Liebe Andrea
weil hier wo wir sind, spielt Zeit eine Rolle und meine Uhr scheint so viel langsamer zu laufen als die der anderen.
Ja, so ist das leider mit der Zeit, erleben wir etwas Schönes, rennt sie dahin und ist es fast untragbar schwer, da schleicht sie dahin. Deshalb wünsche ich dir Geduld - Geduld mit dir und mit der Zeit. Und ich wünsche dir Durchhaltevermögen und Durchhaltekraft für den Weg, auf dem du jetzt gehen musst.
Irgendwie habe ich auch manchmal das Gefühl, dass mein Verstand zwar weiß, dass er nicht mehr wiederkommt, aber mein Herz, meine Seele weiß das noch nicht wirklich
Das ist ganz normal und wird noch länger so sein. Es braucht, bis das Herz - die Seele das alles fassen kann. Das ist auch ein Schutz. Es tut weh, wenn der Gedanke kommt, er könnte sich Sorgen machen und dann die Erkenntnis, dass er tot ist. Es ist der Schutz noch nicht alles in der Gesamtheit spüren und begreifen zu können. Der Schutz vor dem Überschüttet werden. Ich versuche das Überschwemmen und Überschütten in einem Bild zu beschreiben:
Das Überschwemmt werden von Gefühlen ist normal und tut unheimlich weh. Stell dir den Unterschied vor: Eine riesigen Meerwelle überschwemmt dich - das tut weh, macht Angst, Panik,... die Hoffnung wieder mit hochgeschwemmt zu werden ist da und bald wird es eine Gewissheit werden, dass jede Welle ein Ende hat und du es immer wieder überleben wirst.
Würdest du nicht geschützt werden kann käme das dem Bild eines Baggers gleich, der Geröll über dich schüttet, keine Chance zu entkommen.
Würdest du alles jetzt schon kennen und begreifen können, dann wäre da der Bagger. Es ist wie bei einer großen Wunde. Der Schock hilft den Schmerz zurück zu halten.
Bin ich mit anderen Menschen zusammen habe ich das Gefühl als stamme ich von einem anderen Planeten und spräche eine komplett andere Sprache
Trauernde kommen sich oft wie von einem anderen Planeten vor, weil die Themen der anderen keine Wichtigkeit haben - im Moment.
Ein Mann sagte mal zu mir:
Sind das alles Elions der Bequemlichkeit? Warum kommt niemand von den "Freunden" aus seinem Wattepausch heraus und hat den Mut sich zu mir in die Reißnägel zu setzen?Ja, so ist doch die Antwort schon gegeben. Hättest du dich davor in die Reißnägel gesetzt? Und er sagte darauf: oK sie müssen sich gar nicht reinsetzen es würde mir schon reichen, wenn sie den Mut hätten einen Reißnagel zu nehmen und zu fragen, wo sticht der dich, kann ich dir helfen, einen davon los zu werden.Ja, das wäre zu wünschen. Gibt es da jemanden? Und er konnte 2 Namen nennen und war froh, wenigstens 2 zu haben.
Vielleicht hast du auch einen oder zwei Menschen um dich, die manchmal einen der Reißnägel nehmen und dich danach fragen. Dann kann auch wieder das Gefühl von "zu Hause sein" aufkommen - für eine Millisekunde wenigstens.
Ich wünsche dir eine erholsame Nacht.
Lg. Astrid.