Plötzlicher Verlust unseres geliebten Ulrichs

  • Hallo, liebe Trauernden,


    am 06. August ist das passiert, was wir nie erwartet hätten: unser lieber Papa meines 4jährigen Sohnes und mein Geliebter ist auf dem Weg zu uns mit dem Motorrad tödlich verunglückt. Als wir am Fenster schon auf ihn warteten, erfuhren wir am Telefon, dass er bereits seit ein paar Stunden tot ist und auf dem Weg zu einem Friedhof ist.
    Ich stand so unter Schock, dass ich nur noch gezittert habe und nicht mehr Herr meiner selbst war. In meiner Not kam mir zum Glück gleich eine liebe Freundin zu Hilfe, die sich um mich und meinen Kleinen einfühlsam kümmerten. Aber seit diesem Moment ist nichts mehr, wie es mal war.


    Im großen und ganzen bewältige ich den Alltag, gehe wieder arbeiten, renne von Amt zu Amt, versuche alles zu regeln, was noch zu tun ist... kümmer mich auch um meinen Kleinen, damit er es einigermaßen verarbeiten kann. Aber es gibt Tage wie heute, wo alles so schwer ist. Dann gibt's auch bessere Tage, wo wir noch lachen, tanzen oder zusammen singen, so wie wir es auch mit Papa zusammen gemacht haben. Aber ich gewöhne mich einfach so schwer an den Gedanken, dass er nie wieder kommen kann. Er fehlt uns so wahnsinnig.


    Mir tat zwar gut, dass so viele Menschen zur Beerdigung kamen und mir auch danach noch sehr halfen, aber nach 3 Monaten geht der Alltag für die anderen weiter und viele erwarten, dass man schön langsam wieder "auf die Füße kommt". Ich bin wahnsinnig empfindlich, würde oft gerne auf und davon rennen, bei all diesen Oberflächlichkeiten, denen man täglich ausgesetzt ist. Andererseits bin ich auch viel offener für andere Menschen, sehe die Welt mit anderen Augen...


    Ich würde mich freuen, wenn ich mich hier mit Gleichgesinnten austauschen könnte. Vielleicht hat auch jemand noch Erfahrung, wie man einem kleinen Sohn diesen Verlust etwas erleichtern kann.


    Traurige Grüße aus Deutschland sendet


    Melanie

  • Liebe Melanie,
    herzlich willkommen bei uns und mein herzliches Beileid zum Tod deines Mannes!
    So wie dir geht es allen Trauernden: Für dich bleibt die Welt stehen und für die anderen dreht sie sich weiter. Sehr bald schon, wollen sie mit deiner Trauer nichts mehr zu tun haben und dabei beginnst du wahrscheinlich jetzt erst wirklich zu realisieren, was dieser Verlust im Alltag und in eurem Leben alles verändert, wo überall dein Mann fehlt!


    Du findest hier sicherlich Gleichgesinnte! Sei nochmals herzlich willkommen!
    Alles Liebe
    Christine

  • Liebe Melanie,


    herzlich Willkommen hier bei uns - auch von mir! Oft scheint es so ungerecht, wenn der Tod mitten in unserem Leben zuschlägt - die Situation, die Du beschreibst, kennen viele hier und ich bin mir sicher, dass Dir der Austausch hier gut tun kann. Wie Du richtig schreibst - für die anderen geht das Leben weiter und für die Nächsten wird erst dann die Lücke im Alltag so richtig sichtbar!


    Wie geht es dem Jungen jetzt? Nimmst Du Verhaltensveränderungen wahr, die Dir Sorgen machen? Dein Satz, dass ihr auch dann und wann so Blödsinn machen könnt, wie zu der Zeit, als Dein Geliebter noch lebte, stimmt mich positiv!


    Liebe Grüße,
    Markus

  • Hallo Markus,
    hallo Christine,


    vielen Dank für eure Zeilen. Es gibt halt doch nur wenige, die es aushalten, wenn man immer wieder über den Verlust und den Menschen reden möchte, der ja gar nicht mehr da ist. Da ist diese große Angst, was falsches zu sagen. Dann wird lieber gar nichts gesagt. Aber zum Glück habe ich auch andere Menschen, die mich in den Arm nehmen oder einfach da sind und mal zuhören... das tut soo gut.


    Vor kurzem hat mir eine Freundin noch ein Foto geschickt, wo Uli mit unserem Kleinen beim Schlittenfahren zu sehen sind - Johannes strahlt von einem Ohr zum anderen, Papa genau so. Für mich ist so ein Bild eine riesige Freude! Und möchte das am liebsten mit jedem teilen. Oder einfach die Konzertmitschnitte von ihm zu hören (er war Musiker), das brauch ich. Meine Mutter hat gleich gemeint, tu das doch raus, das macht dich doch bloß traurig. Aber das stimmt nur zum Teil. Einerseits muss ich dann manchmal wirklich weinen, aber ich möchte es hören, bin so begeistert, wie toll er gespielt hat! Zum Glück haben wir einige Aufnahmen, so dass zumindest das erhalten ist.


    Zu deiner Frage Markus:
    Wir waren 3 Wochen nach Papas Tod auf einer Mutter-Kind-Kur (die war schon seit 5 Monaten geplant). Dort hatte Johannes ein sehr aggressives Verhalten, das ich so gar nicht von ihm kannte. Er biss mich ständig, hing in Kleinkindsprache an mir, konnte mich nicht mal einen Meter weit weg gehen lassen, Fremdbetreuung im dortigen Kindergarten ging gar nicht, da hatte er wirklich Angst. Nicht nur kurz bei der Trennung, sondern die ganze Zeit. Zum Glück sind die Erzieherinnen dort sehr sensibel damit umgegangen. Wir haben dann eine Weile keine Trennung mehr durchgezogen, sondern ich bin immer wieder mit in die Gruppe gegangen, um Johannes dort vertraut zu machen. Dann ging es in der 3. Woche, dass er vormittags ein paar Stunden bleiben konnte, ohne große Ängste.
    Ich hab inzwischen verstanden: Er hat einfach Angst, dass auch noch die Mama plötzlich weg sein könnte, schließlich haben wir ihm ja früher immer versichert, dass Mama und Papa normalerweise noch lange nicht sterben werden. Gefragt hatte er da schon öfter mal und wir haben da auch ganz offen mit ihm darüber gesprochen. Dass natürlich ein Unfall unseren Papa von jetzt auf gleich wegnimmt, darauf waren wir alle nicht gefasst.
    Jetzt wieder zuhause im Alltag braucht Johannes mich schon mehr als vorher, aber im großen und ganzen ist er wie früher auch. Er redet mit mir sehr viel über Papa, eigentlich jeden Tag. Wir erinnern uns zusammen an schöne Sachen mit Papa, aber auch, dass es mit Papa oft schwierig war... wir hatten ja auch nicht ohne Grund getrennte Wohnungen.


    Johannes sucht die Nähe seines Onkels (Ulis Bruder), leider wohnt der aber ein Stück entfernt, so dass wir ihn nicht so oft sehen können. Aber er hat von sich aus gemeint, ich solle den Onkel doch mal fragen, ob er sein "Ersatz-Papa" werden möchte. Fand ich süß! Allerdings hätte ich niemals von mir aus das Wort "Ersatz-Papa" gesagt, weil ich finde, dass niemand den Papa ersetzen kann. Aber mir läge schon viel daran, dass er weiterhin eine männliche Bezugsperson hat. Und der Onkel ist zwar auch ein etwas ungewöhnlicher Mensch, aber bestimmt nicht uninteressant für ihn.


    So - jetzt muss ich mich mal noch um eine weitere Rentengeschichte kümmern... uahh, ich hasse es...


    Danke für's Lesen und schöne Grüße


    Melanie

  • Liebe Melanie,
    das klingt nach einem gesunden Trauerprozess bei Johannes. Auch sein aggressives Verhalten zu Beginn war ganz normal. Menschen reagieren mit Wut und Aggression, wenn ihnen etwas wichtiges genommen wird - und ja, natülrich hatte er auch Angst, dass du auch noch wegbleiben könntest. Viel über ihn reden, das ist wichtig und auch ein differenziertes Bild von ihm zu zeichnen - dass er eben ein Mensch mit seinen Ecken und Kanten und kein Heiliger war - das machst du gut so, dass Johannes ihn nicht zu sehr idealisiert.
    Welches Instrument hat Uli denn gespielt oder waren es mehrere? Und welche Musikrichtung?
    AL
    Christine

  • Hi Melanie,


    der Tod des Vaters trifft Johannes natürlich in einem schwierigen entwicklungspsychologischen Alter was die Themen Trennung, Abschied, Tod und Trauer anlangt. Ich finde die Reaktionen von Johannes normal und vorallem das gelungene Auffangen dieser Reaktion zeigt, dass ihr gut mit der Situation umgeht, bzw. umgegangen seid.


    Eine männliche Bezugsperson als Kontakt ist sicher eine gute Idee und sehr wichtig für Johannes. Wichtiger als die räumliche Entfernung erscheint mir eine gewisse Verbindlichkeit des Onkels, d.h. ich würde das durchaus auch mit dem Bruder von Uli thematisieren. Vermieden werde sollte in jedem Fall ein zweiter "Verlust", weil der Onkel plötzlich keine Zeit oder keine Lust mehr hat, sich mit Johannes auseinanderzusetzen. Denn das Zusammensein mit einer "Vaterfigur" ist immer auch von Konflikten geprägt (neben tollen Zeiten) und diese gilt es auszuhalten und durchzustehen!


    Liebe Grüße,
    Markus


    PS: Rentengeschichte durch??

  • Hallo liebe Mittrauernde,
    lieber Markus,l


    hat jetzt ein bißchen gedauert, bis ich wieder mal zum Schreiben kam. Danke für eure Rückmeldungen, mir hilft das schon sehr.


    In den letzten Tagen wird mir immer mehr bewusst, dass Johannes sich sehr nach einer männlichen Bezugsperson sehnt. Leider gibt es aber niemanden, der sich wirklich darauf zuverlässig einlässt. Die Kontakte zum Onkel sind bisher nur sehr wenige. Habe ihn vor kurzem darauf angesprochen, dass er ja von sich aus gesagt hat, dass er gerne eine Art Ersatzpapa sein möchte. Aber es kommt halt nie von ihm aus ein Besuch oder auch nur ein Anruf. So wird das nicht funktionieren. Das habe ich ihm jetzt auch mal direkt so gesagt.


    Eine andere Möglichkeit, dachte ich zuerst zumindest, wäre der Pate von Johannes. Aber auch der ruft oft erst nach Tagen bzw. noch länger zurück und ist wahnsinnig oft schon verplant bzw. sind unsere Tagesabläufe total verschieden, so dass es sehr schwierig ist, ein Treffen zu organisieren. Ich möchte aber auch niemanden "zum Jagen tragen müssen", wenn ihr versteht was ich meine.
    Wo bekomme ich in Gottes Namen einen Menschen, möglichst männlicher Natur her, der wirklich Interesse an einem 4jährigen süßen Spatzen hat? Ich habe leider manchmal das Gefühl, dass manche Männer eher dringend eine Frau für sich suchen und nun denken, ich wäre ja jetzt allein und bräuchte bald wieder einen Mann an meiner Seite. Dem ist aber absolut nicht so - ich kann mir das überhaupt noch nicht vorstellen, dazu vermisse ich unseren Papa noch viel zu sehr. Ich möchte auch nicht die ganzen schönen Erinnerungen an ihn durch neue Erlebnisse überdecken. Natürlich wäre es irgendwann einmal schön, wenn ich noch einmal das Glück haben könnte, jemanden zu finden, mit dem ich zusammen sein möchte. Aber im Moment will ich das überhaupt nicht.


    Ja und von wegen Rentenversicherung: Der Halbwaisenantrag wurde in Rekordgeschwindigkeit bearbeitet und ist bereits durch. Wenigstens geht das Schrittchen für Schrittchen voran...
    Die wirklich wichtigen Aufgaben für mich liegen wo anders. Aber vielleicht gibt es ja den ein oder anderen, der mir ein bißchen Tipps oder Erfahrungen schreiben kann.


    Danke euch allen für's lesen - jetzt geht's zum Laternenzug in den Kindergarten... sorgt bestimmt bei Johannes für strahlende Augen :rolleyes:


    LG


    Melanie

  • Liebe Melanie,
    ja es ist so, wie du sagst: Man kann niemanden zum Jagen tragen! Hier eine männliche Bezugsperson zu finden, so auf die Schnelle, wird das schwierig sein und es passt ja auch nicht jedern "Onkel" zu jedem Kind. Geht Johannes in den Kindergarten, ist er mit Jungs zusammen? Wie schaut es mit den Großvätern aus, leben die noch?
    AL
    Christine

  • Hallo Christine,
    hallo all ihr stillen Mitleser,


    bei uns wohnen leider alle Verwandten von mir ca. 250 km weit entfernt, da es mich durch's Studium in die Stadt verschlagen hat. So hat Johannes zwar noch einen Opa, den er auch sehr mag, aber die Kontakte sind halt nur ca. 3 - 4 Mal pro Jahr für ein paar Tage möglich. Telefonieren lehnt Johannes immer noch total ab. Wir können höchstens noch ab und zu was mit der Post schicken.


    Vom verstorbenen Papa seiner Seite gibt es nur noch eine Oma, die schon über 80 Jahre ist und zwar geistig noch voll fit ist, aber körperlich nicht mehr kann. Und das einzige männliche Familienmitglied schafft es wohl nicht.


    Ich bin im Moment wirklich ratlos. Vor allem nach diesem Wochenende, an dem Johannes so schwierig war. Er verweigert sich fast allem, was er machen soll. Ich muss jedes mal sogar mit auf's Klo gehen, obwohl er das schon längst alleine gemacht hatte. Er wird, wenn ich ihn ermahne, fast augenblicklich hoch aggressiv und spuckt, haut und flippt total aus. Er führt wegen allem Möglichen einen Machtkampf. Ich möchte aber nicht in allem nachgeben, obwohl mir schon klar ist, dass er es auch nicht leicht hat. Aber ich merke auch, dass ich manchmal derartig außer mir bin, dass ich mich nicht mehr unter Kontrolle habe. Da fehlt halt einfach jemand, den man dann mal anrufen kann, der ihn mir für ein, zwei Stunden abnimmt, so dass ich dann kurz rausaus dem Haus gehen könnte.
    Hoffentlich geht diese schwierige Phase bald vorbei - mir graut schon vor dem nächsten Wochenende.


    LG


    Melanie

  • Hallo Melanie,
    Johannes reagiert jetzt einfach, das ist eine typische zeitverzögerte Reaktion von Kindern, wenn sie trauern. Frag ihn mal, wenn er wieder so austickt, warum er so wütend ist, vielleicht kann er es dir sagen. Wut und Aggression, das ist auch eine Seite der Trauer. Johannes merkt jetzt, spürt jetzt, was der Verlust seines Vater für ihn heißt und immer, wenn einem etwas genommen wird, was man sehr lieb hat, dann reagiert man eben auch mit Wut.


    Wut ist die Schwester der Trauer


    und hier:


    Männer trauern anders


    Im Moment ist das seine Art Trauer auszudrücken, keine Sorge, er reagiert normal, es ist nur für dich anstrengend. Setze ihm Grenzen, das ist wichtig, frag ihn, ob er so wütend ist, weil sein Papa nicht mehr da ist, wenn er es selber nicht formuliert und erklär ihm auch, dass es normal ist, dass er wütend ist, aber dass das Zusammenleben so nicht funktioniert. Erzähl ihm von seinem Papa, schaut Fotos an ... Schau, ob es dir gelingt, die Wut dadurch zu lösen, dass er weinen kann. Es geht einfach darum, einen Kanal zu finden, bei dem diese Trauergefühle rauskommen können. Mit der männlichen Bezugsperson lass dir Zeit, er muss den Verlust seines Vaters erst verarbeiten, niemand kann ihn ersetzen.


    Und schau, dass du auch mal ein bisschen auszeit für dich bekommst, in dieser schwierigen Zeit! Ist er in einem Kindergarten?
    AL
    Christine

  • Ja, er ist in einem Kindergarten. Zum Glück in einem sehr guten und da er vorher schon zwei Jahre dort in die Krippe ging, ist er dort wie in einem zweiten Zuhause. Die Erzieherinnen sind sehr lieb und gehen gut auf ihn ein. Aber im Moment bekomme ich auch von dort Rückmeldungen, dass er sehr schwierig ist, sich beim Essen mehr unter dem Tisch kugelt, statt zu essen, nicht raus will, wenn er in den Garten soll, wenn er draußen ist, nicht mehr rein will... also ständiger Widerstand gegen alles und jedes.
    Gestern habe ich sogar einen großen Schreck bekommen, als ich ihn abgeholt hab. Er war im Gesicht total blutig gekratzt. Es sah echt schlimm aus. Johannes meinte nur, dass er einen Streit mit seinem besten Freund hatte. Am nächsten Morgen hat mir die Erzieherin dann berichtet, dass sie die beiden laut weinend im Garten draußen vorfand und sie sich wohl gegenseitig attakiert hatten. Mehr hat sie von ihnen nicht erfahren können. Sie wurden dann den Rest des Tages getrennt und durften nicht mehr miteinander in den Garten. Ich habe von Johannes auch nicht näheres erfahren können, um was es eigentlich ging. Ich vermute, dass er es selber nicht mehr so genau weiß und soviel ich mitbekommen habe, ist er auch schon wieder "gut" mit seinem Freund. Möchte da auch nix großes draus machen, aber es zeigt mir doch, wie viel Aggressionen da gerade hoch kommen, wohl bei allen beiden Kindern. Sein Freund leidet gerade auch sehr, da sich die Eltern in den letzten Wochen getrennt haben.


    Habe vorgestern den Paten gebeten, einfach mal mit Johannes Lego zu spielen. Das war eine gute Idee und Johannes hat sich dermaßen über das Spielen mit ihm gefreut, dass es einfach nur unglaublich schön war, das mit anzusehen! Hoffe, der gute kann sich ab und zu eine Stunde abknapsen, das wäre echt toll.


    Danke auch für die beiden Links, Christine! Diesen Kanal, um die Trauer rauszulassen, finde ich bei Johannes irgendwie nicht. Wir reden schon viel über seinen Papa, aber weinen tut er nie direkt deswegen. Eher dann vor Wut, wenn wir beide wieder eine Auseinandersetzung haben. Ich bin auch immer sehr im Zweifel, ob ich ständig für ihn da sein soll bzw. wie weit ich mich durchsetzen soll, wenn's darum geht, abends mal wieder weg zu gehen... eigentlich brauch ich das im Moment für mich nicht, weil ich so erschöpft bin. Andererseits sagen manche zu mir, ich müsse das machen, weil wir zuviel aufeinander hängen würden... ich bin da echt am Zweifeln, weil ich ja auch Johannes meistens 8 Stunden am Tag sowieso alleine im Kindergarten lasse. Er geht gerne hin, aber ich finde, dass er dann auch echt ein paar Stunden Mama-rundum-Programm braucht. Oder?


    Um das Wochenende zu entstressen, habe ich beschlossen, dass wir heute Mittag mal Essen gehen - und ich mir das gehasste Kochen erspare. Vielleicht schont das meine Kräfte und ich habe mehr Nerven für eventuelle Auseinandersetzungen mit dem kleinen Mann :-)


    Wünsche euch allen ein schönes, erholsames Wochenende!


    Melanie

  • Liebe Melanie!
    als meine tochter von uns ging
    war mein jüngster 6 jahre alt
    auch er hatte große schwierigkeiten
    seine gefühle zu ordnen
    das was geschehen ist !!!
    man sagte mir bis zum 14 lebensjahr ist es so
    erst dan beginnen sie es hinzuordnen.
    kinder können es noch nicht
    sie zeigen es eben so wie man es siht bei Johannes
    auf einer anderen weise aber es ist schön das er einen ventill geöffnet hat
    ich verstehe dich, das es schwer ist nicht nur für dich sondern auch für seine umwelt
    aber erlich gesagt
    ich finde es GUT
    denk mal wen er so getan hätte als wär nix geschehn
    das wäre schlimm
    weil er dan verdrängen gelernt hätte
    und alles in sich gestaut hätte


    ich habe für meinen kleinen sohn
    spieltherapie organiesiert
    bei einem männlichen therapeuten
    da auch ich alleinerzieherinn bin
    er war über 2jahre dort
    spielerisch zu verarbeiten
    all die verlust ängste, die neue situation,....
    meinem kleinen hat es sehr geholfen!!!


    vieleicht überlegst es dir
    ob es machbar wäre für Johannes


    in liebe maki

  • Hallo Melanie,
    ich würde sagen, er reagiert ganz normal und auch Wut ist ein Ventil. Aber vielleicht ist die Spieltherapie eine gute Anregung! Überlegs dir mal bzw. schau, ob es so ein Angebot bei euch in der Nähe gibt. Ich kann mir gut vorstellen, dass du unter der Woche am Abend zu erschöpft bist, um auszugehen. Du musst Johannes kein Mehrere-Stunden-Rundumprogramm bieten, sondern einfach eine halbe Stunde Qualitätszeit schenken. Eine halbe Stunde, in der ihr gemeinsam etwas spielt oder lest. Sonst kann er sich vielleicht schon selber ein bissl beschäftigen oder eine kurze Zeit darf er auch fernsehen, so dass auch du in Ruhe die Hausarbeit erledigen kannst. Er spürt dann, dass du da bist, aber ihr hängt nicht ununterbrochen auseinander.


    Vielleicht kannst du seinen Paten ja am Wochenende öfter mal zum Spielen einsetzen, dass du rauskommst - zu einem Spaziergang oder ins Kino oder um deine Freundinnen zu treffen.


    AL
    Christine

  • Hallo ihr Lieben,


    nachdem mir Maki geraten hat eine Spieltherapie für meinen Sohn zu suchen, habe ich großes Glück gehabt und einen ganz lieben Therapeuten gefunden. Da er gerade umgezogen ist und so die Praxis neu eröffnet hat, konnte ich innerhalb kürzester Zeit zu ihm kommen und alles mit ihm besprechen. Noch dazu hat er eine Kassenzulassung, so dass auch die Finanzierung kein Problem ist. Er hat eine fundierte Ausbildung als Psychotherapeut für Kinder und Jugendliche und wohl einige Jahre Berufserfahren, aber er ist auch noch jung und "unverbraucht".


    Jedenfalls hat die erste Stunde Johannes total begeistert. Johannes hat sich gleich auf die Lego-Kiste gestürzt und sie haben ganz vertieft miteinander gebaut. Dabei wurde auch der Alptraum, den der Kleine zur Zeit jede Nacht hatte, gleich mit bearbeitet. Er hat ganz genau nachgefragt, was das für ein Traum ist, wovor er da genau Angst hat... und siehe da: Johannes hat seit diesem Tag keine Angst mehr vorm Schlafen und er hatte wohl auch diesen Traum nicht mehr. Ich bin ganz begeistert!


    Er freut sich schon sehr auf das nächste Mal. Und dabei ist mein Sohn normalerweise extrem zurückhaltend und oft sehr schüchtern. Dort wollte er nicht mal anfangs auf meinen Arm!


    Ich hoffe so, dass es Johannes hilft, den schlimmen Verlust seines Papas zu verarbeiten. Es geht ihm im MOment auch im Kindergarten oft gar nicht gut. Er isst nichts zu Mittag, versteckt sich immer wieder unter einem Tisch, will nicht mit seinen Freunden spielen... das Gespräch vor kurzem mit der Erzieherin hat mich sehr erschreckt. Aber das gute ist, dass die Erzieher dort uns sehr unterstützen, viel Rückmeldung geben... wir haben auch zusammen ein paar Ideen entwickelt, wie man mit manchem umgehen könnte und Johannes auch Gelegenheit geben kann, über den Papa zu sprechen.


    Gegen die aggressiven Ausbrüche habe ich auch was gefunden, was zumindest manchmal hilft: Wenn ich merke, dass er ausflippt, packe ich ihn spielerisch an den Händen und drücke gegen ihn - wir kämpfen also gegeneinander und versuchen uns auf den Boden zu drücken. Natürlich stelle ich mich manchmal schwach und lasse ihn auch mal kurz die Oberhand gewinnen. So verpufft die überschüssige Wut und Energie und es artet nicht in ernsten Kampf aus. Die Regeln, dass man nicht mit den Füßen treten darf und nicht beißen, kamen übrigens von ihm selber. Kitzeln ist erlaubt :-)


    Danke nochmal an Maki für den guten Tipp mit der Spieltherapie - ich hoffe, es läuft so gut weiter.


    Schöne Grüße aus Nürnberg!


    Melanie

  • Liebe Melanie!
    Mooiiiiii ist des schön zu lesen
    ich freue mich soooooooooosehr
    für euch beide!!!!
    ich Danke dir für die rückmeldung!!!
    es freut mich riessig
    das du diesen weg wahrgenommen hast
    Johannes wird dir es danken
    für dich ist es auch eine entlastung
    wenn dein mama herz weis das dein kleiner in guten händen ist.


    kannst auch du für dich etwas "gutes" tun???


    in liebe maki

  • Hallo ihr lieben,


    hab schon ein bißchen Angst vor morgen, weil morgen der erste Geburtstag von Ulrich ist, an dem er nicht mehr bei uns ist. Eigentlich ging es mir die letzten Tage einigermaßen gut. Ich hab die schwere Trauer nicht so gespürt und mich sogar an neuen Gartenmöbeln erfreuen können. Aber wenn ich an morgen denk, schnürt sich mein Hals zu.
    Zu nahe ist noch die Erinnerung, wie wir letztes Jahr an diesem Geburtstag des Papas das große Bett für meinen Kleinen aufgebaut haben. Wie stolz war Johannes, als er in sein neues Spielhochbett klettern konnte. Zuvor hatte Papa ihm am Sofa so lange zärtlich den Rücken gekrault, dass er eingeschlafen ist und wir mit dem Bettaufbauen noch ewig warten mussten, bis Sohnemann ausgeschlafen hatte. Wie schön war es gemeinsam das eigene geliebte Kind im Schlaf zu betrachten. Unser Kind. Und nun sehe ich den Kleinen da liegen und er sieht seinem Papa so ähnlich. Sein kleines Froschgesicht, das ich beim Papa auch so geliebt habe. Es fehlt mir so Ulrich erzählen zu können, was Johannes wieder mal gemacht hat oder gespielt hat...
    Es ist nicht das gleiche, wenn ich es einer Freundin erzähle.


    Ich habe das Gefühl immer weniger leisten zu können. Seit Wochen schleppe ich mich halbkrank dahin und habe keine Kraft mehr. Keine Kraft mehr zum Training, keine Kraft abzunehmen und meine angefutterten Kilos wieder runter zu kriegen. In der Arbeit ist leider seit Januar sehr viel los und wir haben ständig viel zu tun. Auch das fällt mir zunehmend schwerer. Ich hoffe sehr nächste Woche ein bißchen Zeit zum Erholen zu haben, da ich mir ein paar Tage frei genommen habe. Wenn alles gut geht, kann ich JOhannes trotzdem in den Kindergarten gehen lassen und habe so mal endlich ein paar STunden für mich alleine.


    So - und nun muss ich schon wieder los und mein Kind abholen.


    Ich wünsche allen hier erträgliche Tage und dass die Sonne wenigstens ab und zu auch bei euch im Herzen wieder scheinen kann.


    Melanie

  • Hallo an alle Trauernden,


    habe eine Weile nur mitgelesen und ein bißchen Abstand gebraucht. Inzwischen geht es mir wirklich besser. Ich habe wieder Kraft Pläne zu machen und auch umzusetzen.
    Und siehe da: Manchmal fühle ich mich fast wieder unbeschwert. Kann das Zusammensein mit Freunden wieder genießen, neue Kontakte knüpfen, Leben zulassen...


    Trotzdem vergesse ich meinen geliebten Ulrich nie. Aber er ist nicht mehr ständig der erste Gedanke beim Aufwachen und der letzte beim Einschlafen. Trotz der guten Zeit bin ich irgendwie auf der Hut vor der nächsten Welle, die wieder nach unten zieht. Hab mir fest vorgenommen, der Trauer vorsorglich regelmäßig einen Platz einzuräumen - zusätzlich zu den Tagen, an denen sie sowieso nicht wegzuscheuchen ist.


    Was tut mir in diesen Tagen gut?


    - mein lustiges Kerlchen von Kind, der so interessiert an allem ist
    - Freunde, die uns immer wieder anrufen und zu Unternehmungen animieren
    - meine liebste treue Freundin, die immer sofort merkt, wie es mir wirklich geht
    - die Sonne und die Natur, die so wunderschön erblüht ist
    - die Flötenkiddis, die mich und meine Kreativität immer wieder neu fordern
    - mich mit meinem Sohn über Gott zu unterhalten und Antworten zu finden
    - unser geliebter Schmusekater Willi
    - im Auto bei Sonnenschein dahin zu fahren und dabei Musik zu hören (auch wenn es mir manchmal die Tränen wieder in die Augen treibt)
    - das Gespräch mit anderen Betroffenen, die inzwischen wieder mitten im Leben stehen und mir zeigen, dass es ein lebenswertes Leben danach noch geben kann.


    Ich möchte allen Mut machen, dass es wirklich mit der Zeit etwas besser wird, die Traurigkeit nicht mehr ganz so schwer auf einem lastet. Man darf sich erlauben, wieder ein Stückchen Glück für sich zu finden, auch wenn es anfangs mühsam ist und sich nichts erzwingen lässt.


    Am meisten froh macht mich, dass ich sehe, wie es auch meinem kleinen Sohn Stück für Stück besser geht. Er war das erste Mal alleine auf einem Kindergeburtstag, ganz ohne mich. Und das, wo er solch starken Trennungsängste entwickelt hatte. Zudem hat er einen neuen Freund im Kindergarten gefunden und kann mir viel öfter anvertrauen, wenn er den Papa vermisst.
    Jetzt hat er sogar einmal davon erzählt, dass er sich die Ohren ganz arg zuhalten musste, als ich am Telefon so laut geschrien habe, in dem Moment, wo ich vom Tod Ulrichs erfahren habe. Mir war das gar nicht bewusst, dass ich damals so laut war und ihn derart erschreckt habe. Aber es ist gut, dass er mir das nun endlich erzählen konnte. Ich denke, das sind alles Dinge, die eine bessere Trauerverarbeitung zeigt.


    So, nun muss ich den lieben Kleinen mal zum Zähne putzen bringen...


    Ich wünsche euch allen da draußen eine erholsame Nacht, in der Gott seine Hand schützend über uns hält.


    Melanie