Beiträge von Nico

    Hallo Christinaaa.

    Du hast bereits reichlich Rückmeldungen erhalten von Menschen, denen ein ähnliches Schicksal kürzlich ereilte. Immer wieder stellt sich die Frage, wie es weiter gehen soll und kann. Der Schwermut scheint ein Weiter nicht mehr zuzulassen. Anfangs war er allgegenwärtig, dann pausierte er kurz und heute zeigt er sich noch gelegentlich. So ist es bei mir zumindest und bei vielen anderen, die einen derartigen Verlust tragen müssen. Meine Mutter starb unerwartet vor eineinhalb Jahren und all Dein Trauerschmerz, den Du beschrieben hast, kommt mir bekannt vor. Christinaaa, ich will Dir hiermit Zuversicht geben, dass der Schwermut weichen wird und Platz frei werden kann für Freude in Deinem Leben. Der Trauerschmerz ereilt mich immer wieder, aber er bestimmt nicht mehr in Gänze mein Dasein. Es fühlt sich anders an, tut weh, ist zuweilen unerträglich, aber auch die Lebensfreude kehrt immer wieder zurück. Das beruhigt und lässt die Trauerwellen ertragen.

    Christinaaa, ich wünsche Dir, dass es Dir auch so ergehen wird und ich bin mir ziemlich sicher, dass es so sein wird.

    Alles Gute.

    Fast ein Jahr ist vergangen, als ich Antworten auf Fragen in diesem Forum suchte. Auf die quälende Frage, wie kann man das erste Weihnachten ohne die so geliebte Mutter überstehen?

    Ein Jahr später stellt sich die Frage neu. Geringfügig geändert, wie man das zweite Weihnachten überstehen kann.

    So viel ist passiert. Die Trauer kommt in Wellen und brandet Weihnachten wieder stark auf. Tausende Erinnerungen und Sehnsüchte kommen an die Oberfläche. Gleichsam wie letztes Jahr. Und doch ist es anders. Nicht leichter, nicht schwerer, anders. Was bleibt ist das Nie wieder.

    Fröhliche Weihnachten?

    ABSCHIED


    Und weiter sich die Erde dreht,

    zurück das Gestern bleibt.
    Das Leben kommt, das Leben geht,
    der Fluss mich weiter treibt.


    Und weiter sich die Erde dreht,
    die Flocken tanzen dicht.
    Bald mild der Wind aus Süden weht,
    der Schneemann weint und bricht.


    Und weiter sich die Erde dreht,
    die Vögel zwitschern klar.
    Nun Sonne brennt, die Hitze steht,
    wo Blumenpracht einst war.


    Und weiter sich die Erde dreht,
    wie rot die Äpfel hängen.
    Der Bauer jetzt den Weizen mäht,
    die kühlen Tage drängen.


    Und weiter sich die Erde dreht,
    Schar bunter Blätter toben.
    Im Nebelgrau ein Rabe kräht,
    still fällt das Weiß von oben.


    Und weiter sich die Erde dreht,
    aus Mutterleib geboren.
    Haucht ihr Leben aus und geht,
    die Zukunft scheint verloren.


    Und weiter sich die Erde dreht,
    einzig der Abschied bleibt.
    Alljährlich Mutterliebe fehlt,
    der Fluss mich weiter treibt.

    Hallo lieber Matthias.

    Ich verfolge Deine Einträge auch schon eine geraume Zeit und nehme Deinen großen Trauerschmerz wahr.

    Allerdings irritieren mich die regelmäßig von Dir geäußerten Todeswünsche.

    Vorab, ich bin kein gläubiger Mensch. Aber wenn es so etwas gibt wie Gott, dann ist das größte Geschenk, was er geben kann, unser/Dein Leben. Es gibt nichts wertvolleres als menschliches Leben. Das hat er auch Dir, Dorit, Deinem Vater, mir und vielen anderen in die Hände gelegt. Es liegt nun einzig an uns, es wertzuschätzen und es so zu behandeln, wie man mit einem unschätzbaren Geschenk eben umgeht: voller Respekt und mit größter Achtung.

    Es gibt so viele Menschen, denen es nicht vergönnt ist, dies auszuleben: Kranke, Behinderte, Verunfallte, Unterdrückte, etc.

    Viele davon hätten alles dafür gegeben, hätten sie noch ein Stück mehr Leben geschenkt bekommen. So wie die, um die wir hier gemeinsam trauern.

    Was müssen diese denken, wenn sie lesen würden, wie achtlos jemand mit seinem Geschenk, das sie so gerne hätten, umgeht.

    Wenn es einen Gott gibt, Matthias, glaubst Du nicht, dass er darauf achtet, wie man mit seinem Geschenk umgeht? Könnte es nicht sein, dass er, wenn Du Dein Leben beendet hast, Dich zur Rechenschaft zieht, wie Du mit seinem Geschenk umgegangen bist? Dann würde ich nun an Deiner Stelle mir Sorgen machen, ob er all meine geliebten Menschen mich wieder begegnen lässt. Warum sollte er mir abermals ein wertvolles Geschenk anvertrauen, wenn ich sein erstes schon so missachtet habe.

    Mir ist bewusst, dass es Situationen im Leben geben kann, wo man sich den baldigen Tod wünscht. Natürlich auch Depressionen etc. Aber Dein permanent geäußerter Todeswunsch, empfinde ich respektlos gegenüber all denen, die wir betrauern und respektlos gegenüber dem, dem Du auch immer Dein Leben zu verdanken hast.

    Lieber Matthias, ich wollte Dir nicht zu nahe treten, aber mein Empfinden mitteilen, dass Du eventuell nachfühlen kannst.

    Bleib zuversichtlich

    Liebe Silvia,

    Du hast einen guten Weg gefunden, die Trauer zu erleichtern: schreiben und mitteilen. Das hat mir und vielen anderen auch geholfen mit dem Unfassbaren fertig zu werden. Das eigene Umfeld ist oftmals überfordert oder genügt den eigenen Ansprüchen in dieser Zeit nicht.

    Hier findest Du Gehör, Zuspruch, Verständnis. Aber vor allem: darüber schreiben hilft und befreit.

    Du wirst sehen.

    Wir haben verdrängt, dass sie sterben könnte und gedacht, wenn es soweit sein sollte, haben wir noch genug Zeit, uns zu verabschieden. So war es leider ganz..

    Noch genug Zeit zu verabschieden.

    Von wegen.

    Kein Abschied. Kein Abschied von dem Menschen, der einem so nah war, wie es nie ein anderer sein kann: der Mutter.

    Ein Leben lang mit ihr die eigene Geschichte erlebt, die plötzlich unvollendet abbricht.

    Mit diesem Eindruck das Buch schließen zu müssen, ist brutal.

    Mit dem Verlust klar zu kommen ist eine Last. Keinen Abschied ermöglicht zu haben, ist noch schlimmer.

    Darunter leide ich noch immer sehr.

    Ich wünsche Dir einen gesunden Umgang damit.

    Sei lieb gegrüßt

    Frydeloni, Deine Geschichte liest sich gut, so traurig sie auch ist.

    Es scheint, dass Du Dich in Frieden von Deinem Bruder verabschieden konntest. So, als hätte das Buch, das das Leben mit Dir und Deinem Bruder beschreibt, ein gelungenes Ende erzählt und Du es ohne offene Fragen schließen kannst.

    "Furchtbar schöne Momente " hattest Du noch mit ihm. Ja, die haben sich bei mir auch eingebrannt, als meine Mutter im Sterben lag. Sie bekam als halbwegs gesunde Frau die Diagnose der akuten Leukämie und verstarb innerhalb nur einer Woche. Ich war jeden Tag Stunden im Krankenhaus bei ihr. Sie war völlig klar im Kopf bis 12 Stunden vor ihrem Tod. Und ich hatte noch am letzten Tag mit ihr furchtbar schöne Momente. Lachen, Geschichten erzählen etc.

    Nur ein Abschied nehmen war mir nicht vergönnt. Dazu war es viel zu schnell und konnte mit ihr auch nicht thematisiert werden. Ihren letzten Atemzug habe ich begleiten dürfen, aber mein Buch mit ihr bleibt leider ohne Schluss.

    So kann ich nun nicht in Frieden zurück blicken. Es bleibt das Bedürfnis nach einem gelungenen Ende.

    Du scheinst es für Euch gefunden zu haben. Das liest sich gut.

    Loslassen scheint ein Schlüssel für ein glückliches Leben zu sein.

    Nicht nur in der Trauer. Das ganze Leben besteht aus schönen, unverzichtbaren Zeiten und aus Abschnitten, auf die man gerne verzichten würde. Diesen Momenten jammern wir natürlich nicht nach, aber in der Natur des Menschen liegt es, dass er immer mehr haben will. Man gibt sich nicht zufrieden mit dem was ist. Wenn etwas Schönes verloren geht, dann richtet sich der Blick vornehmlich darauf, nicht auf das, was noch ist oder kommt. Loslassen von der Kindheit, von der Schulzeit, von Freundschaften und Lebenspartnerschaften. Und akut von Eltern oder anderen menschlichen Verlusten.

    Alles Schöne soll angereichert werden, darf nie mehr verloren gehen.

    Nein, so ist das Leben nicht. Alles Schöne kann nur in Erinnerungen angereichert werden.

    Immer wieder kommen aus den nichts kurze Momente der Erinnerung. Kurze bildliche Sequenzen , in denen ich ihr Lachen höre , ihr Gesicht so klar sehe, ihre Stimme höre...

    Das kommt mir bekannt vor. Aus dem Nichts habe ich irgendein Erlebnis mit meiner Mutter vor Augen, das überhaupt keinen Zusammenhang zum aktuellen Zeitpunkt hat.

    Das ist fast schon faszinierend und interessant, warum ich gerade jetzt an ein Geschehen mit ihr denken muss, das lange nicht mehr in meinen Erinnerungen gewesen ist. Ich suche dann stets nach einem Zusammenhang zu dem, was ich dabei tue, sehe, höre rieche etc und bleibe meist ratlos zurück.

    Nach nunmehr einem halben Jahr Trauer beschäftigt mich die Frage, ob es besser ist, Loslassen zu lernen oder der Vergangenheit steten Platz einzuräumen. Auch im Hinblick auf diverse Beiträge hier im Forum, fürchte ich, dass man sich mitunter keinen Gefallen tut, wenn man verzweifelt nach Wegen sucht, die Verstorbenen wieder zurück in sein Leben zu holen. Sei es durch Kontaktversuche mit dem Jenseits, Warten auf Zeichen, Beschäftigung mit Wiedersehenstheorien nach dem Tod etc.

    Natürlich alles völlig verständlich.

    Nur sind das vielleicht Sackgassen in der Trauerbewältigung? Gibt es Studien oder Erfahrungswerte, die dazu raten, den Verlust akzeptieren zu lernen und Loslassen zu können, sind die einzig weiterführenden Wege aus der Krise?

    Auch ich hänge mit meinen Gedanken ständig in der Vergangenheit und versuche krampfhaft alles zu behalten und zu bewahren, was mich an das Leben mit meiner Mutter erinnert. Ist das zielführend? Wäre es nicht besser, sich von vielen Dingen zu lösen, die Erinnerungen und Schmerz hervorrufen? Muss ich jedes Kleid, jede Pflanze, jeden Stift meiner Mutter weiter Platz in meinem Leben geben, mit der Folge, dass sie mir immer wieder den Verlust vor Augen führen?

    Wäre ich ein Therapeut, würde ich mir raten, lass los! Akzeptiere! Fang dein anderes Leben an! Gib ihm eine Chance! Sonst lebst Du nur Dein altes Leben, das nie wieder so schön sein wird, weil der eine Mensch, den Du ständig suchst, nicht mehr kommen wird.

    Wie sind die Meinungen hier im Forum, in dem ja viel über Therapie diskutiert wird?

    Traurig 83

    Wie so oft, jeder hat sein Leid und fühlt sich vom Umfeld nicht richtig verstanden. Dir geht's da genau so wie Deiner Mutter.

    Vielleicht ein Ansatz für Euch:

    Du machst mit Deiner Mutter Zeiten aus, in denen Du für sie da bist und zwar nur für sie. Und Du gibst Ihr dafür Zeiten vor, in denen Du nicht für sie da sein willst bzw kannst.

    Das ist lediglich ein vielleicht dilettantischer Ratschlag aus der Ferne. Aber vor dem bereits einmal erwähnten Aspekt, dass Du auf diese schwere Zeit für Dich und Deine Mutter einst zurück blicken wirst, wenn Mama nicht mehr ist. Und dann wirst Du mit der Genugtuung leben können, für Deine Mutter alles Mögliche gemacht zu haben.

    Kennt ihr das?

    Nach Urlauben oder diverser Reisen zu Hause angekommen, war es ein nicht wegzudenkendes Ritual, die Mama anzurufen und zu erzählen, wie es war bzw dass man wieder wohlbehalten zurück ist.

    Jetzt , wo Mama nicht mehr ist, komme ich von diesen Reisen heim und ich vermisse das Ritual. Die Reisen wirken unvollendet, ohne Mami davon berichten zu können. Der Automatismus, sofort Mama anzurufen, ist ungebrochen und mein Mitteilungsbedürfnis bleibt seltsam auf der Stecke.

    So kam es, dass ich heute, nach einem Kurztrip übers Wochenende, mit Mama im Selbstgespräch telefoniert habe. Ihre üblichen Fragen habe ich beantwortet und mir vorgestellt, wie das Telefonat verlaufen wäre.

    Es war natürlich nur ein armseeliger Versuch, den Kurztrip mitzuteilen und zu vollenden.

    Mama anrufen ist nicht mehr.

    selbstzentriert - ja, natürlich, denn DU hast diesen Verlust und musst damit fertig werden - dieser Verlust ist in diesem Moment das Einzige, was zählt!

    Sollte in dieser Situation jemand in der Lage sein, sich um die Probleme Anderer zu kümmern ("neue Hüfte, Scheidung des Freundes ....."), würde ich diesen Menschen gern kennenlernen.

    ICH konnte es anfangs nicht - heute, 17 Monate später - versuche ich zumindest, auch wieder für Andere da zu sein ...

    Selbstzentriert, ja natürlich.

    Aber genau aus diesem Teufelskreis sehe ich eine Möglichkeit zu entkommen, indem man sich wieder für andere interessiert. Meine Trauer okkupiert mein ganzes Leben. Jeder schmerzhafter Gedanke ist bereits tausendmal gedacht. Mein Leid wird durch meine Selbstzentriertheit nicht weniger, eher schlimmer, eines Strudels gleich.

    Und da, glaube ich, kann das Zuwenden auf Probleme anderer, eine Hilfe für mich sein. Wenn ich jemanden eine Freude machen kann, weil ich ein offenes Ohr für seine Krisenzeiten habe, dann erlebe ich Sinn, erfahre Dankbarkeit und kann es als Licht für mein Dunkel nutzen.

    Kümmern ist zuviel verlangt. Nur Zuwendung und den Blick aus meinem Kreisel richten.

    So jedenfalls ist meine Wunschvorstellung, die ich auch schaffe anzuwenden. Nur noch nicht mit dem geeigneten Abgleich mit meinem Schmerz.

    Ich erweitere die Sichtweise. Umgang der Trauernden. Ich kreise in meiner Krise so um mich selbst, dass ich den objektiven Blick für mein Umfeld verliere. Wie geht's denn meinen Freunden? Wie dem Freund, der in Scheidung lebt, wie der Bekannten, die Probleme in ihrer Arbeit hat, wie dem Nachbarn, der an der Hüfte operiert worden ist?

    Alles Nichtigkeiten im Vergleich zu meiner Trauer. Aus meiner Sicht! Ich ertappe mich dabei, dass ich mein Leid über das der Anderen stelle. Selbst über das Leid anderer Trauernden. Ich erzähle von meinem Schmerz nach dem Tod meiner Mutter und der Gegenüber will mir verständlich machen, er weiß wie ich mich fühle, weil er selbst schon die Oma verloren hat. Die Oma!

    Und ich denke: nur die Oma. Du hast noch beide Eltern und meinst, dass dies so schwer wiegt wie mein Verlust. Ich habe längst keine Oma mehr und jetzt nicht mal mehr Eltern.

    Oder die Freundin, die tagelang weint, weil ihr Hund gestorben ist. Ihr Hund!

    Ich denke: Du hast doch überhaupt keine Ahnung, wie es mir gehen muss, wenn Du schon wegen eines Tieres die Fassung verlierst.

    Für mich aktuell Nichtigkeiten. Nicht zu vergleichen mit meiner Situation.

    In der Tat. Nicht zu vergleichen!

    Ich fühle mich alleine gelassen. Mein Umfeld vielleicht auch.

    Die Enttäuschung, die man erlebt, wenn der eigene Freundeskreis nicht so reagiert, wie man es sich wünschen würde, hat auch mit der eigenen Erwartungshaltung zu tun.

    Fremden oder flüchtigen Bekannten gegenüber haben wir keine Erwartung, die enttäuscht werden können. Bei Freunden ist das anders. "Ich habe gedacht, dass ist doch mein Freund", impliziert, dass ich von meinem Umfeld mehr Verständnis erwartet hätte. Und in Sachen Trauer ist dieses Verständnis so individuell, so schwierig jemanden recht zu machen.

    Jetzt weiß ich als Betroffener es besser. Aber auch erst jetzt.

    Die Strategie habe ich letzte Woche das erste mal bewusst eingesetzt. Hat mich beruhigt, aber nicht wirklich länger.

    Du hast völlig Recht, der Besuch ins Elternhaus ist grausam. Jedesmal. Alles sieht noch so aus, als wäre meine Mutter gerade erst außer Haus. Zum Beispiel auf Urlaub. Ihre Tasche, ihre Schuhe, die Bilder ihrer Kinder (u.a. ich) und Enkel, überall sind ihre Habseligkeiten zu sehen. Nur sie fehlt. Außerdem völlige Stille.

    Jedesmal eine Konfrontation mit der Vergangenheit und der Trauer. Schwer. Sehr belastend.

    Ja Kitesurfer

    Diesen Mechanismus, wie Du es nennst, habe ich bei meinem letzten Besuch im Elternhaus auch angewandt. Ich versuchte mir vorzustellen, dass meine Eltern nur verreist sind und ich das Haus hüten soll. Das hat zumindest kurzfristig die Panik verdrängt. Ich finde es keine schlechte Strategie sich so über die schlimmste Zeit zu retten. Irgendwann kann man entspannter sich mit der Realität konfrontieren.

    Liebe Julia W.

    Deine Erlebnisse und Erfahrungen, die Du zuletzt geschrieben hast, sind mir bekannt. Mama ist an den gemeinsam begangenen Orten allgegenwärtig und hinterlässt dort stets Wehmut, Schmerz und Ratlosigkeit.

    Mein Wohnort ist 300km von meinem Elternhaus und der Heimat entfernt. Jedes 2. oder 3.Wochenende bin ich dorthin gefahren, um meine Eltern, meine Jugendfreunde, meine Heimat zu besuchen. Seit über 20 Jahren! Jetzt, seit dem Tod meiner Mutter, ist mir das Elternhaus geblieben und ich fahre einmal im Monat hin, um nach dem Rechten zu sehen. Dort ist es so, wie Du beschrieben hast. Überall wo ich mit meiner Mutter war ist es nun schmerzhaft. Bei jeder Blume, jeder Begebenheit und jeder Begegnung höre ich sie förmlich, wie sie sich geäußert hätte. Oder eben, wie sie sich geäußert hat. Ohne sie sind diese so vertrauten Wege nur leer. Unendlich traurig. Das geliebte Elternhaus ist tot. Dort, wo mit Familie lebenslänglich alles voller Leben war. Meine Heimat ist mir weggebrochen. Jedesmal wenn ich dorthin fahre, leide ich. Nicht nur, weil meine Mutter nicht mehr auf mich wartet, sondern weil jeder Weg meiner Kindheit so wehtut. Mich zieht es da so hin, aber es ist nur mehr enttäuschend und traurig.

    Ich habe mich heute mit einer Arbeitskollegin unterhalten, mit der ich sonst weniger zu tun habe. Sie hat mir ein bisschen aus ihrem Leben erzählt. Die Arme hat auch schon viel durchmachen müssen. Wir hatten auf einmal einen ganz anderen Draht zueinander, da ich jedes ihrer Gefühle nachvollziehen konnte und sie jedes meiner. Das hat wirklich gut getan. Ich denke das eine Trauergruppe vielleicht wirklich das richtige wäre.

    Wenn ich gefragt werde, was in der Trauer wirklich hilft, dann kristallisiert sich fast immer heraus, dass es verständnisvolle Gespräche sind.

    Oft wurde an dieser Stelle bereits festgestellt, dass jeder anders trauert und Tipps nur sehr individuell gegeben werden können.

    Aber immer wieder helfen Gespräche mit Menschen, die die Situation wirklich beurteilen können, weil sie selbst betroffen waren oder sind. Das erklärt ja auch die hohe Akzeptanz und Beliebtheit dieses Forums.

    In unserer schweren Krise sind wir allzu oft mit einem Umfeld konfrontiert, dass vielleicht noch wohlwollend ist, aber tiefes Verständnis vermissen lässt. Das merke ich daran, dass interessierte Nachfragen Tage später nicht mehr stattfinden.

    Wenn ich Deine Zeilen so lese, wie Dich Deine Mutter vereinnahmt und nervt, tust Du mir zum Einen leid, zum Anderen aber beneide ich Dich.

    So gerne hätte ich noch meine Mama. Mit ihr war ich öfters auch ungeduldig und reagierte ungehalten. Jetzt fühle ich mich schlecht, wenn ich daran zurück denke.

    Soll heißen, in dieser schweren Zeit für Euch alle, den Blick füreinander nicht zu verlieren. Irgendwann wirst Du Dich in vielen Jahren an diese Zeit erinnern, wie anhänglich Deine Mutter war und Du wirst in Frieden damit leben können, wenn Du Ihr zur Seite stehen konntest. Soweit es Dir möglich war. Die turbulente Zeit wird sich legen und es wird sich Euer Verhältnis einspielen. Ich denke an Dich und an Deine Mami.