Beiträge von Susi1965

    Herzlichen Glückwunsch zu deinem Geburtstag mein liebes Renéchen. Wie immer an deinem Geburtstag gibt es heute einen schönen Ausflug. Wenn ich meinen Kaffee ausgetrunken und geduscht habe, mache ich mich mit dir im Herzen und an meiner Seite auf zur Insel Hiddensee mit einer Übernachtung. Da waren wir noch nie. Letztes Jahr so kurz nach deinem Tod hat es noch nicht geklappt mit einem Ausflug. Da habe ich mich vor lauter Kummer versehentlich betrunken. Das hättest du nicht gewollt und hättest mit mir geschimpft. Ein bisschen aufgeregt bin ich schon, ob ich meine Aufgabe gut hinkriege. Schön, dass du 27 Jahre für mich da warst. Ich liebe dich ganz doll:*

    Liebe Cathrin,

    vielen Dank für deine einfühlsamen Zeilen. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Es ist wirklich wahr, was alle schreiben: echtes Verstehen findet man nur hier in diesem Forum. Das mit den Unternehmungen ist ja so eine Sache für sich. Ich nehme mir schon etwas vor. Eigentlich fühle ich mich auch wieder bereit, am Aussenleben teilzunehmen. Manchmal klappt es, manchmal nicht. Aber das kennst du (und jeder andere hier wahrscheinlich) ja auch. Du hast das Wort "kneifen" in deinem Wohnzimmer gebraucht, so empfinde ich es auch. Wenn ich es nicht schaffe, in die Tat umzusetzen was sich der Kopf ausgedacht hat, komme ich mir wie ein Looser vor. Aber im Juli habe ich es geschafft, an einem Klassentreffen in Viersen teilzunehmen, fast 700 km von meinem jetzigen Zuhause in M.-V. 11 Stunden über Land gefahren, 2 Nächte im Hotel gebucht und dorthin gegangen. Es war schön und ich war stolz, dass ich das geschafft habe. ABER: immer wieder diese langen Kämpfe im Vorfeld die im Kopf stattfinden. Diese Gefühle, die einen hin- und herschwanken lassen, das raubt so viel Kraft.

    Wie du passend schreibst: es ist so ein ganz anderes Leben ohne unsere Liebsten als vorher, und es gibt auch nach etwas über einem Jahr immer noch keinen Tag ohne Tränen. Verzweifelte Momente, ungläubiges stummes Kopfschütteln. Mein einziger Trost ist, dass wir unser gemeinsames Leben wirklich auch gelebt und geliebt haben, kein nebeneinander her. Es war schön so wie es war, mit allen Höhen und Tiefen. Nur das zu frühe Ende ist wie aus einem schlechten Film...

    LG Susi

    Hallo ihr Lieben,

    ich habe schon ewig nicht mehr geschrieben. Aber jeden Morgen vor der Arbeit bei meinem Milchkaffee und jeden Abend im Bett mitgelesen. Schon sooo lange. Immer über Renés Handy, so musste ich mich nicht lange am PC anmelden und einloggen.... So bin ich aber auch als "Gast" aufgetaucht und habe manches Mal gedacht, wie ein Stalker der hier heimlich mitliest und nicht mehr selber schreibt. Habe mich damit nicht wohl gefühlt. Besonders mitgenommen haben mich die Schicksale von Carmen mit ihrem Lars und von Ron mit seinem neuen Leben auf der Strasse. Das lässt mich nicht los, beschäftigt mich gefühlt 24 Stunden....Wie kann man helfen, was kann man tun...Schicksale im "geschützten Raum" kann ich dann natürlich nicht verfolgen, weil ich ja über René´s Handy nur Gast bin.

    Ich habe Gott sei Dank kein Problem mit dem "sich einsam fühlen" . Ich bin alleine, sehr sogar weil wir viel umgezogen sind, Das ist der Preis für ein gewolltes Nomadenleben. Trotzdem fühle ich mich nicht einsam, ich kann das nicht erklären. Manchmal denke ich, ich bin ein autarkes Kraftwerk. Darüber bin ich froh, über alles andere nicht. Ich bin immer noch nicht in der Lage, am Aussenleben der Anderen teilzunehmen. Ich bin ich, das andere ist fremd und verstörend, macht Angst. Manchmal schaffe ich es, so zu tun als ob... An meinem Geburtstag bin ich nach HRO gefahren und wollte bummeln und essen gehen. Ganz alleine, weil ja alle weiter weg wohnen und ich ja so tue als wenn ich stark bin..Ganz schnell bin ich die Einkaufsstrasse rauf und runter gerannt ohne irgendwo anzuhalten. Nur in den Buchläden bin ich gewesen und habe mich mit Büchern selber beschenkt. Dafür muss man ja auch noch sorgen, für die Geschenke... Gegessen habe ich auch nicht in dem Lokal wo ich wollte (wo wir unseren letzten Hochzeitstag gefeiert haben), das ging nicht... irgendwo sass eine Frau auch alleine draussen und ich habe mich einen Tisch dahinter gesetzt... voll feige.. Als ich die Treppen zum Aussenbereich des Restaurants hochgestiefelt bin hat mich ein Kellner noch gefragt "Ja bitte schön?". Diese Scheiße wäre mir mit René an meiner Seite niemals passiert. Er wusste sich und dadurch auch mir immer zu helfen. Hätte dem Kellner die passenden Worte gesagt und wäre woanders mit mir hin gegangen. Habe es trotzdem geschafft einen Kopf größer zu werden (bin ja schon 180 groß) und ganz bestimmt zu sagen "Ich bin alleine und möchte gerne bei Ihnen essen". Ist das normal? Warum muss man sich rechtfertigen? Hat der gedacht, ich will aufs Klo oder was? Dann habe ich erstmal eine Vorspeise bestellt, wie wir das immer gemacht haben. Manches Mal kommt hier in Deutschland das Hauptgericht schon, wenn man noch die Vorspeise geniesst, das geht gar nicht. Auf dem Tisch standen nur Pfeffer-/Salz-Streuer. Ich will aber Mühle. Früher hätte René ALLES für mich geregelt. Bin über mich hinaus gewachsen, Besteck zur Seite gelegt, gewartet, Hand gehoben und meinen Wunsch geäußert... es hat geklappt, habe Mühle bekommen. Aber es ist ein Kampf. Das war am 25.07. seitdem habe ich mich keiner weiteren Challenge gestellt. Es ist ein ständiger Kampf gegen mich selber, gegen die Außenwelt,.. gegen... gegen.. Am Liebsten möchte ich eh zuhause alleine sein, aber das geht doch nicht, oder doch? Ich habe ja alles. Unser kleines Häuschen, unser großes Grundstück, kann morgens mit meinem Kaffee barfuss raus.. egal wie ich aussehe.. Trotzdem: alles ist Scheiße ohne meinen René

    Liebe Ini,

    das "Gelähmtsein" kenne ich nur zu gut. Wenn ich mich nicht zwinge, verbringe ich meine freien Tage zu Hause. Nur hier habe ich das Gefühl von Sicherheit und René nahe zu sein. Aber irgendwann (keiner kann dir sagen wann weil es bei jedem unterschiedlich ist) wirst du merken dass sich etwas verändert. Mit Steffi/Steppi hast du falsch gelesen, sie ist doch auch erst ganz neu hier... Habe keine Angst, du bist in 2 Jahren nicht am Boden zerstört so wie jetzt. Das kann ich dir versprechen. Die Trauer verändert sich, aber wenn man nicht genau darauf achtet, bemerkt man es kaum. Trotzdem bleibt alles unfassbar, nicht greifbar. Ich hatte immer Angst vor dem Zeitpunkt, dass meine Eltern sterben. Nun ist alles anders gekommen und mein Mann ist gestorben. Wenn jetzt meine Mutter oder Vater stirbt habe ich keine Tränen mehr übrig. Ich denke einfach nur "dann ist das so". Oft kann ich mir auch nicht vorstellen, dass ich hier vielleicht noch weitere 20 Jahre rumhampeln soll. Was ist das für ein merkwürdiges Theaterspiel. Aber dann kommen doch wieder kleine Lichtblicke. An manchen Tagen kann man sie erkennen und annehmen, an manchen möchte man sie einfach nur wegboxen weil man diese Lichtblicke nicht mehr mit seinem Lieblingsmenschen teilen kann.

    Liebe René,

    bin wieder zurück aus meinem Kurzurlaub. Es war traurig und schwierig zugleich. Christiane hat kein einziges nettes, aufmunterndes Wort gefunden zu deinem Tod oder zu meinen letzten Monaten. Als wenn du nie existiert hättest . Dabei waren wir doch alle mal befreundet und haben Partys zusammen gefeiert, Hochzeiten, Geburtstage...Ich glaube, ich erwarte zu viel. Jedem, dem ich das erzähle hat Verständnis für diese Reaktion oder Nichtreaktion. Ich komme mir langsam vor wie jemand der schizophren ist. Dabei möchte ich dich doch einfach nur in meinen "Alltag" integrieren, dich teilhaben lassen an allem. Aber wenn keiner mehr mit mir über dich redet...Alles wird totgeschwiegen, als wenn ein Hamster gestorben wäre und nicht du. Den letzten Tag habe ich nur für mich gebraucht und für uns. Ich war an einigen Stellen, wo nur wir zusammen waren. Alles andere war mir zu kompliziert mit denen. Der eine wollte das, der eine dies... So habe ich gelernt, alleine essen zu gehen. Und es war gar nicht schlimm, im Gegenteil. Ich habe unser Essen genossen und war tiefenentspannt. Du warst bei mir. Meine Freundschaft zu Christiane habe ich aufgelöst. Habe sie darauf angesprochen, dass ich enttäuscht bin. Hätte gedacht, sie nimmt mich mal in den Arm oder sagt " Schön, dass du trotz allem hier bist" irgendetwas halt. Aber wenn so gar nichts kommt...:/ ausser der Aussage "ich bin halt so wie ich bin und nicht unbedingt der herzliche Typ". Wir passen nicht mehr zusammen und das muss man dann akzeptieren. Auf der Heimreise im Sylt-Shuttle habe ich dann sehr geweint. Wie schön wäre es doch gewesen wenn....

    Aber trotz allem glaube ich, dass du stolz auf mich bist. Immer bist du Auto gefahren über Autobahn. Nun fahre ich einfach immer über Land zu meinen Zielen. Statt 4 Stunden halt 8 Stunden. Anstrengendes Leben, alles anders, aber ich lerne. Und dass dein Smart einmal auf Sylt war hättest du auch gut gefunden:)

    Liebe Ini,

    hier melden sich leider so viele neue Menschen an mit ihren unvorstellbaren Schicksalen. Manchmal weiß ich gar nicht, wem ich etwas schreiben soll. Man kann nicht jedem schreiben ohne oberflächlich zu werden. Jedes einzelne Schicksal ist schlimm, so sensibel anzunehmen und raubt mir oft den Atem. Du hast aber deine Verzweiflung so intensiv beschrieben, daß ich dir schreiben möchte. Es ist wahr und furchtbar wie man sich "anfangs" fühlt: hoffnungs- und haltlos. Die wichtigste Bezugsperson ist weg, wie soll das gehen? Gar nicht: Angst, Panik, Ungläubigkeit, Hoffnungslosigkeit... Ich/wir hier können das alles nachvollziehen. Mein Mann ist seit 11 Monaten tot, es hat immer noch keinen Tag gegeben wo ich nicht um ihn/uns weine. Um unsere Vergangenheit, unsere Zunkunft und um diese beschissene Gegenwart. Es gibt nichts was uns hilft, wir müssen im Grunde ganz alleine dadurch. Aber in gaaaanz kleinen Schritten wird es besser. Es wird nicht einfacher mit allem, aber der Schmerz -wo man glaubt es zerreisst einen förmlich von innen raus- wird leiser. Er ist immer noch da und wird hoffentlich immer bleiben als Andenken an unsere große Liebe. Aber es ist wirklich die Hölle, durch die man durch muss und man hat das Gefühl, keiner versteht einen. Die beschissene, verdammte Welt dreht sich einfach weiter. Ich bin bei dir hängen geblieben bei der Oase der Ewigkeit. Habe ich mich auch für entschieden, so sind unsere Männer immer bei uns:saint:

    Guten Morgen ihr Lieben,

    ich danke euch von Herzen für euren aufmunternden Zuspruch und eure empathische Anteilnahme. Eure Worte helfen und werden mich in meinem Urlaub begleiten<3

    Liebe Grüße

    Susi

    Mein lieber René,

    morgen ist es soweit. Ich fahre mit deinem Smart nach List. Treffe mich da mit Christiane, Martina und Alea. Du weißt schon: Mädelsurlaub wie 2022. Nur hast du damals noch gelebt und warst gesund, bzw. wir hatten das gedacht. Du hast mich zum Bahnhof gebracht, dir standen die Tränen in den Augen obwohl ich doch nur 5 Tage weggefahren bin. Aufgrund deines Berufes waren wir vorher manches Mal auch länger getrennt. Es hat mich damals sehr berührt. Nun hast du dich von mir verabschiedet. Nicht für 5 Tage sondern für immer. Findest du das richtig???

    Ich habe Angst vor dem Kurzurlaub. List war auch unser beider gemeinsamer letzter Urlaub, 2 Monate bevor du gestorben bist. Da warst du schon unheilbar krank. Manchen Tag ging es halbwegs gut, manchen Tag richtig schlecht. Aber das wussten wir vorher und haben uns mit der Situation arrangiert, jeden Tag neu. Es war für uns beide trotz allem schön und eine wertvolle Zeit, nun werde ich diesen Ort wieder aufsuchen. Einerseits möchte ich aus meiner Komfortzone hier zuhause raus, andererseits habe ich Angst vor der Konfrontation. Es wird schwierig. Darum habe ich mir auch ein eigenes App. gemietet. So habe ich meinen Rückzugsort wenn mich Trauer und Erinnerungen überkommen. Was die Freundschaft zu Christiane anbelangt werde ich schauen, ob es nochmal so werden kann wie früher. Bevor du gestorben bist und sie sich seitdem hier nicht hat blicken lassen. Ich möchte ihr schon noch eine Chance geben, wir sind schließlich seit fast 50 Jahren beste Freundinnen. Eigentlich:/, hatte ich zumindest gedacht. Wir werden sehen, ich lasse alles auf mich zukommen. Dein Smart hat mir heute ganz schön Probleme, Wut und Tränen bereitet. Wollte ihn reiseklar machen, alle Flüssigkeiten auffüllen, zum ersten Mal in meinem Leben. Bin ja sehr ungeduldig, habe mich aber zur Ruhe gezwungen. Hinten Öl, vorne der Rest; was für eine Friemelei. Habe die Autohaube vorne dann nicht mehr drauf gekriegt. Laut You tube Videos: alles easy:rolleyes:. Von wegen alles easy, es hat eine Stunde gedauert mit Unterbrechungen und Heulkrämpfen. Habe schon geschrieben, dass ich wahrscheinlich nicht kommen kann. Und war sogar froh, dass ich zuhause bleiben kann. Aber so funktioniert Leben ja nicht. Wie oft habe ich das Gefühl, ich sitze einfach meine restliche Lebenszeit ab, ohne Freude. Aber dann merke ich doch, dass ich es schön finde, dass nach 3 Jahren wieder ein Storch bei uns im Nest sitzt und vor sich hin klappert. Oder der Duft der ganzen Blütenbäume jetzt im Frühling ins Schlafzimmer strömt. Ach, was würde ich dafür geben, wenn du das noch mit mir erleben dürftest. Ich kann dir nicht sagen, wie sehr du mir fehlst. Ich bin so zerrissen: muss mich zwingen, meinen Hintern hoch zu kriegen um noch am Leben teil zu nehmen und auf der anderen Seite immer die Sinnfrage. Der einzige Sinn besteht darin, sich selber aus diesem Loch, aus diesem Sumpf, dieser Hölle zu ziehen. Das fällt so schwer, du würdest mit mir schimpfen wenn du mich manches mal so siehst. Jeder sagt "du bist so stark", sie kennen nicht die Wahrheit. Seit 3 Wochen habe ich eine Challenge: einmal die Woche den Hintern hoch kriegen und raus, alleine etwas unternehmen. Nur die Arbeit und das Zuhause ist nicht gut, oder doch? Ich gehe aber auch in den Supermarkt obwohl ich nix brauche, nur damit ich unter Leuten bin. Dann sagt die Kassiererin "war das alles"? und es hat jemand mit mir geredet:). Manchmal reicht mir das schon. Das Leben ist so traurig geworden ohne dich. Gott sei Dank kann ich aber auch hin und wieder wieder lachen. Das ist schön, aber diese tiefe Grundtraurigkeit in meinem Inneren die bleibt. Du wirst morgen mit mir fahren, da bin ich mir ganz sicher, ich liebe dich!

    Hallo liebe Zausel,

    ich weiss das schon sehr zu schätzen, dass ich noch eine Mutter habe die ihren 80. Geburtstag auch mit mir zusammen feiern möchte. Da es aber auch eine jüngere Schwester gibt die das Lieblingskind ist muss ich mich dem fügen, was die beiden zusammen beschlossen haben. Wie immer in unserem gemeinsamen Leben. René hat mich oft gefragt: Bist du nicht traurig, wenn deine Mutter mit deiner Schwester in Urlaub fährt und du noch nicht mal gefragt wirst ob du mit möchtest. Er konnte es nicht fassen, dass ich schon lange nicht mehr traurig war. Hat es mir nicht geglaubt, obwohl es so war. Meine Mutter hat auf meine Frage, warum wir nicht mal alle drei wegfahren können geantwortet: Du bist ja nicht für diese Länder. Stimmt! Aber wir hätten zu dritt eine andere Art von Urlaub machen können. Daraufhin kam nix mehr. Meine Mutter wollte hier im Norden ihren Geburtstag feiern, meine Schwester hat es ihr ausgeredet weil der Geburtstag auf Pfingsten fällt und somit Schützenfest im Sauerland. Nun wohne ich 600 km weit weg, bin am Ende meiner Kräfte, mein Kätzchen bekommt epileptische Anfälle wenn ich ihn in die Box stecke und alles soll in meinem Kopf noch richtig funktionieren. Ich weiss, dass ich dankbar sein darf, noch eine Mutter zu haben. Weiss halt nur im Moment nicht weiter. René würde sagen: Scheiss doch auf deine Familie. Hat sie dir jemals geholfen. Nur Lügerei. Aber es ist halt Familei

    Mein liebes Renéchen,

    ich habe vor ein paar Tagen unsere Schachtel mit Liebesbriefen im Kamin verbrannt. Es ging mir sooo schlecht dabei. Ich hoffe, du bist mir nicht böse. Ich weine seitdem sehr viel um uns. Aber wenn ich morgen sterbe, hinterlasse ich dieser kruden Nachwelt nicht unsere ganz privatesten Zeilen. Ich trage zuhause nur noch dein schönes, warmes, kanadisches Holzfällerhemd. Nachts trage ich deine zerlöcherten T-Shirts. Manchmal komme ich aus der Dusche und ziehe alles wieder an zur Arbeit. Außer der Schlafanzugshose natürlich. Ich kann es kaum ertragen zur Zeit. Meine Mutter möchte ihren 80. Geburtstag feiern. Sie hatte vorgehabt in unserer Gegend. Aber wie es in einer Familie so ist gibt es da Einsprüche. So muss ich wieder organisieren, kümmern, tun, machen. Ich kann aber nicht mehr, René. Selbst wenn du mir Kraft schickst, ich bin am Ende. Ich habe das Gefühl, dass mich meine eigene Familie zerstört. Sie denken nur nach über Geburtstag und anschliessendender Feier auf einem Schützenfest..... KRANK!!!!!

    Hallo Uwe,

    bist du vielleicht die Person, die unter anderem in Pruchten auf dem Campingplatz mit einem Wohnmobil die Erinnerungstour an seine geliebte Rosie gemacht hat? Ich habe da 2019 an der Rezeption gearbeitet. Wenn du das warst, bist du sehr oft an die Rezeption gekommen und hast sehr gerne darüber erzählt. Mich hat das damals sehr beschäftigt und ergriffen. Was es tatsächlich bedeutet, weiss ich aber jetzt erst.

    Liebe Grüße

    Susanne

    Ach René,

    heute ist ein Tag zum Durchheulen. Die "Feier"tage sind überstanden, habe geglaubt, dann geht´s besser. Das Gegenteil ist der Fall. Silvester war ich- entgegen meinem Vorhaben- bis Mitternacht wach. Es ging da noch relativ gut. Habe mir aus unserem Schlafzimmerfenster das Feuerwerk angeschaut. Pauli war draussen und auch durch Rufen und Pfeifen Stunden vorher nicht rein zu bekommen. Er hat mir schon leid getan. Ich mir aber auch. Habe dir zugeprostet und dir Luftküsse in den Himmel geschickt, obwohl ich gar nicht an die Himmelstheorie glaube. Aber wonach greift man nicht alles in seiner Verzweiflung. Nun, im ersten, Neuen Jahr ohne dich wird mir erstmal bewusst, dass es das erste neue Jahr ohne dich ist. Alles auf Anfang, ein ganzes Jahr lang duchhalten ohne dich. Dann heute von deinem Facebook Account ein Jahresrückblick 2023 mit Musik untermalt. Warum muss das jetzt auch noch kommen. Der Rückblick ging eh nur bis zur Jahresmitte denn dann warst du ja schon tot. Und die wirklich wichtigen und traurigen Momente waren natürlch nicht dabei. Scheiß Facebook, bin eh kein Freund, Zeitfresser. Aber du warst nunmal dabei. Versuche, dein Profil zu löschen. Deine Ex-Frau fummelt mir zuviel darin rum. Wir sind seit 25 Jahren verheiratet und sie muss jetzt gemeinsame Fotos von uns beiden liken. Du hast sie gehasst wie die Pest und jetzt mischt sie sich doch noch in unser Leben ein. Deine mit ihr gemeinsamen Kinder fordern ihren Pflichtteil, dafür hat sie auch gesorgt. Ich bin doch einfach noch traurig und habe genug mit mir selber zu tun. Weiss gar nicht, wie man so ein Nachlassverzeichnis erstellt bis zu deiner letzten Unterhose hin. Das ist grausam und gruselig. Ich habe alles für sie zusammengestellt: 4 Fotoalben von dir als du klein warst. Mit deinen Eltern, deine Eltern als sie jung waren, also ihre Großeltern, deine Hefte, als du Schreiben gelernt hast, die Koordinaten der Seebestattung von ihren Großeltern, deine Schulzeugnisse,... Darauf reagieren sie gar nicht mehr, sie wollen nur Geld sehen. Als du gestorben bist haben sie lieber schön warm in ihren Hotelbetten gelegen, obwohl sie wussten, dass du die Nacht nicht überlebst. Haben am Morgen auch erst gemütlich gefrühstückt. Um 2.00 Uhr bist du gestorben, um 08.00 Uhr bin ich nach Hause gefahren, um 09.00 ist deine Tochter gekommen und hat ihre Mutter mit an dein Totenbett gebracht, weil ja die Luft rein war. Das hättest du nie gewollt, das wusste deine Tochter auch ganz genau. Und trotzdem wurde dein Wille nicht akzeptiert. Diese Familie ist einfach nur erbärmlich. Ich möchte doch einfach nur in Ruhe gelassen werden und meine Trauer verarbeiten.

    Christiane hat mir an Neujahr "Viel Freude für 2024" gewünscht. Musste mal wieder schlucken. 48 Jahre sind sie und ich befreundet. Habe es erstmal sacken lassen und am Abend zurückgeschrieben. Dass ich meine Freude erstmal wieder lernen muss. Dass ich mir für 2024 Stärke, Mut und Zuversicht wünsche um alles zu schaffen. Auch das Praktische. Aber in einer Spassgesellschaft wünscht man sich wohl viel Freude. Ob sie sich vorstellen könnte, wenn ihr Albrecht heute tot wäre, dass sie sich auch viel Freude wünscht fürs neue Jahr. Ihre Antwort: Tut mir leid, wenn ich mich im Ton vergriffen habe. An Silvester ist man ja auch nicht mehr ganz nüchtern. Mehr nicht! Wenn sie das bereut hätte... es waren viele Stunden dazwischen, wo sie es hätte korrigieren können. "Ein Frohes neues Jahr, ich denke an dich und nehm dich mal in den Arm" hätte doch schon gereicht. Vielleicht bin ich zu hart? Du hast immer gesagt, sie ist dumm wie Brot. Ich habe sie immer verteidigt und mir meine Freundschaft nicht schlechtreden lassen. Auch von dir nicht. Hab immer gesagt, ich kenn sie länger als dich und sie wird immer meine Freundin bleiben. Wir hatten einige Bewährungsproben, aber diese hier wird sie wahrscheinlich nicht überstehen. Meine Geduld ist auch bald ausgereizt.

    Hallo Lena,

    es ist einfach immer wieder neu unfassbar, was es für schlimme Schicksale gibt. Jedesmal macht es mich sprachlos obwohl ich selber zu den ungewollt zurückgebliebenen gehöre. Wir waren alle so lange zusammen verheiratet, waren Lieblingsmenschen. Wenn ich das Lied von Roland Kaiser höre " Du bist und bleibst meine Seele" muss ich immer weinen, obwohl ich eher Tote Hosen Fan bin und mir das Lied "Steh auf wenn du am Boden bist" tagelang, wochenlang angehört habe. Ich nehme dich einfach mal in den Arm ohne Worte. Jedes Wort ist im Moment zuviel weil alles nur weh tut...

    Liebe Grüße

    Susanne

    Hallo zusammen,

    ich wollte einmal meine Lieder mitteilen, die mich über meinen Schmerz hinweg tragen:

    Steh auf, wenn du am Boden bist von den Toten Hosen

    Land in Sicht von Nino de Angelo

    Extreme und trotzdem liebe ich dich von Roland Kaiser

    De Klock is dree von Ina Müller

    Sie beisst und kratzt . Das Lied mochte mein Mann für mich. Ich fand das immer doof. Jetzt wo er tot ist höre ich es mir immer an;(

    Sie alle helfen mir ganz doll wenn ich sie laut höre

    Lieber Tommi,


    einen wunderschönen Kranz hast du für deine Frau ausgesucht.

    Es ist gut, dass du den Weg hierhin gefunden hast. Ich bin auch erst seit kurzem hier, das Schreiben befreit ein bisschen. Und das Wissen, dass man mit seinem starken Trauerschmerz nicht alleine ist. Als ich deinen Beitrag gelesen habe, musste ich weinen. Es ist ganz furchtbar, was unsere Liebsten ertragen und wie sie leiden mussten. Mein Mann war auch ein "starker Kerl" und zum Schluss habe ich ihn -genau wie du deine Frau- nur noch am Rollator, am Stock und im Bett gesehen. Und man selber ist so hilflos, kann nur Mut zusprechen. Man glaubt ja immer noch an ein Wunder. Aber wenn man dann das Wort "austherapiert" hört, ist das ein Schock. Für beide. Nun sind wir übrig geblieben, unsere Liebsten leiden nicht mehr, wir leiden weiter. Ich wusste nicht, dass Trauer so weh tun kann. Deine Gedanken, dein Kopfkino... das ist die ganz langsame Verarbeitung der schrecklichen Geschehnisse, des furchtbaren Schicksals, das wir hier alle so nicht gewollt haben. Ich habe auch einen Horrorfilm erlebt auf der Palliativstation als mein Mann gestorben ist. Das kann man nicht loswerden. Ich sitze immer noch oft fassungslos da und schüttele einfach ungläubig den Kopf. Bei dir ist alles noch ganz frisch und die Gefühle überrennen einen wie ein Tsunami: Angst, Panik, Verzweiflung, Wut, unerträgliche Sehnsucht, Liebe, Trauer, Hilflosigkeit... und dazu kommt noch der ganz normale Wahnsinn, den man zu bewältigen hat.

    Es ist ein langer, schwerer Weg der vor uns liegt. Aber wir werden das schaffen, da müssen wir fest dran glauben!


    Liebe Grüße

    Susanne

    Warum bin ich heute trauriger, wehmütiger als an den Feiertagen selber? Ich frage mich die ganze Zeit, war Weihnachten schon? Kommt Weihnachten noch? Die Tage sind einfach so an mir vorbeigezogen, wie in einem Film. Ein Film, in dem ich keine Rolle spiele. Ein Außenstehender, der zuguckt. Darüber habe ich heute den ganzen Tag nachgedacht. Wie konnte das passieren, ich wollte doch ganz bei mir sein und bewusst ganz alleine nur mit René. Es gab ein Weihnachten, dass in meinem Leben überhaupt keine Rolle spielt. Oder spielt dieses "gefühlt nichtvorhandene" Weihnachten eine ganz große Rolle. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich Weihnachten dieses Jahr von seinem Sockel geholt habe, ansonsten wäre es wahrscheinlich nicht zu ertragen gewesen.

    Obwohl ich alleine war, habe ich mich festlich angezogen, mich geschminkt, Glitzerpuder ins Gesicht. Hab mich damit einfach besser gefühlt, bisschen Würde bewahren halt;). Aber der "Sockel" ist weg, das "Magische" an Weihnachten. An diese Stelle ist nun etwas anderes getreten: Stille und Aushalten. Am 24.12. abends musste ich diese Stille mit der Weihnachts-CD von Cher durchbrechen. Sie war mein "Erste-Hilfe-Koffer" wenn es gar nicht mehr geht und es hat funktioniert:). Danach brauchte ich sie nicht mehr: Stille und Aushalten. Ich wünsche mir so sehr, dass diese Erfahrung etwas mit mir macht. Mich stärker, kräftiger macht. Vielleicht kommt das noch. Im Moment fühle ich mich nur verstört und irritiert, weil ich gefühlt keine Erinnerung habe, dass diese Feiertage schon gewesen sind.

    Und nun kommt Silvester. Weihnachten ist ein besinnliches Fest wo es okay ist, wenn man alleine ist und nachdenkt. Aber an Silvester ist jeder um einen rum ausgelassen, in Feierlaune und in freudiger Erwartung was das nächste Jahr bringen mag, gute Vorsätze. Davon bin ich meilenweit entfernt. Was gibt es zu feiern, was soll ich mir vornehmen, wie soll man es schaffen, im nächsten Jahr froh zu werden. Ein ganzes Gebirge steht vor einem, schwere Trümmerteile. Ach Scheiße, voll die Sinnkrise heute. Morgen muss das wieder anders werden. Ich hasse es, in Selbstmitleid zu ertrinken. Das bin nicht ich!

    Tja,

    nun haben wir den Tag bzw. Abend auch hinter uns gebracht. Schwer war es. Ganz bewusst habe ich mich an Weihnachten für das Alleinesein entschieden. Einladungen abgesagt. In unsere Heimat an den Niederrhein zu fahren, wäre mir zu weit gewesen, ich wollte hier bei dir bleiben und auch ganz bei mir. 27 Jahre lang stand ich an Heilig Abend den ganzen Tag in der Küche und habe für uns ein Mehrgangmenue gekocht und du hast dich von meinen Kochexperimenten überraschen lassen. So gefreut hast du dich immer über die Menuekarte. Nie wusstest du, was es gab. Tagsüber ging es eigentlich recht gut. Bis ich an deinem "Grab" in unserem Garten stand, mit deinem letzten Weihnachtsgeschenk an meinem Finger. Ich habe dir drei (für Putzi, Nelly und dich) rote Christbaumkugelherzen und einen Tannenbaumzweig hingelegt. Gekocht habe ich mir auch etwas, aber so wie es früher mit uns beiden war, ging es natürlich nicht: Schneckensuppe und Vitello Tonnato. Angerührt habe ich nichts, statt dessen eine Flasche Sekt aufgemacht. Ein paar Kleinigkeiten habe ich mir selber als Geschenk eingepackt. Ein Taschenbuch, ein Parfum. Ausgepackt habe ich nichts, statt dessen ganz laut die Weichnachts-CD von Cher gehört. Nicht das süsse Weihnachtsgedudel, das kann ich in diesem Jahr nicht ertragen. Pauli war draussen, hat mit dem Laub gespielt und Mäuse gesucht. Er hat immer noch "ADHS". Da hast du uns was aus dem Tierheim angeschleppt, ich sag es dir. Ach René, du fehlst mir so! Andere werden so alt, dass man sie fast mit der Schöppe erschlagen muss....Bei uns ist alles anders gelaufen, warum nur? Hoffentlich komme ich irgendwann mal an den Punkt, wo ich dankbar bin, dass es dich gab und für unsere gemeinsame, schöne, abenteuerliche Zeit. Wenn du mich so sehen würdest, würdest du zu mir sagen: "Nun steiger dich doch da nicht so rein". Vielleicht fahre ich heute mal ans Meer, aber das sage ich ja schon 6 Monate lang zu mir. Seit du tot bist, habe ich das nicht mehr gemacht. Und auch sonst nicht viel. Arbeiten, nach Hause kommen. Versuchen, die Dinge, den Alltag auf die Kette zu kriegen. Ich finde es schlimm, dass alles so weitergeht wie vor deinem Tod. Du bist nicht mehr da und trotzdem läuft alles weiter. Das Gute ist, dass ich mich nicht einsam fühle, mit dem Alleinsein komme ich gut klar. Ausserdem habe ich zuhause ja eh das Gefühl, dass du bei mir bist. Und trotzdem: was würde ich dafür geben, wenn ich dich noch einmal ganz, ganz feste drücken könnte...