Beiträge von micky

    Ja, liebe Amitola,


    Ich VERSUCHE auch immer nur zu meditieren - genauer gesagt versuche ich STILL zu SITZEN (was ja noch relativ einfach ist) und meine Gedanken zu beruhigen - diese Übung ist schon bedeutend schwieriger!


    Die allerschwierigste Übung überhaupt aber ist LOSZULASSEN. Ich war für meine Yogalehrerausbildung einige Wochen in einem Ashram. Wir haben dort sehr viel meditiert, Asanas waren eher nebensächlich und wir hörten auch eine Menge Vorträge. Und die Swamis haben "gepredigt", dass man NICHTS festhalten solle. Man dürfe materiellen Wohlstand wohl genießen, aber man dürfe sich nicht daran BINDEN. Genießen, solange man hat, nicht vermissen, wenn man nicht mehr hat. Das hab ich verstanden und das kann ich auch gut nachempfinden. Ich war nie sehr materialistisch eingestellt und meine Ansprüche sind diesbezüglich auch nicht sehr hoch.


    Aber die Swamis meinten auch, man solle sich auch an MENSCHEN nicht allzusehr binden. Ich habe bis heute nicht verstanden, wie das möglich sein soll. Wie soll es funktionieren zu LIEBEN und dann nicht am Boden zerstört zu sein, wenn der Mensch, den man liebt nicht mehr da ist?!? Das ist wohl ein riesen Punkt, den ich bis zu meiner Erleuchtung noch eingehend studieren muss...*zwinker und lächel*


    Ja, ich bin sehr froh, dass ich in meinem Leben einige "Lebensmethoden" kennenlernen durfte. Yoga hilft mir fast immer in schwierigen Situationen, Meditation und die Lehren des Buddha ebenso (aber das gehört ja ohnehin alles zusammen). Das schützt mich allerdings nicht vor dem ungeheuerlichen Gefühlschaos, vor der Panik, die manchmal in mir aufkommt, vor der Angst, zu ertrinken und ich muss dann ganz fürchterlich rudern und strampeln, um meine Nase wieder ÜBER die Wasseroberfläche zu bekommen, um den nächsten Atemzug tun zu können. ABER: Diese Methoden sind immer wieder ein Strohhalm und ein Mittel, langsam wieder zu einer gewissen Gelassenheit zu gelangen. Für einige Augenblicke wenigstens... Aber Zweifel und alles Infragestellen sind auch immer wieder lästige, aber wahrscheinlich auch wichtige Wegbegleiter...


    Nochmal alles Liebe dir und viel Energie und eine gute Nacht
    deine Micky (die sich für morgen vorgenommen hat, eine Bergwanderung zu machen...)

    Mein lieber Engel, Amitola,


    du hast gestern so wunderschöne Zeilen geschrieben - von deinem "Zaubergarten", von deinem herzerfrischenden Spaziergang, von der romantischen Bank... Ich hatte ein Bild von dir vor meinen Augen, wie dich du als gute Märchenfee inmitten der wunderbar blühenden Natur bewegst und strahlst und mit deiner großartigen positiven Energie das Dasein von sowohl Mensch, als auch Tier oder Pflanze, die sich in deiner Aura befinden erhellst :)


    Du hast heute noch nichts geschrieben - ich hoffe, das bedeutet nicht, dass es dir nicht gut geht!! Wie fühlst du dich heute?!?


    Ja, so wie du über dein Gefühl schreibst, als deine Eltern verstorben sind, so fühle ich auch. Ich bin nun, mit 47, endgültig und unwiderruflich erwachsen. Niemand ist mehr da, der mich bemuttert, der mir die mütterliche Wärme gibt. Nun ist es an mir zu versuchen, die überbordende Herzenswärme, die meine Mutter ausgestrahlt hat, an andere weiter zu geben. Im Moment geht das noch nicht, aber irgendwann...


    Ich hab ja schon an Marsue geschrieben, dass ich die letzten Tage damit beschäftigt war, die letzten Dinge von der Wohnung meiner Eltern in meine eigene zu schleppen und hier zu verstauen. Ordnung zu machen, zu putzen, damit ich mich in meinen eigenen vier Wänden wieder halbwegs wohl fühlen kann. Es ist nur so ein eigenartiges Gefühl all die Dinge nun HIER zu sehen, die ich aus der Wohnung meiner Eltern gewöhnt bin. Ich liebe diese alte Pendeluhr, die ich mitgebracht habe, aber immer wenn sie schlägt, zucke ich ein wenig zusammen, weil ich diesen Klang bisher immer nur in der Wohnung meiner Eltern gehört habe...


    Ich hab mir auch einen Schrein gebaut - mit Fotos von meinem Vater, meiner Mutter, auch von Niko, unserem Hund, Kerzen, Engeln rundherum. Und ich bin die Einzige, die nun übrig geblieben ist...


    Nun schlüpfe ich also langsam wieder in meinen Alltag, in mein "normales" Leben, und doch ist alles völlig anders und wird nie wieder so sein wie es einmal war. Meine gesamte Einstellung zum Leben hat sich geändert. Ich habe bisher die meisten Entscheidungen in meinem Leben immer mit Rücksichtnahme auf meine Mutter im Hinterkopf getroffen. Nun ist alles anders und ich muss erst einmal heraus finden, was ICH eigentlich will. Außerdem habe ich hier in meiner Wohnung auch manchmal den Impuls, sie schnell man anzurufen, obwohl ich mir andererseits natürlich in jeder Sekunde bewusst darüber bin, dass das nicht geht.


    Mutti ist nun 38 Tage nicht mehr auf dieser Welt. Die ersten drei Wochen hab ich sie ganz deutlich in meinem Herzen gespürt. So unglaublich viel Liebe. Es war eine ganz spezielle Energie, dich ich gespürt habe. Aber seit knapp zwei Wochen spüre ich diese Energie nicht mehr. Ich habe das Gefühl, sie ist nicht mehr hier, nicht mehr in dieser Form, etwas hat sich verändert, vielleicht ist sie schon weiter gezogen...?!


    Was meinst du? Wie sind deine Erfahrungen dazu?


    Alles Liebe und ganz viel gute Schwingungen für dich
    Micky

    Liebe Marsue,


    tja, das Hündchen...Weißt du, ich bin innerlich einerseits total wund, unruhig, erschöpft, aber auch irgendwie taub. Deshalb bin ich wegen Niko im Moment gar nicht so traurig. Oder besser gesagt, ich kann gar nicht genau sagen, WAS EXAKT ich fühle... Und das hat er nicht verdient. Er war 17 Jahr lang ein vollwertiges Familienmitglied. Da er sowohl MEIN Hund war, weil ich ihn aus Griechenland mitgebracht habe und ich auch sehr viel Zeit mit ihm verbracht habe war er sowohl "mein Sohn", als auch "mein Bruder", weil er bei meiner Mama gelebt hat und sie ihn fast als ihren Sohn behandelt hat ;-). Und nun hab ich ihn einschläfern lassen und zwar davor, währenddessen und auch danach geweint, aber jetzt, drei Tage später empfinde ich nicht mehr viel. Das hat er nicht verdient...


    Meine Mama ist nun seit 38 Tagen nicht mehr da. Und ich habe es immer noch nicht so richtig begriffen, obwohl ich es mit eigenen Augen gesehen habe. Seit ich Niko einschläfern habe lassen bin ich wieder in meiner Wohnung. Habe die Dinge, dich ich aus der Wohnung meiner Eltern behalten möchte notdürftig verstaut, habe Ordnung gemacht und geputzt. Bin also wieder in MEINEM Umfeld.


    Und fühle mich total eigenartig, weil nun die Pendeluhr von meinen Eltern an MEINER Wand hängt, weil ich vom Besteck und Geschirr meiner Mama in MEINER Wohnung esse, weil ich in MEINER Wohnung in IHREN Fernseher sehe... Die Dinge vermischen sich so und es ist alles so irreal. Ich habe ja nun 5 Wochen dem Hund zuliebe weiterhin in der Wohnung meiner Mama gewohnt, obwohl mich das ganz verrückt gemacht hat. Aber nun, da ich wieder in meiner Wohnung bin, habe ich manchmal den Impuls, sie anzurufen, obwohl ich ja gleichzeitig ganz genau weiß, dass das nicht geht...


    Danke für den Tipp mit den Büchern! Ich hab ganz viele Bücher von meiner Mutter mitgenommen - sie hat sehr viel spirituelle und esoterische Literatur, aber im Moment kann ich mich sehr schlecht aufs Lesen konzentrieren, ich bin so unruhig und schaffe nicht mehr als ein bis zwei Seiten. Aber ich hab mich heute in der Früh das erste Mal seit Ewigkeiten hingesetzt und versucht, ein wenig zu meditieren. Das ist zwar zuviel gesagt, aber ich habe es geschafft, zumindestens eine halbe Stunde ruhig zu sitzen und meine Gedanken ein wenig zu zügeln...


    Liebe Marsue, ich hoffe, du kommst mit deinem Umzug voran! Ziehst du weit weg von Wien oder bleibst du im Umfeld? Wie geht es deinem Rücken???


    Alles Liebe
    Micky

    Liebe Rosaline,


    entschuldige bitte, dass ich mich erst jetzt melde. Ich habe die letzten Tage wieder Unmengen Sachen von der Wohnung meiner Mama in meine eigene geschleppt und heute versucht, all diese Dinge hier zu verstauen...


    Ich kann deine Einsamkeit sehr, sehr gut verstehen. Mir geht es ebenso. Liebe Rosaline, ich bin im Moment sehr zerstreut und vergesse sehr viel. Deshalb hab ich das Forum nochmal ein bisschen nach Einträgen von dir durchstöbert, konnte jedoch nur zwei Antworten an mich finden. Ich weiß von dir nur, dass deine Mama zu Pfingsten verstorben ist. Magst du mir mehr erzählen? Wie ist es passiert? Wie lebst du? Bist du alleine oder verheiratet? Hast du Kinder?


    Ich kann dir leider im Moment kein persönliches Treffen anbieten, da ich sehr weit weg von dir wohne. Aber vielleicht hilft für den Augenblick, dass wir uns schreiben?! Es gibt aber bestimmt auch Trauergruppen in Essen. Du kannst dich zum Beispiel an das (mobile) Hospiz wenden - die bieten Treffen für trauernde Hinterbliebene an. Aber es gibt bestimmt auch andere Selbsthilfegruppen, die sich leicht googeln lassen. Ich selbst überlege auch eine Therapie zu machen. Vielleicht ist in diesem Fall eine Gruppentherapie sogar das Passendste...


    Schreib mir, liebe Rosaline, das hilft!


    Alles Liebe und :24: :30:
    Micky

    Liebe Marsue,


    extra noch ein paar Dankeszeilen an dich, weil du mir so lieb und für mich sehr hilfreich geantwortet hast! Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen! Ich bemühe mich, meine Kopflastigkeit ein wenig einzudämmen. Das ist zwar mit Sicherheit an langwieriger Prozess, aber es lohnt sich bestimmt, sofort damit anzufangen!


    Mit der Selbstliebe hast du auch ganz bestimmt recht. Wie ich die aufbauen soll, weiß ich zwar noch nicht so ganz, aber vielleicht werde ich mich tatsächlich mal eine zeitlang in psychotherapeutische Behandlung begeben, wenn mal ein bisschen Ruhe eingekehrt ist.


    Und auch zu entschleunigen und Geduld zu haben sind wichtige Hinweise...


    :2: :2: :2:


    Alles Liebe
    Micky

    Liebe Rosaline, liebe Petra, liebe Marsue, liebe Amitola,


    vielen Dank wieder mal euch Lieben!!


    Ich bin im Moment nicht in der Verfassung genauer auf eure Zeilen einzugehen, aber werde das bestimmt in den nächsten Tagen nachholen!


    Ich sitze grade (immer noch in der Wohnung meiner verstorbenen Mutter) und warte auf den Tierarzt, der in den nächsten ein bis zwei Stunden kommen wird, um den Hund einzuschläfern. Wieder eine sehr, sehr traurige Situation. Ich hab ja schon geschrieben, der Hund ist 17 Jahre alt, für einen Hund also ein richtiger Methusalem, hat seit Jahren einen riesigen Tumor auf der Leber, ist beinahe blind, tut sich altersgemäß schwer beim Gehen und seit zwei Wochen pinkelt er ständig in die Wohnung.


    Ich hatte gestern schon einen Tierarzt hier, um seine Meinung einzuholen, ob es mehr Quälerei für ihn wäre, ihn einzuschläfern oder ihn noch am Leben zu lassen. Er meinte auch, es wäre ein Grenzfall. Der Hund kann noch aufstehen und frisst auch noch sehr gerne, deshalb ist es auch nicht unbedingt notwendig, ihn sofort zu euthanasieren. Aber ICH kann nicht mehr. Als ich heute in der Früh wieder lauter "Lackerln" überall in der Wohnung vorgefunden habe, hab ich mich zu dem Schritt entschlossen. Aber ich habe auch große Schuldgefühle.


    Andererseits bin ich mittlerweile schon so am Ende, dass ich kaum mehr schlafen kann und auch kaum mehr essen, Brechreiz kommt in den letzten Tagen auch noch dazu...


    Meine Mama ist genau heute vor 5 Wochen gestorben. Am Anfang hab ich erstaunlicherweise schlafen können und auch gegessen habe ich ganz normal. Aber nun geht auch das nicht mehr. Ist das normal, dass das erst so spät kommt?


    Vielleicht liegt es aber eben auch an meinen Lebensumständen - dem Hund zuliebe immer noch in ihrer Wohnung zu wohnen, was mit total depressiv macht und das ständige Wissen darum, die Entscheidung treffen zu müssen, was wie ein Damoklesschwert über mir hängt, wie es mit Niko, unserem Hund, weiter gehen soll.


    Entschuldigt bitte, ich klage um meinen Hund und ihr trauert um eure Partner oder Eltern - das scheint mir nicht ganz angemessen. Aber andererseits ist es bei mir einfach NOCH ein zusätzlicher Puzzleteil zu dem, was ohnehin schon alles Schlimmes in den letzten Wochen und Monaten passiert ist, der langsam das Fass zum Überlaufen und mich dem Zusammenbruch nahe bringt...


    Liebe Amitola, ich hoffe, dass es auch bei euch ein wenig kühler geworden ist und du dich vielleicht auch deshalb gesundheitlich wieder ein wenig wohler fühlst! Du bist so eine großartige Frau mit einem so riesengroßen Herzen und einer umfassenden Weisheit! Ich hoffe, wirklich sehr, dass es dir gut geht!


    Alles Liebe
    Micky

    Liebe Petra,


    wir haben schon wieder eine Parallele: Meine Oma ist im Gegensatz zu meiner Mama auch sehr alt geworden. Sie lebt sogar immer noch - ist mittlerweile 101 (!!) und es geht ihr sogar altersgemäß sehr gut. Meine Mutter ist hingegen auch nur 78 geworden, genauso wie mein Vater. Das haben wir eben nicht wirklich in der Hand, wann der Zeitpunkt zu gehen gekommen ist. Ich habe aber auch schon oft gehört, dass man es schon einige Zeit vorher spürt, wenn der Zeitpunkt näher rückt, so wie du es von deiner Mama berichtest.


    Ich freue mich, dass du die Energie aufgebracht hast, zu der Feier zu gehen und gestern auch mit deinem Sohn der Hitze im Bad getrotzt hast! Es ist wichtig, sich immer wieder zu bemühen, aktiv am Leben teilzunehmen. So wie du schreibst, hab ich den Eindruck gewonnen, dass du eine sehr gute und enge Beziehung zu deinem Sohn hast! Sprichst du mit ihm über seine Oma und über deine Trauer? Wie geht es ihm damit, dass seine Oma gestorben ist? Kannst du mit deinem Mann gar nicht über deine Trauer sprechen, oder hast du das Gefühl, dass er dich nicht versteht, wenn du weinst und traurig bist?


    Ich bin Lehrerin in einer Berufsschule für Bürokaufleute und unterrichte kaufmännische Fächer wie Buchführung und Betriebswirtschaftslehre, aber auch politische Bildung, Deutsch und Englisch. Ab heute habe ich 9 Wochen Ferien - einerseits gut, damit ich mich ein bisschen erholen kann, andererseits aber auch ein Nachteil, weil ich mich (wie du oben vielleicht schon gelesen hast) im Moment in einem ganz tiefen Loch befinde und mich innerlich so unbeschreiblich leer fühle, dass der Zwang, in der Früh aufzustehen und arbeiten zu gehen vielleicht gar nicht so schlecht wäre. Ich weiß durch diese innerliche Wüstenlandschaft an manchen Tagen überhaupt nichts mit meiner freien Zeit anzufangen. Arbeit wäre da wahrscheinlich schon eine gute Ablenkung.


    Da ich in den letzten Tagen kaum schlafen kann, ziehen sich auch die Nächte wie Strudelteig. Heute hab ich zum Beispiel den ganzen Tag nichts vor. Nichts Nettes zumindestens. Ich hab heute keine Lust, alleine ins Bad zu gehen oder alleine Rad zu fahren oder alleine...was auch immer zu tun. Ich hab eine Menge Freundinnen, aber manche wohnen nicht in Wien und haben kleine Kinder, können also nicht nach Wien kommen und ich nicht zu ihnen (wegen des Hundes). Andere wiederum sind auf Urlaub oder mit ihrer Familie oder Hausbau oder oder oder beschäftigt. Klar, ich sollte einkaufen gehen, die Wohnung weiter entrümpeln, mich um VErlassenschaft und finanzielle Dinge kümmern, aber zu all diesen Dingen fehlt mir im Moment jeder Funken Kraft.


    Ich hoffe, liebe Petra, morgen oder in den nächsten Tagen kann ich wieder etwas positiver schreiben, aber heute ist leider ein rabenschwarzer Tag...


    Alles Liebe
    Micky

    Meine lieben, guten Seelen,


    ich danke euch (liebe Claudia, liebe Marsue, liebe Petra,...) sehr herzlich für eure Beiträge und für eure Herzenswärme und Interesse an mir und meinem Schmerz! Ich habe das schon öfter gesagt, aber ich kann es immer wieder nur betonen, wie gut ihr tut und wie überaus hoch eure empathischen Fähigkeiten sind, andere, also auch mich in eurem eigenen Schmerz zu trösten und ein offenes Ohr und Herz auch für die Seelenqualen anderer Menschen zu haben!


    Ich komme heute (wieder) als ein Häufchen Elend zu euch mit der Bitte um Hilfe und Trost. Es ging mir jetzt ein paar Tage besser, ich bin ein wenig aus meiner Lethargie erwacht und hab "draußen" etwas unternommen. Hab es geschafft, ein wenig Rad zu fahren und mich zu bewegen usw. Seit zwei Tagen/ Nächten plagen mich Schlafstörungen - ich liege die dreiviertel Nacht wach und mir fällt die Decke auf den Kopf.


    Es scheint also wieder eine Trauerwelle über mich drüber zu schwappen. Eine sehr heftige noch dazu. Seit den frühen Morgenstunden komm ich aus dem Heulen nicht heraus. Sogar als ich jetzt grad vorhin mit dem Hund spazieren war hab ich durchgehend geheult.


    Es ist wieder mal das totale Gefühlschaos. Ich weiß nicht einmal, ob meine tiefe Traurigkeit von der Trauer um meine Mutter ausgelöst worden ist oder ich wegen einer Summe von verschiedenen Problemen gerade wieder in ein so tiefes Loch geplumpst bin. Manchmal bin ich total überrascht und auch erschrocken, dass ich (zumindest vordergründig und bewusst) im Moment gar nicht so viel an meine Mama denke und frage mich dann, was ich wohl für eine Tochter bin, die gar nicht um ihre Mutter trauert, zumal ich sie doch so sehr geliebt und alles für sie getan habe.


    Ich schäme mich so richtig - ich habe euch doch erzählt, dass ich mich quasi wieder in meinen Ex-Mann verliebt habe, weil er mir ein wenig hilft und in meiner momentanen Situation ein wenig zur Seite steht. Ich glaube, er mag mich sehr, findet mich sogar attraktiv, aber er sagt klar, dass er sich nicht mehr als Freundschaft mehr mit mir vorstellen kann.


    Vor einer Woche taucht nun ein anderer Mann wieder auf. Er war der Erste, mit dem ich mich getroffen habe - etwa ein dreiviertel Jahr, nachdem mein Ex-Mann mich verlassen hatte. Wir hatten damals eine kurze Affäre, danach ist er plötzlich ohne Aussprache verschwunden und hat mir eben nur mehr in großen Abständen ab und zu ein sms geschrieben. Nun hab ich mich in der letzten Woche eben wieder ein paar Mal mit ihm getroffen, zum Spazierengehen, auf ein Getränk, viel gesmst, ab und zu telefoniert und ich merke schon wieder, wie meine Gefühle davon galloppieren. Das ist doch nicht normal!! Ich bin 47 und habe eine Gefühlswelt von einer 14Jährigen! Was ist denn bloss mit mir los?!? Bitte verzeiht mir, es ist mir schon klar, dass ich mich in einem Trauerforum befinde und ich labere euch da mit meiner chaotischen Gefühlswelt was Männer angeht an, aber vielleicht hat das alles ja auch einen Zusammenhang?!


    Ich war jetzt ein Jahr lang beinahe 100%ig mit meiner Mama beschäftigt mit allen Ängsten und Sorgen und kleinen Erfolgen und Freuden und nun, da sie nicht mehr da ist, bin ich von 100 km/h auf 0 abgebremst worden. Ich hab nun keine Lebensaufgabe mehr. Nicht viel Grund, in der Früh aufzustehen. Ich bin so leer, hab eine innerliche Wüstenlandschaft. Und ich kann es gar nicht in Worten ausdrücken, wie sehr ich mich nach Nähe, Verständnis, Wärme, Zärtlichkeit, nach einer Schulter zum Anlehnen, nach LIEBE sehne. Und, liebe Marsue, ich hab diesen MUT, zumindestens heute, einfach nicht. Ich bin so oft in meinem Leben verlassen und zurück gewiesen worden, dass ich schon so sehr an mir zweifle. Aus objektiven Kriterien heraus verstehe ich das nicht, dass ich immer so um Liebe kämpfen und betteln muss, denn ich bin recht umgänglich, bemühe mich schon mein ganzes Leben lang darum, mich menschlich weiter zu entwickeln, ich stehe an sich auch mit beiden Beinen fest im Leben (zumindestens nach außen hin) und bin auch nicht hässlich. Aber irgendetwas in mir läuft gründlich schief.


    Ich weiß, dass ich Geduld haben sollte. Aber ich habe nun schon seit beinahe 10 Jahren keinen Menschen mehr an meiner Seite, auf den ich mich so richtig verlassen kann und der mir das Gefühl gibt, etwas ganz Besonderes für ihn zu sein. Und das erzeugt eine derartige Sehnsucht nach Liebe in mir, diese Sehnsucht tut richtig körperlich weh. Ich fühle mich so unendlich einsam.


    Womit fülle ich bloss dieses riesige Loch in mir?

    Liebe Christine,


    ja, hier in diesem Forum sind tatsächlich ein paar außergewöhnlich liebe Seelen, mit denen ich schon Bekanntschaft machen durfte!


    Meine Mutter hatte Blasenkrebs - leider eine sehr ungewöhnliche Variante, die von außen nach innen wächst und deshalb musste ihr auch gleich bei der ersten OP letztes Jahr die Blase (und auch Eierstöcke, Gebärmutter und Teile des Darmes) entfernt werden. Gestorben ist sie letzten Endes an einer Peritonealkarzinose.


    Ich hatte in den letzten 5 Tagen Hilfe vom mobilen Hospizteam - eine wunderbare Einrichtung. Leider sehr überlastet, daher erst das späte Eingreifen.


    Alles Liebe
    Micky

    Hallo, liebe Petra,


    vielen Dank für deine Zeilen! Ganz aus tiefstem Herzen möchte ich dir gleich zu Beginn sagen, dass ich mit dir fühle! Ich habe deine Worte schon in der Früh auf dem Handy gelesen und seitdem habe ich immer wieder an dich gedacht und wollte dir gerne früher zurück schreiben - aber ich sitze erst jetzt wieder mit meinem Laptop da und per Handy zu schreiben wäre zu mühsam gewesen...


    Die Leidenswege unserer Mamas sind zwar klarerweise verschieden, ähneln sich in gewissen Punkten aber doch sehr. Es tut mir sehr Leid, was deine Mama und du alles durchmachen musstet und ich kann sehr gut nachempfinden, wie du dich fühlst - bei mir ist doch alles sehr ähnlich! Dass du aber auch erleben musstest, dass dein Papa sich selbst das Leben genommen hat, das ist besonders schlimm!


    Ich fürchte, dass Schuldgefühle eine sehr häufige und typische Reaktion sind, wenn eine geliebte Person uns verlassen hat. In deinem Fall ist es natürlich besonders schwierig, da du zumindest nach außen hin die Entscheidung über Leben und Tod deiner Mama treffen musstest. Aber bei näherem Hinsehen ist sehr offensichtlich, dass du nicht die Entscheidung über Leben und Tod getroffen hast - das hat bereits das Schicksal oder der liebe Gott oder woran auch immer man glaubt getroffen.


    Ich bin sicher, wir beide sind sehr "gute" Töchter. Wir haben für unsere Mütter alles getan, was in unserer Macht stand und so weit unsere Kraft ausgereicht hat. Und wahrscheinlich sogar noch ein bisschen mehr. Ich glaube, das ist nicht selbstverständlich, wenn man sich so umsieht und merken muss, wie viele Kranke von der gesamten Famile in irgendwelche Einrichtungen abgeschoben werden, ohne dass sich dann noch irgendjemand aus der Familie um sie kümmert.


    Du hast für deine Mama gekämpft wie eine Löwin, du warst sie täglich besuchen, du hast dein gesamtes Leben monatelang für sie komplett zurück gestellt. Das ist gut so, das hab ich ebenso getan und meiner Lebenseinstellung nach ist das auch das Selbverständlichste auf der Welt. Aber bitte mach dir keine Vorwürfe!!!


    Du schreibst, du hättest deine Mama zu dir nehmen sollen, erwähnst aber auch gleich, dass die wohnlichen Verhältnisse es nicht zugelassen haben. Weißt du, wenn du deine Mutter zu euch in die Wohnung genommen hättest, dann wäre auf so kleinem Raum und durch dein eigenes Familienleben wahrscheinlich sehr viel Spannung entstanden und das hätte deine Mama bestimmt gespürt. Du wärest vermutlich mit der Situation überfordert gewesen und wärest dann vielleicht manchmal auch ungehalten und ungeduldig mit ihr umgegangen. Dann würdest du dir jetzt noch schlimmere Vorwürfe machen! Außerdem hattest du ja überhaupt keine Ahnung über ihre verbleibende Lebenserwartung. Da hatte ich es insofern ein bisschen leichter, weil ich sowohl bei meinem Vater, als auch bei meiner Mutter wusste, dass die Zeit, die beiden noch bleibt doch absehbar ist. Natürlich weiß man nie genau, wieviele Wochen oder Monate man noch auf dieser Welt sein darf, aber ich wusste zumindest, dass es nicht mehr sehr viele Monate und schon gar nicht Jahre sind. Da ist es auch leichter, für jemanden zu Hause zu sorgen. Wenn das Ende total offen ist - wie soll denn das funktionieren? Du hättest deine Mama doch nicht jahrelang bei dir pflegen können. Im Nachhinein ist man immer gescheiter... Aber, liebe Petra, du hast dir größte Mühe gegeben, ein schönes Heim auszusuchen und das war auch gut so für deine Mama. Und du hast sie monatelang JEDEN TAG stundenlag besucht - das ist doch großartig!


    Dass du die Entscheidung treffen musstest, ob die medizinische Versorgung weitergeführt oder eingestellt werden soll, ist ganz schrecklich! Das ist bestimmt die schlimmste Entscheidung, die man in seinem Leben treffen muss und das zerreißt einem das Herz! Aber so wie du die Lage schilderst, hätte deine Mama noch länger noch schrecklicher leiden müssen, wenn du eine andere Entscheidung getroffen hättest. Sie hätte sich nicht mehr erholt und hätte nichts davon gehabt, vielleicht noch ein paar Tage oder Wochen länger liegen zu müssen, ohne sich bewegen zu können, ohne noch ein bisschen lebenswerte Zeit in Würde verbringen zu können. Du liebst deine Mama und du hast aus dieser Liebe heraus die richtige Entscheidung getroffen. Eine andere Entscheidung wäre nur egoistisch motiviert gewesen, nämlich, sich aus der Verantwortung zu winden und vielleicht auch den geliebten Menschen nicht gehen lassen zu müssen. Du aber hast die Entscheidung ganz im Sinne deiner Mama getroffen und ich denke, es war die einzig richtige Entscheidung!


    Dass ihr Sterbeprozess so mühevoll und langwierig war, tut mir sehr leid. Ich habe das sowohl bei meiner Mutter als auch bei meinem Vater leider ebenso erlebt und das hat mich total erschüttert. Von manchen Seiten habe ich schon gehört, dass geliebte Nahestehende sanft und friedlich eingeschlafen seien. Ich habe darüber unlängst mit einer Bekannten gesprochen. Sie ist Krankenschwester und hat schon viele Menschen sterben sehen. Sie meinte, sie hätte nur bei einem Einzigen ein friedliches Einschlafen miterlebt, bei allen anderen wäre es lange, mühevoll und teilweise auch qualvoll und schmerzhaft gewesen. Hmmm, ein richtiger Trost ist das wohl auch nicht ... Aber es zeigt zumindestens, dass Sterben, genauso wie eine Geburt einfach ein mühevoller und schmerzhafter Prozess ist... Leider ...


    Ich war heute bei einer Notarin - eine außergewöhnlich nette und legere Frau. Ich hab eineinhalb Stunden mit ihr geplaudert. Über meine Mutter, über den geerbten Hund (sie hat für mich homöopathische Medikamente gegoogelt), über Spiritualität usw. Und ich hab auch zu ihr gesagt, dass ich mir manchmal Vorwürfe mache, dass ich quasi Schuld daran habe, dass meine Mutter mit dem Hund so angebunden war, weil ich ihn ja aus Griechenland mitgebracht habe und sie ihn mir zuliebe aufgenommen hat. Und der Hund war in der letzten Zeit, seit er eben schon so alt und gebrechlich ist, eine große Belastung. Sie konnte ihn nicht lang alleine lassen und war sehr eingeschränkt. Und ich mach mir manchmal Vorwürfe, dass das vielleicht MIT ein Grund gewesen sein könnte, dass sie krank geworden ist.


    Und diese Notarin sagte zu mir: " Aber Ihre Mutter hat diesen Hund doch auch sehr geliebt und er war ihr bestimmt auch eine Stütze, als Ihr Vater gestorben ist. Und sie hat die Spaziergäng mit ihm bestimmt auch sehr genossen. Und außerdem waren Sie nur der Handlanger, Sie haben den Hund zwar mitgebracht, aber das war vom Universum schon so vorgesehen, dass dieser Hund zu Ihrer Mutter kommt. Die beiden haben sich gefunden, wie es sein sollte." Ich war so überrascht, dass eine (nüchterne) Notarin so etwas zu mir sagt und war tief gerührt.


    Und genauso ist es dann aber auch bei deiner Mama: Du hast die Entscheidung nur pro forma getroffen - das Universum oder ihr eigener Lebensplan hat diese Entscheidung schon viel früher so bestimmt.


    Zu den Nachbarn und Arbeitskollegen: Wir sind im Moment halt so verletzlich und empfindlich, dass wir unsere Mitmenschen vielleicht ein bisschen hart und ungerecht beurteilen. Viele, die Ähnliches noch nicht erlebt haben, können sich tatsächlich nicht vorstellen, wie wir uns im Moment fühlen. Und Andere haben vielleicht Berührungsängste, haben Angst, nicht die richtigen Worte zu finden (was soll man in so einer Situation schon viel sagen?!) und deshalb lassen sie es gleich ganz und sagen gar nichts. Ich habe ja geschrieben, dass ich von Vielen enttäuscht bin, aber wenn ich genau überlege, hat es auch einige sehr warmherzige Reaktionen gegeben: Zwei Kolleginnen, die mich an meinem ersten Arbeitstag danach einfach ohne Worte in den Arm genommen haben und mich ganz fest gedrückt haben. Das hat für mich von mehr Herzenswärme und Verständnis gezeugt als viele Worte. Oder eine meiner Klassen (ich bin Lehrerin), die mir ihr Beileid ausgesprochen haben und mir angeboten haben, mir bei der Räumung der Wohnung als gesamte Klasse zu helfen. Oder eine Freundin, die nicht in Wien wohnt und drei kleine Kinder hat und deshalb nicht nach Wien kommen kann hat mir ein Paket mit Kräutertee, Schokolade, Kerzen und einer ganz lieben Karte geschickt, auf der stand, dass ich nicht alleine bin... Manchmal sind es die kleinen Dinge, die kleinen Gesten, die sehr wohl da sind, die wir aber in unserem Schmerz und dem manchmal aufkeimenden Frust, dem Zorn und der Verbitterung nicht sehen.


    Es tut mir auch sehr leid, dass du dich von deinem Mann ungetröstet fühlst. Es ist wahrscheinlich wirklich schwierig für den Partner in einer solchen Situation die richtigen Worte (und auch Taten) zu finden. Aber das muss nicht unbedingt bedeuten, dass er nicht mit dir fühlt, sondern vielleicht ist er nur hilflos und ratlos, wie er es dir zeigen soll.


    Liebe Petra, ich umarme dich und freue mich, bald wieder von dir zu hören!


    Alles Liebe
    Micky

    Hallo, liebe Marsue,


    ja, da hast du natürlich recht - alle Gefühle können nur aus einem selbst heraus entstehen, auch wenn unsere Umwelt sie dann zu gegebener Zeit auslösen.


    Die Sache mit dem "was unternehmen" hab ich ja oben gerade Andruscha erklärt, damit tue ich mir im Moment sehr, sehr schwer und finde im Augenblick keine Lösung. Ich kann mich nur in Geduld üben, wie ihr es mir schon geraten habt. Das fällt natürlich auch nicht gerade leicht! Außerdem fühle ich mich im Moment oft auch in GEsellschaft von manchen Menschen sehr einsam. Das kennt ihr bestimmt - die anderen erzählen sich Banalitäten, lachen, haben Spaß und ich sitze daneben und denke daran, dass meine Mama nicht mehr da ist und mach mir Sorgen um sie, ob es ihr jetzt wohl gut geht.


    Aber manchmal passieren doch eigenartige Dinge. Ich hab ja bereits geschrieben, dass ich mich schrecklich einsam fühle und dass es Phasen gibt, in denen ich mich sehr von meinen Freunden enttäuscht fühle, weil sie nur immer wieder sagen, ich solle mich melden, wenn ich was brauche. Ich hab das Gefühl, dass das in vielen Fällen nur leere Worthülsen sind. Im Grunde ist (fast) jeder froh, wenn ich mich dann eh nicht melde. Zwei oder drei Mal hab ich um Hilfe gebeten, was mir ohnehin unglaublich schwer fällt, und dann bin ich abgeblitzt.


    Am Sonntag, genau in so einer Stimmung, wo ich zu Hause gesessen bin und mich total isoliert von der Welt gefühlt habe, unendlich einsam und verlassen, bekam ich ein sms. Von einem Mann, mit dem ich mich vor beinahe 10 Jahren ein paar Mal getroffen habe. Wir haben uns recht rasch wieder aus den Augen verloren und kaum mehr voneinander gehört. Alle paar Jahre bekam ich zu Weihnachten oder zum Geburtstag ein sms, sonst hatten wir keinerlei Kontakt mehr. Und am Sonntag hat er mir auf einmal ein sms geschrieben, ob ich Lust auf einen Kaffeeplausch hätte. Einfach so. Nach 10 Jahren. Ich hab mich total gefreut. Er hat mich mit dem Motorrad abgeholt und ich kam mir vor wie mit 15 auf einem Moped zu sitzen - richtiges Sommerfeeling! Wir haben einen Kaffee getrunken, er hat mir total einfühlsam zugehört und dann hat er mich wieder heim gebracht. Es war eine winzigkleine Geste. Aber für mich war es wie ein kleines Wunder, weil mir diese zwei Stunden so gut getan haben. Und irgendwie finde ich es magisch, dass dieses sms genau zum richtigen Zeitpunkt kam. Ich will da jetzt gar nichts hinein interpretieren, vielleicht sehen wir uns nie wieder, aber diese kleine, an sich unwichtige Begebenheit war für mich wie das "Wunder aus dem Universum", von dem Amitola letzte Woche geschrieben hat (dass das Universum zum rechten Zeitpunkt für uns sorgt, wenn wir Geduld haben und es geschehen lassen) und hat mir so unendlich gut getan!


    Bitte helft mir weiter, nach den Wundern im Universum Ausschau zu halten!


    Alles Liebe
    Micky

    Liebe Andruschka,


    erstmal mein tiefes Mitgefühl zu deinem Schmerz! Und vielen Dank, dass du in deinem eigenen Leid tröstende Worte für mich findest!


    Ich bin tief berührt von deinem Schicksal! Weißt du, ich bin genauso alt wie du und es ist "nur" meine Mama gestorben. Wenn ich das Schicksal von so manchem und mancher hier im Forum lese komme ich mir mit meiner Geschichte ein bisschen komisch vor. Immerhin ist es ja "normal" und einfach der Lauf der Dinge, dass Eltern mal versterben. Und wenn ich versuche, mir vorzustellen, dass dein geliebter Mann, mit dem du so viele Jahre - mehr als dein halbes Leben - verbracht hast vom einen auf den anderen Tag nicht mehr da ist und dich mit zwei kleinen Kindern zurück lässt... Ich kann das gar nicht nachempfinden, so unvorstellbar ist das... Trotzdem war meine Mutter der wichtigste Mensch in meinem Leben und deshalb leide ich auch ganz schrecklich.


    Du meisterst deine Situation hervorragend und ich finde es ist auch vollkommen legitim, dass du dich nach einer Schulter zum Anlehnen gesehnt hast. Wenn unsere Schicksale auch ganz unterschiedlich sind und ich eben, wie gesagt, um meine geliebte Mama trauere, so kann ich DAS sehr wohl ganz genau nachempfinden, weil es mir genauso geht. Eine solche Ausnahmesituation alleine durchstehen zu müssen ist besonders schwer. Du musst für deine Kinder funktionieren, der Alltag geht in deiner Situation dann natürlich besonders schnell wieder weiter, du musst für deine Lieben da sein, kochen, waschen und noch dazu Trost spenden und ihnen Halt geben - all das, was du selbst im Moment nicht hast!


    Es ist so wahnsinnig schwierig Ratschläge zu geben - es gibt kein Patentrezept für das Leben, jedes Schicksal ist individuell und jeder Mensch reagiert darauf auf seine individuelle Art und Weise. Mir fällt spontan das Buch "4 minus 3" ein. Barbara Pachl-Eberhart hat, soweit ich mich erinnere, auch 4 Monate nachdem ihre ganze Familie ausgelöscht worden ist wieder einen Mann kennen und lieben gelernt, mit dem sie, soweit ich glaube, immer noch, und das sind nun schon mehrere Jahre glücklich zusammen ist. Es ist also nichts unmöglich! Auch wenn natürlich eine neue Beziehung nach so kurzer Zeit in den meisten Fällen wohl unter keinem guten Stern steht.


    Aber, wie Angie schon geschrieben hat, es kommt einzig und allein nur auf dein Gefühl an. Ich glaube, man merkt recht schnell, ob einem etwas oder jemand gut tut, oder nicht. Oft schaltet sich der Kopf dazu und die Vernunft verhandelt und streitet dann oft mit dem Bauchgefühl. Aber wenn du tief in dich hinein hörst, dann weißt du ganz genau, was dir gut tut!


    Ich glaube auch, dass es - besonders in der Ausnahmesituation, in der wir uns befinden - sehr wichtig ist zu versuchen, im Augenblick zu leben. Das dankbar anzunehmen, was uns gerade über den Weg läuft (das meine ich ganz allgemein und nicht im Speziellen Männer ;-)!!). Aber wenn jemand da ist, der eine Schulter zum Anlehnen bietet, dann lehn dich an, wenn es für dich angenehm und eine Erleichterung ist und versuche nicht, an morgen oder die nächsten Wochen und Monate zu denken und wie sich alles weiter entwickeln könnte.


    Es wird nie wieder so sein wie mit deinem geliebten Mann, aber wenn du ein wenig Glück hast, kann es irgendwann wieder genauso schön sein. Ganz anders, aber genauso schön!


    Zu meinem Fall: Ich bin gerade von der Urnenbeisetzung nach Hause gekommen und fühle mich, als hätte mir jemand den Stoppel raus gezogen und alle Luft abgelassen. Ich kann grad die Finger zum Tippen bewegen, aber das war´s auch schon...


    Ja, meine Mama wäre sehr traurig, wenn sie mich so niedergeschlagen sehen würde, ich weiß. Ich weiß auch, dass ich rausgehen sollte, etwas unternehmen sollte, aber ich habe zwei "Anhängsel" an die Trauer um meine Mutter: Erstens muss ich die Wohnung meiner Eltern so schnell wie möglich räumen, und die beiden haben leider ein Museum aus der Wohnung gemacht und gesammelt, was das Zeug hielt. Und zweitens hab ich von meiner Mama einen 17jährigen, also ururalten Hund geerbt. Ich hänge sehr an ihm, da ich ihn selbst als Welpen aus Griechenland mitgebracht habe und meine Mutter hat sich dann erbarmt und ihn bei sich aufgenommen, weil ich ihn wegen meiner Berufstätigkeit nicht dauerhaft bei mir haben konnte. Dieser Hund ist aufgrund seines Alters beinahe blind und sehr gebrechlich und er muss nun schon den Tod meiner Mutter verkraften. Ich kann ihn unmöglich in eine Hundepension abschieben, um mal ein paar Tage raus zu kommen, das bring ich nicht übers Herz, da er sich dort nicht mehr zurecht finden würde.


    Nun hat er sich vor ein paar Tagen auch noch eine Blasenentzündung zugezogen und pinkelt überall hin. Meine Mama ist vor knapp vier Wochen gestorben und ich war mit ihm nur drei Tage in meiner Wohnung und bin dann wieder in ihre Wohnung übersiedelt, weil in meiner Wohnung dreh ich überhaupt durch, wenn er alles anpinkelt... Ich halte es hier aber schon kaum mehr aus, es macht mich richtig krank zwischen Umzugskartons und im Chaos zu leben, gar nicht zu reden von der "toten" Energie, die hier herrscht. Ich kann ihn auch nicht lange allein lassen, weil er wegen seiner Blasenentzündung mindestens alle paar Stunden runter muss. Ich habe also nur zwei Optionen: Noch ein bissl abwarten, ob es besser wird und versuchen, noch ein wenig Kraft dazu aufzubringen ODER Hund einschläfern und versuchen, auch dazu die Kraft aufzubringen. Es ist ein Dilemma, das ich ganz alleine entscheiden muss. Wenn es eindeutig wäre und es wirklich klar wäre, dass er nimmer leben will und kann - ok, dann würde ich nicht zögern, wenn es für ihn eine Erlösung wäre. Aber er frisst nach wie vor leidenschaftlich gerne und ist halt einfach sehr, sehr alt, aber ich bin nicht sicher, ob er schon zum Sterben bereit ist...Ich möchte ihn nicht umbringen, weil er "unbequem" für mich ist!


    Hmmmm, ich schick dir zum vorläufigen Abschied einen großen "Drücker" und eine weibliche imaginäre Schulter zum Anlehnen -
    Micky

    Ich bin unglaublich berührt von all euren Zeilen. Von eurer Weisheit, eurer Stärke, eurer Ehrlichkeit, eurer Warmherzigkeit, eurem Einfühlungsvermögen, eurem Mitgefühl, eurer Liebe in all dem riesengroßen Schmerz. Ihr ALLE seid großartige Menschen - ich bewundere euch dafür und bin dankbar, dass es euch gibt!


    Alles Liebe
    Micky

    Liebe Amitola,


    ich nehme an, du liest diese Zeilen erst, wenn deine Trauergruppe schon wieder weiter gezogen ist, aber ich wünsche dir dennoch eine bereichernde Zeit mit ihr!


    Tja, mich zu entspannen und geduldig zu sein fällt mir im Moment sehr schwer - Yoga oder Steinbock hin oder her... ;)


    Ich war heute übrigens ganz "artig" auf dem Donauinselfest - wirklich nur deshalb, weil ihr es mir verordnet habt... :2: Ich hab´s zwar nur eine Dreiviertelstunde ausgehalten, aber immerhin.


    Namaste
    Micky

    Ihr Lieben da draußen,


    im Moment kämpfe ich erbärmlich mit der Einsamkeit. Nach Hause zu kommen und keiner ist da, das Telefon still, nichts am Wochenende vor. Außer Wohnung Räumen und solche Dinge, die nicht im Geringsten Spaß machen. Meine Freunde sind gestresst, hetzen von einem Termin zum anderen, Job, Kinder, Partner, eine Feier hier, eine Feier dort, sind andauern im Laufschritt. Nicht, dass ich das so beneidenswert finde, aber so komplett alleine zu sein wie ich ist wieder das andere Extrem. Ich fühle mich wie in einem Vakuum.


    Ich war jetzt ein Jahr damit beschäftigt, für meine Mutter da zu sein - da war auch nicht viel Zeit, Freundschaften zu pflegen oder mich um einen neuen Partner umzusehen. Und genau diese Einsamkeit holt mich jetzt ein und schnürt mir die Luft ab. Ich weiß, dass es morgen vielleicht schon wieder anders aussieht, aber die Einsamkeit schlägt einfach ganz plötzlich zu - unerwartet und grausam und meistens abends oder in der Nacht.


    Ist das nicht bizarr - ich lebe in einer Großstadt, Tür an Tür mit vielen Menschen und bin einsam, einsam, einsam. Fühle mich so ignoriert, nicht wahrgenommen. Dabei bin ich ziemlich sicher, dass niemand meiner Arbeitskollegen oder Menschen, die mich kennen annehmen würden, dass ich mich so alleine fühle.


    Ich bin ja immer noch in der Wohnung meiner Mutter und hatte hier im Haus eine Parte aufgehängt, weil ich dachte, hier leben Menschen mit meiner Mutter schon jahrelang, manche jahrzehntelang zusammen und meine Mutter war ein sehr warmherziger, offener Mensch, der sich auch gerne mit anderen unterhalten hat oder ausgeholfen hat, wenn mal jemand was gebraucht hat. Ein einziges Mädchen, die im selben Stock wohnt wie meine Mutter ist zum Begräbnis gekommen und hat sich mit mir unterhalten. Ich treffe öfters Leute im Stiegenhaus, doch niemand anderer hat auch nur ein einziges Wort über den Tod meiner Mutter verloren oder gesagt, dass es ihm oder ihr leid täte.


    Habe ich zu hohe Erwartungen an die Menschen? Ist es Zufall, dass ich mich gerade unter besonders ignoranten Menschen befinde? Oder ist das eine ganz normale Reaktion der Umwelt, die auch die meisten von euch erleben mussten?


    Gute Nacht
    Micky

    Liebe Angie,


    es ist gut, dass du es dir ermöglicht hast, dich von Rudi zu verabschieden. Das ist zwar ein sehr schwerer Schritt, kann aber ein ganz kleines Bisschen dabei helfen, diesen schrecklichen Verlust für dich ein wenig begreifbarer zu machen. Fühle aber tief in dich hinein, ob du dir sicher bist, ob du das auf diese Art tun möchtest. Vielleicht erschwert diese Verabschiedung es dir, ihn so wie du ihn gekannt und geliebt hast, lebensfroh und lebendig, in Erinnerung zu behalten. Denn ich bin überzeugt, dass derjenige, den du dort zu Gesicht bekommst nicht mehr dein geliebter Rudi ist - er ist bereits weiter gezogen, vielleicht gar nicht so weit und deine Tochter hat recht und er ist immer um dich herum.


    Ich bin nicht ganz überzeugt davon, dass unsere Liebsten, die von uns gegangen sind UM uns herum sind - ich wünsche es mir, wünsche mir so sehr, dass sie weiterhin existieren und dass es ihnen gut geht. Ich bin aber überzeugt davon, weil ich es selbst spüren kann, dass sie IN uns sind. In unserem Herz, für immer lebendig und sie sprechen mit uns.


    Eine liebe Bekannte hat mir bei der Verabschiedung meiner Mutter mit Tränen in den Augen von ihrer Tochter erzählt. Sie ist 20 jährig vor 2 Jahren gestorben. Meine Bekannte ist vor einigen Monaten mit der Urne nach Hawai gereist und hat ihre Asche dort in einer spirituellen Zeremonie verstreut. Und sie hat mir erzählt, dass sie dabei sehr deutliche Visionen ihrer Tochter hatte und sie ganz, ganz deutlich mit ihr kommunizieren kann. Sie ist felsenfest davon überzeugt, dass unsere Liebsten um uns herum sind und dass wir mit ihnen in Verbindung treten können, wenn wir vielleicht nicht mehr ganz so schrecklich traurig sind und ein wenig offener werden. Und sie hat mir lachend erzählt, dass es "denen da drüben" ihren Worten nach "saugut" geht ...


    Ich weiß nicht, ob das ein winziger Trost für dich sein kann, ich weiß nicht, ob überhaupt irgendetwas dich zu trösten vermag, aber ich schicke dir einfach mal ganz viel Liebe durch den Äther...


    Alles Liebe
    Micky