Hallo ihr lieben,
nachdem ich einige Beiträge gelesen habe und hier auf Gleichgesinnte stoße, die den Schmerz und die Trauer nachvollziehen können, habe ich mich entschieden euch meine Geschichte zu schreiben.
Im November 2016 ist mein Papa an einem Herzinfarkt verstorben. Es war ein auf und ab, Hoffen und Bangen. Er hat in einem Krankenhaus gearbeitet und dort den Herzinfarkt gehabt, wurde ca. 30min reanimiert und ins künstliche Koma gelegt. Noch in der selben Nacht wurde er in ein Herzzentrum verlegt und dort operiert. Die Ärzte meinten das war wie ein sechser im Lotto und das er großes Glück gehabt hat. Vor der Op war ich bei ihm, dieser Anblick...Er lag einfach da, wurde beatmet und sein Körper wurde gekühlt. Nachdem er die Op gut überstanden hat wurde er ziemlich schnell aus dem Koma geholt. Gefesselt am Bett war er in der Aufwachphase sehr unruhig. Es war ein schrecklicher Anblick. Ich war allein bei ihm. Den nächsten Tag war er zwischendurch wach, ansprechbar und konnte sich an seinen Namen erinnern. Am Abend wurde er schon auf die normale Station verlegt. Ich war so happy und dachte er wird wieder ganz der alte. Und dann kam in der Nacht der nächste große Herzinfarkt. Wieder Op und künstliches Koma. Die Organe versagten und die Ärzte könnten nichts mehr machen. Fünf Tage nach dem ersten Infarkt starb er. Lange Zeit hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich immer nur kurz bei ihm war. Meine Tochter war zu dem Zeitpunkt drei Monate alt. Ich konnte sie doch nicht mit auf die Intensivstation nehmen, musste doch aber auch für sie da sein. Also war ich immer nur so 20min bei ihm und dann jeweils eine Stunde Fahrt.
Nun zum zweiten Geburtstag meiner Tochter ist nun auch noch meine Mama an den Folgen eines Schlaganfalls gestorben. Es war vorher schon alles so komisch, als wenn meine Mutti unbewusst etwas gespürt hat. Sie war mit ihren Schwestern im Kurzurlaub. Dort hatten sie einen wunderschönen Abend und am ersten Morgen hatte sie einen schweren Schlaganfall. Künstliches Koma Intensivstation. Es kam alles wieder hoch von meinem Dad. Ich habe es erst am vierten Tag geschafft sie auf der Intensiv zu besuchen. Jeden Tag habe ich hin und her überlegt, aber ich habe es einfach nicht geschafft. Als ich dann bei ihr war, wurde sie aus dem künstlichen Koma geholt. Sie hat so fürchterlich geweint und ich konnte nichts machen. Ich war nur kurz bei ihr, weil ich es einfach nicht ertragen habe. Jeder Besuch war eine unglaubliche Überwindung, dabei ist sie doch meine Mama und ich hätte für sie da sein müssen. Wie sie da lag...gelähmt, konnte nicht sprechen, nichts ging mehr. Sie tat mir so unendlich leid. Ich habe aufgrund anderes Erkrankungen nach dem Tod meines Vaters die Betreuung für sie übernommen und musste dann Entscheidungen treffen. Als ich der Magensonde zugestimmt habe, weil ich Hoffnung hatte, hat sich ihr Zustand wieder verschlechtert. Die Ärzte wollten sie wieder beatmen und ins künstliche Koma legen. Weil ich weiß, dass sie so nicht leben wollte, sie nicht mehr glücklich geworden wäre und ich sie nicht weiter quälen wollte, habe ich weitere Maßnahmen abgelehnt. Sie bekam dann Morphium und ist drei Tage später eingeschlafen.
Mir geht so viel durch den Kopf. Was wäre gewesen, wenn ich einer erneuten Beatmung doch zugestimmt hätte. Wäre sie doch wieder glücklich geworden? Und dieses unglaublich schlechte Gewissen, das ich die letzten Tage vor Ihrem Tod nicht mehr bei ihr war. Nur einmal ganz kurz. Ich konnte sie nicht angucken oder anfassen, so wie es andere hier gemacht haben. Ich konnte ihre Hand nicht halten. Ich habe ihr für alles gedankt, ihr versprochen das ich auf ihre über alles geliebte Enkelin aufpasse und ihr gesagt das sie gehen darf. Ich schäme mich so, dass ich nicht für sie da war und nun kann ich es nicht mehr ändern.
Zwischen meinem Papa und meiner Mama sind auch noch meine Oma und mein Onkel gestorben. Ich war in nicht einmal zwei Jahren auf vier Beerdigungen.
Bitte entschuldigt diesen langen Text.