Hallo,
ich bin noch neu hier und unerfahren was Foren betrifft. Ich habe Anfang der 90iger Jahre meine Eltern verloren. Mein Vater starb zuerst an einem Herzinfarkt meine Mutter wurde nur drei Jahre später von ihrem Ex-Freund ermordet. Ich war die Jüngste. Der Mörder meiner Mutter hatte sich direkt nach der Tat gestellt und wurde auch auf längere Zeit ins Gefängnis gesteckt.
Als mein Vater starb musste meine Mutter mit uns Kindern aus unserer gewohnten Umgebung umziehen. Sie fand sehr schnell einen neuen Partner (ihren späteren Mörder). Er hatte eine sehr lockere Hand uns Kinder gegenüber. Nachdem unsere Mutter ihn verlassen hatte lies sie ihn nochmals in ihrem Haus übernachten. In dieser Nacht bzw. an diesem morgen tötete er sie. Einer meiner Brüder war im selben Haus. Ich reagierte damals sehr verhalten auf die Nachricht des Todes meiner Mutter. Ich weiß das hört sich zunächst sehr drastisch an, aber meine Mutter hatte ein sehr schwieriges Verhältnis zu mir und ich begann auch zunächst mit einer völligen Verdrängung der Ereignisse. Wenige Wochen später kam mein ältester Bruder in eine Pflegefamilie und mein zweitältester Bruder und ich in eine andere Pflegfamilie im Nachbardorf. Ich nahm meine Pflegemutter zunächst sofort an (sie sah meiner leiblichen Mutter auch sehr ähnlich). Zu meinem Pflegevater und generell erwachsenen Männern war ich die ersten Jahre nach der Ermordung meiner Mutter sehr verhalten um nicht zu sagen ablehnend (egal ob Lehrer, Ärzte oder Freunde meiner Pflegeeltern).
Mein Pflegevater war jedoch sehr geduldig. Später und bis heute verstehe ich mich mit ihm nun sehr gut. Den Bezug zu meinem ältesten Bruder würde ich eher als verhalten bezeichenen, da er ziemlich bald aus seiner Pflegefamilie flog und in verschiedene Heime kam. Zu meinem zweitältesten bruder, der mit mir in eine Pflegefamilie kam, habe ich ein sehr inniges Verhältniss (manchmal kam es mir sogar eher vor als wäre er mein Zwillingsbruder).
Nun zu meiner Trauerverarbeitung. Bis ich ca 10 Jahre alt wurde beschäftigte ich mich nicht wirklich mit trauern um meine leibliche Mutter. Meinen leiblichen Vater vermisste und betrauerte ich immer. Mit 10 begann ich mich dann auch mit dem Tod meiner Mutter auseinander zu setzen. Zunächst gab ich ihr alleine die Schuld an ihrem Tod, da sie diesen schrecklichen Menschen in ihr und auch in unser Leben gebracht hatte. Nach kurzer Zeit jedoch tat es nur noch weh und ich entwicklte einen unglaublichen Hass auf ihren Mörder der mich und meine Brüder misshandelt hatte und unserer Mutter und somit auch unseres Lebens beraubt hatte. Jedoch verging auch dieses Gefühl, denn durch meine neue Familie wurde mir sehr viel ermöglicht, denn sie waren nicht nur gebildeter als meine leiblichen Eltern, sonder konnten uns auch Urlaube, Spielsachen etc und vor allem Liebe geben, die ich so nie von meiner Mutter erhalten hatte.
Meine Trauer um meinen Vater erscheint mir immer so viel reiner. Vielleicht liegt das daran, dass ich mich nur noch an den Tag seines Todes erinnern kann, vielleicht daran dass er nicht ermordet wurde, vielleicht aber auch daran, dass er mich mehr geliebt hat als meine Mutter. Sie konnte leider seit dem Tag meiner Geburt nichts mit mir anfangen. Meine älteren Büder waren lediglich immer für mich da. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie mich jemals auf dem Arm hatte oder mich getröstet der gar beschützt hätte.
In der neuen Familie starb nach kurzer Zeit meine neue Tante an Krebs. Danach fand ich eine gute Freundin mit der ich mich über Tod unterhalten konnte in meiner Pflegecousine.
Letzten Herbst ist dann meine Stiefoma ( die Siefmutter meiner leiblichen Mutter) verstorben. Dies war ein sehr harter Schlag für mich, da sie die einzige Verbindung zu meiner leiblichen Familie war (mit meinem leiblichen Großeltern und meinem leiblichen Onkel habe ich auf deren Wunsch hin keinen Kontakt). Es hat mir jedoch unendlich in meiner Trauer geholfen, dass ich auf ihrer Beerdigung war. Denn so konnte ich einen viel klareren Schlussstrich ziehen. Auf der Beerdigung meiner Eltern durfte ich leider nicht anwesend sein.
Jedes Jahr im April, der Monat in dem meine Eltern beide starben, geht es mir nicht so gut. Ich bin sehr leicht reizbar und es kommt auch vor dass ich vor dem Schlafen gehen weine. Auch trafen mich während meiner Pupertät Filme mit glücklichen Familien sehr stark. Gelegentlich flammt auch wieder der Hass dem Menschen gegenüber auf der mir meine Familie genommen hat, aber ich kann klar sagen, dass der Schmerz zwar nie weggeht, aber doch in seiner Intensivität abgeflautet ist. Ich vermisse zwar meinen Vater und es geht mir sehr nahe, dass ich ihn nie richtig kennen lernen durfte und er nie Stolz auf mein Erfolge sein werden kann, aber ich habe gelernt mit dem Tod zu leben. Ich habe erfolgreich in der regulären Zeit mein Abitur absolviert, studiere und habe einen Partner.
Ein Gefühl konnte ich jedoch nie ablegen, oder besser einen grausamen Wunsch : Der Mörder meiner Mutter soll und darf nie wieder glücklich werden und vor allem niemals frei kommen oder gar eine Familie gründen! Denn das wäre für mich Hohn. Er hat mir die Chance auf eine Familie genommen und auch anderen Menschen. Welchen Grund sollte es also geben das er dieses Recht hat. Dies ist ein großer Grund warum ich mich in diesem Forum angemeldet habe, denn der Mörder meiner Mutter soll ( wenn er es mittlerweile nich sogar ist) freikommen und er hat wieder eine Partnerin, die scheinbar sogar Kinder mit ihm bekommen will. Nicht nur dass ich es ihm missgönne, nein ich habe auch Angst, dass er diese Frau wieder umbringen wird, wenn sie in seinen Augen etwas falsches tut, dass er seine möglichen Kinder schlägt oder wieder Kinder zu Waisen macht.