Liebe Cube,
Christine hat es auf den Punkt gebracht. "Loslassen" ... wenn ich das schon höre. Wie kann man einen Menschen, den man so geliebt hat von heute auf morgen los lassen. Das geht nicht und braucht Zeit. Meiner Meinung hat man los gelassen, wenn man nicht mehr ständig traurig ist über den Verlust und wenn man sich über das gemeinsam Erlebte in Freude zurückerinnern kann. Das braucht Zeit und wird bei jedem anders sein.
Bei mir bringt die Erinnerung an das gemeinsam Erlebte auch nur Traurigkeit, da ich weiß, dass ich das mit ihm nie wieder erleben kann. Es tut einfach nur weh. Hier kann wirklich nur die Zeit helfen.
Schreibe diesen Brief, wenn Du bereit bist. Ich dachte er würde Dir bezüglich Deiner Schuldgefühle Linderung verschaffen. Zwing Dich zu nichts.
Mein Mann, der ein Bär von einem Mann war, nie krank, hat Ende Februar zu Hause eine Hirnblutung im Stammhirn bekommen (inoperapel). Als es passierte, dachte ich an einen Schlaganfall und hab sofort die Rettung angerufen. Andreas kämpfte dann noch ein Monat im Spital. Zwei Wochen davon im künstlichen Tiefschlaf. Sprechen konnte er nicht, aber er verstand mich. Ein paar Tage vor seinem Tod, sagte ich ihm (wie so oft), dass ich ihn liebe und er erwiederte mit seinen Lippen:" Ich liebe Dich auch". Nach dem er nach dreieinhalb Wochen auf die Neurologie kam, dachten wir, er hätte es geschafft. Es würde zwar dauern, aber er hats geschafft. Sein Zustand verschlechterte sich und am 25. März 2012 ist er gestorben. Für mich ist eine Welt zusammen gebrochen. Er war und ist der wichtigste Mensch in meinem Leben. Er durfte nur 37 Jahre alt werden und wir hatten so viel Pläne und wollten gemeinsam alt werden.
Du fragst wie ich mein Leben wieder in die Hand genommen hab und Kraft geschöpft habe. Naja, nachdem ich mitten im Berufsleben stehe musste ich nach einigen Wochen Krankenstand wieder arbeiten gehen. Es bleibt einem ja nichts anderes übrig. Und dann ist da noch der Garten von meinem Schatz. Ich hab noch nie in meinem Leben Verantwortung für einen Garten gehabt. Ihm zuliebe, als Andenken, habe ich mein Bestes gegeben (mit Tipps und Hilfe meiner Mutter). Ich bin auch stolz darauf, wie schön der Garten aussieht. Andreas freut sich sicherlich darüber, was sein Schätzchen da zustande gebracht hat ;-).
Bei mir ists ja auch noch nicht so lange her. Und der heftige Wechsel von Gefühlen und Gedanken, das ewige auf und ab durchlebe ich auch. Ein Patentrezept gibt es nicht ... eine Abkürzung durch die Trauer leider auch nicht. Aber wichtig ist, dass Du Dich zu nichts überreden lässt, was Dir nicht gut tut. Zum Beispiel lehnte ich die Einladung zu einer Grillerei bei meiner Schwester und meinem Schwager ab, da dort lauter "normale Familien" wären und ich mir dort mehr als Fehl am Platz vorkommen würde. Ich hätte mich dort unwohl gefühlt und danach noch trauriger. Also habe ich abgelehnt, hab auch dazugesagt, dass so etwas im Moment nicht förderlich für mich ist. Sie haben es verstanden.
Anfangs habe ich viele Bücher verschlungen. Herkömmliche Traurliteratur, aber auch Bücher über das Jenseits, da ich ja an eine Weiterleben der Seele glaube.
Zum nächsten bin ich ein Mensch, der immer ein Ziel brauchte. Sei es ein Zimmer (damals mit meinem Schatz) zu renovieren oder so wie jetzt meine begonnene Ausbildung (nebenberuflich) fertig zu machen. Diese Ausbildung beinhaltet viele (für mich) Interessante Themen und ab und zu stell ich einiges hier rein, wenn ich mir denke, dass es den Menschen hier hilft z.B. Aromaöle, Bachblüten, Säure-Basen-Haushalt ....
Nachdem man nach einigen Monaten ziemlich allein gelassen wird und dann schon aus Sturheit vieles selbst probiert (Reperatur od. Garten), das man sich nicht zugetraut hätte und ich nicht um Hilfe "betteln" gehen möchte, haben mich diese kleinen Erfolgserlebnisse auch bestärkt.
Aber wie gesagt, ich bin auch noch Lichtjahre davon entfernt, dass ich behaupten könnte es ginge mir besser. Traurigkeit ist mein Grundgefühl und wir es wohl noch länger bleiben.
Es freut mich, dass Du einen süßen Hund zu Hause hast. Es ist wirklich unglaublich, welchen Trost sie einem geben. Und man hat ja auch Verantwortung für sie ... das ist gut. Sonst würden wir uns wahrscheinlich nur noch hängen lassen. Aber besonders mit einem Hund muss man ja oft raus, damit er seine Geschäfte verrichten kann.
Ich wünsche Dir viel Kraft und Zuversicht und schreibe immer, wenn Dir etwas auf der Seele brennt.
Liebe Grüße
Susanne