Leben ohne Papa, Kampf gegen unumsichtige Menschen

  • Ein herzliches Hallo an alle trauernden Menschen und jene, die sie begleiten,


    am 17. Februar dieses Jahres starb mein Vater. Er wurde nur 61 Jahre alt. Mein Papa war ein gemütliches Kerlchen mit Hang zur Cholerik. Wenn er aus der Fassung geriet, konnte er schlimmer als ein wilder Herbststurm toben. Er hatte einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit, kämpfte unerbittlich, wenn einer seiner Lieben im Unrecht schien. Dem Lungenkrebs aber konnte der nach tapferen acht Monaten leider nicht die Stirn bieten.
    Eine Zeit lang war das Verhältnis zu meinem Papa, auch zu meiner Mutter, recht schwierig. Die beiden haben mich adoptiert, als ich drei Jahre alt war. Ich weiß nicht, ob die Verluste in meinem Leben tatsächlich gehäuft vorkommen oder ob es an den ersten drei Jahren ohne Mutterbindung liegt, dass ich es so empfinde. Vor vier Jahren trennte ich mich nach zwölf Jahren von meiner großen Liebe. Bis dahin waren bereits zwei Freunde, der Vater meines damaligen Partners (Suizid) und meine Oma gestorben. 2017 folgte ihr mein Opa. Nun mein Papa. Ich bin heilfroh, dass wir uns nach zwei Jahren Funkstille, in denen ich mich irgendwie von meiner Trennung erholen wollte, wieder Kontakt hatten. Er lernte auch meinen neuen Freund kennen. Und wünschte sich - nach wie vor - ganz sehnlich ein Enkelchen. Ich konnte ihm diesen Wunsch leider nicht erfüllen... bisher war die Karriere immer wichtiger, und nun bin ich 37, da klingelt das Glöckchen der Biologie natürlich wie im Kirchturm.

    Ich habe unendlich viel über den Lungenkrebs gelesen, mir Fachwissen angeeignet, um die Ärzte zu verstehen. Ich habe auch die meisten Arztgespräche geführt, wollte immer alles ganz genau wissen. Ich habe ähnlich viel über den Sterbeprozess studiert, um mental gut vorbereitet zu sein. Es hat mich erschreckt, dass ich all die Theorie auch an meinem Papa beobachten konnte. Die letzten zehn Tage habe ich ihn begleitet. Nach dem klassischen Aufbäumen, den noch mal wenigen guten Tagen, ging es rapide bergab. Er wurde aggressiv, vermutlich aufgrund von Hirnmetastasen. Ich vermied es, ihn in irgendeiner Form aufzuregen. Meist saß ich nur da, beobachtete ihn, ging ein paar Schritte mit ihm und versorgte ihn mit Eis, worauf er so Appetit hatte. Ich redete immer ruhig mit ihm und reagierte nur. Anders meine Mutter. Sie ist in unserer Konstellation das schwierige Element. Sehr egozentrisch. Lehrerin. Dementsprechend autoritätsgläubig und gern herrisch - auch ihrer 37-jährigen Tochter und ihrem 61-jährigen Mann gegenüber. Sie nestelte ständig an ihm herum, bevormundete ihn, sprach oft recht ruppig mit ihm. Meine Signale, ihn doch bitte einfach machen zu lassen, deutete sie als Zurechtweisung. Mein Papa wurde natürlich aggressiv. Wie auch anders, behandelte sie ihn doch wie ein kleines, unmündiges Kind. Der letzte Dialog der beiden war ein lautstarker Streit. Danach ging ich mit meinem Papa ein paar Schritte. Seine letzten Worte an mich waren: "Deine Mutter hat mein ganzes Leben zerstört." Ich hatte einen Nervenzusammenbruch im Krankenhaus, meine Mutter wies mich an, mich doch bitte zu beherrschen.

    Mein Papa hat mir gesagt, wie stolz er auf mich ist und dass zwischen uns alles im Reinen ist. Dieses Wissen ist unheimlich befreiend. Denn ich merke erst seit seinem Tod, wie sehr ich ihn geliebt habe und wie sehr er mir fehlt. Ich fühle einen furchtbaren Schmerz bei dem Gedanken, dass er so unglücklich war. Ich habe es natürlich geahnt, denn meine Eltern führten nicht eben eine harmonische, respektvolle Ehe. Der egozentrische Charakter meiner Mutter hat uns auch von der Familie isoliert - sie hasste Familienfeiern, Besuche und ließ das auch alle spüren. Mein Papa hat sich unter dem ständigen Hass vermutlich selbst so verändert, dass auch er vom eigentlichen Familienmenschen zum Streitsucher wurde. Es gab oft Krach. Dementsprechend blieb sein Ruf in der Familie... auch nach seinem Tod. Ich habe Kontakt zur Schwester meiner Mutter wie auch meiner Cousine und seit Papas Tod auch zu meiner Oma. Zu all diesen Menschen hatte er keinen Kontakt mehr. Meine Oma durfte nicht zum Begräbnis kommen - angeblich, weil er sie gehasst hat, sagte meine Mutter. Meine Oma wünschte sich von mir Antworten, warum Papa sie nicht mehr sehen mochte... die konnte ich ihr natürlich nicht geben.

    Meine Mutter ist mir gegenüber sehr fordernd. Ich wollte erst einmal Zeit für mich, alleine trauern. Das versteht sie nicht. Wirft mir vor, ich sei nicht für sie da. Man könne doch zusammen trauern. Aber ich kann das nicht, nicht vor den Erlebnissen in den letzten zehn Tagen bei Papa und nicht mit dem Wissen um seinen letzten Satz an mich über sie. Dennoch kann ich den Kontakt zu ihr nicht brechen, ich habe ein schrecklich schlechtes Gewissen dabei, wohl wissend und psychologisch bestätigt, dass sie mir noch einige Zeit nicht gut tun wird und es mein Recht sei, jetzt einfach mal für mich zu bleiben.

    Ich bin auch in Therapie, schon vor dem Tod meines Vaters, aber ich habe nicht das Gefühl, dass mir diese hilft. Auch nach sechs Monaten ist es, als wäre es gestern gewesen. Ich habe meine Arbeit immer sehr geliebt. Aber ich kann ihr nichts mehr abgewinnen, sie erscheint mir in Anbetracht des Todes so sinnlos. Und ich merke, dass jeder erwartet, dass man wieder funktioniert. Anfangs brachten mir Chef und Kollegen Verständnis entgegen, aber mittlerweile ist alles beim Alten. Ich sträube mich innerlich gegen alles, was auf Arbeit zu tun ist. Ich will eigentlich nur noch meine Ruhe. Aber ich verstelle mich auch, tue so, als ginge es mir gut. Tut es aber nicht. Mich interessiert nicht, was mein Freund erlebt, seine Erzählungen gehen an mir meist vorbei. Ich fühle mich wie in einem Nebel. Seit ich weiß, dass wir in Sachen Nachwuchs medizinische Hilfe brauchen, weil mein Freund selbst mal krebskrank war, bin ich innerlich ein bisschen wütend, die Liebe leidet stark. Er dachte auch schon, dass ich "über den Berg sei" und wunderte sich, als ich ihm sagte, dass ich nach wie vor starkeTrauer spüre.

    Ich bin froh, wenn ein Tag geschafft ist. Hobbys hatte ich nie wirklich, auch jetzt nicht. Es gibt auch nichts, was mir gerade wirklich Spaß macht. Es geht nur noch darum, den Tag möglichst schnell rumzukriegen. Menschen nerven mich einfach nur noch, ihre Oberflächlichkeit, ihre Hinwendung zu völlig irrelevanten Themen, ihr Produktivitätsdenken und vor allem ihre gute Laune. Ich habe vor Kurzem meine Tante und meine Oma gefragt, wie es ihnen denn geht. "Gut", meinten sie. Für mich ist das, wohl wissend, dass jeder seine eigene Trauerzeit hat, völlig unverständlich. Vielleicht bin ich einfach auch neidisch, dass sie sich mittlerweile besser fühlen, wenngleich sie sicherlich noch ähnlich traurig sind...


    Ich weiß, was nun kommen wird: Das geht irgendwann vorbei oder wird schwächer. Möglich. Derzeit sehe ich das nicht und frage mich, ob ich abseits der Therapie Hilfe bekommen oder was ich tun könnte. Aus eigener Kraft gelingt mir momentan kaum etwas.


    Ich danke für eure Zeit und vielleicht auch euren Rat.

    Viele Grüße

    Frances

  • liebe Frances<3


    Ich weiß, was nun kommen wird: Das geht irgendwann vorbei oder wird schwächer. Möglich. Derzeit sehe ich das nicht und frage mich, ob ich abseits der Therapie Hilfe bekommen oder was ich tun könnte. Aus eigener Kraft gelingt mir momentan kaum etwas.

    nein, vorbei geht es nicht..

    ich benutze nicht das Wort schwächer, sondern das Wort "anders".... Das ist zwar nicht so konkret in seiner Aussage,

    aber

    wie soll man Trauer und überhaupt Gefühle so absolut in worte fassen können... Manchmal kommen mir Worte wie ein Eisberg vor, der grösste Teil ist unter dem Wasser verborgen...

    oder

    wenn wir ein wärmeres Bild nehmen, dann ist unser Planet Erde in seinem KERN ja sehr warm und nur ein Teil dieser Wärmne, dieses Feuer dringt durch einige wenige Vulkane empor ...vernichtet etwas, und gibt ja dennoch durch die langsam erkaltende Lava , wieder anderen Pflanzen die Möglichkeit des Lebens...

    Ich bin froh, wenn ein Tag geschafft ist. Hobbys hatte ich nie wirklich, auch jetzt nicht. Es gibt auch nichts, was mir gerade wirklich Spaß macht. Es geht nur noch darum, den Tag möglichst schnell rumzukriegen. Menschen nerven mich einfach nur noch, ihre Oberflächlichkeit, ihre Hinwendung zu völlig irrelevanten Themen, ihr Produktivitätsdenken und vor allem ihre gute Laune. I

    Ja , ich glaube dir , dass du froh bist , den Tag geschafft zu haben... und manchmal , nicht "nur" in der ersten Trauer, da "gehörst " du dennoch dazu, "den Tag möglichst rumzukriegen"...

    Ich mag das Wort "Hobby " nicht , weil ein solch KREATIVER LEBENSAUSDRUCK sehr viel Sinn in unser Leben gibt...

    Es ist eigentlich ein TEIL unseres LEBENS...


    Da sind wir vielleicht ?????? bei deiner Frage um Rat hier...


    WAS möchtest DU IN DEINEM LEBEN erreichen ? Wann bist DU mit DEINEM LEBEN zufrieden?


    Du hast, wie viele hier, den Tod erlebt... und es werden mit den Jahren immer mehr Tode dazukommen ... das ist wirklich der Lebenslauf bei ALLEN Menschen... aber auch die WANDLUNG der Gefühle ...

    Vielleicht berührt dich der Satz , deines Papas gerade so sehr deswegen

    Seine letzten Worte an mich waren: "Deine Mutter hat mein ganzes Leben zerstört."


    weil du die ...übrigens kommt das sehr häufig dann in Beziehungen vor..

    Mich interessiert nicht, was mein Freund erlebt, seine Erzählungen gehen an mir meist vorbei. Ich fühle mich wie in einem Nebel.

    Dass noch die durchaus grosse Problematik der künstlichen Befruchtung dazukommt, wenn du ein Kind möchtest , macht dein Leben auch nicht einfach...

    Wir könnten natürlich jetzt jede einzelne , DANKE DIR dafür <3 , Aussage hier uns zum Austausch vornehmen ... aber das würde auch zu sehr nach

    "es wird schon wieder " ja aussehen...


    ich bleibe dabei

    "es wird anders" ... wie alles im Leben... UNSER aller Frage ist ja

    Was WOLLEN wir von UNSEREM Leben , was ERREICHEN:?:


    Du hast jetzt die ERKENNTNIS , dass unser ALLER Leben endlich ist...

    und die ERKENNTNISS , wie du andere siehst ...

    Das ist DEIN Eindruck....

    Bitte verstehe das NICHT als Angriff <3:30:<3 es ist keiner... Du bist eine erwachsene Frau , die sich mit einigen Lebensereignissen schon intensiv auseinander gesetzt hat...

    und eben halt jetzt die ERKENNTNISS hat, das diese bis jetzt gemachte Lebenserfahrung ihr im Moment nicht weiter hilft... Das passiert mir auch als 70jährige...


    Diese forum hat mir viel gegeben und gibt mir immer noch sehr viel<3

    das wünsche ich dir auch von ganzem Herzen...

    und ebenfalls wie immer bei mir , folgendes schreiben

    schreibe... schreibe ...schreibe...

    IMMER ,<3WENN DU MAGST<3

    verbindende Grüsse sendet dir

    deine Claudia Amitola

  • Liebe Frances, wir beide haben eines gemeinsam - einen riesengroßen Verlust!

    Ansonsten ist deine Geschichte sehr anders wie die meine, dennoch kann ich deine Gefühle nicht nur verstehen, sondern teile sie auch gänzlich denn mir geht es momentan ganz genauso!


    Von mir wirst du ganz sicher keine aufmunternden Parolen lesen, aber ich kann dir sagen, dass deine Gefühle nahezu identisch sind mit denen, die ich jetzt, knappe 3 Monate nach dem Tod meines geliebten Mannes fühle.


    Ich bin ebenfalls bei einer Psychologin und jedes Mal, wenn ich bei ihr war, geht es mir schlechter als vorher, trotzdem habe ich weiterhin das Bedürfnis hinzugehen, einfach nur, um wenigstens irgendeinen Angriffspunkt zu haben.

    Ich gehe dazu noch zu einer Energetikerin, die mir schon sehr hilft, danach fühle ich mich für kurze Zeit erleichtert, leider dauert das nicht allzulange, aber ich habe schon den Eindruck dass es mir für meine Trauer hilft, ich möchte sie nicht missen.

    Was mich sonst noch erleichtert sind lange Spaziergänge (2 Stunden oder mehr) in flottem Tempo bei jedem Wetter und alleine, vor allem am Abend beruhigt es vor dem Schlafen gehen.

    Am Anfang meiner Trauerzeit habe ich mich mit vielen Freunden und Bekannten umgeben, um Trost zu finden und nicht alleine zu sein, das hat sich in den letzten Wochen gewandelt, ich tue mich schwer mit Außenkontakten und auch mit Berührungen und Umarmungen, die ja eigentlich Trost spenden sollten, das funktioniert aber momentan nicht)

    Ich bin ja ganz alleine und habe keine enge Familie mehr, deswegen tue ich mir auch schwer die Balance zu finden zwischen kompletten Rückzug und Außenkontakten, aber ich kann sehr nachvollziehen, dass du das Interesse an allen äußeren Dingen verloren hast, Lösung habe ich für unser Problem leider keine, vermutlich müssen wir einfach so weitermachen, bis sich irgendwann etwas von selber ergibt?

  • Liebe frances,

    Vielleicht tröstet es dich, dass ich genauso denke. Mein liebster Mann ist am 27.2. Im Alter von 54 Jahren verstorben. Er hatte auch Krebs. Mir geht es in keinster Weise besser, eher noch schlechter als am Anfang. Ich will und kann es nicht akzeptieren und kann es gar nicht erwarten, bis ich ihn wieder sehe, und er mich wieder in seine Arme nimmt und bis dahin werde ich meine Zeit mit meinen 2 Töchtern und den 2 Enkelkindern davon durfte er eines auch nicht mehr erleben, verbringen. Es ist alles so aussichtslos und traurig. Mag schon sein, dass es mit der Zeit ein bisschen anders wird, aber es wird niemehr schön, so wie es mit ihm war. Ich hab ausser mit meiner Familie kein Interesse, was zu unternehmen, oder wohin zu gehen. Jeder Gedanke, an das, was ich nicht mehr mit ihm machen kann, bricht mir das Herz. Wünsche dir ein er tägliches Leben. LG Maria

  • Gut zu wissen, dass ich nicht allein mit meinen Gefühlen bin. Mein Papa würde mit mir schimpfen, wenn er mich so erlebte. So bleibt uns allen wohl nichts übrig, als abwarten und ertragen... und in uns das Denken zu kultivieren, dass uns unsere Lieben so tieftraurig nicht sehen wollten. :( Ich versuche es zumindest so. Nun kommt langsam der Herbst. Bald mein Geburtstag, erstmals ohne die traditionelle, lieb gedichtete Nachricht vom Papa. Dann Weihnachten. Vielleicht wird es ein Müh leichter, wenn all diese "ersten Male ohne" erlebt sind?


    Ich grüß euch ganz lieb

    Frances

  • liebe Frances<3


    manchmal bin ich sehr direkt....

    keineswegs aus Neugier... aber du hast einen Beitrag gelöscht ... Das kann ich einesteils verstehen , weil es ja ein öffentliches Forum ist, wo man absolut vieles von "aussen" lesen kann... und man dadurch vorsichtig wird mit dem beschreiben von Lebensereignissen und auch Gefühlen...


    aber andernteils ,

    das schrieb ich ja bei Sunbabe , dass es eine Gradwandeung ist , was man hier beschreibt...dennoch sehr dienlich für alle um eine tiefere Bindung zueinander zu haben...

    wenn man es will<3:24::30:<3


    Es kann natürlich sein dass du dann deine Essenz in dieem Beitrag dann geschrieben hast...

    wie immer schreibend ... das ist eine Fragestellund die Du jetzt nicht beantworten musst ... auch später nicht, wenn du diese obige Einstellung vielleichtn nicht mehr hast...


    JA, die ERSTEN MALE ohne den geliebten Menschen sind SEHR SCHWER...


    auch DURCH-AUS noch die zweiten , dritten ...


    und manchmal überfällt dich durch einen bestimmten Anblick auch nach Jahren ....,Jahrzehnten , das ist mir jetzt so ergangen...

    ein gleichzeitig schönes Erlebniss ein , mit meiner verstorbenen Mama habend... aber auch sie dadurch auch schmerzlichst vermissend .

    das ist unsere Trauer IN unserem Leben...

    Ich hoffe sehr und wünsche es DIR ...und durchaus auch uns hier

    dass du dein Leben TEIL-WEISE mit uns weiter teilst<3:30:<3


    liebe Grüsse dir in deiner Trauer sendend

    aus dem auch schon sehr herbstlichen Schweden

    deine Claudia Amitola

  • Liebe Frances,

    zuerst ein herzliches Willkommen hier bei uns.


    Deine Geschichte hat mich sehr berührt.

    Da sind so viele unterschiedliche Themen.

    Der Verlust deines Vaters, zu dem du erst wieder den Kontakt und die Beziehung aufgebaut hast und ihn im Sterben sehr liebevoll begleitet hast. Der Blick auf ihn stand im Vordergrund, so habe ich es herausgelesen. Doch was war in dieser Zeit mit dir? Du schreibst, du hattest einen Nervenzusammenbruch - wie sah der aus? Konntest du weinen?


    Kannst du jetzt weinen? Um deinen Papa, um die anderen Verluste?

    Ja, das sind viele Verluste in deinem Leben und die ersten drei Jahre ohne fixe Bindung machen das sicher nicht leichter.


    Auch der Verlust auf natürliche Art ein Kind bekommen zu können finde ich schwer.


    Du hast keine Hobbies - deine Arbeit schien bis zum Tod deines Vaters auch dein Lebensinhalt gewesen zu sein und jetzt scheint sie dir leer.

    Was hat denn davor deine Arbeit ausgemacht, dass sie dir so wichtig war? Gibt es etwas, das du vielleicht auf einem anderen Gebiet für dich wieder neu entdecken könntest?


    Was hat dich denn in deinem Leben entspannt, beruhigt oder dir Halt gegeben?

    Vielleicht kann dir davon auch heute etwas ein ganz kleines bisschen Entspannung, Ruhe oder Halt geben?


    Nein, es wird nicht wieder gut - im herkömmlichen Sinn. Denn dein Vater wird nicht wieder in dieses Leben kommen. Er wird tot bleiben. Trotzdem kann es irgendwann wieder ein schönes - ein anderes Leben für dich geben, das auch wieder lebenswert ist. Doch das kann dir den Schmerz nicht nehmen. Mir gefällt der Satz von Hermann Hesse: "Der einzige Weg durch die Welt der Schmerzen, führt mitten durch den Schmerz hindurch ... Es kommt alles wieder, was nicht zu Ende gelitten und gelöst wird, und schmerzt desto stärker, je mehr man sich dagegen wehrt."

    Wenn ich an deine Geschichte denke, dann habe ich den Eindruck, dass da ganz viele Verluste mit in die Trauer um deine Vater wirken - kann das sein?


    Die Beziehung zu deiner Mama - da ist einerseits die ganz andere Herangehensweise und andererseits die Angst, sie zu verlieren. Kann es einen Mittelweg geben? Einen Tag, an dem ihr euch für 1-2 Stunden trefft und ihr Zeit für einander habt - du aushältst, dass sie so ganz anders ist und tut wie du. Und dann die Zeit zwischen den Treffen für dich und deine Trauer nutzen kannst - für dich alleine?


    Dass dein Freund meint, du hättest die Trauer hinter dir gelassen und du auch am Arbeitsplatz die Menschen deine Trauer nicht mehr spüren lässt.... hast du deine "Maske" immer auf? Oder hast du Zeiten und Orte an denen du sie fallen lassen kannst. Ich nehme einfach das Bild der Maske, weil es für mich einerseits das Verstecken der Trauer und andererseits auch den Schutz vor weiteren Verletzungen durch Menschen symbolisiert. Ich kann auch ganz falsch liegen.


    Liebe Frances, ich freue mich wieder von dir zu lesen und hoffe, ich bin dir nicht zu nahe getreten.

    Lg. Astrid