Beiträge von Jahm

    Ich versuche, ab und an aus meinem Versteck aufzutauchen und ein wenig am Leben teilzunehmen.


    Das klappt nicht immer gut- aber oft fühle ich mich besser damit, es zumindest versucht zu haben.


    Allerdings kann man nach fast 3 Monaten nach dem Tod und 16 Monaten (Palliativ)Pflege noch nicht allzu viel von mir erwarten. Ich habe es derzeit akzeptiert.


    Es braucht Zeit.

    Liebe Jacqueline,


    meine Kinder verhalten sich ähnlich. Beim Großen befürchte ich, dass er Aufgaben übernehmen möchte, die ihm nicht zustehen - ihm muss ich zeitweise klarmachen, dass ich die Erwachsenene im Haus bin. Meine Tochter war ein Papakind und steckt mitten in der Pubertät: für sie suche ich händeringend nach der richtigen Unterstützung. Wir haben einiges probiert und angeboten- das Richtige war noch nicht dabei.


    Ich fühle mich einsam- um mich rum sind glückliche Ehepaare oder frisch Verliebte. Ich hätte gern meine Zukunft zurück...


    Zudem fordert die Bürokratie sehr viel Zeit und Kraft. Es wird zwar weniger, hört aber nicht auf.

    Irgendwie hat der Tag zu wenig Stunden.


    Liebe Grüße,

    Anke

    Liebe Jacqueline,


    herzlich Willkommen- mein Mitgefühl zum Tod Deines Mannes.


    Wir sind ungefähr gleich alt, auch meine Kinder haben ein ähnliches Alter 14/fast 18).

    Auch mein Mann ist an Krebs gestorben.


    Ich weine viel und bin quasi dauernd erschöpft - aber ein tiefes Tal nach der Trauerfeier ist gerade durchschritten.


    Ich nehme mir nur kleine Schritte vor. Manches klappt, anderes nicht.


    Wir haben uns verloren und müssen unsere Zukunft neu gestalten- alle anderen leben ihren Alltag weiter....


    War das zu wirr?


    Viele Grüße,

    Anke

    Ich empfinde mich als seltsam, wenn ich meinen Mann fühle und mir selbst die Schulter streichle, weil seine Hand gerade dort liegt. Aber ich fühle mich auch "ver-rückt".


    Manche Dinge behalte ich im Alltag lieber für mich...

    Ich habe sofort alles Medizinische entsorgt - alle Tabletten, Pflegemittel außerhalb unseres Sichtbereichs. Unterlagen, die an die Krebserkrankung erinnern, lagern erstmal in seinem Kleiderschrank.


    Die alltäglichen Dinge wie Zahnbürste, Pulli über dem Stuhl u.ä. bleiben in Absprache mit den Kindern vorerst liegen.


    Karin56 Das Barthaar hätte ich auch behalten und beschützt.


    Fliegerin Er braucht die medizinischen Dinge ja auch nicht mehr... Er hat recht. Es geht ihm nun gut.


    Ich spreche auch mit meinem Mann. Wenn ich allein bin, auch laut. Meistens dann, wenn ich seine Anwesenheit wahrnehme.

    Muckelchen Genau. Bei manchen Dingen ist es verhältnismäßig leicht, loszulassen. Und beim Auto fällt es unglaublich schwer.


    Trotzdem bin ich froh, wenn es geschafft ist. Der Schritt der Abgabe war unausweichlich- und es ist auch Zeit.


    Seit gestern steht das Auto und bleibt bis zur Abgabe auch stehen...


    Hast Du Dich schon vom Auto getrennt?

    Danke für euer Lob wegen meines Mutes- es fühlt sich oft ganz anders an. Wenn die Kinder nicht da gewesen wären, hätte ich den Schritt nie gewagt.


    Dafür habe ich heute wortwörtlich Rotz und Wasser geheult. Ich muss ein Auto zur Rückgabe vorbereiten - das Auto hat mein Mann geliebt. Alle Erinnerungen sind nun raus, das Fahrprofil gelöscht.


    Es fühlt sich an als würde ich ein Stück von ihm abgeben.


    Trotzdem ist es wichtig, auch diesen Teil zu erledigen - weglaufen geht nicht.


    Ach. Er fehlt mir. Meine starke Schulter, die dann so schwach war. Sein Geruch, seine Nähe- alles fehlt.n



    Traurig bin ich.

    Ihr Lieben,


    ich konnte wieder einen Schritt vorangehen - über Pfingsten habe ich in großer Gruppe den Sehnsuchtsort meines Mannes besucht und dort Urlaub gemacht.


    Die Anreise war schwer, die Abreise ebenfalls. Auch zwischendurch habe ich häufiger weinen müssen. Aber es gab auch fröhliche und sorglose Momente.


    Ich habe meinen Mann oft gespürt - er stand hinter mir und hat seine Hand auf meine Schulter gelegt. Ich bin sicher, dass er mit uns dort war.


    Es hängen 20 Jahre gemeinsame glückliche Erinnerungen an diesem Ort.


    Und nun habe ich das Gefühl, daß das schlimme Tal nach der Trauerfeier durchschritten ist. Ich konnte meine Akkus aufladen, auch wenn sie noch lange nicht voll sind.


    Ich bin stolz darauf, diese Reise unternommen zu haben. Es gibt mir das Gefühl, wieder etwas mehr am Leben teilnehmen zu können.


    Heute ist unser 20. Hochzeitstag. Bisher ist es OK. Meine Tochter und ich waren im Friedwald und haben Wasser von See aus dem Urlaub vergossen.


    Und trotzdem kann ich heute keine Musik hören. Das ist aber in Ordnung für den Moment...


    Viele Grüße,

    Anke

    Heute habe ich einen für mich sehr schweren Weg geschafft:


    Mein Mann ist im Hospiz verstorben. Und heute war ich dort, um ein Feedbackgespräch zu führen und eine Sachspende abzugeben.


    Schon der Hinweg war quälend. So viele Erinnerungen hängen an dieser Zeit. Ich musste weinen, ja.


    Zum Glück muss man sich besonders im Hospiz nicht für Tränen schämen. Das Gespräch war gut und wichtig. Ich konnte eine Zeit im Gedenkraum verbringen und die Ereignisse Revue passieren lassen. Es tat verdammt weh, war aber erleichternd. Und ein kleines bisschen stolz auf mich bin ich auch, dass mir der Weg gelungen ist.


    Ich habe bereits heute früh ein Zeichen meines Mannes bekommen: ein verloren geglaubter Stein in Herzform, der mit im Hospiz war, ist plötzlich wieder aufgetaucht.


    Und auf dem Heimweg Im Auto spürte ich seine Hand auf meiner Wange. Es war traurig, aber sehr schön.


    Ich habe heute das Gefühl, ein kleines bisschen voran gekommen zu sein.


    Liebe Grüße,

    Anke

    Vermutlich. Es ist schon eine Leistung, was wir bereits bewältigt haben, da hast Du vollkommen recht.


    Ich habe das Gefühl, als könnte ich nichts allein- immer nehme ich Rücksicht auf Andere und lasse die entscheiden. Komisch, das.


    So viel Sehnsucht. Das ist so wahr... Und doch gibt es kein Zurück.


    Ich wäre gern stolzer auf mich. Es fühlt sich trotzdem nach Scheitern an. Weitermachen nach dem Tod des Mannes - kann das stolz machen?

    Ihr Lieben,


    ich habe die Auszeit genossen - aber der Alltag wartet nicht...


    Ich habe derzeit das Gefühl von Überforderung und Angst. Wie wird mein weiterer Lebensweg aussehen? Komme ich mit Alleinsein und Einsamkeit zurecht? Wie soll ich Urlaub ohne meinen Mann genießen? Was mache ich, wenn mich die Kinder irgendwann/bald nicht mehr brauchen?


    Schon beim Lesen merke ich: wird vermutlich irgendwie gehen. Aber sämtliche Zukunftspläne sind weg. Sämtliche Freude, Sicherheit.


    Tja.


    Da reise ich durch Deutschland, um Zuhause von Selbstzweifeln erwartet zu werden...


    Liebe Grüße,

    Anke

    Ach manu1984w , Du kannst das auch.


    Ich habe keine Familie in meiner Nähe - und wenn ich meine Schwester sehen will, muss ich reisen. Ich krieche also unter und lasse mich trösten und ablenken.


    Aufgeben ist keine Lösung. Und ich habe zusätzlich ein Versprechen an meinen Mann gegeben. Das werde ich halten. Ich möchte, dass er sich nicht um seine Lieben sorgen muss. Er soll da sein,aber keine Angst um uns haben müssen.


    Katzen sind tolle Therapietiere. Wir haben auch so ein Goldstück.

    manu1984w Im Leben bin ich noch lange nicht angekommen. Ich überlebe. Allerdings muss ich mich manchen Dingen einfach stellen, sonst gehe ich unter.


    Und das möchte ich nicht.


    Außerdem möchte ich den Kindern ein Vorbild sein. Sie sehen mich so oft weinend und traurig. Dann möchte ich ihnen das Vertrauen gern schenken, dass sie ohne mich klar kommen.

    Ihr Lieben,


    ich sitze tatsächlich ohne Begleitung im Zug ins erste Wochenende ohne meine Kinder. Alleine nicht - vor einem Feiertag ist es gar nicht mal so leer in der Bahn.


    Ich fühle mich wie ein Kindergartenkind bei der ersten Übernachtung auswärts.


    "Welche Erinnerungsstücke an meinen Mann nehme ich mit", "was tue ich, wenn ich in der Bahn weinen muss " "wie komme ich überhaupt zum Bahnhof " "Ich habe Hunger, Pipi, Durst "


    Eigentlich ist es auch ein bisschen lustig,was mein Hirn sich ausdenkt. Als wäre allein in den Zug steigen die größte Herausforderung meines Lebens. Hahaha. Als ob.


    Meine Kinder freuen sich auf mamafreie Tage. Ich hoffe, mich erwartet kein Chaos, wenn ich zurück bin.


    Ich hoffe sehr, meine Akkus ein Stück weit aufladen zu können um wieder ein paar Schritte gehen zu können.


    Die letzten Wochen waren hart. Gestern waren es 2 Monate seit dem Tod meines Mannes. So kurz und doch so lange...


    Habt ein entspanntes Wochenende.


    Anke

    Danke, Fredchen-Moni72 .


    Die richtigen Worte zur richtigen Zeit.


    Ja, ich möchte diesen allumfassenden, herzzerreißenden Schmerz nicht mehr spüren. Aber andererseits möchte ich die Trauer leben. Weil sie verbindet. Mit meinem Mann. Und damit mit unserem gemeinsamen Leben.