Liebe Jennifer,
ich habe Deine Beiträge gelesen und verstehe Dich zu 100%.
Wie es Dir gerade ergeht, kenne ich, genau so ging es mir auch eine ganze Zeit lang.
Ich dachte, ich bin vor Schmerz und Verzweiflung verrückt geworden, die Depression hatte mich fest im Griff.
Mich selbst spüren, die gewohnte Rolle einzunehmen....nichts ging mehr.
Ich habe überall nach Hilfe gesucht und bin wie Du auf die harte Realität geprallt. Es gab nichts da draußen.
Mein Hausarzt, der Gute, hat mich dann als Notfall in eine psych. Klinik eingewiesen, sozusagen als Schutz vor mir selbst und für meine Umwelt.
Natürlich war ich da kein Patient im klassischen Sinne, schliesslich sind Trauernde nicht krank. Aber als Notfall müssen die Dich aufnehmen und versorgen.
Mir hat es gut getan, unter Leuten zu sein, gemeinsam kochen und wir (die Mitpatienten und ich) hatten auch Spaß.
Ich musste mich nicht verstellen, es war fachliches Personal da, auf die ich jederzeit zugreifen konnte. Und vor allem hat es mir ein wenig Zeit verschafft, mich etwas zu sammeln und zu mir zu kommen. Vier Wochen war ich untergebracht.
Hab keine Angst, die stopfen Dich nicht mit Medikamenten voll, wenn Du nicht willst. Ich habe Antidepressiva abgelehnt, und das wurde sofort akzeptiert.
Nur zum Schlafen habe ich mir was geben lassen.
Mein Hausarzt hat mich 4 Monate aus dem Verkehr gezogen, ich war am Ende.
Glück im Unglück, mein Arbeitgeber hat mich in dieser Zeit nicht abgeschrieben, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Es gab Unterstützung von Menschen, mit denen ich überhaupt nicht gerechnet habe.
Nach einem langen, sehr harten Jahr wachte ich langsam aus dem Alptraum auf, langsam. Es hat sich gelohnt, nicht aufzugeben.
Heute bin ich wieder im Leben angekommen, habe glückliche Momente aber natürlich auch gelegentliche Heulanfälle. Ich hätte mir vor einem Jahr nicht vorstellen können, dass es tatsächlich besser wird. Viel viel Trauerarbeit, Arbeit an sich selbst, Geduld und Kraft musste ich aufbringen, manchmal bis zur totalen Erschöpfung. Die meisten hier berichten Ähnliches. Aber die Anstrengungen und das Durchhaltevermögen machen sich nun bezahlt.
Ich hoffe, dass ich Dich ein kleines bisschen motivieren konnte, es würde mich freuen.
Alles Gute
Mario