Beiträge von Lunabel

    Guten Abend an alle,


    endlich haben mein Sohn und ich uns für eine Pflanze für's Unfallkreuz von Ulrich entschieden. Wir probieren es mit echten Wein. Johannes hat gleich gemeint, dass der Papa ja sehr gerne Wein getrunken hat, das passt dann.


    Allerdings hatte er die Vorstellung, dass wir einfach eine Flasche Wein kaufen könnten und diese dann in die Erde stecken, damit da Wein wächst... schon lustig, was Fünfjährige so denken.


    Mir ist bei diesen Überlegungen wieder eingefallen, dass an einer von Ulrichs früheren Wohnungen grüne Weintrauben an der Hauswand wuchsen und er sie öfters für Johannes gepflückt hat. Die waren gar nicht schlecht und Johannes hat sie immer gerne genascht.
    Ich hoffe nur, dass wir das mit dem Einpflanzen am Straßenrand hinkriegen. Der Boden ist dort doch sehr hart. Werde wohl eine große Packung Erde kaufen und ordentlich Gießwasser mit hinnehmen. Ist echt doof, dass die Unfallstelle doch so weit weg ist von uns.


    Am Sonntag waren wir auch wieder beim Grab und Johannes hat ganz eifrig gegossen. Ich bin ganz erleichtert, dass er sich schön langsam darauf einlassen kann, aktiv wird, viele Fragen stellt... nur so kann er den Tod seines Papas verarbeiten.


    Bei mir selber ist es die letzten Wochen wieder deutlich schlimmer. Gab es doch schon Zeiten, wo ich nicht mehr sooo oft an Ulrich denken musste, ist es nun wieder permanent in meinem Kopf und Herzen. Es tut ständig weh, dass er nicht mehr da ist. Manchmal frag ich mich schon, ob das noch normal ist. Dieses ewige an ihn denken; es ist mir irgendwie den ganzen Tag über bewusst, was passiert ist. Es lässt mich nicht los. Die Frage, warum gerade uns das passieren musste, tritt nun immer stärker in den Vordergrund. Dabei kann man darauf doch keine sinnvolle Antwort finden. Manchmal hab ich das Gefühl, dass ich anfangs besser damit zurecht kam, als jetzt.


    Wir konnten uns über so viel austauschen. Er war sooo lebendig, er sprühte so richtig vor Energie und war unheimlich witzig. Natürlich war es auch oft anstrengend, weil er alles hinterfragt hat, aber gerade durch die Oberflächlichkeit mancher Menschen, vermisse ich das nun um so mehr.


    Ich vermisse die Farbigkeit dieses geliebten Menschen so sehr!!!


    Vielen Dank für's Lesen.
    :2:


    Melanie

    Hallo Linda,
    hallo Markus,


    danke für eure Tipps und lieben Worte.


    Ich bin immer noch unentschlossen, was ich an's Unfallkreuz pflanzen soll, aber eine Susanne dann wohl eher nicht, sonst haben wir nach dem Winter wieder das gleiche Problem. Bin leider auch so gar nicht mit dem Gärtnern vertraut. Vielleicht wäre ja wilder Wein was? Zumindest würde es zu ihm passen, da er Wein sehr gerne getrunken hat.


    Habe vor kurzem gleich nochmal von Uli geträumt und es meinem Sohn erzählt. Der meinte dann abends zu mir: "Mama, ich weiß, warum du so oft von Papa träumst. Das ist, damit du nicht so lange warten musst, bis du ihn wieder sehen kannst!"
    Ich war ganz gerührt von der Einfachheit und Überzeugtheit dieser Worte. Johannes glaubt inzwischen ganz fest daran, dass wir Papa nach unserem Tod im Himmel wieder sehen werden. Er fragt auch oft, wann ich sterbe und wann es bei ihm soweit ist.


    Gleichzeitig ist er inzwischen oft wieder so ein energiegeladenes Bündel Mensch, dass ich sehr glücklich bin, ihm zuzusehen, wie er sich weiterentwickelt. Jetzt hat er schon die erste Milchzahnlücke, spielt zum zweiten Mal beim Fußballturnier mit und lernt gerade schwimmen... es passiert soviel in seinem Leben. Schade, dass der Papa das alles nicht mehr aktiv miterleben kann.


    Es geht langsam, aber stetig bergauf, trotzdem bleibt die große Traurigkeit und das Vermissen nahezu jeden Tag.


    Wünsche euch allen viel Kraft die Trauer auszuhalten.


    Melanie

    Hallo Jutta,
    hallo ihr lieben da draußen,


    die letzten Tage waren so bedrückend. Ich hatte frei, könnte die Zeit ein bißchen genießen, aber es fällt mir so schwer. Habe das Gefühl, alles steht still, es geht nichts voran. Alles ist mühsam und ich habe keine Geduld mehr, diese Schwere und Traurigkeit auszuhalten. Alles was in den letzten Wochen positives passiert ist, Menschen die mir näher gekommen sind, vergleiche ich mit dem was ich verloren habe. Wie sehr war ich in diesen Menschen verliebt und was hatten wir für ein Glück zusammen, vor allem mit unserem Kind, das wir uns gewünscht haben. Es ist ein Geschenk Gottes, da bin ich sicher.


    Heute Nacht hatte ich wieder mal einen Traum, in dem Uli so nah und echt war. Er war endlich wieder bei mir im Arm und ich habe ihn an mich gedrückt, er hatte ganz viele Haare verloren. Aber er war zurück - es war nur eine Krankheit gewesen und er war gar nicht tot! Ich hatte so eine Wut auf die anderen, die mir einreden wollten, dass Uli gestorben ist.
    Wie traurig war das Erwachen danach.


    Es gelingt mir nicht mehr, jemanden wirklich nahe kommen zu lassen. Ich kann mich innerlich noch nicht näher auf jemanden einlassen, Nähe wird mir ganz schnell zu viel und ich will dann wieder alleine sein. Es gibt durchaus Menschen, die mich oft anrufen, oft was mit uns unternehmen möchten und dann eben auch vielleicht noch mehr erwarten. Das geht aber nicht. Ich spür da ganz deutlich meine Grenzen.


    Leider hab ich auch meine Freundin ein bißchen verletzt, weil ich ihr ehrlich gesagt habe, dass ich mir nicht vorstellen kann eine ganze Woche zusammen mit ihr und ihrem Sohn zusammen Urlaub zu machen. Unsere Söhne haben einfach überhaupt keinen Draht zueinander. Da ist ein Tagesausflug oft schon recht schwierig und anstrengend. Nun ist der Kontakt ein bißchen belastet, zumindest empfinde ich es so. Aber ich wollte lieber jetzt ehrlich sein, als dass ich einer für mich unguten Situation zustimme.


    Ein bißchen stolz bin ich darauf, die zwei Urlaubswochen trotzdem regelmäßig Sport gemacht zu haben, auch wenn ich mich sehr dazu überwinden musste. Ich weiß, dass es mir langfristig gut tut. Und ich hab mir in der Sauna mal einen Ruck gegeben und einfach ein Gespräch mit jemanden angefangen. Sowas fällt mir unheimlich schwer, aber ich hab's gemacht. :-) Es war auch ein sehr nettes Gespräch und der junge Mann hat mir danach immer wieder mal zugelächelt.
    Seit dem Tod Ulrichs ist mir so ein Lächeln ganz viel wert. :-)


    Geht es eigentlich noch jemanden so, dass er Probleme mit der Grabgestaltung hat? Irgendwie möchte ich schon seit langem das Unfallkreuz verschönern und lange Zeit ist es daran gescheitert, dass Johannes total blockiert hat, nicht auf den Friedhof wollte und auch wenn wir zur Unfallstelle gefahren sind, ist er jedesmal im Auto eingeschlafen. Er wollte da auch nicht aussteigen...
    Inzwischen möchte er Papa Blumen bringen und wir haben nun auch schon mal ein paar Blüten auf's Grab gepflanzt. Ich schaffe es aber nicht so richtig, die Unfallstelle zu gestalten. Sie ist halt auch ziemlich weit weg von uns. Es steht bisher nur ein selbstgebautes Holzkreuz mit einem Bild von Ulrich, was Johannes mal von seinem Papa geknipst hat. Die eingepflanzten Pflanzen gehen total unter, da sie zu niedrig sind. Vielleicht wäre es besser etwas hochschlingendes einzupflanzen. Mir würde diese orangeblütene Pflanze gefallen, ich glaube sie heißt Susanne. Aber ob die dort dauerhaft wächst? So am Straßenrand, neben dem Wald?


    Möchte euch auch noch sagen, dass ich viel bei euch anderen mitlese, aber mich irgendwie selten aufraffen kann zu schreiben. Ich hoffe, ihr seid da nicht böse deswegen. Bin in Gedanken aber bei euch und teile eure Trauer um eure verlorenen Lieben.


    Wünsch euch allen ein trostreiches Wochenende mit vielen erholsamen Momenten,


    Melanie

    Hallo Jutta,
    hallo all ihr anderen Mittrauernden,


    bin gerade sowas von ärgerlich, dass ich mir echt mal Luft machen muss.


    Der Tod Ulrichs ist nun schon beinahe 1 Jahr her und die Staatsanwaltschaft hat es noch nicht mal geschafft unserem Rechtsanwalt Akteneinsicht zu gewähren. Ich habe sogar schon persönlich mit dem bisher zuständigen Staatsanwalt gesprochen und gefragt, woran das liegt, dass es so lange dauert. Der war sehr nett und hat mir erklärt, dass ein verkehrsrechtliches Gutachten von ihm angefordert wurde, damit zweifelsfrei geklärt ist, warum dieser schreckliche Unfall passiert ist. Er hatte mich dann nach Erhalt des Gutachtens auch selber angerufen und mir mitgeteilt, dass das Gutachten eindeutig belegt, dass Ulrich keinerlei Mitschuld an seinem Tod hatte. Zudem sicherte er mir zu, dass wir demnächst Akteneinsicht bekämen und das Verfahren beschleunigt bearbeitet wird. Das ganze war Ende Februar diesen Jahres. Nun haben wir morgen Juni und es ist immer noch absolut nichts passiert!
    Der bisher zuständige Staatsanwalt wurde Ende Mai nach Neumarkt versetzt. Ich versuche nun wieder mal bei der Staatsanwaltschaft jemanden zu erreichen, aber es geht einfach niemand ans Telefon.
    Mich kostet das soviel Kraft und Überwindung dort überhaupt anzurufen. Es zieht mich total runter. Warum wird ein Verfahren, das wohl eindeutig ist und bei dem es immerhin um ein Menschenleben geht, so lange liegen gelassen?
    Weiß jemand, ob es in Deutschland Fristen gibt, wie lange sowas maximal liegen bleiben darf?


    Ich bekomme zudem Druck vom Arbeitsamt, weil ich seit Ulrichs Tod dort aufstockend Bezüge erhalte, da mein Einkommen nicht zum Überleben reicht. Wenn dieses Verfahren durch ist, könnte ich endlich den Unterhalt, den Ulrich ja für Johannes gezahlt hat, von der Versicherung des Unfallverursachers fordern. Doch solange offiziell kein Urteil da ist, zahlt die Versicherung keinen Cent.


    Ich bin so deprimiert - das ist doch nicht gerecht! Jemand, der meinen geliebten Menschen tot fährt, lebt schon fast ein Jahr unbehelligt weiter, hat weder eine Geldstrafe bekommen noch sonst was. Und das, obwohl der eine ganze Latte an Verkehrsdelikten hat! Ihm wurde noch nicht mal der Führerschein entzogen...
    Mir ist fast schlecht bei dem Gedanken, dass er immer noch eine Gefahr für alle auf den Straßen darstellt.


    Und wir müssen schaun, wie wir weiter überleben können.


    Traurige Grüße an alle,


    Melanie

    Hallo an alle Trauernden,


    habe eine Weile nur mitgelesen und ein bißchen Abstand gebraucht. Inzwischen geht es mir wirklich besser. Ich habe wieder Kraft Pläne zu machen und auch umzusetzen.
    Und siehe da: Manchmal fühle ich mich fast wieder unbeschwert. Kann das Zusammensein mit Freunden wieder genießen, neue Kontakte knüpfen, Leben zulassen...


    Trotzdem vergesse ich meinen geliebten Ulrich nie. Aber er ist nicht mehr ständig der erste Gedanke beim Aufwachen und der letzte beim Einschlafen. Trotz der guten Zeit bin ich irgendwie auf der Hut vor der nächsten Welle, die wieder nach unten zieht. Hab mir fest vorgenommen, der Trauer vorsorglich regelmäßig einen Platz einzuräumen - zusätzlich zu den Tagen, an denen sie sowieso nicht wegzuscheuchen ist.


    Was tut mir in diesen Tagen gut?


    - mein lustiges Kerlchen von Kind, der so interessiert an allem ist
    - Freunde, die uns immer wieder anrufen und zu Unternehmungen animieren
    - meine liebste treue Freundin, die immer sofort merkt, wie es mir wirklich geht
    - die Sonne und die Natur, die so wunderschön erblüht ist
    - die Flötenkiddis, die mich und meine Kreativität immer wieder neu fordern
    - mich mit meinem Sohn über Gott zu unterhalten und Antworten zu finden
    - unser geliebter Schmusekater Willi
    - im Auto bei Sonnenschein dahin zu fahren und dabei Musik zu hören (auch wenn es mir manchmal die Tränen wieder in die Augen treibt)
    - das Gespräch mit anderen Betroffenen, die inzwischen wieder mitten im Leben stehen und mir zeigen, dass es ein lebenswertes Leben danach noch geben kann.


    Ich möchte allen Mut machen, dass es wirklich mit der Zeit etwas besser wird, die Traurigkeit nicht mehr ganz so schwer auf einem lastet. Man darf sich erlauben, wieder ein Stückchen Glück für sich zu finden, auch wenn es anfangs mühsam ist und sich nichts erzwingen lässt.


    Am meisten froh macht mich, dass ich sehe, wie es auch meinem kleinen Sohn Stück für Stück besser geht. Er war das erste Mal alleine auf einem Kindergeburtstag, ganz ohne mich. Und das, wo er solch starken Trennungsängste entwickelt hatte. Zudem hat er einen neuen Freund im Kindergarten gefunden und kann mir viel öfter anvertrauen, wenn er den Papa vermisst.
    Jetzt hat er sogar einmal davon erzählt, dass er sich die Ohren ganz arg zuhalten musste, als ich am Telefon so laut geschrien habe, in dem Moment, wo ich vom Tod Ulrichs erfahren habe. Mir war das gar nicht bewusst, dass ich damals so laut war und ihn derart erschreckt habe. Aber es ist gut, dass er mir das nun endlich erzählen konnte. Ich denke, das sind alles Dinge, die eine bessere Trauerverarbeitung zeigt.


    So, nun muss ich den lieben Kleinen mal zum Zähne putzen bringen...


    Ich wünsche euch allen da draußen eine erholsame Nacht, in der Gott seine Hand schützend über uns hält.


    Melanie

    Hallo, liebe Mani,


    danke für deine Zeilen. Du hast schon Recht, dass man selber öfter mal das "Stopp-Schild" hochhalten muss, damit man nicht immer nur funktioniert und das macht, was andere von einem erwarten. Ich möchte aber eigentlich schon meinem Bruder die Ehre erweisen, auf seine Hochzeit zu gehen, weil er mich in schweren Lagen auch immer unterstützt und diese Hochzeit für ihn einfach wichtig ist. Aber wenn ich merke, dass ich oder Johannes dort über das Maß belastet werden, behalte ich mir auch vor, einfach früher wieder zu gehen. Und irgendwelche Spiele oder so sollen mal schön die anderen organisieren. Danach steht mir beim besten Willen nicht der Sinn.


    Deine Tochter braucht einfach jemanden, dem sie sich anvertrauen kann und mit dem sie über den Tod ihres Vaters reden kann. Idealerweise ist es natürlich eine Freundin, die sie schon länger hat oder es können auch andere Kinder sein, die was ähnliches erlebt haben. Zu einer Therapie zwingen würde ich mein Kind auch niemals. Das hat überhaupt keinen Sinn, wenn sich ein Kind nicht öffnen will. Aber Johannes wirkte fast erleichtert, als ich ihm gesagt habe, dass wir zu einem Arzt gehen, der für Kinder da ist, die etwas schlimmes erlebt haben.


    Leider gibt es hier bei uns keine einzige Trauergruppe für Kinder in Johannes Alter. Mein Sohn hat von sich aus schon oft formuliert, dass ihn im Kindergarten niemand versteht, wenn er vom Papa erzählt. Er fühlt sich da mit seinem Problem aus Außenseiter, weil das natürlich sonst niemand erlebt hat. Und für Kindergartenkinder ist das höchstens einen Tag interessant und danach ist es für die ja auch wieder vergessen. Deshalb finde ich es schon wichtig, dass Johannes in seinem Therapeuten einen Mann hat, dem er sich anvertrauen kann. Da wird auch gar nicht jedes Mal über Papa geredet, sondern das geht viel subtiler vor sich. Alle 1 - 2 Monate habe ich dann auch wieder einen Gesprächstermin mit ihm, wo Johannes nicht dabei ist, so dass ich mir auch Rat und Hilfe zu speziellen Problemen mit Johannes holen kann. Er sagte mir auch, dass er bei Johannes sehr gute Resourcen sieht und dass es auch keine Pathologisierung gibt. Johannes hat also keine psychische Erkrankung, sondern er bekommt einfach Hilfe und Unterstützung auf kindgerechte Weise, damit der mit dem Tod seines Vaters besser zurecht kommt.


    Ich finde es schön, dass deine Tochter zu dir ins Bett darf. Das ist doch so verständlich, dass sie jetzt deine Nähe und Sicherheit braucht, gerade beim Schlafen. Mein Kleiner schläft seitdem auch wieder in meinem Bett ein, obwohl er früher problemlos von sich aus gerne im eigenen Bett geschlafen hat. Ehrlich gesagt, genieße ich auch die Nähe abends nicht ganz alleine zu sein. Allerdings mag ich zum Schlafen dann doch gerne alleine mein Bett für mich haben. Zum Glück ist er ein Leichtgewicht und ich kann ihn noch schlafend in sein eigenes Bett rüberhieven :-)


    Heute war ein ganz schöner Tag, weil ich endlich mal wieder zu Ulrichs Mama (meine "Fast-Schwiegermutter") fahren konnte und sie mir viel von meinem Schatz erzählt hat. So Geschichten aus seiner Kindheit und Jugend. Mir tut das so gut, mit ihr über Ulrich reden zu können. Bei ihr weiß ich einfach, dass sie ihn auch wahnsinnig lieb gehabt hat. Das verbindet uns so und hat uns viel näher gebracht. Bei ihr musste ich dann auch mal losheulen, aber sie hat mich gleich in den Arm genommen und hat ein bißchen mitgeweint. Wir versuchen ja beide uns nicht hängen zu lassen, aber es ist oft so schwer, wenn die Erinnerungen wieder hochkommen und man ihn einfach so sehr vermisst.


    Ist es nicht unglaublich, dass dein Mann dich sogar noch vor dem Start angerufen hat und dir gesagt hat, dass er sich auf euch freut? Das muss dir doch ein wunderschöner Trost sein, oder?
    Wir haben auch 3 Stunden vor dem Unfall noch miteinander telefoniert und uns (wie immer) kurz über den Kater gestritten, dann aber doch eingelenkt und uns mit den Worten verabschiedet, dass wir uns schon auf später freuen. Er war ja auf dem Weg zu uns, als es passierte.


    Es ist wohl Schicksal und wir müssen es akzeptieren. Vielleicht finden wir ja in der Bibel noch einen Trost. Johannes mag zur Zeit Kinderbibel lesen.


    Wünsch dir und auch deiner Tochter eine erholsame Nacht und eine erträgliche restliche Voroster-Woche!


    Melanie

    Hallo Mani,


    hab gerade deine Beiträge hier gelesen und wollte dir sagen, wie leid es mir tut, dass ihr so etwas Schlimmes erleben musstet. Besonders für die Kinder ist es ein sehr schwerer Schlag. Deine Tochter ist zwar schon ein paar Jahre älter als mein Sohn, aber um so bewusster ist ihr bestimmt der Verlust ihres Papas. Besonders, wenn sie ein so enges Verhältnis zueinander hatten. Ich habe auch schon festgestellt, dass mein Sohn (5 J.) mir gegenüber seine Traurigkeit verbirgt, weil er mich nicht belasten möchte. Er selbst findet es schrecklich, wenn ich weinen muss. Deshalb vermeide ich es inzwischen, wenn möglich. Alle sagen, dass es gut ist, wenn man die Trauer zusammen rauslassen kann, aber Johannes leidet zu sehr mit mir, wenn ich es zeige. Das ist wirklich eine schwierige Sache, weil es für mich sehr wichtig ist, weinen zu können. Wahrscheinlich würde ich sonst platzen.


    Bei dir und deiner Tochter ist es wohl ähnlich. Wie machst du das dann? Ziehst du dich in ein anderes Zimmer zurück, wenn dir nach Heulen ist? Mein Sohn versucht dann immer, mich zu trösten... er bringt mir seinen kleinen braunen Bären oder letztes Mal sagte er: Du brauchst nicht weinen, du bist doch nicht allein. Er ist so süß - aber ich wäre doch froh, wenn er selber mal loslassen könnte und einfach weinen. Das macht er nie.
    Statt dessen hat er die letzte Zeit fast täglich Kopfschmerzen oder Bauchweh... der Kindertherapeut meint, das käme vom Festhalten der Gefühle (Trauer, Wut, Ohnmacht...). Zum Glück haben wir einen wirklich netten Therapeuten gefunden, den Johannes wahnsinnig mag. Vielleicht wäre das ja auch ganz gut für deine Tochter? Denn auch wenn sie schon so alt ist, dass sie mit Freundinnen darüber reden kann, irgendwann ist das Thema für die nicht mehr "spannend" und aktuell.
    Du hast ja leider auch schon geschrieben, dass die nicht betroffenen Mitmenschen sehr schnell wieder zur Tagesordnung übergehen. Ganz schlimm finde ich, wenn ich ehrlich antworte auf die Frage, wie es mir denn gehe. Und dann als Gegenfrage ein erstauntes: Ja, was ist denn los? kommt.
    Nichts ist los. Ist halt der Mann gestorben, aber das ist ja schon über ein halbes Jahr her. Das muss doch jetzt schon wieder ganz OK sein.
    Oder so Sachen wie, dass alle erwarten, dass ich selbstverständlich zur Hochzeit meines Bruders komme, auch noch als Trauzeugin eingesetzt werde und dann noch im Dirndl kommen soll.
    Mir stellen sich die Nackenhaare auf, wenn ich auch nur an eine Feier denke - noch dazu eine Hochzeit. Lustig sein müssen, feiern müssen, Tanzen und Musik... und das auch noch mit Schürze auf Witwe gebunden... ich weiß nicht wie ich das überstehen soll. Das mit dem Dirndl lass ich echt sein. Mir ist einfach nach schwarz und das sollen sie akzeptieren.


    Entschuldige, dass ich gleich so viel geschrieben hab, irgendwie musste das jetzt mal alles raus. Aber ein bißchen dafür ist ja auch dieses Forum, dass man einfach so drauf losschreiben kann und seine Gedanken ein bißchen ordnen.


    Wie geht's dir selber mit diesem Verlust? Hast du auch dieses Gefühl, nie wieder glücklich sein zu können? Diese Angst, dass danach einfach nie wieder etwas kommen kann, was an diese Tiefe der Beziehung heran kommt? Bei allen Auseinandersetzungen und Stress, den es natürlich auch gab?


    Liebe Grüße


    Melanie

    Hallo Giovanna,


    wie geht es dir heute?
    Ich kann den Alltag ja meist ganz gut bewältigen, aber ich wäre so gern wieder mal glücklich. Dieses Gefühl glücklich zu sein, hatte ich wenn ich in Ulrichs Gesicht sehen konnte, seine markanten Gesichtszüge betrachten durfte und ein wenig seinen herben Männerduft atmen. Habe immer noch ein lang getragenes T-Shirt von ihm im Bett - und wenn ich meine Nase ganz tief rein stecke, kann ich ihn immer noch riechen. ^^


    Mich beschäftigt auch oft die Frage, ob es ein Wiedersehn geben wird. Meinem Sohn, der ja erst 5 Jahre ist, habe ich erklärt, dass der Papa jetzt im Himmel ist. Er hat so viele Ideen, wie wir den Papa wieder sehen könnten. Vor kurzem hat er gemeint, dass wir in der Sternwarte doch durchs große Fernrohr bis zum Papa schauen könnten. Er hat auch keine Scheu davor vorzuschlagen, wir könnten doch uns selber "tot machen" damit wir jetzt gleich wieder den Papa haben könnten. Zuerst hat mich das natürlich erschreckt, aber er will einfach seinen Papa wieder haben. Ich habe dann mit ihm darüber gesprochen, dass der liebe Gott entscheidet, wann jeder Mensch sterben soll und das Leben zuende ist. Wir sollen das nicht selbst entscheiden.
    Im Inneren habe ich natürlich keine Ahnung, was nach dem Tod kommen wird. Man kann nur hoffen, dass es zu einem Wiedersehen kommt. In welcher Form auch immer. Und ich versuche meinem Sohn zu vermitteln, dass man sich auch im Herzen nah sein kann.


    Hattet ihr auch Kinder zusammen? Oder war euer Garten das Verbindende zwischen euch?


    Liebe Grüße und eine Portion Kraft wünscht dir
    Melanie

    Hallo ihr lieben,


    hab schon ein bißchen Angst vor morgen, weil morgen der erste Geburtstag von Ulrich ist, an dem er nicht mehr bei uns ist. Eigentlich ging es mir die letzten Tage einigermaßen gut. Ich hab die schwere Trauer nicht so gespürt und mich sogar an neuen Gartenmöbeln erfreuen können. Aber wenn ich an morgen denk, schnürt sich mein Hals zu.
    Zu nahe ist noch die Erinnerung, wie wir letztes Jahr an diesem Geburtstag des Papas das große Bett für meinen Kleinen aufgebaut haben. Wie stolz war Johannes, als er in sein neues Spielhochbett klettern konnte. Zuvor hatte Papa ihm am Sofa so lange zärtlich den Rücken gekrault, dass er eingeschlafen ist und wir mit dem Bettaufbauen noch ewig warten mussten, bis Sohnemann ausgeschlafen hatte. Wie schön war es gemeinsam das eigene geliebte Kind im Schlaf zu betrachten. Unser Kind. Und nun sehe ich den Kleinen da liegen und er sieht seinem Papa so ähnlich. Sein kleines Froschgesicht, das ich beim Papa auch so geliebt habe. Es fehlt mir so Ulrich erzählen zu können, was Johannes wieder mal gemacht hat oder gespielt hat...
    Es ist nicht das gleiche, wenn ich es einer Freundin erzähle.


    Ich habe das Gefühl immer weniger leisten zu können. Seit Wochen schleppe ich mich halbkrank dahin und habe keine Kraft mehr. Keine Kraft mehr zum Training, keine Kraft abzunehmen und meine angefutterten Kilos wieder runter zu kriegen. In der Arbeit ist leider seit Januar sehr viel los und wir haben ständig viel zu tun. Auch das fällt mir zunehmend schwerer. Ich hoffe sehr nächste Woche ein bißchen Zeit zum Erholen zu haben, da ich mir ein paar Tage frei genommen habe. Wenn alles gut geht, kann ich JOhannes trotzdem in den Kindergarten gehen lassen und habe so mal endlich ein paar STunden für mich alleine.


    So - und nun muss ich schon wieder los und mein Kind abholen.


    Ich wünsche allen hier erträgliche Tage und dass die Sonne wenigstens ab und zu auch bei euch im Herzen wieder scheinen kann.


    Melanie

    Hallo liebe Giovanna,


    war gerade wieder mal so unendlich traurig, dass mein Liebster heute nicht bei uns sein kann, so dass ich hier im Forum gelesen habe und auch deinen Eintrag gefunden habe. Ich möchte dir auch mein allerherzlichstes Mitgefühl aussprechen - vielleicht ist es ein winziger Trost, dass es auch andere gibt, denen ein ähnliches Schicksal zuteil wurde.


    Und das gute ist, dass man hier verstanden wird, dass niemand von einem erwartet, dass man nach einigen Monaten wieder "normal" ist und das schon überwunden hat. Mich macht es oft total wütend, wenn gerade meine Mutter von mir erwartet, dass es mir doch inzwischen wieder besser gehen soll. Das tut es ja auch - aber halt nur manchmal. Und dann kommen nun mal wieder Tage, wo alles genauso schlimm ist, wie kurz nach seinem Tod. Wo die Sehnsucht unendlich wird und ich ihn einfach noch einmal berühren können will.


    Diese Unwissenheit der anderen, wie es einem geht. Ich renne natürlich nicht heulend bei der Arbeit rum, da reiß ich mich so gut es geht zusammen. Aber wie es in mir drin aussieht, können sich wohl nur die wenigsten Kollegen vorstellen.
    Heute ist mein Geburtstag und es tat so gut, dass wenigstens ein Kollege den Mut hatte, mir weiterhin viel Kraft zu wünschen. Wenigstens einer, der nicht vergessen hat, was passiert ist bzw. auch den Mut hat, es offen anzusprechen. Die meisten Menschen sprechen nie über das, was war. Und deshalb ist dieses Forum hier so wichtig. Weil man das große Bedürfnis hat, über diesen Menschen, den wir verloren haben, zu sprechen. Es gibt so unendlich viele schöne Erlebnisse, die man mitteilen möchte, Begebenheiten... manchmal ist es bei mir so, dass ich schon ohne Traurigkeit daran denken kann und es einfach wie eine Schatzkiste für mich ist. An schlechten Tagen tut jede Erinnerung weh.
    Wie ist das bei euch? Habt ihr Bilder oder so am Schreibtisch oder zuhause aufgestellt? Oder geht ihr auf den Friedhof ans Grab, um ihm Nahe zu sein?
    Ich habe meinem knapp 5jährigen Sohn ein Kissen mit einem Foto vom Papa anfertigen lassen. Das wird bei uns ganz oft bekuschelt, mal von ihm, mal von mir. War eine ganz gute Idee.


    Für mich war es übrigens auch eine gute Erfahrung, dass ich ihn aufgebahrt nochmal sehen konnte. Einerseits war ich beruhigt, dass er durch den tödlichen Verkehrsunfall wirklich äußerlich so gut wie keine Verletzungen hatte und immer noch genauso aussah wie vorher. Er war nicht entstellt, sondern hatte sogar als Toter noch einen süßen Froschmund ;-)
    Andererseits war es auch für mich eine Erleichterung, dass er so eindeutig tot aussah. Man sah sofort, dass das nicht "er" war, sondern nur noch eine Hülle, die wie eine etwas zu klein geratene wächserne Puppe aussah. Irgendwie seltsam. Und ich hatte auch nicht das Bedürfnis ihn nochmal anzufassen. Oft wünsche ich mir aber, dass ich bei ihm hätte sein können, als er sterben musste. Wie gerne hätte ich ihn im Arm gehalten. Ich hoffe, dass er wenigstens in Gedanken noch bei uns sein konnte; er war ja am Weg zu uns und wir saßen am Fensterbrett, sahen zur Straße raus und warteten schon sehnsüchtig. Wie konnten wir ahnen, dass er so einen Unfall hat?


    Ich drück euch alle und hoffe, dass ihr nicht sauer seid, weil ich nicht oft die Energie und Zeit habe zu schreiben. Bin also meistens ein stiller Mitleser und nur in Gedanken bei euch.


    Schöne Grüße auch an Maki: Meinem Sohn tut die Spieltherapie, die du mir empfohlen hast, sehr gut. Er geht wahnsinnig gerne hin und es hat sich auch schon einiges gebessert.


    Liebe Grüße aus Nürnberg!


    Melanie

    Hallo ihr Lieben,


    nachdem mir Maki geraten hat eine Spieltherapie für meinen Sohn zu suchen, habe ich großes Glück gehabt und einen ganz lieben Therapeuten gefunden. Da er gerade umgezogen ist und so die Praxis neu eröffnet hat, konnte ich innerhalb kürzester Zeit zu ihm kommen und alles mit ihm besprechen. Noch dazu hat er eine Kassenzulassung, so dass auch die Finanzierung kein Problem ist. Er hat eine fundierte Ausbildung als Psychotherapeut für Kinder und Jugendliche und wohl einige Jahre Berufserfahren, aber er ist auch noch jung und "unverbraucht".


    Jedenfalls hat die erste Stunde Johannes total begeistert. Johannes hat sich gleich auf die Lego-Kiste gestürzt und sie haben ganz vertieft miteinander gebaut. Dabei wurde auch der Alptraum, den der Kleine zur Zeit jede Nacht hatte, gleich mit bearbeitet. Er hat ganz genau nachgefragt, was das für ein Traum ist, wovor er da genau Angst hat... und siehe da: Johannes hat seit diesem Tag keine Angst mehr vorm Schlafen und er hatte wohl auch diesen Traum nicht mehr. Ich bin ganz begeistert!


    Er freut sich schon sehr auf das nächste Mal. Und dabei ist mein Sohn normalerweise extrem zurückhaltend und oft sehr schüchtern. Dort wollte er nicht mal anfangs auf meinen Arm!


    Ich hoffe so, dass es Johannes hilft, den schlimmen Verlust seines Papas zu verarbeiten. Es geht ihm im MOment auch im Kindergarten oft gar nicht gut. Er isst nichts zu Mittag, versteckt sich immer wieder unter einem Tisch, will nicht mit seinen Freunden spielen... das Gespräch vor kurzem mit der Erzieherin hat mich sehr erschreckt. Aber das gute ist, dass die Erzieher dort uns sehr unterstützen, viel Rückmeldung geben... wir haben auch zusammen ein paar Ideen entwickelt, wie man mit manchem umgehen könnte und Johannes auch Gelegenheit geben kann, über den Papa zu sprechen.


    Gegen die aggressiven Ausbrüche habe ich auch was gefunden, was zumindest manchmal hilft: Wenn ich merke, dass er ausflippt, packe ich ihn spielerisch an den Händen und drücke gegen ihn - wir kämpfen also gegeneinander und versuchen uns auf den Boden zu drücken. Natürlich stelle ich mich manchmal schwach und lasse ihn auch mal kurz die Oberhand gewinnen. So verpufft die überschüssige Wut und Energie und es artet nicht in ernsten Kampf aus. Die Regeln, dass man nicht mit den Füßen treten darf und nicht beißen, kamen übrigens von ihm selber. Kitzeln ist erlaubt :-)


    Danke nochmal an Maki für den guten Tipp mit der Spieltherapie - ich hoffe, es läuft so gut weiter.


    Schöne Grüße aus Nürnberg!


    Melanie

    Ja, er ist in einem Kindergarten. Zum Glück in einem sehr guten und da er vorher schon zwei Jahre dort in die Krippe ging, ist er dort wie in einem zweiten Zuhause. Die Erzieherinnen sind sehr lieb und gehen gut auf ihn ein. Aber im Moment bekomme ich auch von dort Rückmeldungen, dass er sehr schwierig ist, sich beim Essen mehr unter dem Tisch kugelt, statt zu essen, nicht raus will, wenn er in den Garten soll, wenn er draußen ist, nicht mehr rein will... also ständiger Widerstand gegen alles und jedes.
    Gestern habe ich sogar einen großen Schreck bekommen, als ich ihn abgeholt hab. Er war im Gesicht total blutig gekratzt. Es sah echt schlimm aus. Johannes meinte nur, dass er einen Streit mit seinem besten Freund hatte. Am nächsten Morgen hat mir die Erzieherin dann berichtet, dass sie die beiden laut weinend im Garten draußen vorfand und sie sich wohl gegenseitig attakiert hatten. Mehr hat sie von ihnen nicht erfahren können. Sie wurden dann den Rest des Tages getrennt und durften nicht mehr miteinander in den Garten. Ich habe von Johannes auch nicht näheres erfahren können, um was es eigentlich ging. Ich vermute, dass er es selber nicht mehr so genau weiß und soviel ich mitbekommen habe, ist er auch schon wieder "gut" mit seinem Freund. Möchte da auch nix großes draus machen, aber es zeigt mir doch, wie viel Aggressionen da gerade hoch kommen, wohl bei allen beiden Kindern. Sein Freund leidet gerade auch sehr, da sich die Eltern in den letzten Wochen getrennt haben.


    Habe vorgestern den Paten gebeten, einfach mal mit Johannes Lego zu spielen. Das war eine gute Idee und Johannes hat sich dermaßen über das Spielen mit ihm gefreut, dass es einfach nur unglaublich schön war, das mit anzusehen! Hoffe, der gute kann sich ab und zu eine Stunde abknapsen, das wäre echt toll.


    Danke auch für die beiden Links, Christine! Diesen Kanal, um die Trauer rauszulassen, finde ich bei Johannes irgendwie nicht. Wir reden schon viel über seinen Papa, aber weinen tut er nie direkt deswegen. Eher dann vor Wut, wenn wir beide wieder eine Auseinandersetzung haben. Ich bin auch immer sehr im Zweifel, ob ich ständig für ihn da sein soll bzw. wie weit ich mich durchsetzen soll, wenn's darum geht, abends mal wieder weg zu gehen... eigentlich brauch ich das im Moment für mich nicht, weil ich so erschöpft bin. Andererseits sagen manche zu mir, ich müsse das machen, weil wir zuviel aufeinander hängen würden... ich bin da echt am Zweifeln, weil ich ja auch Johannes meistens 8 Stunden am Tag sowieso alleine im Kindergarten lasse. Er geht gerne hin, aber ich finde, dass er dann auch echt ein paar Stunden Mama-rundum-Programm braucht. Oder?


    Um das Wochenende zu entstressen, habe ich beschlossen, dass wir heute Mittag mal Essen gehen - und ich mir das gehasste Kochen erspare. Vielleicht schont das meine Kräfte und ich habe mehr Nerven für eventuelle Auseinandersetzungen mit dem kleinen Mann :-)


    Wünsche euch allen ein schönes, erholsames Wochenende!


    Melanie

    Hallo Christine,
    hallo all ihr stillen Mitleser,


    bei uns wohnen leider alle Verwandten von mir ca. 250 km weit entfernt, da es mich durch's Studium in die Stadt verschlagen hat. So hat Johannes zwar noch einen Opa, den er auch sehr mag, aber die Kontakte sind halt nur ca. 3 - 4 Mal pro Jahr für ein paar Tage möglich. Telefonieren lehnt Johannes immer noch total ab. Wir können höchstens noch ab und zu was mit der Post schicken.


    Vom verstorbenen Papa seiner Seite gibt es nur noch eine Oma, die schon über 80 Jahre ist und zwar geistig noch voll fit ist, aber körperlich nicht mehr kann. Und das einzige männliche Familienmitglied schafft es wohl nicht.


    Ich bin im Moment wirklich ratlos. Vor allem nach diesem Wochenende, an dem Johannes so schwierig war. Er verweigert sich fast allem, was er machen soll. Ich muss jedes mal sogar mit auf's Klo gehen, obwohl er das schon längst alleine gemacht hatte. Er wird, wenn ich ihn ermahne, fast augenblicklich hoch aggressiv und spuckt, haut und flippt total aus. Er führt wegen allem Möglichen einen Machtkampf. Ich möchte aber nicht in allem nachgeben, obwohl mir schon klar ist, dass er es auch nicht leicht hat. Aber ich merke auch, dass ich manchmal derartig außer mir bin, dass ich mich nicht mehr unter Kontrolle habe. Da fehlt halt einfach jemand, den man dann mal anrufen kann, der ihn mir für ein, zwei Stunden abnimmt, so dass ich dann kurz rausaus dem Haus gehen könnte.
    Hoffentlich geht diese schwierige Phase bald vorbei - mir graut schon vor dem nächsten Wochenende.


    LG


    Melanie

    Hallo liebe Mittrauernde,
    lieber Markus,l


    hat jetzt ein bißchen gedauert, bis ich wieder mal zum Schreiben kam. Danke für eure Rückmeldungen, mir hilft das schon sehr.


    In den letzten Tagen wird mir immer mehr bewusst, dass Johannes sich sehr nach einer männlichen Bezugsperson sehnt. Leider gibt es aber niemanden, der sich wirklich darauf zuverlässig einlässt. Die Kontakte zum Onkel sind bisher nur sehr wenige. Habe ihn vor kurzem darauf angesprochen, dass er ja von sich aus gesagt hat, dass er gerne eine Art Ersatzpapa sein möchte. Aber es kommt halt nie von ihm aus ein Besuch oder auch nur ein Anruf. So wird das nicht funktionieren. Das habe ich ihm jetzt auch mal direkt so gesagt.


    Eine andere Möglichkeit, dachte ich zuerst zumindest, wäre der Pate von Johannes. Aber auch der ruft oft erst nach Tagen bzw. noch länger zurück und ist wahnsinnig oft schon verplant bzw. sind unsere Tagesabläufe total verschieden, so dass es sehr schwierig ist, ein Treffen zu organisieren. Ich möchte aber auch niemanden "zum Jagen tragen müssen", wenn ihr versteht was ich meine.
    Wo bekomme ich in Gottes Namen einen Menschen, möglichst männlicher Natur her, der wirklich Interesse an einem 4jährigen süßen Spatzen hat? Ich habe leider manchmal das Gefühl, dass manche Männer eher dringend eine Frau für sich suchen und nun denken, ich wäre ja jetzt allein und bräuchte bald wieder einen Mann an meiner Seite. Dem ist aber absolut nicht so - ich kann mir das überhaupt noch nicht vorstellen, dazu vermisse ich unseren Papa noch viel zu sehr. Ich möchte auch nicht die ganzen schönen Erinnerungen an ihn durch neue Erlebnisse überdecken. Natürlich wäre es irgendwann einmal schön, wenn ich noch einmal das Glück haben könnte, jemanden zu finden, mit dem ich zusammen sein möchte. Aber im Moment will ich das überhaupt nicht.


    Ja und von wegen Rentenversicherung: Der Halbwaisenantrag wurde in Rekordgeschwindigkeit bearbeitet und ist bereits durch. Wenigstens geht das Schrittchen für Schrittchen voran...
    Die wirklich wichtigen Aufgaben für mich liegen wo anders. Aber vielleicht gibt es ja den ein oder anderen, der mir ein bißchen Tipps oder Erfahrungen schreiben kann.


    Danke euch allen für's lesen - jetzt geht's zum Laternenzug in den Kindergarten... sorgt bestimmt bei Johannes für strahlende Augen :rolleyes:


    LG


    Melanie

    Hallo Markus,
    hallo Christine,


    vielen Dank für eure Zeilen. Es gibt halt doch nur wenige, die es aushalten, wenn man immer wieder über den Verlust und den Menschen reden möchte, der ja gar nicht mehr da ist. Da ist diese große Angst, was falsches zu sagen. Dann wird lieber gar nichts gesagt. Aber zum Glück habe ich auch andere Menschen, die mich in den Arm nehmen oder einfach da sind und mal zuhören... das tut soo gut.


    Vor kurzem hat mir eine Freundin noch ein Foto geschickt, wo Uli mit unserem Kleinen beim Schlittenfahren zu sehen sind - Johannes strahlt von einem Ohr zum anderen, Papa genau so. Für mich ist so ein Bild eine riesige Freude! Und möchte das am liebsten mit jedem teilen. Oder einfach die Konzertmitschnitte von ihm zu hören (er war Musiker), das brauch ich. Meine Mutter hat gleich gemeint, tu das doch raus, das macht dich doch bloß traurig. Aber das stimmt nur zum Teil. Einerseits muss ich dann manchmal wirklich weinen, aber ich möchte es hören, bin so begeistert, wie toll er gespielt hat! Zum Glück haben wir einige Aufnahmen, so dass zumindest das erhalten ist.


    Zu deiner Frage Markus:
    Wir waren 3 Wochen nach Papas Tod auf einer Mutter-Kind-Kur (die war schon seit 5 Monaten geplant). Dort hatte Johannes ein sehr aggressives Verhalten, das ich so gar nicht von ihm kannte. Er biss mich ständig, hing in Kleinkindsprache an mir, konnte mich nicht mal einen Meter weit weg gehen lassen, Fremdbetreuung im dortigen Kindergarten ging gar nicht, da hatte er wirklich Angst. Nicht nur kurz bei der Trennung, sondern die ganze Zeit. Zum Glück sind die Erzieherinnen dort sehr sensibel damit umgegangen. Wir haben dann eine Weile keine Trennung mehr durchgezogen, sondern ich bin immer wieder mit in die Gruppe gegangen, um Johannes dort vertraut zu machen. Dann ging es in der 3. Woche, dass er vormittags ein paar Stunden bleiben konnte, ohne große Ängste.
    Ich hab inzwischen verstanden: Er hat einfach Angst, dass auch noch die Mama plötzlich weg sein könnte, schließlich haben wir ihm ja früher immer versichert, dass Mama und Papa normalerweise noch lange nicht sterben werden. Gefragt hatte er da schon öfter mal und wir haben da auch ganz offen mit ihm darüber gesprochen. Dass natürlich ein Unfall unseren Papa von jetzt auf gleich wegnimmt, darauf waren wir alle nicht gefasst.
    Jetzt wieder zuhause im Alltag braucht Johannes mich schon mehr als vorher, aber im großen und ganzen ist er wie früher auch. Er redet mit mir sehr viel über Papa, eigentlich jeden Tag. Wir erinnern uns zusammen an schöne Sachen mit Papa, aber auch, dass es mit Papa oft schwierig war... wir hatten ja auch nicht ohne Grund getrennte Wohnungen.


    Johannes sucht die Nähe seines Onkels (Ulis Bruder), leider wohnt der aber ein Stück entfernt, so dass wir ihn nicht so oft sehen können. Aber er hat von sich aus gemeint, ich solle den Onkel doch mal fragen, ob er sein "Ersatz-Papa" werden möchte. Fand ich süß! Allerdings hätte ich niemals von mir aus das Wort "Ersatz-Papa" gesagt, weil ich finde, dass niemand den Papa ersetzen kann. Aber mir läge schon viel daran, dass er weiterhin eine männliche Bezugsperson hat. Und der Onkel ist zwar auch ein etwas ungewöhnlicher Mensch, aber bestimmt nicht uninteressant für ihn.


    So - jetzt muss ich mich mal noch um eine weitere Rentengeschichte kümmern... uahh, ich hasse es...


    Danke für's Lesen und schöne Grüße


    Melanie

    Hallo, liebe Trauernden,


    am 06. August ist das passiert, was wir nie erwartet hätten: unser lieber Papa meines 4jährigen Sohnes und mein Geliebter ist auf dem Weg zu uns mit dem Motorrad tödlich verunglückt. Als wir am Fenster schon auf ihn warteten, erfuhren wir am Telefon, dass er bereits seit ein paar Stunden tot ist und auf dem Weg zu einem Friedhof ist.
    Ich stand so unter Schock, dass ich nur noch gezittert habe und nicht mehr Herr meiner selbst war. In meiner Not kam mir zum Glück gleich eine liebe Freundin zu Hilfe, die sich um mich und meinen Kleinen einfühlsam kümmerten. Aber seit diesem Moment ist nichts mehr, wie es mal war.


    Im großen und ganzen bewältige ich den Alltag, gehe wieder arbeiten, renne von Amt zu Amt, versuche alles zu regeln, was noch zu tun ist... kümmer mich auch um meinen Kleinen, damit er es einigermaßen verarbeiten kann. Aber es gibt Tage wie heute, wo alles so schwer ist. Dann gibt's auch bessere Tage, wo wir noch lachen, tanzen oder zusammen singen, so wie wir es auch mit Papa zusammen gemacht haben. Aber ich gewöhne mich einfach so schwer an den Gedanken, dass er nie wieder kommen kann. Er fehlt uns so wahnsinnig.


    Mir tat zwar gut, dass so viele Menschen zur Beerdigung kamen und mir auch danach noch sehr halfen, aber nach 3 Monaten geht der Alltag für die anderen weiter und viele erwarten, dass man schön langsam wieder "auf die Füße kommt". Ich bin wahnsinnig empfindlich, würde oft gerne auf und davon rennen, bei all diesen Oberflächlichkeiten, denen man täglich ausgesetzt ist. Andererseits bin ich auch viel offener für andere Menschen, sehe die Welt mit anderen Augen...


    Ich würde mich freuen, wenn ich mich hier mit Gleichgesinnten austauschen könnte. Vielleicht hat auch jemand noch Erfahrung, wie man einem kleinen Sohn diesen Verlust etwas erleichtern kann.


    Traurige Grüße aus Deutschland sendet


    Melanie