Lieber Lonely
Deine Geschichte berührt mich, ist sie doch der Hälfte meiner sehr ähnlich.
Mein geliebter Vater musste mit 70 Jahren auch eine Krebserkrankung überstehen. Ich sah ihn weinend im Krankenhaus liegen und flehend, ihm mögen noch ein paar Jahre vergönnt sein. Das Bild vergessen ich nie. So bedauernswert habe ich ihn nie erlebt.
Er gewann den Kampf, wurde wieder gesund. Ich lernte meine jetzige Frau kennen und noch bevor ich sie ihm vorstellen konnte, ereilte ihm mit 74 ein Schlaganfall. Es folgten 10 Jahre Pflege, erst zu Hause, dann 8 Jahre Pflegeheim mit viel Zeit füreinander. Es war ein langes Abschied nehmen, geprägt von warmherzigen, innigen und intensiven Miteinander. Er hat die Geburt seiner Enkel noch erlebt, wenn auch nicht mehr aktiv begleitet. Er starb mit 84 Jahren nach einem Infekt. Die Trauer war groß, aber ich konnte sie gemeinsam mit meiner Mutter, die ihn über alles liebte und aufopferungsvoll immer für ihn da war, tragen. Der lange Abschied war zu Ende und wir fanden durch ein sehr enges Verhältnis einen Weg zurück in ein zufriedenes und dankbares Leben.
Das ist jetzt 5 Jahre her.
Soweit unsere Analogie.
Meine Mutter verstarb Mitte August völlig überraschend und lässt mich unfassbar traurig zurück. Seitdem kämpfe ich täglich mit der neuen Situation, ohne Eltern und Nestwärme zu sein. Leere, Freudlosigkeit, Schwermut, alles das was Du auch beschreibst, bestimmen seither mein Leben. Meine Frau und meine Kinder können mir nur bedingt zur Seite stehen.
Der Austausch mit Leidensgenossen hilft zuweilen ein wenig.
Lieber Lonely, nutze die Zeit mit Deiner Mutter. Die zweite Hälfte meiner Geschichte soll Dir noch lange erspart bleiben.
Ich wünsche Dir und mir einen Weg aus dem Tal.