Liebe Ulrike,
was Dir passiert ist bzw Deiner Mama hat mich zutiefst berührt. Vor allem deswegen, weil unsere beiden Geschichten - ja sogar das Datum - sehr ähnlich sind.
Für meine Mama gab es leider kein Palliativ-Bett als sie eingeliefert wurde, sie wurde dann auf der Internen weiter behandelt. Der Port wurde so dermaßen verpfuscht, dass sie eigentlich bei lebendigem Leib verhungert ist, da ja die Ernährungszufuhr über die Venen nicht mehr möglich war. Die Machtlosigkeit nichts tun zu können, in die verängstigten Augen der geliebten Mama zu sehen, von nicht qualifizierten, unfreundlichen Hilfs- oder Anlernschwestern abhängig zu sein, Ärzte die täglich wechseln und jeder etwas anderes sagt. Sobald der "Speiseröhrenkrebs" diagnostiziert war, kam dann schon die Ansage "bringen Sie Ihre Angelegenheiten in Ordnung" und "wir werden bei Ihrer Mutter keine Intensiv-Maßnahmen setzen um das Leiden nicht noch hinauszuzögern" etc.
Ich lebe alleine und hatte nur meine Mama. Freunde zu finden ist in Corona-Zeiten fast unmöglich. Die Trauergruppe in Wien ist nur alle drei Wochen, also auch nicht gerade tiefergehend und hilfreich. Die Räumung der Wohnung ist immer noch nicht vollendet, da hier in Österreich sogar bei einer Mietwohnung, wo es kein Vermögen gibt, der Beschluss des Notars bis zu einem Jahr dauert. Die liebevoll ausgesuchten Gegenstände und über Monate barrierefrei renovierte Wohnung nun der Zerstörung durch den Hausverwalter zu übergeben und die Teddybären und schönen Kleider die sich Mami noch gekauft hat (nicht mehr anziehen konnte) der Caritas zu bringen, verursacht jedes Mal einen Nervenzusammenbruch.
Aufgrund der derzeitigen Maßnahmen = pro Patient nur 1 Besuch 1 x in der Woche für 1/2 Stunde erlaubt, muss ich sagen: Das hätte meine Mama nicht überlebt mich nur 1 x in der Woche für eine halbe Stunde sehen zu dürfen und ich auch nicht.
Die Therapien habe ich mittlerweile aufgegeben. Zu teuer und bringt nichts. Das täglich Aufstehen, Anziehen und ins Büro fahren ist ein Kampf. Am liebsten bin ich alleine zu Hause und sehe meine Lieblingsserien, andere Leute mit ihrem blöden Gequatsche "sei froh, dass sie nicht mehr leiden muss" und "sie war ja eh schon sehr alt", und andere "Weisheiten", will ich nicht mehr hören.