Beiträge von RalfsHeidemarie

    Hallo Rienchen,

    Ich wünsche uns, daß der Schmerz leiser wird. Das die Liebe wächst.

    Das wir genügsam genug werden können um mit einer seelischen Beziehung zu unseren Liebsten leben zu können anstatt mit ihm und seiner äußeren Hülle. Und dabei vielleicht weniger leiden.

    Das wir als Wissende genug wissen um Andere zu unterstützen wenn sie noch ganz frisch in diese entsetzliche Situation geraten.

    Ich wünsche uns, daß wir eine Chance haben irgendwann die Zukunft als angenehm zu empfinden obwohl sie ganz anders ist als wir sie gern hätten.

    Ralfsheidemarie

    Oh Alexa, das ist eine lange Geschichte. Er war krank. Er war eigentlich dauernd mal krank. Er war Alkoholiker und das schon sehr lange. Trank seitdem er 15 Jahre alt war. Er hat es immer mal wieder versucht aufzugeben. Ohne Erfolg.

    Wir kennen uns seit seiner letzten längeren Therapie. Ich war seine Arbeitstherapeutin. ( 2013 ) in einer Einrichtung für wohnungslose Suchtkranke. Wir waren uns sympatisch. Aber mehr nicht. Eine gewisse Distanz wird erwartet. Private Kontakte nicht erwünscht.

    Wenn ich sah, daß sein Fahrrad draußen stand habe ich mich gefreut. Und wenn er sah, daß mein Auto auf dem Parkplatz stand, hat er sich gefreut.

    Nachdem er eine eigene Wohnung bezogen hatte Anfang 2014 ist er ziemlich abgestürzt. Und er wurde ab und zu noch von uns betreut. ( Nachsorge) Das war eigentlich nicht meine Aufgabe aber am Telefon bat er darum daß er nur mich rein lassen würde als es ihm besonders schlecht ging.

    Ich habe dann dafür gesorgt, daß er ins Krankenhaus kam zur Entgiftung.

    Einige Zeit später hatte ich in meiner Wohnung einen Wasserschaden und brauchte Hilfe. Er hat mir geholfen. Bis dahin haben wir uns gesietzt.

    Es dauerte bis wir die Wände trocken hatten und die Tapete dran war.

    Da meine Arbeitsstelle 1 Stunde Autofahrt von meinem Haus entfernt war wohnte Ralf in der Zeit bei mir. Wir haben viel gelacht und uns gut verstanden. Er wollte mehr, ich aber nicht.

    Erstmal.

    5 Monate später war ich 10 Tage im Urlaub und er hat aufs Haus und auf meine Hündin aufgepasst.

    Als ich zurück kam hatte er Tränen in den Augen und hat sich so sehr gefreut. Da haben wir uns in die Arme genommen und es funkte doll bei mir. Seitdem liebe ich ihn. Weihnachten 2014.


    Im Februar 2020 hatte er einen Zufallsbefund: Lungenkrebs.

    Er wollte sich nicht behandeln lassen. Trank zu viel Alkohol.

    Aber dann im Sommer hat er doch eine Chemo gemacht. Dann eine OP. Mittlerer Lungenlappen wurde entfernt. OP gut verlaufen. Eine Erholungspause. Und dann nochmal Chemo. Für alle Fälle.

    1 Chemo hat er gemacht am Freitag. Am Samstag hab ich ihn abgeholt und am Sonntag ging es ihm nicht gut.

    Montag Nachmittag habe ich gegen seinen Willen den Rettungswagen gerufen.

    Sie haben ihn schon im Haus reanimiert. Da hat er es noch geschafft. Aber 3 Stunden später rief das Krankenhaus an. Er hat es nicht geschafft. Eine Entzündung im Körper. Septischer Schock. Tot.

    Seitdem möchte ich die Luft anhalten.

    Das war am 23.11.

    Und wir hatten geglaubt jetzt ist alles gut. Er hat kaum noch getrunken. War wochenlang bei der Chemo und der OP abstinent. Nur noch 3 mal Chemo und dann geheilt.

    Sein Allgemeinzustand war zu schlecht.

    Er war sehr dünn geworden.

    Er fehlt mir unendlich.

    Ralfsheidemarie

    Oh wie mutig von Dir. Ich habe Ralfs Handy noch nicht angerührt. Auch seine yfotos kann ich noch nicht anschauen.

    Ralf ist am 23.11. gestorben. An einem septischen Schock. Ich hatte damit nicht gerechnet.

    Ich bin 66 Jahre und Ralf war erst 57 Jahre. Am 2.1. 21 wäre er 58 geworden.

    Manche Tage ist es besser, manche Tage ist es schlimm.

    Ich möchte irgendwann mutig sein und seine Fotos anschauen. Sein Bild scheint zu erblassen. Und das möchte ich gar nicht. Unsere kleine Familie hat sein "Herrchen" oder den "Papa" verloren. Ich und unsere 4 Hunde.

    Ralfheidemarie

    Liebe fenjamarie,

    ob Du nun 19 oder 99 bist. Ob Du 1 Monat liebst oder 100 Monate.... Die Liebe ist die Liebe. Und ein geliebter Mensch kann nicht einfach ausgetauscht werden.

    Und Trauer ist eben ein sehr langer Prozess. Ich glaube, daß die Menschen, die es nicht selbst erlebt haben nicht den kleinsten Schimmer haben. Sie können weder verstehen wie tief die Trauer ist noch wie lang.

    Ich habe mir angewöhnt von den "Wissenden" zu sprechen oder zu schreiben. Nur die, die es selbst erleben mussten wissen um die Gefühle und Abgründe.

    Ich habe es vorher auch nicht gewußt.


    In meinem bisherigen Leben habe ich gelernt, daß ich auch dazu in der Lage war 2 verschiedene Männer zu lieben. Gleichzeitig.

    Und deshalb denke ich, daß auch Du jemanden treffen kannst, den Du lieben kannst obwohl Du den Liebsten im Anderland auch noch liebst.

    Ich glaube, daß unsere Liebsten hinter dem Fluß des Lebens auch nicht eifersüchtig sind. Diese menschlichen Gefühle sind dann nicht mehr da. Denke ich.

    Dadurch, daß Du in so jungen Jahren so einen schmerzhaften Verlust ertragen musst, wirst Du wahrscheinlich reifer und anders sein als andere 20jährige.

    Ich hoffe sehr, daß Du wenn Deine Zeit gekommen ist einen guten und empatischen Mann kennen lernst und lieben kannst.

    Ralfsheidemarie

    Hallo Alexa, ich bin erst seit 5 Wochen ohne meinen Schatz. Noch nicht sehr lange. Es ist alles noch sehr frisch und ich habe glaube ich den Schock ziemlich überwunden. Mit kleinen Ausnahmen. Aber nach dem Schock kommt die nächste Phase. Welche auch immer das ist.

    Im Moment bin ich bei meiner Schwester und habe nur wenige Erinnerungstrigger auszuhalten. Ich habe aber selbst das Gefühl von der Liebe, die mir mein Ralf entgegengebracht hat geadelt worden zu sein. Ich fühle mich immer noch geliebt und ich liebe ihn auch immer noch. Ich lese viel, habe jetzt auch über die Raunächte und über die Transformation einer Beziehung gelesen.

    Und ich hoffe es wird mir gelingen.

    Ralfheidemarie

    Oh, Alexa,

    da hat die Zeit nicht gut gepasst.

    Das ist wirklich großer Mist. Das kann ich gut verstehen. Es passte nicht. Jetzt wo es passen würde ist er nicht mehr da.

    Soooo doof. Und nun hast Du auch noch das Trauern. Anstatt das Glücklichsein.

    Ich hoffe sehr, daß Du das Trauern irgendwann hinter Dich bringen kannst um dann nochmal neu durchzustarten.

    Aber erstmal wünsche ich Dir ein bißchen gutes Gefühl weil Dein Schatz Dich geliebt hat und Dein Selbstbewußtsein genau das empfinden kann. Du warst es wert für ihn. Du hast ihm die schönste Zeit seines Lebens beschert. Und das adelt Dich. Das macht Dich wertvoll. Und wenn Du es schaffst die Beziehung zu verändern, dann bleibt Dir die Liebe von ihm und von Dir und Du bist eventuell Trotzdem in der Lage neue Erfahrungen zu machen.

    Das hoffe ich jedenfalls für Dich.

    Ralfsheidemarie

    Guten Morgen Alexa,

    gerade habe ich Deinen Text gelesen. Unsere Geschichten hier ähneln sich alle. Es gibt im Detail Unterschiede aber im Schmerz scheinbar nicht.

    Ich war 6 Jahre mit meinem Ralf zusammen. Und es war viel zu kurz. Jede und jeder empfindet das so. Viel zu kurz. Es war viel zu kurz.

    Du warst in einer Verliebtheitsphase, in der in Deinem Gehirn wahrscheinlich noch viele von den Botenstoffen kreisten, die die Verliebtheit ausmachen.

    Und nun ist der Mensch nicht mehr da, der das Botenstofffeuerwerk entzünden konnte. Und es gibt keinen Ersatz.

    Dann haben wir Menschen sozusagen ein Suchtproblem. Wir machen einen Entzug durch. Und das ist verdammt hart.

    Je höher die Dosis Liebe vorher um so schlimmer geht es einem ohne.

    Ist man seit vielen Jahren mit jemandem zusammen gewachsen, dann reicht die Abhängigkeit in viele Lebensbereiche hinein. Z. B. Wenn sich ein Paar schon in der Jugendzeit gefunden hatte.

    Schmerzlich und schlimm ist es immer wenn man geliebt hat.

    Es beginnt eine neue Zeitrechnung für einen persönlich. Ob wir jetzt irgendwann loslassen oder ob wir die Beziehung umwandeln ist sicherlich unterschiedlich.

    Beides braucht Zeit. Viel Zeit.

    Und ich denke, wenn wir therapeutische Hilfe finden ist das sehr gut.

    Du wirst irgendwann wieder Spaß empfinden können, lachen und scherzen. Aber ich denke, es wird immer eine Art Schatten bleiben, den wir manchmal aber nicht mehr spüren.

    Wenn Du z. B. dankbar bist und dieses Gefühl durch die richtigen Gedanken in Dir erzeugt, kannst Du nicht im gleichen Moment untröstlich traurig sein. Dann bist Du Moment lang dankbar und Dein Vermissen hat eine kurze Pause.

    Ich bin seit 5 Wochen erst im Schock und jetzt untröstlich. Ich hoffe in meiner jetzigen Situation, daß es mehr und längere Pausen geben wird. Wenn ich z. B. das jetzt schreibe hat mein unglückliches Gefühl auch Pause.

    Ich wünsche Dir einen ruhigen Tag ohne Katastrophen.

    Ralfsheidemarie

    Weihnachten ist überstanden. Eine Erleichterung.

    Da ich am 24. und 25. und 26. abgelenkt war, verliefen diese Tage recht ruhig und gut.

    Aber dann kam der 27.12. und der hatte es in sich. Ein Tränentag. Ein Schluchtztag. Ein schlimmer Tag. Zittern, Übelkeit, nicht aufhören können zu weinen, ihn rufen und bitten zurück zu kommen. Ihn rufen und bitten mich auch zu holen.

    Ganz tief traurig, ganz tief gefallen, ganz tief im Dunkel.

    Schmerz, Sehnsucht, nicht begreifen wollen oder können. Nicht mehr weiter leben wollen. Einfach nur aufhören. Aufhören zu Leiden, zu Trauern, zu Überleben.

    Ralf zu überleben war keine gute Idee.

    Und jetzt?


    Ich übe. Ich vergesse, ich übe.

    Wie geht Frau mit einem Auto um? ( Tüv )

    Wie geht frau mit einem Wohnmobil um?

    Hilfe Hilfe Hilfe, ich vermisse ihn soooooo unendlich.

    Ralfsheidemarie

    Ja, da wird sie wohl leider Recht haben.

    Und egal in welcher Nacht, Du hättest immer Schuldgefühle gehabt.

    Fragen wie:

    hätte ich es verhindern können?

    Wenn ich........

    Hätte ich ihn strenger ermahnen müssen?

    Hätte ich ihn anders erziehen müssen?

    Hätte ich irgendwas tun können?

    Hätte ich, wäre ich, könnte ich.......


    Egal wie oft und wie viel Du nachdenkst über all die unterschiedlichsten Möglichkeiten - es wird die Situation nicht ändern. Hinterher ist man immer schlauer.

    Er war zwar gerade erst erwachsen aber er war "schon groß".

    Und so einen jungen Mann muß man frei geben und darauf vertrauen, daß er es schafft nicht von einer U-Bahn überfahren zu werden.

    Und das auch noch an Halloween.

    Ein grausiges Zusammentreffen.

    Welch Ironie, welch blöder Zufall.

    Bitte versuche die Schuld nicht bei Dir zu suchen. Das liegt zwar nahe, aber es ist Quatsch.

    Warum wir Menschen dazu neigen und da was anzuziehen, was uns gar nicht passen kann - ich weiß nicht warum.

    Ich denke auch oft, hätte ich doch nicht die Rettung gerufen, dann wäre er in Ruhe in seinem Bett eingeschlafen.

    Dann denke ich wieder, wäre er gestorben und ich hätte die Rettung nicht gerufen dann hätte ich mir Schuld gegeben. Egal wie ich es gemacht hätte ich hätte mir die Schuld gegeben.

    Dabei hat ausschließlich er eine Schuld. Er hat seine Gesundheit ruiniert. Er hat Alkohol getrunken. Er hat geraucht. Er hat.... Er hat..... Er hat..... Er hat.......

    nicht auf mich gehört.

    Oh ja, genau das habe ich auch erlebt. Endlich ein Mann der bei mir bleibt. Endlich ein Partner, der mich nicht verlässt. Endlich.

    Kompromisse waren nötig. Toleranz war nötig. Leidensfähigkeit war nötig.

    Und dann der Tod?

    💩

    Nun ist es Realität. Ich muß ohne ihn weiterleben.

    Gibt es für die noch kommenden jahre eine aufgabe für mich zu erfüllen?

    Kann es sein, daß ich noch etwas tun kann für Andere? Die es dringend nötig haben?

    Was hätte es sonst für einen Sinn?

    Ralfsheidemarie

    Also, ich will mal festhalten:

    - Zu Weihnachten nicht alleine sein

    - nicht mit vielen anderen Paaren

    zusammen sein ohne andere

    Einzelmenschen, die z. B.

    Ihren Partner in der Andernwelt wissen

    - mit Menschen Zusammensein,

    die mich verstehen

    - nicht immer mit Menschen sein

    sondern auch mal sich zurück

    ziehen können

    - nicht viel Arbeit haben

    - zusammen sitzen können und erzählen

    Können

    - Zusammen sein und weinen dürfen

    - Raum geben können für unsere Liebsten

    - nicht fein angezogen sein müssen

    - so sein dürfen wie ich bin

    - Leckeres Essen haben

    - guten Wein haben

    - sich geborgen fühlen

    - sich angenommen fühlen

    - Platz für die Liebsten bereit halten

    - weinen, lachen, erzählen, schwärmen,

    Fotos gucken,

    .......... miteinander...........

    - eventuell neue und andere

    Rituale einbauen

    - z. B. auf einem Friedhof Kerzen

    anmachen

    - für jeden Liebsten eine Geschichte

    erzählen

    - oder die Lieblingsspeisen erzählen

    - Familiensprache und Worte erzählen

    - Grabgestaltung zeigen auf Fotos


    Usw.

    Ralfsheidemarie

    Liebe Tigerlily,

    Das hört sich gut an. Es gibt also eine Chance besser als dieses Jahr mit unserer Trauer um zu gehen.

    Schön, daß es in unserem Forum auch erfahrene Trauernde gibt. Die uns sagen können, daß es irgendwann besser wird.

    Sozusagen eine Forumsgeneration vor unsoder vorvoruns.

    Das gibt mir Hoffnung.

    Einige Tage ging es mir ja jetzt schon ganz gut. Überraschender Weise. Hatte schon ein schlechtes Gewissen.

    Aber gestern Abend und heute den ganzen tag war ich soooo down, daß ich gar nicht mehr aufhören konnte zu weinen und dann zu würgen.

    Sogar eine Stunde lang beim Hundespaziergang im Wald.

    Danke für die Hoffnung und Zuversicht.

    Ralfsheidemarie

    Nein, Du bist nicht Schuld. Aber solche Schuldgefühle haben wir fast alle. Jede und jeder auf seine Geschichte zugeschrieben. Das scheint mir ein äußerst brisante Thema zu sein.

    Auch ich habe Schuldgefühle und ich sehe es bei vielen Anderen, die sich damit rumquälen.

    Vielleicht können unsere Trauerbegleiter und Begleiterinnen dazu etwas sagen. Oder schreiben.

    Es ist wahrscheinlich ihnen auch so gegangen.

    Ralfsheidemarie