Beiträge von fides

    Ich danke euch für die vielen lieben Worte.


    Zur Zeit versuche ich mich zu sortieren. Es steht einiges bevor - die Wohnungssuche, ein Umzug, ein Neuanfang, ein Gedankwirrwarr zu entwirren.... ich weiß das alles gar nicht so genau.

    Ich fühle mich als hätte ich etwas von meiner Selbstständigkeit abgegeben. Nicht heute und auch nicht gestern, eher über einen langen Zeitraum. Bewusst wird es mir jetzt - wo ich merke wie Menschen sich entscheiden können und was sie als Grundlage verwenden.


    Ich habe keinen großen Freundeskreis, eigentlich habe ich gefühlt gerade niemanden außer meinem Hund und dem Katerchen. Das hilft mir nur insoweit, dass sich etwas um mich herum bewegt, das ich keinen kompletten Stillstand empfinde.

    Ich befinde mich hier, aufgrund meiner Beziehung. Heute merke ich selbst, wie unflexibel ich geworden bin, dass mich selbst ein gedanklicher Umzug in eine innerliche Abwehrhaltung wirft die mir völlig unverständlich vorkommt.


    Eigentlich ist mir gar nicht klar wo ich anfangen soll. Mir fehlt es ein gutes Gespräch zu führen, mich irgendwo anlehnen zu können. Ich definiere meine Grundannahme um herauszufinden, was genau mir eigentlich gerade so Probleme bereitet.

    Ich denke nicht, dass ich über kurz oder lang nicht zurecht kommen würde. Aber eine Hand die mich ein wenig führt, die hätte ich wohl gerne.


    Nicole

    Es ist alles so verwirrend.... die Zeit läuft so vor sich hin - ein Tag folgt dem anderen. Automatismus kehrt ein und der Alltag fühlt sich an wie ein verfolgender Schatten. Es fällt mir schwer nicht im Kreislauf der neagtiven Gedanken hängen zu bleiben - warum? Ich verstehe es einfach nicht und es gibt auch keine plausiblen Antworten die mir mehr Verstädnis geben würden.


    Ich habe derzeit das Gefühl, dass es meinem ehemaligen Partner nur wichtig ist sein Leben mit Freizeit zu füllen. Als ob er Angst hätte irgendwas zu verpassen. Und ich demnach keinen Platz in seinem Leben mehr hätte.


    Mein Leben.... es fühlt sich leer uns einsam an. Ich habe Angst das es noch leerer wird - es gibt nicht mehr viele Menschen die mich begleiten und die Angst um Verluste wird größer.....


    Ich bin verwirrt. Und ich weiß nicht was ich mit dieser Verwirrung anstellen soll.

    Genau so ist es Christine.



    So langsam glaube ich doch tatsächlich das mein Leben ein wenig zu chatisch ist als mir möglich ist zu vertragen.
    Gestern hat sich mein Partner (nach 10 Jahren Beziehung) von mir verabschiedet. Mit der Aussage man könnte keinen Spaß mit mir haben.


    Ich könnte Bäume umfahren......


    Und nun beginne ich erneut mein Leben bei Null anzufangen - mit der Frage im Hinterkopf...... wieso....

    Liebe Malena,


    meine liebe Hundedame Babsy musste ich vor 3 Jahren gehen lassen. Sie hat mich 18 Jahre durch mein, doch zeitweise sehr chaotisches Leben begleitet. Sie war immer an meiner Seite und als ich sie gehen lassen musste tat es doch sehr weh.
    Heute sage ich mir, dass sie zusammen gefunden haben und nun mein Bruder auch dazu gestoßen ist.


    Leider ist meine Gefühlslage auch weiterhin immer eine sehr traurige, wenn ich über all das nachdenke. Ich weine viel, es gibt mir allerdings nur wenig Platz und Raum mich auch befreit zu fühlen. Es ist eher eine Spirale, wenn ich am Ende angekommen bin - so stehe ich doch direkt wieder am Anfang. Ich stecke nicht unmittelbar in ihr fest, aber ich kann irgendwie gefühlt auch nicht davon loslassen. Es gibt mir ein Gefühl das es mich zerreisen würde und dann beginne ich erneut zu laufen, weg zulaufen und mich davon abzukapseln oder zu entfernen.


    Das Klavier gibt mir die Möglichkeit von Ausdruck.
    Derzeit spiele ich viele Stücke von Ludovico Einaudi. Stücke wie Una Mattina, Run, Bella Notte, Nightbook usw.
    Sonst bewege ich mich eher in der Klassik. Liszt, Rachmaninof für 2 Klaviere, Bach, Mozart, Copin
    für die modernen Stücke habe ich eine kleine Klavierfreundin - mit ihr gehe ich einige bekannte Stücke durch die gerade in ihrer kleinen Welt wichtig sind. Es ist schön gemeinsam an der Klaviatur zu experimentieren.
    Für mich ist es leider nicht so einfach an Menschen heran zu gehen. Ich scheue zu sehr vor Kontakten und versuche dies aber für mich anders zu verpacken. Denn es macht gewissermaßen einsam. Ich spreche hier nicht von bewussten allein sein, sondern wirklich von Einsamkeit.


    Mir selbst geht es in den letzten Tagen gar nicht so gut. Nachdem mir mein jüngerer Bruder mitgeteilt hat das es für ihn bald nach Mali geht (er ist Soldat), hat sich in mir alles umgedreht. Ich empfinde so unendlich viel Wut und Angst zugleich.... es ist irgendwie so unglaublich schwer hinzunehmen.
    Des Weiteren habe ich noch jede Menge Papierkram in Bezug auf meinen versorbenen Bruder zu erledigen. Es ist wie vor 10 Jahren ein gewaltiger Verwaltungsakt. Ich wünschte mir nur, dass ich nicht auch noch die nächsten 2 Jahre damit beschäftigt bin. Aber die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam. Diese Erfahrung habe ich schon gemacht. Demnach gelingt es mir immer seltener Abstand von diesen Dingen zu bekommen.


    Herzlichst
    Nicole

    Liebe Malena,


    vielen lieben Dank das du so gut auf meine Frage eingegangen bist. Ich kann damit sehr gut etwas anfangen.


    Meine Mama :-)
    Als ich damals meinen Hund Babsy bekan, da waren wir immer gemeinsam mit ihr unterwegs. Das amüsante an der Geschichte ist, als Babsy lernen sollte ohne Leine zu laufen.... hat sie uns immer ordentlich ausgetrickst. Meine Mum und ich haben versucht sie einzufangen. Aber dieser verrückte Hund hatte nichts besseres zu tun als uns im Kreis hin und her zu scheuchen, bis wir beide kichernd auf der Wiese gelandet sind. Das hat unser liebes Hündchen nicht davon abgehalten weiter zu machen. Irgendwann haben wir sie dann doch fangen können um unsere Gassitour beenden zu können.
    Wir sind aus dieser Situation nicht besonders schlau geworden, manchmal glaube ich - vielleicht wollten wir das auch nicht. Es waren wunderschöne Momente auf dem Boden kichernd rum zu kullern. Dies passierte natürlich auch im Winter, in ordentlich viel Schnee.


    Meine Mum war eine recht kleine Frau mit langen dunkelblonden lockigen Haaren. Ich liebte ihre Finger. Sie waren so lang und schmal. Sie wären für mich zum Klavierspielen total Klasse gewesen. Ich kann mich nicht mehr an ihre Stimme erinnern und auch nicht an ihr Lachen. Das fehlt mir sehr oft, aber ich habe aufgehört krampfhaft zu versuchen diese Erinnerung zurück zu rufen. Ich kenne ihr Lächeln als Bild in meinem Kopf, welches ich abrufen kann wenn ich dies möchte.
    Ein Bild von ihr selbst kann ich mir nicht hinstellen, eine zeitlang versuchte ich es - auf meinem Klavier aufzustellen. Es war eine Verbindung zwischen uns, aber es hat mich sehr traurig gemacht und das tut es heute noch.
    Wenn ich spiele, dann denke ich an meine Kindheit zurück, als sie neben mir auf einem Hocker saß, oder ich auf ihrem Schoß - wie sie meine Finger führte und mir die Klaviatur erklärte. Wie sie mir beibrachte die Musik lebendig zu fühlen und zu leben.
    Heute, wenn ich unser Stück spiele - dann fühlt es sich an, als würde sie neben mir sitzen und ihre beiden Hände würden mich begleiten. Wir haben oft vierhändig gespielt - und wenn ich aus dem Fluchen nicht raus kam, dann haben wir jeder eine Hand in Farbe getaucht und einen Abdruck auf dem Flügel hinterlassen. Sie sagte immer, die Hände werden eines Tages durch unser Herz geführt - und wenn es einmal nicht so ist, dann würden uns die vielen Handabdrücke dabei helfen den richtigen Ton zu finden, bis unser Herz wieder bereit dazu wäre die Töne und Klänge alleine zu finden.


    Das Grab - es ist eines mit einem recht großen schwarzen Stein - oberhalb befindet sich eine Jesusfigur, sie ist ein Ornament und schaut aus dem Stein heraus auf das Grab. Rechts und links befinden sich zwei Laternen, für Kerzen. zwischen den Laternen ist eine Blumenschale im Sockel des Steines eingelassen - zum bepflanzen und für kleine Andenken. Die Inschrift ist silber-weiß und im Sockel steht jetzt, nachtdem auch mein Bruder in einer Urne dort beigesetzt werden durfte - Ruhet sanft -
    Als ich Österreich verlassen habe, da habe ich einen Stein aufbringen lassen der das Grab schließt. Eine Grabplatte nennt man das glaube ich. Ich fand es sinniger zu schließen, da ich nicht mehr regelmäßig hin gehen konnte um die Blumen zu pflegen oder zu ihr zu sprechen. Der Sockel und die Platte sind in hellem Granit ausgeführt. Ein Kontrast - wie unser Leben es manchmal auch mit uns vor hat.
    Heute steht auch der Name meines Bruders mit auf dem Stein. Eine Gärtnerei stellt regelmäßig wunderschöne Blumen darauf und zündet die Kerzen für mich an. Für jeden ein Lichtlein.


    Und ich - ich denke an all die schönen Augenblicke mit uns.


    Aus den Wolken muss es fallen,
    Aus der Götter Schoß das Glück,
    Und der mächtigste von allen
    Herrschern ist der Augenblick.
    -Friedrich Schiller-


    Nicole

    Liebe Malena,


    wie definierst du deinen Begriff, ein reflektierter Mensch?


    Manchmal helfen mir ein paar unterschiedliche Definitionen, mich an meiner eigenen nicht so festhängen zu müssen.
    Das ist bei mir wie mit Gefühlen, ich lerne sie zu erkennen, zu verstehen und sie für mich zu definieren. Wobei ich immer an die Reaktion des Menschen denken muss, die ich (irrtümlicherweise?) als Programmierung betrachte.
    Also ein Lächeln, bzw. der Ausdruck eines Lächelns kann somit die Programmierung des Gefühls Freude, Glück oder vielleicht auch eine Art Belächeln darstellen.
    Ich kann meinen Mitmenschen natürlich nur vor den Kopf schauen und eine Art Vertrauen sollte mir das Gefühl vermitteln, dass der Ausdruck in Mimik und Gestik meines Gegenübers ehrlich sein sollte.
    Da wären wir beim Punkt Vertrauen - wenn ich nicht weiß was dies eigentlich für mich bedeutet, hinterfrage ich die mir gegenüber dargestellte Reaktion und nehme sie kleinlichst auseinander - ob ich das nun möchte oder nicht.
    Mein Verstand beherrscht mich zeitweise noch viel zu sehr, jedoch betrachte ich auch mein eigenes Handel als 1 und 0 - somit als Programmierung, aufgrund von Ereignissen. An der ich aber nicht festhalten möchte.


    Immerhin gibt es zum Vertrauen schon eine Definition für mich. Vertrauen ist ein Verb. Ich gebe es aktiv. Kein Mensch kann es mir beweisen.
    Es zeigt mir plausibel klar auf, woran ich festhalten kann und sollte - und natürlich auch woran nicht.


    Nicole

    Liebe Shaniee,


    ein herzliches Beileid auch von mir, an dich.


    Ich kenne das Gefühl von Schmerz und Neid, Sehnsucht, Wunsch und Kummer.... und all den anderen Gefühlen die meine Zukunft und deren Entwicklung mitsich bringen.


    Meine Mutter starb auch sehr früh. Heute, wenn ich sehe wie andere Heiraten, Familientreffen pflegen, selbst eine Familie gründen und all die schönen Dinge die von der Familie begleitet werden - reißt es in mir ein großes Loch auf. Es begann damit, dass niemand zum Abschluss meiner Schulzeit, meines Studium und all den banalen (für mich aber so wertvollen) Erfahrungen begleitend da war. Mir einmal sagt oder gesagt hat wie stolz er/sie ist und mein Glück bereit war und ist - mit mir zu teilen.
    All dies versuchte ich jedoch als "Mutterersatz" für meinen jüngeren Bruder zu sein. Es tat gut und zugleich schmerzte es auch sehr. Er brauchte es, ich bin froh für ihn in jeder Situation da gewesen zu sein und auch noch da zu sein.
    Als mein älterer Bruder vor ein paar Wochen starb überrollte mich diese Art der Gefühlswelle erneut. Ich habe mich und kümmere mich um alles. Niemand fragte mich ob ich zurecht komme oder gar Hilfe bräuchte. Alle Kommunikation wird um mich herum geführt und wenn ich versuche direkt darauf zu zusteuern, so fühlt es sich an als täte es sich automatisch von mir abstoßen.


    Nichts desto trotz glaube ich, egal wie verzweifelt du bist - hier einige immer ein offenes Ohr für dich haben werden. Natürlich einschließlich meiner selbst.
    Ich finde es immer wichtig mir selbst zu sagen, ich bin weder mein Gefühl noch mein Gedanke. Denn wir neigen wirklich viel zu oft dazu uns in etwas zu verbeißen und vergessen hierbei wie bunt die Welt da draußen war und auch weiterhin sein wird.
    Es sind Hindernisse, solltest du mal nicht in der Lage sein darüber zu springen, dann erlaube dir an ihnen vorbei zu gehen oder einmal zu schauen wer dir begleitend die Hand reicht. Ich bin mir sicher, auch du hast vereinzelt ein paar liebe Menschen um dich herum die für dich da sind, auch wenn es nicht unbedingt ersichtlich erscheint. Manchmal gilt es einfach die Scheuklappen abzunehmen und zu erkennen wer tatsächlich für einen da ist.


    Ein neuer Weg ist immer ein Wagnis. Aber wenn wir den Mut haben loszugehen, dann ist jedes stolpern und jeder Fehltritt ein Sieg über unsere Ängste, unsere Zweifel und Bedenken.


    Nicole

    Liebe Malena,


    sagen wir so, ich war etwas irritiert. Ich hatte vermutet das ich den Zusammenhang einfach nur nicht verstehe. Den Mut zu fragen, besaß ich nicht - dieser schwand mehr und mehr aus Scham.


    Manchmal habe ich das Gefühl als würden mich kleine Schatten verfolgen. Vielleicht Dämonen... wobei es aber auch ein Geegenstück gibt.
    Es gibt ein interessantes französisches Stück - welches folgendes beschreibt:


    L'horrible essaim, poussé par l'aquilon,
    Sans doute, ô ciel ! s'abat sur ma demeure.
    Le mur fléchit sous le noir bataillon.
    La maison crie et chancelle penchée,
    Et l'on dirait que, du sol arrachée,
    Ainsi qu'il chasse une feuille séchée,
    Le vent la roule avec leur tourbillon !


    Dieser schreckliche Schwarm vom Nordwind her
    Schlägt auf mein Heim, oh Himmel!, wie
    mit Keulen.
    Die Wand knickt ein unter dem schwarzen Heer!
    Das Haus wehschreit
    und scheint in allen Planken, dem Boden längst entrissen, wild zu schwanken;
    Der Wind wirbelt's herum und lässt es wanken,
    Als ob's ein welkes Blatt im Sturme wär.


    Ich weiß nicht genau wie ich mich öffnen soll und könnte... ich versuche zumindest nicht immer vor mir selbst weg zu laufen.
    Und ich wünsche mir, hier ein paar liebe Freundschaften zu finden und zu pflegen. Auch mit dir.


    Nicole

    Liebe Astrid,


    es liegt keineswegs in meiner Natur mich über etwas offen, nein überhaupt auszulassen. Leider neige ich dazu die Dinge und Geschehnisse nur aufzunehmen. Dies gilt für alles was in meiner Umwelt und um mich herum passiert. Ich habe kein Stück Ambition dazu, auch nur ansatzweise etwas schlechtes über irgendwen zu Äußern, außer mich selbst. Ich gebe mir selbst das Gefühl Schuld an allem zu sein. Das wirklich interessante ist hierbei, dass ich hunderte Gründe finde in denen ich mir auch selbst bestätigen kann das dem so ist.


    Ich bin gerade dabei grundlegende Aussagen die in meinem Kopf manifestiert sind zu hinterfragen. Dies beginnt zum Beispiel mit der Schuldfrage.
    Woran bin ich Schuld, warum bin ich schuld, was spricht für und gegen meine Aussage, was vermittelt mir den mein Gefühl und mein Gedanke - und wie lange kann ich wohl auch einmal dagegen argumentieren ohne aus Furcht, Angst und Reflex der Grundaussage zuzustimmen. Warum wähle ich in Gedanken den "einfachen" Weg, obwohl er letztlich nur irrtümlicherweise der einfachere zu sein scheint.


    Vor einiger Zeit habe ich gelernt das Gefühl Wut zu verinnerlichen, zu definieren und zu kategorisieren. Ich bin wütend auf den Verlauf in meiner Kindheit, ich bin wütend auf den Tod meiner Mutter und die Schwere der folgenden Jahre - ich bin wütend auf die Definition Verantwortung und deren innerelichen gelebten Kettenreaktion meiner selbst und ihrer Entwicklungen. Ich bin wütend auf den Tod meines Bruder und zu guter letzt bin ich wütend auf mich selbst und mein Durchhaltevermögen all dem gegenüber.
    Wichtig hierbei ist, dass habe ich hoffentlich gut erkannt, diese empfundene Wut nicht gegen mich selbst zu richten.



    Der Tod der Geliebten


    Er wußte nur vom Tod, was alle wissen:
    daß er uns nimmt und in das Stumme stößt.
    Als aber sie, nicht von ihm fortgerissen,
    nein, leis aus seinen Augen ausgelöst,
    hinüberglitt zu unbekannten Schatten,
    und als er fühlte, daß sie drüben nun
    wie einen Mond ihr Mädchenlächeln hatten
    und ihre Weise wohlzutun:
    Da wurde ihm die Toten so bekannt,
    als wäre er durch sie mit einem jeden
    ganz nah verwandt; er ließ die andern reden
    und glaube nicht und nannte jenes Land
    das gutgelegene, das immersüße -
    und tastete es ab für ihre Füße.


    (Rainer Maria Rilke)



    Nicole

    Liebe Christine,


    das, was wir zu verlieren fürchten, wenn der Tod eintritt, ist die
    Struktur, die das Denken als „Ich“ aufgebaut hat, die Form, der Name und
    die Gebundenheit an die Form und an diesen Namen. (Krishnamurti)


    Leider sind wir ein wenig zu sehr mit unserer eigenen Programmierung beschäftigt, als das wir einen andere Denkstruktur anerkennen wollten. Oft ist das anders Denken und Handeln im Leben wie eine Art Fehler in der Programmierung zu betrachten. Mir gefällt hierbei das Wort "Fehler" schon nicht. Warum wird anders sein und anders Denken so abwägig bewertet. Vor allem von uns selbst?


    Nicole

    Liebe Monika,


    ich schaffe es für meinen Teil nicht, oder vielleicht einfach nur - noch nicht - etwas sogenanntes positives nach dem Tod zu sehen. Es ist sehr schwierig mich auch nur in kleinster Weise darauf einzulassen.


    Ich vermute es hat etwas mit innerer Überzeugung zu tun. Meine Gedankenrichtung ist positiv gepolt, es reicht aber keineswegs auch nur ansatzweise in Bezug auf den Tod diese Positivität auch nur ein wenig Einfluss walten zu lassen.


    Die meisten Rückmeldungen meiner Mitmenschen, auf mich selbst und meine Reaktionen sind immer kleine klägliche Hinweise, mir zu suggerieren auch mal zu lächeln oder einfach stumpf über meine Gedanken hinwegzusehen. Aber ich bin keine Maschine, Gefühle sind nun mal da und leiten mich. Sie sollen mich nicht beherrschen, dessen bin ich mir sehr bewusst. Aber es ist doch oft so, dass eine erste Reaktion oftmals der eigenen Grundeinstellung wiederstrebt und ganz anders ist als gewollt.


    Nicole

    Liebe Astrid,


    hab auch du vielen Dank für deine Zeilen.


    Was bedeutet es schwah zu sein - wie kann es sich anfühlen - das schwach sein?
    Sagen wir so, ich stelle diese Fragen weil ich in der Phase bin, meine jahrelange Abstumpfung von Gefühlen zu bewältigen. Ich lerne Gefühle zu definieren und sie für mich zu entdecken und zu nutzen. Im ersten Moment sind diese allerdings alle sehr erschreckend und beängstigend.
    Ist schwach sein ein Gefühl? Kann man das so sagen?


    Wie du vielleicht schon gelesen hast, ich habe beides - einen Hund und eine Katze. Merlin (der Hund) ist ein ruhiger Vertreter. Da er nicht mehr gut zu Fuß ist, liebt er es in seinem Fahrradhänger raus zu schauen, während ich versuche ihn möglichst immer bei mir zu haben. Am liebsten liegen wir faul auf den schönen Wildblumenwiesen. Wobei er die Angewohnheit hat diese platt zu kullern (oder genüsslich zu kauen).
    Katerchen hingegen ist eher der Raufbold mit einem Energiepensum welches er am liebsten Nachts verbraucht. Nämlich damit, um mit einer Riesenbommel den Flur hoch und hinunter zu rennen. Oder vielleicht auch mal einen Schuh mit interessanten Schnürsenkeln durch die Katzenklappe zu zerren.


    Mein schlechter Schlaf. Ich befinde mich aufgrund einer Ptbs in Therapeutischer Behandlung. 4 Stunden Schlaf sind wirklich Luxus. Aber wenn dieser nicht unterbrochen wird kann er auch erholsam sein. Ich habe gelernt das es nicht unbedingt eine Rolle spielt lange zu schlafen, aber zumindest ungestört. Ich schlafe diese Zeit durch. Danach ist es mir nicht möglich erneut einzuschlafen und Tagsüber sollte dies auch nicht gewollt sein. Es hat etwas mit dem Rythmus zu tun. Und ja, leider gelingt mir dies nur mit medikamentöser Unterstützung. Ich habe lange gebraucht um mich darauf einzulassen, aber ich habe genauso gut verstanden das es Zeiten gibt in denen es einfach notwendig ist. Dies aber nicht "für immer" bedeutet.


    Im Kopf geht mir in Bezug auf den Tod etwas durch den Kopf, was mich in Panik ausbrechen lässt. Ich neige dazu ab und an darüber nachzudenken wie es ist Tod zu sein. Das fühlt sich sehr sehr schlecht an. Ich kann das nicht wirklich beschreiben, aber es löst eine Panik in mir aus das ich wirklich zusehen muss Gedanklich davon weg zu kommen. Es hilft mir nur nicht bei der Bewältigung.
    Ich habe die Vorstellung des "Nichts" danach. Und genau das ist mein Problem. Wie kann man sich das denn vorstellen wenn der Gedanke an ein Leben danach - oder etwas ähnliches, zu entfernt oder verwerflich für einen ist?
    Dieses Denken begann bei mir mit dem Tod meiner Mutter und zieht sich seitdem regelmäßig durch mein Lebn und natürlich meinen Kopf.


    Nicole

    Liebe Malena,


    hab Dank für deine Zeilen.


    Ich finde die Frage, was mir gut tut manchmal schwierig - manchmal... naja doch sehr häufig. Vor allem dann wenn der Kreislauf der Gedanken nicht abzuklingen scheint. Und jede Ablenkung eigentlich einer Art Weglaufen erscheint.
    Vierbeiner habe ich, einen Hund und ein Katerchen. Unser Familienhund, den ich als 10 Jähriges Kind von meiner Mutter bekommen habe - diesen musste ich vor 2 Jahren gehen lassen. Sie ist stolze 18 Jahre als geworden. Irgendwie war sie für mich immer noch eine reele Verbindung zu meiner Mutter. Als ich sie gehen lassen musste hat mich das zusätzlich sehr verwirrt.


    Auch hier gibt es einen schönen Moment. Babsy (die verstorbene Hundedame) hat vor Jahren ein kleines Kätzchen aus dem Wald mitgebracht. Ich wollte es nur aufpeppeln und dann abgeben. Daraus ist nichts geworden. Katerchen ist mittlerweile 10 Jahre alt und mischt mich ordenlich auf. Ich glaube er redet mehr am Tag als ich selbst. Sehr unterhaltsam.
    Und Merlin, er wurde der spätere Begleithund von meiner Babsy. Ist auch schon ein großer Senior. Alle drei haben es geliebt gestapelt im Hundekorb zu nächtigen.
    Stellt es euch so vor, schwarzer Schäferhund ganz unten, wilde struppelige Promenadenmischung - gefleckt wie eine Kuh, auf ihm und noch eine Etage höher dann der freche Kater. Jetzt habt ihr hoffentlich ein Bild, welches euch ein kleines Lächeln ins Gesicht zaubert.


    Ich fahre viel Kajak, ich genieße es mich auf dem Wasser treiben zu lassen und die Natur um mich herum zu betrachten. Manchmal wird die Stille unerträglich, aber ich versuche ihr so gut wie möglich immer etwas positives abzugewinnen.
    Lesen tue ich auch viel, ich mag Drachen steigen lassen oder einfach nur den Wolken hinterher schauen.


    Ja ich denke das Leben hat mehr zu bieten als das was es mir bis jetzt vorgegaukelt hat. Es war nicht immer schwierig oder anstrengend, dass möchte ich gar nicht sagen. Aber ich würde lügen wenn ich behaupten würde das ich es so akzeptieren, hinnnehmen oder gar annehmen könnte oder wollte.
    Ich stelle mir diese Frage regelmäßig, vor allem dann wenn ich wieder an den kleinen Dingen zu scheitern scheine.


    Wenn ich das so sagen darf, ich glaube schon das ich irgendwann gerne in der Position sein möchte - in der jemand an meiner Seite seine schützende Hand über mich legt. Mir beisteht, für mich da ist, mich begleitet - mit mir lacht und weint und das Leben zu einem neuen Abenteuer werden lässt. Der mir das Gefühl gibt nicht alles alleine auf den Schultern tragen oder gar ertragen zu müssen. Jemand der mich nicht belächelt wenn ich bin wie ich bin und der nicht von mir verlangt mich der Masse anpassen zu müssen nur um in ein gesellschaftliches Bild zu passen. Ich möchte ich sein dürfen und ich möchte Verantwortung abgeben und teilen können um das Gefühl von Erleichterung zu erhalten. Gelebte Wärme und Akzeptanz und nicht nur Stärke projezieren. Einen guten Freund oder Freundin fürs Leben.


    Nicole

    Liebe Astrid,


    es sind die schönen Erinnerungen die mich jeden Tag daran erinner, dass ich mehr vom Leben erwarten darf als das was es mir bis jetzt gegeben hat. Ich bin der festen Überzeugung da muss mehr sein als nur schwarz und weiß - diese bunten Farben darf es nicht nur in einem dieser wundervollen Regenbögen geben.


    Nein, ich konnte mich auch beim Bestatter nicht mehr von ihm verabschieden. Zwischen dem Tod meines Bruders und seiner Beerdigung bin ich dreimal hin und her geflogen - ich hatte und habe zeitweise das Gefühl wahnsinnig zu werden. Ich fand es auch ziemlich erstaunlich, zur Beerdigung die Rechnung in die Hand gedrückt zu bekommen.... Ich bin aber leider ein Mensch der unheimlich lange braucht um aus sich heraus zu kommen.... meist stecke ich nur ein und versuche es irgendwie mit mir auszumachen um niemand anderem zur Last zu fallen.


    Meine Kindheitserinnerungen helfen mir dabei die Realität wahrzunehmen, mich im hier und jetzt zu bewegen. Zu sehen das es zwar meist schwierig war, aber dennoch Glück, Freude und das Gefühl von Geborgenheit und Famile da war.
    Zum Beispiel hat meine Mum aus ihrem Hochzeitskleid zwei Kinderkostüme für mich gemacht. Der untere Stoff diente für das Prinzessinenkostüm und der obere Stoff für die Schlafmütze.
    Oder, wir haben anfangs neben einem Kindergarten gewohnt. Und unsere Wochenendabendteuer war grundsätzlich - die lose Latte im Zaun zu finden um durchzukrabbeln und auf den Spielplatz zu verschwinden.


    Aber der fehlende Abschied von meinem Bruder versetzt mich auch in alte Verhaltensmuster. Denn auch der Abschied meiner Mutter wurde mir damals verwehrt. Und als es dann darum ging, dass mein jüngerer Bruder in eine Heimeinrichtung sollte, nur weil uns der ehemalige Partner unserer Mutter nicht haben wollte, gingen alle Alarmleuchten bei mir los. Dabei habe ich im Ganzen vergessen daran zu denken, dass ich auch auf mich selbst achten müsste.


    Schlaf ist ein Mangel. Diesen bewältige ich für gut 3-4 Stunden leider nur mit Hilfsmitteln. Aber hier war ich mir endlich selbst fair gegenüber, ich habe mir Hilfe gesucht. Es ist schwer für mich zu begreifen, dass auch ich Hilfe in Anspruch nehmen kann und auch darf. Mein Kopf sagt ja, meine Handlungen sind aber totale Widerspruch insich.


    Freude auszudrücken fällt mir schwer. Aber ich empfinde sie im Herzen - der Wendepunkt ist, dass ich es zumindest schon empfinden und klar definieren kann.
    Meine Vierbeiner reagieren gott sei dank nicht auf meine Gestik und Mimik, sondern auf meine Nähe die ich ihnen vermitteln kann. Das lehrt mich, etwas gutes zu fühlen.


    Nicole


    Hast du dich von deinem älteren Bruder noch verabschieden können?


    Liebe Christine,


    nein das konnte ich nicht. Die Anreise war schon eine Farce - es ist alles im Chaos geendet und ich musste mich damit abfinden, an dieser Stelle keinen persönlichen Abschied mehr nehmen zu können.


    Erst habe ich meinen Flug verpasst, den nächsten sofort gebucht. Da ich aber dann zu spät in Wien war, mein Mietauto auch anderweitig vergeben wurde und ich die restlichen 2 Stunden mit dem Taxi hinter mich gebracht habe, war ich so spät im Krankenhaus das mir nur eine Tüte mit seinen Kleidungsstücken, eine Stück Papier (auf dem Stand woran ich jetzt bürokratisch zu denken hätte) und eine Telefonnummer, wo ich mich am nächsten Tag zu melden hätte - bekommen habe.... ist mir der persönliche Abschied verwehrt worden.
    Nachdem ich dann völlig kaputt war musste ich mir im Ort noch ein Zimmer suchen, denn es gab keine Möglichkeit mehr zum eigentlichen Hotel zu kommen. Außer wieder ein Taxi zu nehmen.
    Ich habe aus Wut und Furstration diese Tüte neben mir einfach auf der Station bei den Damen, die sie mir so knädig in die Hand gedrückt haben - fallen lassen und bin gegangen. Sie haben mir hinterher gerufen ich dürfte diese Dinge nicht einfach so da lassen..... es war mir egal - ich war wie erstarrt.... ich war so alleine.... ich war verletzt und bin einfach nur gelaufen.
    Am nächsten Tag habe ich brav diesen Anruf getätigt. In dem ging es nur darum, dass ich dafür zu sorgen hätte ein Bestattungsunternehmen zu beauftragen. Auf meine Bitte, ihn sehen zu dürfen wurde nicht eingegangen. Ich habe stumpf aufgelegt und bin wieder nur verletzt in den Tag gegangen und habe meine To-Do-Liste brav erfüllt und abgehakt.
    Am Abend ging dann mein Rückflug - ich habe Österreich mit dem Gefühl von Hass und Missmut verlassen. Wie vor 13 Jahren.
    Dabei war es mal so schön - dort gelebt zu haben.


    Nicole

    Liebe Malena,


    hab Dank für deine Zeilen.


    Ich bin müde - diese Müdikeit schleppt sich von Tag zu Tag mit. Es fühlt sich an wie ein schwerer Schatten, den ich Schritt für Schritt zusätzlich tragen muss. Dieser Schatten hat weder Konturen noch ist er klar zu definieren. Er ist ein einzig in sich verschwommenes Bild, mit gehässigem und verzerrtem Lachen. Ich betrachte es ab und an gerne Bildlich, sagen wir es so - der bunte Spielmann in meinem Leben ist derzeit nicht auf der Suche nach seinen Instrumenten und Farben, sondern ist irgendwie ganz verschwunden. Die Suche nach ihm verläuft derzeit ergebnislos.


    Meine Mama war meine beste Freundin, mit ihrem Tod verschwand ein Hauch meines Mutes, mich gegen die unangenehmen Seiten des Lebens mit Kraft, Mut und Willen entgegen zu stämmen.
    Ich habe früh mit dem Studium begonnen, wir haben jeden Tag mindestens einmal telefoniert. Ich habe noch Jahre später darauf gewartet das mein Handy klingelt und ich ihre Stimme hören kann. Heute habe ich das Gefühl nicht mehr zu wissen wie diese wohl klang. Sie war ein sehr kreativer Mensch, das hat mich immer sehr beeindruckt. Und die Stärke, die ich heute empfinde muss ich ganz klar von ihr bekommen haben.


    Mein Bruder, ja - als Kinder konnten wir uns irgendwie gar nicht vertragen. Wobei auch das zeitweise sehr kurios war. Ich kann mich gut daran erinnern, wenn er in der Schule verprügelt wurde, dass ich ihn immer beschützt habe. Von der Körpergröße passte das gut, er war recht klein und ich zu groß. Somit dachten alle ich sei die älteste, was ich jedoch nicht ganz so lustig fand. Er sowie ich haben es geliebt die Elektrogeräte im Haushalt auf unsere Art zu entdecken. Diese Entdeckungsreise bestand darin, diese Geräte in ihre Kleinteile zu zerlegen um zu verstehen wie sie wohl funktionieren. Das diese hinterher nicht mehr funktionstüchtig waren interessierte uns doch recht wenig.
    Bedauerlicherweise schämte er sich aber nach dem Tod unserer Mutter, dass er nicht für uns sorgen und sich um uns kümmern konnte. Seine Therapeutin (er wahr leider Alkoholabhängig) erzählte mir, dass er gesagt hätte - er wäre stolz auf mich gewesen, dass ich alles so gut mit unserem jüngsten gemeistert hätte. Auch wenn ich gehen musste - er wäre gerne dabei gewesen, liebte Österreich aber zu sehr um sich davon trennen zu wollen.
    Er meldete sich nur noch sporadisch, dann Jahre lang gar nicht.... das letzte Mal habe ich Ende Dezember ein paar Zeilen von ihm erhalten.


    Ich denke an die Sonnenblumenfelder, die wir als Kinder zusammen durchlaufen haben. Wir haben versucht diese zu zählen. Wenn es zu langweilig wurde rannten wir einfach nur lachend hindurch - ohne sich Gedanken darüber zu machen wohin uns der Weg bringt und was unsere Orientierung mit uns macht. Heutzutage muss alles akribisch hinterfragt werden. Das finde ich ziemlich.... bedenklich.

    Und heute denke ich zu oft darüber nach mich meiner Müdigkeit hinzugeben.


    Nicole

    Hallo Astrid,


    wie lebt man Trauer?
    Wie erlebt man Trauer?


    Ich fühle mich seit Jahren wie ein wandelnder Steinklotz. Nur meinem jüngeren Bruder konnte ich ab und an zeigen wieviel er mir bedeutet, meist dann wenn er begann an sich selbst zu zweifeln und vor allem dann, wenn Dinge im Leben ihren Lauf nehmen auf die er stolz war und an dieser Stelle die Mutter gefragt gewesen wäre. Der Schulabschluss, der Ausbildungsabschluss.... die erste Freundin usw.


    Meinem Bruder geht es entsprechend gut. Es war wichtig das wir die Reise nach Österreich gemeinsam gemacht haben. Wir gemeinsam diese Beerdigung erlebt haben und uns am Ende des Tages über schöne Momente aus unserer Kindheit erinnert haben. Ich habe ihm ein paar Andenken zukommen lassen, dass hat für ihn eine große Bedeutung. Für diese hat er einen eigenen Platz für sich. Ich hingegen kann diese Dinge nicht ertragen.


    Was ich früher für Dinge für mich gemacht habe wenn es schwierig wurde? Funktioniert. Und nachdem ich nicht mehr funktionieren musste ist die Welt zusammen gebrochen, weil mir nicht klar war wofür ich sonst da bin.


    Mein stetiger Begleiter und die Möglichkeit mich auszudrücken, - das ist die Musik - mein Klavier, oder auch das Saxophon geben mir die Möglichkeit zumindest eine gewisse Art Gefühlsausdruck darzustellen.


    Ich denke nicht schlecht von und über mein Leben, ich finde nur, dass es zeitweise einfach etwas zu viel weh tut. Optimismus mag ich, ich schaffe es selbst aus einer grauen Wolke ein Fantasietier zu formen, es bedarf hier keiner weißen, dicken, flauschigen Wattewolke.


    Aber auch ich habe bestimmte Dinge nie gelernt und ich finde, diese im Alter zu entdecken sehr beängstigend und erschreckend. Die kindliche Neugier und der kindlich gelebte "Leichtsinn" macht es ab und an etwas einfacher bestimmten Erfahrungen offener gegenüber zu stehen. Die gelebte und bewusste Ernsthaftigkeit ist keine Hilfe, im Gegenteil - sie fördert mehr das Misstrauen und raubt die Neugierde.


    Nicole

    Schönen guten Abend und vielen lieben Danke für eure Worte.


    Ich weiß manchmal nicht wo mir der Kopf steht. Eine Art Vermeidungsverhalten scheint mich zu umgarnen und mich vom Eigentlichen abzulenken. Umso schlimmer trifft es mich wenn ich keine Art und Möglichkeit zum Weglaufen finde. Jetzt bin ich mehr und mehr so weit, daran zu denken das ich nicht weglaufen kann, dass es für mich und alle weiteren Schritte die ich jemals anstreben möchte wichtig ist, das alles an mich heran zu lassen und zu bearbeiten und vor allem zu verarbeiten.


    Wie es mir geht? Ich fühle mich, als würde ich neben mir stehe und alle Geschehnisse von außen betrachten. Ich fühle mich, als würde ich durch Wolken oder Watte wandern und diese behutsam zur Seite schieben. Und dann.... dann fühle ich nur noch ein herabstürzen bis ich die Kraft habe mich zu aufzufangen und daran zu denken welche schönen Momente mir in den Sinn kommen, die wir gemeinsam erlebten.


    Meine Mum starb an einem Herzinfarkt. Die Rettung hatte sich verfahren und kam zu spät. Und die Arbeitskollegen wussten nicht besonders viel von Wiederbelebung und haben Sie nicht abgehört. Somit war ihr Gehirn zu lange ohne Sauerstoff - sie war Hirntod.


    Mein Bruder starb an einem Lungeninfarkt Infolge einer Thrombose. Bis einen Tag zuvor lag er im Krankenhaus. Er wurde morgens 4 Uhr vor dem Hauseingang gefunden. Und auch ihm konnte nicht mehr geholfen werden.


    Damals war ich 18 - mein jüngerer Bruder war 14 Jahre alt. Ich hatte keine Zeit zum groß nachdenken. Der ehemalige Partner unserer Mutter wollte uns nicht bei sich haben. Damit mein Bruder in keine Heimeinrichtung musste bin ich mit ihm nach Deutschland gegangen (wir sind Deutsche, aber in Österreich aufgewachsen) um die Vormundschaft rechtmäßig zu übernehmen. Demach habe ich meine Mum bestatten lassen und wir haben uns dann auf die Reise nach Deutschland gemacht.


    Unser Vater war Alkoholiker. Wir hatten nie so wirklich Kontakt zu ihm, weil er es auch nicht wollte.
    Ich habe in den Unterlagen meines verstorbenen Bruders die Sterburkunde unseres Vater gefunden. Demnach verstarb er Ende 2012.


    Ich habe leider niemanden der für mich da ist. Es fiel mir schon immer sehr schwer Kontakte zu suchen und zu knüpfen. Die Menschen machen mir Angst, dass macht es nicht unbedingt einfacher. Ich kann nicht besonders offen auf Leute zugehen und wenn ich es mal schaffe, so fühle ich mich in ihrer Gegenwart wie ein Fremdkörper.
    Selbst mein gewissen plagt mich, mich hier das erste Mal überhaupt zu öffen und meinen Unmut kund zu tun.
    Aber ich weiß genauso gut, dass ich so nicht mehr weiter machen möchte.


    Fides