Hallo ihr Lieben. Ich bin schon länger in diesem Forum angemeldet, habe immer still mitgelesen und würde heute gerne meine Geschichte erzählen.
Meine Mutter ist Anfang November 17 nach langer und schwerer Krankheit mit 50 Jahren verstorben. Ich war zu diesem Zeitpunkt 22, meine Schwester war grade 17 geworden.
Wir hatten damit gerechnet, es kam nicht überraschend da die Monate davor für uns alle und vorallem für meine Mutter eine einzige Qual waren.
Meine Mutter hatte eine seltene erblich bedingte Tumorerkrankung die schon in ihrer Jugend ausgebrochen ist. 2006 kam sie das erste mal für längere Zeit ins Krankenhaus, ich glaube es waren gute 6 Wochen mit anschließendem Rehaaufenthalt von 8 Wochen. Für mich damals mit mit 10 Jahren eine schlimme Erfahrung. Ab da ging es los, Berufsunfähigkeit, ca. alle zwei Jahre schwere OPs mit längeren Aufenthalt in einer Uniklinik die ca 30 Minuten von unserem Wohnort mit dem Auto entfernt ist. Meine Mutter war immer unglaublich stark. Sie hat immer gekämpft, ist dem Tod mehrere Male von der Schippe gesprungen. Ich wusste immer das die Krankheit schlimm ist. Trotzdem habe ich mir bis zu letzt, immer eingeredet, dass ich meine Mutter eine längere Zeit bei mir hätte als „nur“ 22 Jahre.
Wie beschrieben, handelt es sich bei der Krankheit um eine Erbkrankheit und ich habe ebenfalls den Jackpot geknackt .. Seit Kindesalter werde ich regelmäßig untersucht, begebe mich seit meinem 18 Lebensjahr regelmäßig in stationäre Untersuchungen. Meine erste OP war im Sommer 2016 (Tumor an der Bauchspeicheldrüse). Meine Mutter war immer meine größte Stütze. Meine „Leidensgenossin“ die das alles schon kannte, alles selbst schon durch hatte, mir meine Ängste nahm und mit der man wunderbar über alles lästern konnte was in einer Klinik halt so schief läuft. Sie wusste halt wovon ich spreche.
Seit dem letzten Jahr habe ich das Gefühl in einer Seifenblase zu leben. Die meiste Zeit über geht es mir relativ gut. Ich weiß garnicht genau wie ich das beschreiben soll, wenn ich ehrlich bin. So oft habe ich das Gefühl das meine Mutter einfach nur kurz weg ist und doch bald wieder kommen müsste. So oft höre/sehe ich Dinge bei denen ich denke „das muss ich gleich Mama erzählen!“ bis mir einfällt das sie ja garnicht da ist.
Ich habe nicht das Gefühl das mein Schmerz seit November besser wird. Das Gegenteil ist der Fall - ich habe das Gefühl das die Seifenblase von Tag zu Tag „dünner“ wird und das es jeden Tag mehr weh tut. Die Sehnsucht wird jeden Tag schlimmer.
Die Angst folgende Operationen, Untersuchungen, Diagnosen „alleine“ (ohne meine Mutter als meine Bezugsperson zum Thema Krankheit) wächst von Monat zu Monat. Ich bin unendlich wütend, wenn ich dran denke das meine Mutter dieses Jahr nicht bei meiner Examensfeier sein kann, nicht den 18 Geburtstag meiner Schwester erlebt, nicht miterlebt wie meine Schwester ihr Abitur macht. Ich könnte endlos so weiter machen.
Ich bin unendlich traurig. Ich sehe meine Schwester mit 17 Jahren, die schon immer ein Mama-Mädchen und sehr sehr sensibel war und jetzt schrecklich leidet. Ich sehe meinen Papa der seine Frau, seine Partnerin und beste Freundin verloren hat. Ich sehe das wir alle versuchen das beste daraus zu machen und uns dabei aber leider irgendwie immer mehr als „Restfamilie“ verlieren. Wieso? Ich weiß es nicht. Vielleicht einfach aus dem Grund das es für jeden von uns anstrengend ist den Alltag zu bewältigen und man all seine Energie dafür aufopfert. Meine Mutter war der Mittelpunkt unserer Familie, unser Fels in der Brandung. Seit über einem halben Jahr ist sie nicht mehr hier und ich habe das Gefühl das doch irgendwas passieren muss. Das die Welt sich doch nicht einfach weiter drehen kann. Kennt ihr dieses Gefühl?