Aufgabe, da dem Amtsgericht Bescheid zu geben, da wir nicht verheiratet waren, ich „nur“ Lebensgefährtin war, aber ich kann nicht einfach alles so hinter mir lassen und nichts tun!), gehe regelmäßig zu meiner Psychologin, um das Erlebte zu verarbeiten. Warte auf den Grabstein, den ich beim Steinmetz bestellt habe und für meinen geliebten Schatz anfertigen lasse. Und kann das alles eigentlich gar nicht fassen. So, das ist jetzt ein ziemlich langer Text geworden; ich hoffe, ich habe nicht zu wirr geschrieben und man kann mir folgen.