mama und papa durch suizid verloren

  • Hallo liebes Team und alle, die gerade jetzt eine schwere Zeit durchleben wie ich. Vor 2 Jahren haben sich meine Eltern das Leben genommen, meine Mama im April, mein Vater hat danach mehrere Versuche unternommen ihr zu folgen, im Juli ist es ihm gelungen. Beide waren erst Anfang 60. Das hier ist der erste Rahmen, in dem ich das wirklich loswerden kann, bei bekannten hab ich immer gesagt, sie haetten einen Unfall gehabt. Nur sehr wenige wissen, was wirklich passiert ist. Es bricht mir nach wie vor das Herz. Ich denke jeden Tag an sie und vermisse sie unglaublich. Gibt es hier vielleicht jemandem, dem aehnliches passiert ist? Ich habe noch einen aelteren Bruder, mit dem ich leidet kaum noch Kontakt habe, er moechte das alles lieber verdraengen... Doch gerade jetzt zu weihnachten kommen so viele schoene Erinnerungen an die gemeinsamen feste, dass ich seit Tagen in einem loch festhaenge und viel weinen muss. Ich habe zum glueck einen tollen Partner, der mich unterstuetzt, aber ab einem gewissen Punkt muss ich da eben alleine durch... Ich hatte zwischendrin ach wirklich schon viel bessere Phasen, aber an geburtstagen und weihnachten kommt doch das kleine Kind durch, das seine Eltern braucht, auch wenn ich schon 35 bin. Ich hatte eine sehr enge Beziehung zu ihnen, und habe sie sehr lieb - sie hatten leider zeitlebens mit Depressionen und Krankheiten zu kämpfen, was alles manchmal sehr schwierig machte... Trotzdem wollten sieauf ihre Art und Weise immer das beste fuer mich, das weiss ich, trotzdem fuehle ich mich gerade jetzt sehr allein. Das alles aufzuschreiben und auch von anderen zu lesen, hilft aber, danke dafuer. Lieben Gruss, Anni

  • Liebe Anni!
    Das tut mir sehr leid! Beide Eltern durch Suizid zu verlieren und so knapp hintereinander, das ist echt hart!
    Familien mit Folge-Suiziden, sind gar nicht so selten, ich bin mir aber nicht sicher,ob wir hier im Forum schon eine Betroffene hatten, deren Eltern sich beide das Leben genommen haben.
    Ich kann dir den Schmerz nicht nehmen, und Weihnachten ist natürlich besonders sensibel, da kommt - wie du so treffend bemerkst - das Kind wieder durch. Darf ich dich aber fragen, wo deine Eltern für dich jetzt sind? Hast du ein tröstliches Bild, dass die beiden jetzt wieder zusammen sind und es ihnen besser geht?
    Alles Liebe und herzlich willkommen bei uns!
    Christine

  • Liebe Christine, vielen dank fuer deine Antwort! Ja, ich glaube daran, dass sie jetzt zusammen sind, und dass alle wunden geheilt sind, weil ich auch an Gott glaube. Ich glaube auch, dass sie noch bei mir sind, wie ich glaube, dass die Seelen eurer lieben, die ihr verloren habt, noch bei Euch sind. Ich hatte damals das Glück mit meinem Vater nochmal zu sprechen, bevor er gestorben ist, und er hat mir damals vn seiner nahtoderfahrung erzählt (beim vorletzten suizidversuch) und der Botschaft meiner mama, die sie fuer mich hatte. Er war damals selbst so wunderbar veraendert und beruehrt, dass ich wirklich dachte, er schafft es... Ich habe auch sehr sehr lange jede Nacht und intensiv von ihnen getraeumt, es gab 2 traeume, die waren so real in denen sie mir gesagt haben, was fuer mich so wichtig zu hoeren. Ich hoffe sehr, dass wir uns dort eines Tages wiedersehen.
    Was ich noch mache, was hilft, auch wenn's schmerzt, ich wiederhole die Rituale von zu Haus, d.h. wie gefeiert wurde, was es zu essen gab, jetzt habe die lieblingsblume meiner Mama, eine strelizie, zu ihren ehren gekauft, die neben dem Weihnachtsbaum steht... Beide hatten eine seebestattung und da es kein Grab gibt streue ich an den sterbetagen Blumen ins Meer und meistens finde ich am Strand auch was besonderes, wo ich denke, es ist ein Zeichen von ihnen.
    Ich habe den Frieden mit dem gemacht, was passiert ist, aber trotzdem tut es manchmal noch sehr sehr weh. Es veraendert einen, das koennen hier sicher alle bestaetigen... Es war im Grunde so eine Tiefgreifende Erfahrung mit dem tod, mit Sterben, mit verzweiflung, mit angst ...das sind dinge, mit denen ich vorher nie in beruehrung war und es fuehrt einem ja auch die eigene Sterblichkeit vor Augen.
    Aber - und das konnte ich nur durch psychologische Begleitung und einige Arbeit erkennen - es liegen auch Chancen darin, zu wachsen, weil man es ueberstehen kann - auch wenn einen die Trauer immer wieder ueberwaeltigt...
    Ich moechte heute allen einen lieben Gruss und eine Umarmung schicken, denen gerade jetzt geliebte Menschen schmerzlich fehlen. Anni

  • Liebe Anni,
    es ist schön, dass du nochmal mit deinem Vater sprechen konntest! Das und die beiden Träume sind sicher sehr, sehr wichtig .... sie werden dich durch die Trauer tragen! Und dass du Weihnachten mit diesen Ritualen so gestaltest ist sicher schmerzlich und tröstlich zugleich, denn so hast du deine Eltern bei dir!
    Alles Liebe ud Gute für heute und die kommenden Tage!
    Christine

  • Liebe Anni,


    ein herzliches Willkommen hier im Forum.
    Wie furchtbar beide Elternteile durch Suizid zu verlieren, gleichzeitig möchte ich dir sagen wie unendlich leid es mir tut, was du erleiden musstest.
    Ich hoffe du fühlst dich hier gut aufgehoben. Ich weiß, wie sehr der Verlust eines geliebten Menschen zur Weihnachtszeit schmerzt, mir geht es genau so und daher
    wünsche ich dir viel Kraft und Stärke für die weiteren Feiertage. :005: :005: :005:


    Alles Liebe
    Trauerelfe

  • Liebe Anni!
    Sei willkommen hier. Wie es Dir jetzt gehen muss kann ich gut nachvollziehen.
    Ich hab innerhalb kurzer Zeit drei ganz liebe Menschen verloren. Erst meinen Vati,das ist am 6.1. "schon" 7Jahre her und ich hab gelernt damit zu leben.
    Vor vier Jahren ist dann ganz plötzlich mein Bruder gestorben und ein halbes Jahr später hat meine Tochter Suizid begangen.
    Der Tod meines Kindes hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen, und damit leben lernen, tja, das ist unheimlich schwer.
    Schreib, wann immer Dir danach ist.
    Ich wünsch Dir viel Kraft. Sei mal ganz fest gedrückt! :30:
    Karla

    Mein Kind Juliane,
    Mein Bruder Rene,
    Mein lieber Vati,
    Ihr seid mir nur einen Schritt voraus-tief in meinem Herzen lebt ihr weiter :005:

  • Hallo Liebe Karla, vielen dank fuer deine zeilen, es tut gut, wenn man mit seinen gefuehlen nicht allein ist... Es tut mir sehr leid, was du durchleben müsstest und musst... Darf ich dich fragen, ob du weisst, warum deine Tochter diesen weg gegangen ist? Von meiner Mama gab es keinen abschiedsbrief, sie hatte Depressionen, aber was letztlich zu diesem letzten schritt fuehrte, und wie es ihr zuletzt ging, weiss ich nicht und es hat mich lange beschaeftigt. Besonders quaelend war auch, dass in meinem Kopf. Immer wieder die Bilder abliefen wie sie es gemacht hat... Irgendwann ist das zum glueck verblasst. Und gab es schon mal suizid in deiner Familie? Meine Oma, also die Mutter meiner Mama, hat sich auch das Leben genommen, nach dem wie meine Mama damals gelitten hat und sich immer gewuenscht hat, ihre Mutter waere laenger bei ihr gewesen, haette ich nicht gedacht, dass sie das gleiche tut... Lieben Gruss, Anni

  • Liebe Anni!
    Natürlich darfst Du fragen. Meine Tochter hat ein paar Zeilen hinterlassen. Sie hat den Kampf egen ihre Krankheit aufgegeben. Sie sagte immer zu mir "Ich möchte so gern sein, wie ihr alle, völlig normal". Sie hatte Borderline, Du hast vielleicht schon von dieser Krankheit gehört. Es war für die ganze Familie immer wieder ein neuer Kampf, auch, ihr zu helfen.
    In meiner Familie hat noch keiner Suizid begangen, zumindest niemand von dem ich weiß.
    Ich grüß Dich ganz lieb.
    Karla :24:

    Mein Kind Juliane,
    Mein Bruder Rene,
    Mein lieber Vati,
    Ihr seid mir nur einen Schritt voraus-tief in meinem Herzen lebt ihr weiter :005:

  • Liebe Anni und liebe Karla,


    tief berührt habe ich den Weg von deinen Eltern, liebe Anni und den Weg von deiner Tochter, liebe Karla, von euch beschrieben , hier gelesen.Ein Suizid, bzw. ein selbstbestimmtes Ende des Lebens von seinen Eltern oder eines Kindes zu verkraften und damit weiter zu leben, ist die größte, zu verarbeitende Herausforderung im Leben eines jeden Menschen .


    Liebe Anni und Karla...
    obwohl ich euch ja nicht "kenne", aber die Trauer verbindet uns ja doch auf einer sehr liebevollen Art und Weise... ich bewundere euren bis jetzt gegangenen Weg, denn ihr ja trotz aller Trauer , aber auch durch eure Beschreibung für mich zwar trauernd, aber dennoch ein "Ja" zu eurem Leben in euch tragend, geht......


    In meiner Familie gab es keinen Suizid... Aber wie bei vielen Menschen , denke ich, kam es auch bei mir im näheren und weiteren Freundeskreis zu solch einer selbstbestimmten Beendigung des Lebens...
    Schon als Freundin macht man sich ja später Gedanken, ob man etwas "unterlassen" hat an Hilfestellung und wenn man vielleicht mehr Zeit miteinander verbracht hätte, dann wäre es nicht passiert...


    Ich denke aber, das ist allerdings MEINE Meinung, dass man ganz letztendlich weder sein Kind, noch seine Eltern, vor dem
    selbstbestimmten Ende des Lebens abhalten kann...
    Jeder Mensch geht seinen Lebensweg, überlegt tief innerlich , was er vom Leben möchte, wie er sein Leben gestalten will,... dann kommen Schicksalsschläge, die eine immense Veränderung für diesen Menschen bedeuten und er muss eine neue Orientierung, Gestaltung in sein Leben bringen...
    Liebe Anni,
    dein Papa hat deine Mama einfach geliebt und konnte sich letztendlich nicht ein Leben ohne sie vorstellen... Er ist dann diesen Weg zu ihr gegangen... sehr , sehr traurig und schmerzhaft für ein Kind.... und ein Kind ist man immer , auch als Erwachsener...


    Meine Schwester, die auch von border line betroffen ist, sagte bei der Urnenbeisetzung unseres Vaters und wir "Kinder" sind alle über 58 Jahre" :"jetzt müssen wir erwachsen werden und unser Leben gestalten".... Was ich damit ausdrücken will, ist , das man eben halt immer Kind ist...


    Sehr schön, ja wirklich schön.. finde ich dein Strand- und Meerritual... Ich denke , da wir jetzt im Anfang eines neuen Jahres sind, welches doch immer mit einem gewissen , hoffungsvollen Denken in Bezug auf unser Leben einhergeht.. eine ruhigere , gefestigtere Trauerphase auch für dich bringt... Ich wünsche es dir von Herzen. liebe Anni...


    Liebe Karla,
    fühle dich einfach liebevoll, gedanklich umarmt...
    Ein Kind hergeben, dass habe ich immer schon im Hirntumorforum geschrieben, ist eine absolute , traurige Herausforderung für eine Mama... Sehr, sehr berührend finde ich, dass du so liebevoll und stark hier , Anni und anderen Trauernden Mut machst, einfach empathisch schreibst ... und trotz aller dieser schweren, dein Leben völlig aus der Bahn werfenden Ereignisse ... schreibst, "da " bist und einfach hilfst...


    Vielleicht glaubst und denkst du es ja auch schon... es wäre so viel besser, wenn die Menschheit sich von dem Bild der "Normalität"... was ist normal?... verabschieden könnte... Dann könnten wir alle befreiter leben, befreiter trauern, befreiter "Sein"...


    Vielleicht gehen wir ja schon diesen Weg hier in diesem Forum , uns gegenseitig unterstützend,... jenseits der "Normalität" aber "Diesseits" in der liebevollen Zusammengehörigkeit?


    Alles Liebe dir , Karla ( und eigentlich ja uns allen alles Liebe)
    wünscht euch
    Amitola (means rainbow)

  • Liebe Amitola!
    Deine Zeilen finde ich sooo treffend. Ja, wir gehen hier einen Weg gemeinsam. Das ist ein verdammt steiniger Weg, ein Weg, ein neues Leben, (jedenfalls für mich) das wir uns nicht ausgesucht haben. So viele können uns nicht verstehen. So oft bekomme ich zu hören:"was, immer noch? es muss doch mal gut sein". Du glaubst nicht wie mir dann zumute ist. Aber es ist auch eine Unsicherheit des Umfeldes dahinter. Man weiß nicht wie man mit uns "Exoten" "umgehen" soll.
    Heute gerade hat meine jüngste Tochter gesagt:," Mutti, ich verstehe nicht wieso jeder denkt, das man das überwinden kann und das es alles wieder gut wird, Juliane ist weg und bleibt weg. Sie wird nie wieder kommen, da wird doch auch nichts wieder gut".
    Tja, damit müssen wir lernen zu leben, irgendwie.
    Ich drück Dich :24:
    Liebe Grüße
    Karla

    Mein Kind Juliane,
    Mein Bruder Rene,
    Mein lieber Vati,
    Ihr seid mir nur einen Schritt voraus-tief in meinem Herzen lebt ihr weiter :005:

  • Liebe Karla,


    zuerst einmal ... einen ganz lieben "Drücker" :24: zurück zu dir....


    Das wir "Exoten " sind, macht mir und den anderen Trauernden, wenn wir uns treffen, auch nichts mehr aus... Viele aus unserem Dorf und dem Nachbardorf fanden und finden es immer etwas seltsam, wenn wir uns treffen und unserer Lieben dann gedenken...Manchmal mit Luftballons in der Hand durch das Dorf wandernd zu unserem kommunalen Ruhewald wo Burkards Urne unter einer Buche ist.... Oder eben halt uns weiterhelfen.. in unserer Trauer...Aber mehr und mehr finden sie es auch gut und haben auch so eine gewisse "Achtung" vor uns....


    Kinder, dass stimmt ja wirklich , sprechen immer mehr die Realität aus... Schön wäre es , wenn alle Menschen das machen würden... Mein Vater sagte mal.. und das hat sich mir soooo eingeprägt... weil es eine gute Demut ausdrückt... Wir sollten häufiger von einem "GEWACHSENEN" sprechen und nicht immer von einem "ERWACHSENEN"....


    Geist, Seele ,Körper hat jeder Mensch... ein Kind und ein "Gewachsener"....
    und ja...
    "sie" sind nicht mehr bei uns... real... aber ich glaube auch im Herzen deiner jüngsten Tochter hat Juliane ihren Platz.....


    fühle dich herzlichst umarmt
    deine Amitola