Total doofe Frage, aber wie kann man die Trauer irgendwie verarbeiten? So wirklich Gefüle zugelassen, die von diesem Thema handeln, hab ich in den letzten fast 6 Jahren kaum nur ganz selten. Hab ganz arg Distanz dazu bewahrt. In einem Gespräch neulich mit einer Klassenkameradin, die mir zur Trauerverarbeitung auf welche Art und Weise auch immer geraten hat, hat mir das ganze wieder mehr ins Bewusstsein gemacht.
Merk ja selber, dass es mir mit dem Thema nicht gut geht bzw. es ist kein Thema, das halt einfach so existiert. Für die 12-jährige Conny war es doch irgendwo ein kleines Trauma, war ja selber an der Unfallstelle.
Hatte dann auch mal durch Zufall den Obduktionsbericht meines Bruders gefunden - aus Zufall sowas zu finden war auch heftig. Da sind ja auch Bilder drinnen - nicht in Farbe und die meisten so Schemenhaft dargestellt. Aber ganz am Ende waren zwei Bilder in schwarzweiß jeweils - eines mit Blut auf der Straße ud das andere die Leiche meines Bruders, abgedeckt mit einer weißen Decke oder was auch immer das war. Hab mir ihn erst letztens wieder angeschaut, da wir Thema Pathologie/Rechtsmedizin in der Schule behandeln. Und da bin ich besonders auf diese Bilder - mehr noch das zweite - aufmerksam geworden. Wenn ich jetzt so drüber nachdenke. Eine Leiche (find des Wort schon so grausam) eingehüllt - mein Bruder. Lange Zeit hat ich auch immer wieder den Gedanken, ich war ja an der Unfallstelle - evtl war er noch am Leben, wie meine Mutter und ich dort angekommen sind. Evtl hätt ich ihn nochmal lebend sehen können (rein objektiv und logisch, war er dort nicht mehr am Leben - aber was ist bei so einem emotionalen Thema noch objektiv betrachtbar). Diesen Gedanken hab ich besonders verdrängt, und rührt mich jetzt wieder zu Tränen.
Der Ersthelfer, direkter Anwohner der Kreuzung, hat meinen Eltern nochmal gesagt, dass er noch gelebt hat, als er zu ihm hin ist und er ihn mit seinen wunderschönen braunen Augen (die ich auch habe) noch einmal angeschaut hat, bis er dann ja. Keine Ahnung ob das so stimmt, eigentlich hoffe ich, dass er schon vom Aufprall nicht mehr viel mitbekommen hat und sofort in die Bewusstlosigkeit bzw. gestorben ist. So ähnlich stehts auch im Obduktionsbericht. Spätestens beim Aufschlag auf den Boden eigentlich, da der Schädel danach nicht mehr intakt war (nett ausgedrückt).
Es gibt drei Bilder, die mir an der ganzen Geschichte nicht mehr aus dem Kopf gehen. Das eine vom offenen Sarg, als es bei mir Klick gemacht hat. Das Bild mit seiner Leiche auf der Straße. Und.. Der Anblick von 2 RTWs, Polizei, Presse, anfliegender Hubschrauber usw. als wir den Hügel zur Unfallstelle hochgefahren sind. Im Nachhinhein hab ich gemeint, da meinen Bruder liegen zu sehen, was aber durch Lesen des Obduktionsberichtes "widerlegt" wurde. Dies mildert auch den Gedanken, mit ihm nochmal lebend sehen, weil ich dachte, ich hätt ihn da liegen sehen und hät mich verabschieden können. Mir ist natürlich klar, dass das für die 12-jährige kein schöner Anblick wäre und ich hätte ihn nie sehen können und trotzdem.. Ich vermiss ihn einfach und er war fast 17 ich 12 - da ist die kleine Schwester einfach uncool. Dementsprechend hatten wir auch kein so gutes Verhältnis zueinander und so gingen wir halt auch auseinander, was für mich das aller aller schlimmste an seinem Tod ist. Ich hab mir immer vorgestellt, dass wir in 10 Jahren gemeinsam am Tisch sitzen und uns einfach vertragen/gern haben, wie auch immer. Ich weiß, dass er mich trotzdem gern hatte, aber ja. Dieses im "schlechten" auseinander gehen - es tut so weh und mir tut es so leid. Er lebt nicht mehr und da ist keine Möglichkeit, des wieder grade zu Biegen. Ich denk da an jede Situation, in der ich einfach mal genervt von ihm war, weil ich halt immer die uncoole Schwester war - aber er dann gerade eben eigentlich nett - und diese Momente nicht genutzt zu haben, bricht mir das Herz. Es fühlt sich schrecklich an..