Mein Bruder ist tot

  • Liebe Cath,


    bei mir wars so, dass ich unter tags abgelenkt war aber, wenn ich alleine war oder abends kam die Trauer und der Schmerz immer wieder hoch. Nach ca. 1 1/2 Jahren konnte ich ohne zu weinen meinen Ordner mit Erinnerungen ansehen. Hab mir die Kranzschleife, Zeitung vom Todestag etc. etc. aufgehoben.


    Wie hast du sein Auffinden im Kopf? Hilft dir sein Abschiedsbrief ein wenig? Ich hätte gerne einen Brief gehabt, er hatte sicher etwas auf seinem PC aber er war nicht zu knacken und meine Eltern haben ihn dann zerstört.


    Ich schick dir ganz viel Kraft, Licht und Liebe


    :30:

  • Das auffinden an sich hab ich schon etwas verarbeitet, ich hab jetzt nicht mehr dieseen schrecklichen anblick vor mir wenn ich an meinen bruder denke, sondern sehe ihn so vor mir wie er als Lebender aussah. Oft und gerne erinner ich mich an unsere gemeinsame Kindheit.


    Naja ob mir der Brief so wirklich geholfen hat kann ich gar nicht sagen. Es war schön zu lesen, dass er uns geliebt hat und dass er auch wusste, dass wir ihn lieben. Aber es war so schrecklich zu lesen wie zuriefst unglücklich er in seinem leben gewesen sein muss. In den zeilen schwang soviel Traurigkeit und Verzweiflung mit, dass ich mich wundere, dass er nie mit mir drüber geredet hat wie schlecht es ihm psychisch ging.


    Meine eltern bzw vorallem mein vater glaubt trotz des briefes nicht, dass sich bernhard wirklich umgebracht hat. Er meint, dass er sicher drûber nachgedacht hat, es an dem tag dann aber nicht absichtlich passiert ist. Da der brief ja nicht ausgedruckt sondern nur am pc war und er auch noch ein paar tage davor ein neues fahrrad bestellt und bezahlt hat usw.
    Eigentl ist es auch egal ob es passiert ist oder geplant war. Weg ist er und in beiden fällen würde es mir wehtun.

  • Liebe Cath,
    diese Frage nach dem, wie lange dieser Trauerprozess dauert ist sooo schwer zu beantworten, aber den wenigsten geht es nach 6 Wochen schon wieder gut. Die meisten Menschen trauern die ersten beiden Jahren sehr intensiv, dann wird es allmählich besser!
    :30: Christine

  • Liebe Cath


    Ich habe meinen Bruder am Montag gefragt ob es dabei bleibt, dass er mit uns nach Kroatien fährt, wir haben auch für ihn gebucht. Am Samstag war er nicht mehr da...... ;(
    Dein Bruder hat sich noch ein neues Fahrrad gekauft und bezahlt.....
    wir werden ihre Gedanken nie erfahren :(


    Vl fällt es deinem Papa leichter nicht an Selbstmord zu denken sondern an einen "Unfall"?
    Bei einem Freitod kommt zunächst der Schock der sich erst langsam in verschiedenen Gefühle umwandelt bevor man zu trauern beginnt.


    Traurige Grüße
    Brigitte

  • Ich wollte mich mal wieder melden und berichten wie es bei mir ausschaut.


    Bald steht ein weiterer schwerer Tag an, mein Bruder hätte oder kann man trotz seines Todes noch hat sagen? am 22.5. Geburtstag. Ich bin etwas ratlos, weil ich nicht weiß wie ich diesen Tag begehen soll. Normalerweise haben wir uns am Geburtstag telefonisch gehört und haben uns dann am darauf folgenden WE bei meinen Eltern bei Kaffe und Kuchen getroffen.


    Ich hab mir gedacht, dass ich auf den Friedhof gehe (schön wäre es halt wenn die restl Familie auch mitgeht) und ihm als "Geschenk" einen kleinen Schutzengel hinstelle und als Botschaft eine kleine Nachricht an einen Luftballon hänge und den am Grab in den Himmel fliegen lasse.


    Auch familiär gesehen ist die Situation momentan nicht so toll. Bei mir in meiner aller engsten Familie passt alles (also mit meinem Mann und meiner Tochter), aber meine Mutter und mein Vater stehen glaub ich kurz vor einer Trennung. Sie waren anscheinend vorher schon nicht mehr wirklich glücklich und dieser schlimme SChicksalsschlag hat sie jetzt noch weiter auseinander getrieben. Ich weiß aber auch nicht was ich da tun soll oder wie ich da helfen kann. Irgendwie bricht gerade alles auseinander um mich herum. Und da es meinen Vater momentan psychisch nicht so gut geht, hab ich Angst was eine mögliche Trennung bewirken würde.

  • Hallo Cath,
    wie war denn gestern der Geburtstag deines Bruders? Warst du, ward ihr als Familie am Friedhof und wie ist es dir/euch gegangen?


    Der Tod eines Kindes ist immer eine Zerreißprobe für eine Beziehung. Wenn man sich gegenseitig am meisten braucht, treiben die Unterschiede im Trauern die Partner oft auseinander und man hält sich gegenseitig nicht aus. Wichtig sind Gespräche, gegenseitige Akzeptanz und Toleranz der unterschiedlichen Bedürfnisse und Bewältigungsstrategien von Mann und Frau. Wenn es vor dem Todesfall schon gekriselt hat, dann wird das oft noch schwieriger. Ich würde den beiden professionelle Begleitung empfehlen, in Form einer Eheberatung bzw. Paartherapie.


    AL Christine

  • Hallo - ich habe am 15.12.2013 meinen Bruder verloren - ebenfalls auf ganz, ganz tragische Weise. Er wurde von einem Auto voll übernommen und hatte keine Chance.
    Seit diesem Tag ist nichts mehr wie es war und ich glaube mittlerweile, dass es auch nie wieder so werden wird wie es war. Wie denn auch - mein Bruder fehlt mir jede Sekunde meines Lebens. Wir hatten ein sehr inniges Verhältnis und ich vermisse ihn wahnsinnig. Du siehst also, dass es auch nach Monaten noch nicht besser wird.
    Im Gegenteil - mir kommt vor, dass es jetzt wieder schlechter wird. Plötzlich registriert man, dass der geliebte Mensch wirklich nie, nie, nie wieder kommen wird.
    Nie wieder ihn reden hören, umarmen, lachen gemeinsam,.......
    Der Schmerz ist einfach so irre groß - einfach unbeschreiblich.
    Dazu diese irrsinnige Angst ihn zu vergessen.


    ABER ich glaube an ein Leben nach dem Tod - erst seit diesem Schicksalsschlag. Ich kann dir sagen, dass ich daran glaube, dass deine Tochter deinen Bruder hört oder sieht. Auch ich spüre meinen Bruder - so blöd es klingt, es ist so. Es kommt auch immer wieder vor, dass einfach "unerklärliche Dinge" passieren - so geht z. Bsp. auf einmal die Beleuchtung an, wenn es mir total schlecht geht. Zeichen, die meiner Meinung nach von meinem Bruder kommen - und dann spüre ich ihn. Wie er mir sachte über den Rücken streicht und mich umarmt. Irgend etwas bleibt einfach hier bei uns.


    Trotz allem wird es nicht leichter - aus dem Nichts kommt das nächste Tief, dass einem schier das Herz aus der Brust reist.
    Ich hoffe, dass ich dich mit meinem ganzen Geschwafel nicht runter gezogen habe, aber ich empfinde es so.
    GLG und ganz, ganz viel Kraft
    Michaela