Meine Lieben,
ihr müsst nicht geschockt sein, fühle mich wieder gut.
War zu viel die letzten Tage.
Gestern um 23.00 Uhr kam noch der Tierarzt. Wir sortierten die Mutterschafe zur Seite, die in den nächsten Tagen lammen werden.
Diese Tiere sollten nicht mit auf eine 6-stündige Fahrtour.
Dann kam er auf die Idee, wenn er ja schon da ist, dann könnten die Ferkel ihre Eisenpräparate kriegen.
Also kam ich um 2.00 Uhr ins Bett.
Punkt 5.00 Uhr dann aufgestanden.
Punkt 6.00 Uhr war Andreas da. Zu Andreas muss ich sagen, habe IHN vor 7 Jahren mal kennengelernt. Ein 38jähriger junge Mann mit Down-Syndrom.
Stand plötzlich hier auf dem Hof und fragte, ob er sich die Tiere anschauen dürfte. Ab diesem Tag war er ein ständiger Begleiter. Rosi sagte immer: "Uwe, das ist
kein Mensch, das ist ein Engel vom Himmel. Wie er mit den Tieren umgeht, so liebevoll und ehrfurchtsvoll mit den Lebewesen."
Muss ich Rosi recht geben. Das Einzige was mich nervt, er sagt immer zu mir: "Onkel Uwe." Das kriege ich nicht aus ihm raus.
Alle Tiere vertrauen Andreas mehr als mir, gebe ich neidlos zu.
Punkt 7.00 Uhr standen 2 LKW`s auf dem Hof.
Dann begann das Desaster.
Auto kam auf den Hof, fuhr rückwärts---------an meinen Liebligs-Sandstein. Ja, BERTHA & ELISABETH. Die vorherige Ruhe war weg.
Sie wollten helfen, ja wollten sie.
Der eine Fahrer fragte: "Wer ist hier die Führerin (Gemeint war Leitschaf) ?"
Bertha:" Die ist seit einem halben Jahr tot, jetzt ist er Chef." -- und zeigte auf mich.
Das gab mir den ersten Stich.
Elisabeth kam vom Haus mit Kaffee und Rum. Sie hatte nicht einmal gefragt. Unverschämtheit.
Ich: "Bei den Tieren wird kein Alkohol getrunken und guck mal auf die Uhr, jetzt Alkohol ? Was macht denn Prinz hier draussen ?"
Elis.: "Lass ihn doch zuschauen. Passe schon auf. Und sei nicht so aggressiv."
Ich:" Das Tor nach hinten raus ist offen, da ist die Hauptstrasse, denke bitte daran."
Elis.:" Ja, wer will denn nun Kaffee mit Rum ?"
Andreas führte in der Zeit schon die ersten Schafe auf einen LKW. Prinz war dann plötzlich weg. Da hörte ich schon die
ersten Bremsgeräusche. Raste zur Hauptstrasse. Er stand dort mit seiner LIEBE, aus der Nachbarschaft, mitten auf der Strasse.
Bouvier des Flandres Prinz und Labrador-Hündin. Es war aber NICHTS passiert, musste beide Hunde von der Strasse zerren, damit
20 Autos weiterfahren konnten. Wurde nun wirklich langsam wütend. Zurück auf dem Hof, da wurden die verladenen Schafe gerade
wieder vom LKW runtergelassen, da Bertha eine Katze draufgescheucht hatte. Elisabeth sagte dann so nebenbei: "Ach so, habe vorhin die
drei Katzen von Elke reingelassen." Ich sofort zum Haus, jagte die drei Katzen raus, jede von ihnen hatte ein Hähnchenschenkel bei sich.
Das Mittagessen für morgen weg. Dann wieder zum verladen der Schafe. Beide Frauen eilten hinter den nun langsam verängstigten Tieren
her. Da gab es den ersten Disput. Wiederhole hier nicht was ich gesagt hatte. Andreas brachte nun erneut eine Gruppe nach der anderen auf den LKW.
Wieder fingen die Damen mit Geräuschen an. Ksch, Ksch, Los, zack zack usw.
Also wieder ein Disput. Wieder. Wieder. Wieder.Und noch einmal. Noch einmal. Noch einmal.
Ja und dann geschah es, mir wurde schwarz vor den Augen und ja, da war ich weg. GOTTLOB wurde ich rechtzeitig wieder wach.
Elisabeth wollte gerade mit Mund zu Mund-Beatmung beginnen. Ich war wach und gleichzeitig in einer Schock-Starre, als ich SIE mit dem
Mund auf mich zukommen sah. Zwei Zentimeter vor meinem Mund, da konnte ich mich "blitzartig" zur Seite rollen.
Schafe waren verladen, Papiere händigte ich aus und Abfuhr.
Ich wollte dann zum Arzt, mir ging immer noch so komisch. Die beiden Damen wollten mich fahren. Ist ja nur im Nachbarort.
Die Damen bugsierten mich ins Auto. Konnte Andreas noch sagen:"Andreas, Mittagessen ist in der Küche. Iss was, melde mich dann bei Dir."
Diese Autofahrt, nur 5 km, die werde ich nie vergessen. Die beiden Frauen unterhielten sich, schauten ab und zu mal auf die Strasse,
Kurven wurden schon 200 Meter im VORAUS geschnitten, gerade Strecke mit 90 Stundenkilometer und Kurven mit 120 Stundenkilometer.
Ich war auf dem Rücksitz am STERBEN. Dann angekommen, beide Frauen stützten mich ab, als wenn ich gehbehindert wäre. Bei der
Anmeldung kam ich nicht zu Wort.
Bertha: "Wo ist Eddi ?"
Anmeldung:"Sie meinen Dr. ....?"
Bertha:" Ja, Eddi der Doktor, wo ist er ?"
Anmeldung:" Im Besprechungszimmer mit einem Patienten.Sie müssen im Wartezimmer Platz nehmen."
Bertha:" Wann ich muss, das ist meine Sache. EEEEEEEEEddi, EEEEEEEEEddiiiiiiii !" - rief SIE durch die Räume.
Irgendwo wurde eine Tür aufgerissen und Dr..... stand vor uns und fragte:" Hallo Tante Bertha, wie geht es Dir ?"
Bertha: "Papperlapapp, kannst anrufen und fragen, kümmere DICH gefälligst sofort um unseren Nachbarn, der ist umgekippt !"
So was peinliches, innerlich wollte ich schon ein Taxi rufen, für die Rückfahrt.
Also Ende der Geschichte, laut Doktor.....: "Trauer, Stress, über 36 Kilogramm in 6 Monaten abgenommen, kaum Essen, wenig trinken und
überhastet die Tiere am WEG-GEBEN, Einsamkeit, usw. usw. usw. Es war das erste Signal. Kreislauf-Kollaps. Sie sollten mal eine Kur machen !"
Blutwerte gut, kein Anzeichen eines kleinen Schlaganfalls, Blutdruck 120/80, Herzschlag in Ruhe bei 65. Vorsichtshalber Langzeit-EKG.
Kur lehnte ich sofort ab. Mein Vorschlag:"Können Sie nicht ihre Tante und Elisabeth zur Kur schicken, dann habe ich meine Kur ?"
Er lachte und sagte nur:"Es gibt keine Häuser, die nur Platz für zwei solche schrulligen Frauen haben."
Mein letzter Satz dann:"Ach Herr Doktor...., die ersten 30 Minuten der EKG-Aufzeichnung, die sollten Sie ausser ACHT lassen, das ist die
Rückfahrt mit diesen zwei verrückten Damen. Ich sterbe jetzt schon wieder, wenn ich daran denke."
Doktor:" Ich fahre schon seit Jahrzehnten nicht mehr mit diesen Draufgängerinnen."
So, als ich dann zu Hause ankam, da war Andreas weg, der gesamte Braten, alle Kartoffeln und das Möhren-Erbsen-Gemüse.
Ich frage mich nun, wo sind 3,50 Kilogramm Braten hin, wollte doch noch was einfrieren.
Rief dann doch bei Andreas an, seine Mutter war dran. Ich fragte nur ob ich Andreas sprechen könnte ?
Mutter:" Moment, er sitzt in der Küche und isst sein Lieblingsgericht, Schnitzel mit Pilzen und Pommes."
Andreas:" Hallo, Onkel Uwe, was ist denn, geht es Dir gut ?"
Ich:" Sag mal Andreas, hast DU Braten gegessen ?"
Andreas:" Sollte ich doch, Onkel Uwe. Habe alles aufgegessen. Hat ja auch geschmeckt."
Ich:" Das freut mich, dass es Dir geschmeckt hat. War ja auch nach Tante Rosis Rezept. Vielen Dank für deine Hilfe Andreas."
Sollte ich nun sauer sein. Nein, jedem anderen Menschen, nur nicht Andreas.
Nächsten Tiertransport habe ich auf nächstes Wochenende verlegt. Geht mir zu schnell.
Wenn Andreas wüsste, dass er seine 5 Lieblings-Ziegen der Rasse Pyrenees, nach Absprache mit seinen Eltern, geschenkt bekommt.
Ich glaube, er würde ab morgen hier im Stall schlafen und auf sie aufpassen.
Besonders, da er weiss, dass es auch Tante Rosis Lieblinge waren.
Liebe Grüße, Uwe