Kinder finden Toten im Wald

  • Heute eröffne ich einmal ein neues Thema und zwar aus aktuellem Anlass:
    Die beiden Töchter (9 und 5 Jahre alt) von einem befreundeten Ehepaar haben gestern am Nachmittag beim Spaziergang im Wald einen toten Mann gefunden, der sich an einem Baum erhängt hat.


    Ich poste diese Geschichte hier, um zu signalisieren, dass auch für solche Erlebnisse in diesem Forum Platz ist.
    Und ich denke, dass solche Erlebnisse gar nicht so selten vorkommen, schließlich sterben Menschen nicht nur im Krankenhaus oder Heim, sondern eben auch auf der Straße oder im Wald ... und dort werden sie dann auch gefunden - von Erwachsenen oder eben auch Kindern.


    Wer ein solches Erlebnis zu verarbeiten hat, ist in unserem Forum also auch richtig.


    Den beiden Mädels geht es heute schon wieder ganz gut - den Umständen entsprechend halt.


    Liebe Grüße
    Christine

  • guten morgen,


    das ist ganz schon heftig, was den zwei mädels passiert ist! ich kann mir sehr gut vorstellen, dass sie das auch erst mal verdauen müssen.


    ich hab gehört, dass sich gestern jemand vor den zug geworfen hat.... momentan ist eine sehr schwere zeit und man hört immer wieder, wieviel menschen sich das leben nehmen. sowas stimmt mich sehr nachdenklich.


    ich drück den zwei mädels die daumen, dass sie ihr erlebtes gut verarbeiten können!

    Und alles was bleibt ist Liebe, diese Liebe lässt euch niemals sterben.
    Mama & Papa - ich liebe euch!

  • Hallo Christine,hallo liebe Forumsmitglieder!


    Ich finde solche Vorfälle (auch von dem Zugunglück habe ich
    gehört) ganz,ganz schrecklich, und glaube, daß die beiden
    Kinder sicherlich über längere Zeit psychologische Hilfe
    brauchen.
    Ich könnte mir vorstellen, daß wenn das mir passieren würde,
    ich Tag und Nacht Albträume hätte.
    Und doch muß man auch dieses tragische Ereignis von 2 Seiten
    betrachten. Sowohl das Unglück im Wald als auch das Zugsunglück hat sicherlich für denjenigen, der sich zu diesem Schritt entschlossen hat, einen (für uns vielleicht
    nicht nachvollziebaren) Hintergrund.
    Ich denke mir immer, Menschen, die sich das Leben nehmen,
    tun das nicht aus einer Laune heraus. Ich persönlich kann
    mir sehr gut vorstellen und würde auch nie jemanden verurteilen, der sich das Leben nimmt. Was hat diesen Menschen zu diesem Schritt bewogen, warum war er so verzweifelt, daß er keinen anderen Ausweg wußte? Vielleicht
    der Verlust eines geliebten Menschen, Einsamkeit,Wohnungs-
    oder Arbeitsplatzverlust, Geldsorgen, schwere Krankheit
    oder gar mehrere Komponenten zusammen. Ja tragisch ist
    es auf alle Fälle aber ich kann es von Seiten der Menschen,
    die einfach nicht mehr weiter wußten ein Stück weit
    verstehen.
    Liebe Grüße
    Claudia

  • Hallo zusammen!


    der Markus hat sich aufgeregt ;-) und mein erstes Posting zu diesem Thema "schnodderig" gefunden, dabei wollt ich euch nur nicht gleich beim ersten Mal zutexten ...
    ... so wie jetzt:


    Dass es den Mädchen "den Umständen entsprechend gut" geht, hab ich ja geschrieben, dazu und zu den wichtigsten Interventionen, die wir gesetzt haben, noch ein paar Details.


    Am Sonntag nach dem Vorfall wollten die beiden zuerst gar nicht darüber reden. Ein wenig später haben sie aber dann miteinander das Ereignis besprochen und da ist aufgefallen, dass sie vom "Hm Hm" reden. Die Identität war noch nicht bekannt und den Namen des Mannes wollten sie nicht hören, nicht wissen, nicht aussprechen ...


    Irgendwann hat die Ältere - die den Mann zuerst gefunden hat - den Eltern dann doch erzählt, was passiert ist und dabei haben beide stark zu zittern begonnen. Ich hab dann ein gutes Gespräch mit der 9-Jährigen gehabt, die gesagt hat, sie hat sich sehr erschrocken und dann ist ihr schlecht geworden und dann sind sie weggelaufen. Auf meine Frage, ob sie jetzt eine besondere Angst hat, hat sie gemeint, sie hätte vor allem Angst vor allen Ecken und Winkeln - auch im eigenen Haus - weil da könnte irgendwo ein toter Mann sein. Die Familie ist dann Hand in Hand durchs Haus gegangen und hat alle Ecken und Winkeln überprüft, danach haben die Kinder die erste Nacht im Elternschlafzimmer verbracht und haben durchgeschlafen.


    Heute Früh sind die Eltern zur Polizei gegangen und - die waren sehr kooperativ: Die Eltern haben sowohl den Namen als auch den Grund für den Suizid erfahren und sie haben zwei Fotos bekommen: Eines mit dem am Baum hängenden Mann und eines vom Lebenden (das hat der Polizist von der Familie für die Kinder besorgt! Find ich echt klasse von ihm!)
    Es ist wichtig, dass "das Monster am Baum" für die beiden Mädchen (und natürlich auch für die Eltern) "zu einem Menschen" mit einer traurigen Geschichte wird, das ist weniger schrecklich bzw. so kann die Angst weniger werden. Ab heute wissen sie also den Namen und auch, warum sich der Mann erhängt hat. Morgen oder in den nächsten Tagen werden sie langsam an die Fotos herangeführt. Die Eltern sind froh, dass sie das Foto von dem erhängten Mann haben, weil sie nun wissen, was ihre Kinder gesehen haben und weil - wie so oft - die Realität weit weniger schlimm ist als die Phantasie.


    Ich glaube, dass keine längere psychologische Hilfe notwendig sein wird, wir sind da auf einem guten Weg.


    Dazu sagen möchte ich auch, dass die Mädchen auf die Themen "Tod und Tote" ganz gut vorbereitet waren, weil sie natürlich bei mir schon ganz viel gehört und gesehen haben. Das ist - glaub ich - ganz wichtig: Die Kinder von Anfang an auf den Tod und auch auf das Thema "Leiche" gut vorbereiten, denn früher oder später werden sie mit dem Tod konfrontiert. Sachliches Wissen, das sie vorher unbeschwert und neugierig sammeln dürfen, verschafft im Ernstfall Orientierung und Sicherheit und damit halten sich irrationale Angst und unrealistische Phanatsien auch schon in Grenzen.


    Ich wünsche euch einen schönen Abend! Die beiden Mädels schlafen - in ihren eigenen Betten! :-)


    Christine