Mein Bruder Rudolf ist am 9.November 1998 gestorben

  • Seit über 20 Jahren zerreißt es mein Herz jeden Tag . Er ist jeden Tag bei mir und wenn ich ihn dann berühren will entsteht eine große Leere die ich dann mit einem Tränensee fülle.

    Und ich schäme mich nicht für diese Tränen. meine Zeitrechnung ist zweigeteilt, vor dem 9.11. und nach dem 9.11. Danach hab ich die Trauer 7 Jahre in mich reingefressen, bis ich

    2005 wegen einer neuen Hüfte ins Krankenhaus musste und dort ist meine Trauer explodiert. Es war mir nicht mehr möglich sie zu verstecken. Überhaupt war ich in Punkto Trauer davor

    sehr verstockt. Nur keine Gefühle zeigen, nicht weinen, niemand soll auf die Idee kommen das ich schwach werden könnte. Sein Tod hat mich umgekrempelt. Er war LKW Fahrer wie ich

    und ist durch einen Anhänger gegen eine Mauer gedrückt worden. Sämtliche Rippen waren rundum in kleine Stücke zerbrochen und Teile haben sich in die Lunge gebohrt. Der Unfall ist am

    30.Oktober 1998 passiert. Tags vorher hatte ich mit ihm noch nachts telefoniert. Er war vielfach nachts unterwegs wie ich auch. Mach mir auch manchmal Vorwürfe das ich ihn ermutigt habe zu fahren

    und überhaupt den LKW-Führerschein zu machen. Und mich hat jeden Tag nach seinem Tod ein böses Gefühl beschlichen wenn ich in meinen LKW eingestiegen bin! Warum hab ich ihm nicht den Tag vorher gesagt das er an diesem Freitag zu Hause bleibt? In der Jugend waren wir eher wie Hund und Katze aber das Verhältnis hat sich sehr verbessert als ich nach Bochum gezogen bin und dort geheiratet habe, Aber das größte Leid war für mich das ich vor seinem Tod nicht sagen konnte: Rudolf ich hab dich lieb! ;(

  • Lieber Rainer,

    wie alt war dein Bruder?


    20 Jahre, eine scheinbar lange Zeit. Und doch auch so wenig. Irgendwie wie gestern.


    Deine Vorwürfe, warum du ihm nicht gesagt hast, er solle nicht fahren. Hätte es Gründe im Vorfeld gegeben?


    Was für Gedanken kamen dir denn, als du danach in deinen LKW gestiegen bist?


    Ich bin mir sicher, dass Rudolf weiß, dass du ihn lieb hast.


    Ich möchte dir mein herzliches Beileid aussprechen. Beileid bedeutet für mich im Leid bei jemandem zu sein.

    Jetzt bin ich in Gedanken bei dir.


    Herzlich willkommen hier bei uns. Ich hoffe das Forum mit seinen Weggefährten kann auch dich auf deinem Weg begleiten.

    Lg. Astrid.

  • Hallo!

    Ich möchte mich bedanken für Eure Anteilnahme!

    Mein Bruder ist am 14.12.1964 geboren und ich bin gut 6 Jahre älter wie er. Es gab keine Veranlassung im Vorfeld das Unglück vorauszusehen, diese Vorwürfe hab ich mir gemacht als es zu spät war. 2002 ist ein Arbeitskollege von mir auch mit dem LKW verunglückt und ich war 30 Minuten hinter ihm zur gleichen Ladestelle. Kurz vor dem Ziel, es war noch dunkel, sah ich die Rücklichter meines Arbeitskollegen und links davon die Frontscheinwerfer eines anderen LKW die seltsamerweise

    nicht horizontal sondern vertikal standen. Als ich angehalten hab und mich genähert hab, war auch schon ein Polizist bei mir. Ihm sagte ich das wir bei derselben Spedition sind. Hab noch meinen Disponenten angerufen, konnte noch sagen Bernhard ist schwer verunglückt, mehr nicht. Das Weitere hat ihm der Polizist mitgeteilt. :( Hab mich an meinem LKW festgehalten und hemmungslos geweint! Meine Gedanken sind zurückgerast nach 1998 und es war nicht mehr mein Kollege der dort verunglückt ist, sondern mein Bruder Rudolf dem das zum Zweiten Mal passiert ist. Da war ein Silofahrzeug umgekippt, wo der Fahrer wohl zu schnell oder zu abrupt rechts abgebogen ist. Dabei ist der Siloauflieger vollbeladen auf das Führerhaus meines

    Kollegen gekippt. Das war ungefähr 2 km von der Ladestelle entfernt. Trockene Pulver-Zement etc.- verhalten sich, wenn sie frisch geladen worden sind, wie Flüssigkeiten und drängen in der Kurve nach außen. das ändert sich nach etlichen km wenn sich das Pulver gesetzt hat, sprich das die vorhandene Luft die im Pulver ein Polster bildet, entwichen ist.

  • Lieber Rainer,

    da hast du ja zwei mal diese schreckliche Erfahrung gemacht und zweimal deinen Bruder verloren. Auch wenn es sich um einen Kollegen handelte, hat das angedockt an dem, was du bis dahin vielleicht ein bisschen weggeschoben hast. Du hast ja geschrieben, dass erst mit deiner OP wirklich die Trauer kam.

    Es ist ein Trauma, das du erlebt hast. Und das kann immer wieder andocken.


    Fährst du noch LKW? wie geht es dir, wenn du zu Unfällen dazukommst?


    Ich wünsche dir einen erträglichen Tag und dass du deinen Aufgaben gewachsen bist.

    Lg. Astrid.

  • Hallo!

    Das Gefühl das ich jeden Tag zum Arbeitsbeginn hatte war eine dunkle Vorahnung das es mir zu jeder Zeit ähnlich wie meinem Bruder gehen könnte.

    Ich wußte zwar das meine Arbeit mit Gefahr verbunden ist, hab da aber nicht dauernd drüber nachgedacht. Ein Beispiel: Oben auf dem Silofahrzeug sind

    Deckel zum Öffnen für den Verladerüssel. An manchen Verladestellen konnte man den Kessel von oben betreten. Sehr oft musste man aber eine angebaute Leiter und einen oben angebrachten Steg betreten um den Deckel zu öffnen. Neben dem Steg war ein Geländer das man zum Schutz hochklappen konnte.

    In früheren Zeiten bin ich so oft ohne Geländer über den Steg gegangen-sehr unvorsichtig von mir konnte man doch fast 4 m hinabstürzen-seit dieser Zeit niemals mehr ohne Geländer. Ich brauche seit meiner OP Mitte 2005 nicht mehr zu arbeiten. Frührentner wegen körperlicher und seelischer Beschwerden. Alle Gelenke voll mit Arthrose- neue Hüfte links-Diabetes-und meine seelischen Beschwerden schreib ich hier gerade auf. Hatte erst einen Schwerbeschädigtenschein 50% und dann

    2012 70% mit G aber all dies kann mir Rudolf nicht ersetzen!<3