Liebe Maki,
es tut mir leid, daß diese Schiwoche, die doch fröhlich und unbeschwert hätte sein sollen, so schlimm begonnen hat.
Auch ich wünsche den Eltern, Verwandten und FreundInnen des Buben alle Kraft und Hilfe die sie brauchen.
Und Nora - und mit ihr Abi (finde es auch ganz toll, daß sie ihre Schwester mit ihrer Schikleidung begleitet) - trotz allem eine schöne Woche und damit Abwechslung vom Alltag.
Ich schrieb, du wirst "Erklärungen" nur in dir selbst finden. doch "Erklärungen" ist wohl das falsche Wort. Vielleicht wäre "Erkenntnis" das richtige.
Nämlich die Erkenntnis, das auch "gefühlsmäßige" glauben, daß keine Schuld da ist. Das "ganz einfach annehmen", daß es zwar keinen "Sinn", aber eben auch keine "Schuld" gibt. Doch das ist ein sehr langer, steiniger Weg.
Weißt du, schön langsam bekomme ich durch euch nach einem halben Leben ein wenig Licht in dieses zwei Jahre lange schwarze Loch in mir. Noch vor kurzem hätte ich das nicht ausdrücken können.
Am Anfang war für mich ganz klar: die "Schuld" hat der, der diesen Unfall durch seine Unaufmerksamkeit verursacht hat. Meine Freundin machte mir mit viel Liebe und Geduld klar, daß das nicht "stimmt", daß man mit diesen "Haßgefühlen" nicht auf Dauer leben kann.
Das habe ich auch relativ schnell verstanden und akzeptiert, aber ich brauchte immer noch einen "Schuldigen". ICH war schuld - ich hätte darauf bestehen müssen, zu Heinz zu fahren. Denn wenn er mich gehört und gespürt hätte, dann wäre er wieder aufgewacht. Irgendwann habe ich sogar akzeptiert, daß ich es nicht hätte ändern können - er wäre trotzdem gestorben.
Aber noch immer hatte ich schuld - denn wenn ich es schon nicht hätte verhindern können - dann hätte ich wenigstens bei ihm sein müssen, ihn bei seinen letzten Atemzügen begleiten, ihn dabei in den Armen halten müssen ....
Wahrscheinlich hat Christine recht: vielleicht wäre es für unsere Lieben schlimmer gewesen, wären wir dabei gewesen. Sie "sollten" gehen, und wir sollten sie dabei nicht "aufhalten". Wäre es für sie mit unserer Anwesenheit leichter gewesen - dann wären wir auch bei ihnen gewesen. Es geschieht alles so, wie es sein soll. Auch wenn es uns weh tut, und wir es nicht verstehen können.
Chrisi - du hast vollkommen recht - natürlich gibt es eine (veränderte) Zukunft! Nur leider ist eben das "Urvertrauen" ins Leben erschüttert, es kann nicht mehr so werden wie vorher.
Sorry, wenn das jetzt pessimistisch klingt, es ist eigentlich gar nicht so gemeint. Aber ich weiß, daß ich (meistens) alles einfach skeptischer sehe als früher.
Ich drücke euch alle ganz fest
Jutta
PS: Maki - mir persönlich hat es sehr geholfen, daß meine Freundin mir immer wieder "einredete": "Du hast keine Schuld"
Solltest du meinen, daß es dir auch hilft, brauchst du nur zu schreiben: "ich fühle mich schuldig", ich werde dir postwendend antworten - immer wieder, solange du es brauchst -
"Du hast keine Schuld!" :24:
Und, tut mir leid, daß ich so viel von mir schreibe - aber vielleicht hilft dir ja der eine oder andere Gedanke doch auch weiter.